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Anfang Februar rückte Kanzler Schröder auf dem Deutschen
Industrie- und Handelstag vor mehr als 1000 Unternehmern von der bisherigen
Verzahnungstheorie von Arbeitslosen- und Sozialhilfe der SPD ab. Die Zusammenlegung
sei notwendig, um ein "bezahlbares Sozialsystem für den Wirtschaftsstandort
Deutschland" zu erreichen.
Sein Gastgeber, der DIHT Präsident Braun forderte massive Einschnitte ins
soziale Netz, um Steuersenkungen finanzieren zu können. Die Finanzspritzen
für Langzeitarbeitslose seien viel zu hoch, meinte Braun.
Schröder erklärte die Zusammenlegung - faktisch die Abschaffung der
bisherigen individuellen Rechtssansprüche der ArbeitslosenbezieherInnen
- zur zentralen Aufgabe der nächsten Legislaturperiode.
Nachdem bereits mit der Rentenreform ein radikaler Systembruch vorgenommen wurde, der nach seiner vollen Entfaltung im Jahre 2010 zu einer jährlich Entlastung der Unternehmen von 15 Mrd. führen wird, sind also nun die Arbeitslosenversicherung und die gesetzliche Krankenversicherung das nächste Umbauziel der Bundesregierung.
Bundesarbeitsminister Riester hat die Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe
und der Sozialhilfe fest ins Visier genommen. Die Zusammenlegung basiert auf
wiederholten Vorstößen der Unternehmerverbände, die unterstellen,
dass zu hohe Leistungen in der Arbeitslosenhilfe die Bereitschaft unterhöhlen,
Jobs mit 5,- Stundenlohn (Brutto) und weniger anzunehmen.
Mit dem Beschluß der Arbeits- und Sozialministerkonferenz der Länder
Ende Oktober 2000 in Kiel, die sich für die Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe
und der Sozialhilfe aussprach, wurde ein wichtiger Schritt zu Abschaffung der
für die Betroffenen deutlich besseren Arbeitslosenhilfe getan.
Da dieser Antrag von den SPD geführten Bundesländern NRW und Schleswig
Holstein eingebracht wurde, läßt sich erahnen, dass dieser Beschluß
den Segen aller sozialdemokratischen Minister - also auch der Bundesebene -
hatte.
Riester kann bereits zitiert werden: "2006 gibt es keine Arbeitslosenhilfe mehr".
Wohl klar; dass Koch, Scharping und FDP-Westerwelle nichts dagegen einzuwenden
haben - sie haben in den letzten Monaten schon versucht, das Leistungsniveau
die Sozialhilfe zu abzusenken.
Die Truppe um "K" Stoiber als auch die FDP haben sich per Bundestagsdrucksache
bereits auf die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe festgelegt.
Auch "gutgläubigen" Kritikern zweier Systeme mit sich
überschneidenden Menschengruppen sollte seit dem Herbst 2000 klar geworden
sein - eine Grundsicherung, als Kompromiß zwischen beiden Sozialsystemen
die sich deutlich über die Sozialhilfe erhebt - wird es nicht geben.
Dies haben die Grünen als Ausgleich für die Zusammenführung beider
Systeme gefordert.
Seitdem am 29. Juni 2001 im Bundesgesetzblatt das Gesetz zur Reform der gesetzlichen
Rentenversicherung abgedruckt wurde, läßt sich in Kapitel 12 - "Gesetz
über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
(GsiG)" nachlesen, wie Rot/Grün in Berlin eine Grundsicherung interpretiert.
Diese rot/grüne Grundsicherung ist identisch mit den Zahlbeträgen
des BSHG, wobei die einmaligen Beihilfen pauschaliert und mit einem Betrag von
15 Prozent des Eckregelsatzes ( 43,02 ) ausgezahlt werden. Lediglich beim Unterhalt
von Kindern gegenüber ihren Eltern - und umgekehrt - wird erst ab einem
Jahreseinkommen von 100 000,- eine Unterhaltszahlung stattfinden.
Damit ist vorgezeichnet: Die Zusammenlegung findet auf dem Niveau der Sozialhilfe
statt.
Die bisher erkennbaren Umsetzungsvarianten der Anpassung reichen
von der zeitlichen Begrenzung der Arbeitslosenhilfe (maximale Laufzeit für
einen Person) bis zur völligen Abschaffung. Allerdings lassen die Erfahrungen
mit sozialen Grausamkeiten in der Vergangenheit vermuten: Ein Gesetz mit dem
Text: Zum 1.1.2004 ist die Arbeitslosenhilfe im SGB III abgeschafft, wird es
nicht geben. Nicht nur die 1,5 Millionen BezieherInnen, sondern auch ihre Partner
und Angehörigen wären auf einen Schlag betroffen. Dies würde
wahrscheinlich keine Sozialrevolte auslösen, aber den Herrschenden könnte
es die Wiederwahlchancen vermasseln.
Vielmehr dürften die individuellen Leistungsvoraussetzungen derart verändert
werden, dass sich die Zahl der Berechtigten auf Arbeitslosenhilfe gewissermaßen
schleichend reduzieren wird: durch das Fehlen der Zugangsberechtigung oder deren
Wegfall, und zwar in kürzester Zeit.
Das job-aqtiv-gesetz mit der Einführung von drei zusätzlichen Sperrzeit-Gründen und der flächendeckenden Verordnung von Eingliederungsplänen könnte dabei eine zentrale Rolle spielen. Wer Sperrzeit-Gründe einführt, will sie auch angewendet wissen. MitarbeiterInnen von Erwerbslosenberatungstellen befürchten, dass ca. ein Drittel der BezieherInnen von Arbeitslosenunterstützung dem irreal inszenierten Hürdenlauf für einen ersten Arbeitsmarkt, den es angesichts steigenden Arbeitslosenzahlen und Massenentlassungen so nicht gibt, nicht gewachsen sind. Nach zweimaliger Sperre wäre der Weg in die Sozialhilfe geebnet.
Die Höhe der Arbeitslosenhilfe unterscheidet sich auf
den ersten Blick nur unerheblich von der Sozialhilfe. Nur der geringere Teil
der BezieherInnen hat einen Nettoauszahlungsbetrag, der über dem Sozialhilfeniveau
liegt.
Der durchschnittliche Nettozahlbetrag der Arbeitslosenhilfe lag in den alten
Bundesländern im Jahre 2000 bei 1040 DM (532 )
Die Unterschiede beruhen allerdings vor allem auf dem Verhältnis zu anderen
Sozialleistungen, wie Wohngeld, Kindergeld, Unterhalt und Erwerbsminderungsrenten,
sowie den Vermögensfreigrenzen und den Aufrechnungsbedingungen, wenn der/die
BezieherIn mit anderen in einer Gemeinschaft, (Ehe, eheähnliche Gemeinschaft,
Familiengemeinschaft) zusammen lebt. Des Weiteren ergeben sich erhebliche Unterschiede
beim Erwerb zukünftiger Ansprüche insbesondere Rentenanwartschaften
für die Alters- bzw. Berufsunfähigkeitsrente.
Unzumutbare Arbeit gibt es im BSHG nicht, während die Arbeitslosenhilfe
einen gewissen Schutz vor Niedriglöhnen und überlangen Fahrwegen gibt.
Berührt sind ebenfalls die Anspruchsvoraussetzungen für Fortbildung / Umschulung und Einarbeitungsmaßnahmen des Arbeitsamtes.
Die Arbeitslosenhilfe bemißt sich nach dem ursprünglich
erzielten Arbeitseinkommen. Überschläglich beziehen EmpfängerInnen
mit Kindern 57 %, ohne Kinder 53 % des letzen Nettoeinkommens.
Der Sozialhilfebedarf ergibt sich im Normalfall (ohne Mehrbedarfe wie bei Schwangerschaft,
allein erziehend oder bei Diätzulagen) aus dem Regelsatz von zur Zeit 561,-
DM (286,83 ) sowie den Kosten der Unterkunft. Die Miet- und Heizkosten sind
nach oben begrenzt. Einer/m Aleinstehenden wird in Bremen eine Miete von 265,-
zuzüglich den Heizkosten von maximal 50,- zugebilligt.
Wer Sozialhilfe bezieht, kann einmalige Beihilfen beantragen, die statistisch
15 % des Regelsatzes = (84,15 DM) 43,02 monatlich ausmachen. Mit Ausnahme
der Bekleidungspauschale von 23,01 sind alle zusätzliche Bedarfe nachzuweisen
und werden u.a. durch Hausbesuche überprüft.
Daraus ergibt sich ein ungefährer Sozialhilfehöchstsatz von 639,-
(1250,- DM) monatlich , inklusive einmaligen Beihilfen, für einen Alleinstehenden.
Hierin enthalten ist nicht der Krankenversicherungsbeitrag.
Erhält ein Mensch mit Sozialhilfeeinkommen Wohngeld, Heizkostenzuschuß, Kindergeld bei ergänzender Sozialhilfe auch Rente, Arbeitsamtsleistungen etc., wird dieses Einkommen voll auf die Sozialhilfe angerechnet. Es verbleiben also maximal die 639,.- (1250,- DM).
Anders verhält sich dies bei Arbeitslosenhilfe. Hier wird
Wohngeld, Kindergeld, Unterhalt, Erwerbsminderungsrente oder der einmalige Heizkostenzuschuß
nicht auf die Arbeitslosenhilfe angerechnet.
Die BezieherIn von Arbeitslosenhilfe kann also das verfügbare Einkommen
durch andere Sozialleistungen und Ansprüche erhöhen. Erst hierdurch
ergibt sich für Viele die Möglichkeit, die Sozialhilfeschwelle zu
überschreiten.
Beim Bezug von 640,- Arbeitslosenhilfe sind maximal 65,- Wohngeld möglich. Dieses erhöht das verfügbare Einkommen.
Bei der Anrechnung von Nebeneinkommen aus Arbeit ergeben sich
ebenfalls Unterschiede. Bei Arbeitslosenhilfe sind nach dem Abzug von Fahrtkosten
grundsätzlich 165 des Einkommens anrechnungsfrei. Bei höherem Arbeitslosenhilfebezug
sogar 20% der ausgezahlten Arbeitslosenhilfe.
Die Obergrenze für den Hinzuverdienst in der Arbeitslosenhilfe wird durch
die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 15 Stunden gesetzt.
In der Sozialhilfe werden je nach Höhe des Einkommens nach dem Abzug der
Fahrtkosten zwischen 71,71 bis maximal 143,42 nicht auf die Sozialhilfe
angerechnet.
Gravierender ist der Unterschied der Vermögensfreigrenzen zwischen beiden Systemen. Bei einer alleinstehenden SozialhilfebezieherIn betragt die Freigrenze 1279,- (2500,- DM), bei einer ArbeitslosenhilfebezierIn sind es je Lebensjahr 520 . Bei Angehörigen Partnern fällt der Unterschied noch höher aus. Sozialhilfe 614,- (1200,- DM) Arbeitslosenhilfe ebenfalls 520,- pro Lebensjahr.
Somit ergibt sich für ein Paar in der zahlenmäßig größten Lebensaltersgruppe von ArbeitslosenhilfebezieherInnen von 55 bis 60 Jahren ein Gesamtvermögensfreibetrag von mindestens 57 200, - bei Sozialhilfebezug lediglich von 1893,- (3700,- DM).
Übersteigt das verwertbare nicht geschützte Vermögen diese Höchstgrenzen, wird die Leistung erst nach Verbrauch des übersteigenden Teils des Vermögens ganz oder teilweise gezahlt.
Fällt ein verheirateter ehemaliger Werftarbeiter, der nach 35 Arbeitsjahren 40 000,- gespart hat, aus dem Arbeitslosenhilfebezug, würde ihm das Sozialamt zum Verbrauch des ungeschützten "Vermögens" verpflichten und die Sozialhilfezahlung erst nach ca. 4 Jahren aufnehmen.
In beiden Systemen gibt es eine Anrechnung von Einkommen der Partner in Lebensgemeinschaften. Die Anrechnungsverfahren sind sehr komplex und werden im Folgenden an einigen Beispielen erläutert, die versuchen sollen, die unterschiedlichen Anrechnungsverfahren verständlich zu machen.
Eine Frau verdient 1380,- (2700,- DM) netto aus Erwerbstätigkeit, der Partner will in die Wohnung einziehen. Im Falle des Sozialhilfebezugs hätte er 639,- (1250,- DM) eigene Leistungen des Sozialamtes, bei Arbeitslosenhilfe einen Bezug von 639,- (1250,- DM) vom Arbeitsamt. Das Beispiel erfolgt ohne Berücksichtigung anderer Leistungen wie Wohngeld, bei gleichen Ansätzen für Fahrtkosten etc.
Regelsätze | 516,40 | 1010,- DM |
Miete max. | 355,- | 694,- DM |
Heizkosten max. | 61,35 | 120,- DM |
Gesamtbedarf | 932,75 | 1824,- DM |
Die Bereinigung des Einkommens der Frau
1380,- minus Freibetrag §76 BSHG 143,42 , minus Fahrtkosten 53,- ( 2700,- DM minus Pauschalen 290,50,- DM minus Fahrtkosten 103,- DM) ergibt einen bereinigtes Einkommen von 1183,60 (2306,50 DM). Da dieses bereinigte Einkommen den Gesamtbedarf der Sozialhilfe um 250,85 (482,50,- DM) übersteigt, wird für den Mann keine Sozialhilfe mehr gezahlt. Einmalige Beihilfen sind ebenfalls nicht mehr möglich.
Bei Ehepartnern ist die Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenkasse möglich.
Zusätzlich ergibt sich bei nicht verheirateten Paaren das Problem des Krankenkassenbeitrages. Dieser wird bei einer freiwilligen Versicherung des Mannes zu Beginn des Sozialhilfebezugs vom Sozialamt getragen. Bei einem durchschnittlichen Beitrag von 110,- (220,- DM) müßte dieser auch aus dem Einkommen der Frau getragen werden, denn eine Mitversicherung von Partnern in eheähnlichen Gemeinschaften ist nach § 10, SGB V nicht möglich.
Meldet sich der Mann regelmäßig beim Arbeitsamt als Arbeit suchend, erwirbt er lediglich Anrechnungszeiten in der Rentenversicherung. Diese steigern die Rente nicht, sie ermöglichen eventuell ein früheres Erreichen von Rentenansprüchen.
Nettoeinkommen | 1380,- | 2700,- DM |
Minus Freibetrag | 150,73 | 294,80 DM |
Minus Fahrtkosten | 53,- | 103,-- DM |
Minus theoret. Alo | 731,40 | 1431,-- DM |
Anrechnungsbetrag | 444,87 | 871,20 DM |
Die Arbeitslosenhilfe des Mannes würde von 639,- (1250,-
DM) um den Anrechnungsbetrag von 444,87 (871,20 DM) reduziert und weiterhin
in einer Höhe von 194,13 (378,80 DM) gezahlt.
Der Mann verbliebe in der gesetzlichen Krankenversicherung, würde durch
den Bezug von Arbeitslosenhilfe eigene Rentenansprüche (Beitragszeiten)
erwerben und die Voraussetzungen für Fördermaßnahmen des Arbeitsamtes
(ABM, SAM EGZ, Fortbildung und Umschulung) erfüllen.
Verfügbares Einkommen:
Diese Darstellung verdeutlicht, dass mit einer Anpassung der Arbeitslosenhilfe in Richtung Sozialhilfe die Kosten der Erwerbslosigkeit für den Staat nicht nur erheblich gesenkt, sondern auch in Richtung der Angehörigen verlagert werden. Hierbei ist nicht nur das verfügbare Einkommen zu berücksichtigen, sondern auch die Verlagerung der Kosten der Krankenversicherung und die Folgen durch die Verminderung der späteren Rente.
Die nachstehende Darstellung aus dem Armutsbericht der Bundesregierung verdeutlicht das enorme Anrechnungspotenzial in Gemeinschaften, da nur der geringste Teil der Arbeitslosen alleinstehend ist.
Verheiratet 54 % | 50 % in Gemeinschaften mit Erwerbseinkommen |
Alleinstehend 20 % | 12,5 % Abzug wegen Partnereinkommen |
In der Arbeitslosenhilfe wird lediglich das Einkommen des/der PartnerIn in der Lebensgemeinschaft angerechnet. In der Sozialhilfe wird auch ein Unterhaltsanspruch gegenüber außerhalb einer Wohnungsgemeinschaft lebenden Kindern bzw. Eltern vorgenommen. Dieser Unterhaltsanspruch wirkt bereits dann, wenn die/der Unterhaltsverpflichtete über ein Durchschnittseinkommen verfügt. Der in der Sozialhilfe ermittelte Unterhaltsanspruch gegenüber Angehörigen führt zur Minderung der Sozialhilfe bis hin zu ihrer vollen Höhe, wenn die /der Unterhaltsverpflichete über ein entsprechendes Einkommen verfügt.
Hat jemand mit einem Nettoeinkommen von 1600,- (3130,- DM) eine/n Verwandte/n ersten Grades im Rahmen der Sozialhilfe zu unterstützen, wird je nach Fahrtkosten ein Unterhaltsbetrag von 260-300,- monatlich fällig.
Diese Unterhaltspflicht führt in vielen Fällen zum Verzicht der Antragstellung auf Sozialhilfe. Ca. 50 Prozent der nach einer Bedarfsberechnung Sozialhilfeberechtigten verzichten auf die Antragstellung. Ein großer Teil davon dürfte die gesetzlich garantierten Ansprüche wegen der Unterhaltspflicht nicht geltend machen.
Bezugszeiten von Arbeitslosenhilfe sind rentenrechtlich Beitragszeiten.
Sie führen selbst bei geringen Zahlbeträgen zu einer Steigerung der
späteren Rente.
Die Arbeitslosenmeldung bei Sozialhilfebezug führt nicht zum Erwerb von
Beitragszeiten.
Die Unterschiede der Regelungen für zumutbare Arbeit dürfte für Unternehmer die Absenkung auf Sozialhilfestandard ebenfalls attraktiv machen, um mittels Druck der Ämter die Annahme schlecht bezahlter Arbeit zu erzwingen; d.h Lohnkosten zu senken. In beiden Systemen wird die Verweigerung der Annahme von Arbeit oder auch Maßnahmen mit Streichungen bzw. Kürzungen bedacht.. Bei der Arbeitslosenhilfe erfolgt eine Sperrzeit von 3 Monaten und im Wiederholungsfall die völlige Streichung der Leistung. In der Sozialhilfe erfolgt im ersten Schritt eine Kürzung um mindestens 25 % des Regelsatzes (286,83 ) und im zweiten Schritt die völlige Streichung. Die Sanktionen in der Sozialhilfe sind nach der geltenden Rechtsprechung ebenfalls auf drei Monate zu begrenzen.
Die Sozialhilfe kennt keine Zumutbarkeitsregelung. Dies bedeutet, jede Tätigkeit, auch 300,- Jobs, Stundenlöhne von 3,- sowie Prämienarbeit von 1,- pro Stunde muß bei Gefahr der völligen Streichung der Sozialhilfe angenommen werden.
Die Zumutbarkeitsregelung der Arbeitsämter hat erst 1997 den Berufsschutz abgeschafft. Jetzt gilt als zumutbar jede Arbeit, bei der ein Nettoeinkommen über der Bezugshöhe von Arbeitslosenhilfe erzielt werden kann. Hierbei können allerdings die Fahrtkosten angerechnet werden.
Bei einer Angleichung an die Prinzipien der Sozialhilfe würde
also der Druck auf die Betroffenen erheblich gesteigert, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse
einzugehen und auch Arbeit im Niedriglohnbereich anzunehmen.
Bereits im Jahre 2000 verfügten die Arbeitsämter 93 000 Sperrzeiten,
was einem Anteil von 2,3 % der im Laufe des Jahres gemeldeten Erwerbslosen entspricht.
Hiermit wäre die Behauptung vom Konsenskanzler der Konzerne, Herrn Schröder,
widerlegt, dass die Arbeitslosen allesamt zu unbeweglich und faul sind. Allerdings
darf bei Betrachtung der oben erläuterten Zusammenhänge angenommen
werden, dass er bereits einer Zusammenlegung von beiden Leistungssystemen auf
Sozialhilfeniveau das Wort geredet hat. Schließlich will jede Leistungsverschlechterung
ideologisch vorbereitet sein, damit Stammtische schon vorab den Kürzungen
Beifall zollen können.
Derzeit werden ca. 13 Mrd (26 Milliarden DM), aus dem Steueraufkommen
finanziert, jährlich für die Arbeitslosenhilfe aufgewendet.
Eine ersatzlose Streichung der Arbeitslosenhilfe würde zu einer erheblichen
Kostenumschichtung führen. Diese Belastung würde die Kranken- und
Rentenversicherung, die Verwandten, PartnerInnen, die Kommunen und letztlich
auch die betroffenen ehemaligen ArbeitslosenhilfeempfängerInnen treffen.
Gesamtausgaben 2000: 13,0 Mrd.
Zahlbeträge an EmpfängerInnen: 8,7 Mrd.
Beiträge zur Sozialversicherung: 4,3 Mrd.
Die von der BfA erbrachten Beiträge würden den gesetzlichen
Rentenkassen kurzfristig fehlen, aber durch niedrigere Rentenansprüche
letztlich den Betroffenen wieder entzogen.
Ein Jahr Sozialhilfe statt Arbeitslosenhilfe hätte einen späteren
monatlichen Rentenverlust von ca. 10 zur Folge.
Die entfallenen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung müßten für ca. 30 % der Betroffenen im Rahmen der Sozialhilfe von den Kommunen getragen werden. Im Falle der Ehe oder eingetragener gleichgeschlechtlichen Partnerschaft würde die Krankenversicherungsbeiträge der Bundesanstalt für Arbeit den Krankenkassen durch die Mitversicherungspflicht fehlen. In bestimmten Einkommensgruppen müßten die PartnerInnen in eheähnlichen Gemeinschaften durch ihr Einkommen den Krankenversicherungsbeitrag aufbringen.
Bei Abschaffung der Arbeitslosenhilfe würde ein großer
Teil der Einsparungen des Bundes bei den Angehörigen im Rahmen der Unterhaltspflicht
und der Anrechnung des Partnereinkommens aufgefangen werden. Ca. 55 Prozent
der Arbeitslosen sind verheiratet. Nur 18 Prozent der Arbeitslosen leben allein.
Daraus läßt sich eine enorm hohe Quote der anrechenbaren Einkommen
ableiten.
Die Kommunen müßten mit steigenden Sozialhilfe- und Wohngeldkosten
rechnen. Bei alleinstehenden Menschen würden auch die Kosten der Kranken-
und Pflegeversicherung anfallen, die von den Sozialämtern zu tragen wären.
Somit könnten die Sozialhilfekosten der Kommunen um ca. 40 % der jetzigen
Kosten der Arbeitslosenhilfe steigen.
Das verfügbare Einkommen der Betroffenen mit bislang hohem Arbeitslosenhilfeanspruch würde deutlich sinken.
Als arm gilt ein Mensch, der weniger als 50 % des verfügbaren (Netto) Durchschnittseinkommens bezieht. Der Armutsbericht der Bundesregierung weist für 1998 folgende Werte aus:
In der Arbeitslosenhilfe ist zusätzlich Wohngeld möglich, deshalb sind die Zahlbeträge nicht mit der Armutsgrenze vergleichbar. Außerdem leben 50 % der Arbeitslosen mit Erwerbstätigen zusammen, so dass die Arbeitslosenhilfe nur einen Teil des Haushaltseinkommens ausmacht.
Bevölkerung insgesamt | 10,1 % |
Kinder bis 6 Jahre | 14,5 % |
Allein Erziehend / 1 Kind | 26,5 % |
Allein Erziehend 2 u.m. Kinder | 42,1 % |
Arbeitslosenhaushalte | 28,5 % |
Sozialhilfehaushalte | 100,0 % |
Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe würde die Zahl der in Armut lebenden Menschen drastisch erhöhen.
"Damit der Wirtschaftsstandort Deutschland wettbewerbsfähig bleibt" sagt der Kanzler.
Dabei hat er in seinen drei Regierungsjahren doch schon so viel "Gutes" dafür getan. Das Körperschaftssteueraufkommen (Steuer auf den Gewinn von Kapitalgesellschaften) sank seit seiner "Großen Steuerreform" von 26 Mrd. (45 Mrd. DM) in 2000 auf weniger als Null. 0,46 Mrd. DM wurden 2001 von den Finanzämtern zurückerstattet. In seiner kurzen Regierungszeit erhöhte sich das private Geldvermögen um 25 % auf nunmehr 8,2 Billionen DM. Die Reformen seiner Regierungszeit, das Eichel-Sparpaket (15 Mrd. ), die Steuerreform (30 Mrd. ) und die Ökosteuer ergeben einen jährlichen Umverteilungseffekt zu Gunsten der Unternehmen und Reichen von 100 Mrd. DM.
"Wir machen nicht alles anders, aber vieles besser" hatte er zu seinem Regierungsantritt verkündet. Stimmt. Kohl hat für die gleiche Umverteilungssumme im Steuersystem 16 Jahre gebraucht.
Bei den verwendeten Zahlen für die Sozialhilfe wurde von den in der Stadt Bremen geltenden Regelsätzen, den Miethöchstgrenzen (Mietenstufe IV) und den gültigen Verwaltungsanweisungen ausgegangen.
Arbeitsgemeinschaft Sozialpolitik
Steffensweg 49 f, 28217 Bremen März 2002
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The virtual meeting place of the left in the unions and in the workplace |
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