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Updated: 18.12.2012 15:51
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Bundessozialgericht legalisiert Zwangsarbeit

Mit der Zulassung einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden bei Arbeitsgelegenheiten hat das Bundessozialgericht den Bundesarbeitsdienst ausgebaut.

Die sogenannten Ein-Euro-Jobs - die ohne Arbeitsvertrag selbstverständlich keine Jobs sind - waren eigentlich "Rechtsnachfolger" der Ein-DM-Jobs im alten Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Zu dieser alten Regelung im BSHG gab es eine gefestigte Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerG). Danach waren die Ein-DM-Jobs ebenso wie heute die Ein-Euro-Jobs nur für Personen geeignet, die sogenannte Primärtugenden der Arbeitswelt erst wieder
erlernen müssen. Personen also, die z.B nach einer Suchterkrankung neu lernen müssen, pünktlich, sauber und nüchtern zur Arbeit zu erscheinen oder überhaupt einen Achtstundentag durchzuhalten. Wer aber einen Achtstundentag trainieren muss, von dem kann kein Achtstundentag verlangt werden, meinte das BVerG. Entsprechend waren in der gefestigten
Rechtssprechung 20 Wochenstunden die Obergrenze für solche arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Diese Rechtssprechung wurde bislang von den Sozialgerichten übernommen. Denn wie das Bundessozialgericht (BSG) selbst wiederholt geäußert hat, gilt das BSHG als Referenzsystem für Hartz IV.

Was hat sich also geändert?

Offensichtlich sind die Richter und Richterinnen des BSG auf eine workfare-Ideologie eingeschwenkt. Danach müssen arbeitsfähige Erwerbslose eine Gegenleistung für eine Unterstützung durch den Staat erbringen. Solche Vorstellungen werden allerdings weder durch das
Grundgesetz (GG), noch durch internationale Konventionen unterstützt. Das Grundgesetz bietet verfassungsmäßige Rechte auch denen, die den Staat und seine bürgerliche Klassenherrschaft nicht lieben. So ist das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung nicht davon abhängig, ob
Kriegsdienstverweigerer den Staat verteidigen wollen. Ebensowenig ist das Sozialstaatsgebot nach Artikel 20 GG davon abhängig, ob Leistungsempfänger eine Gegenleistung für ein kapitalistisches Gemeinwesen erbringen. Wenn Vermögens- und Erbschaftssteuern vermieden
werden sollen, müssen Erwerbslose dafür nicht in die Lücke springen.

International gilt eine Konvention der International Labour Organization (ILO) von 1930. Danach ist Zwangsarbeit jede Arbeit, die nur unter Androhung von Strafe aufgenommen wird. Es gibt diverse Ausnahmen, etwa für Wehrpflicht und Häftlingsarbeit. Aber Dienstleistungen "im öffentlichen Interesse" können nur verlangt werden, wenn alle Mitglieder der Gesellschaft gleich betroffen sind. Wenn also Mitglieder der Familien Quandt, Siemens, Flick und Co. zu sozialen Dienstleistungen
herangezogen werden, dann können auch Erwerbslose sich nicht wehren. Bei einer Dienstverpflichtung für Erwerbslose handelt es sich jedoch eindeutig um Zwangsarbeit. Denn die Dienstverpflichtung wird mit Sanktionsstrafen erzwungen.

Die Schröder/Fischer Regierung hat diesen Rückgriff auf die faschistische Sozialpolitik der 30er-Jahre des letzten Jahrhunderts ermöglicht. Wenn das BSG diesem Sozialdarwinismus Raum geben will, dann bleibt nur praktischer Widerstand, wie wir ihn aus Südamerika oder Griechenland erlernen können.

Kommentar von Volker Ritter, Vorsitzender des ver.di-Ortserwerbslosenausschuss Hannover


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