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Updated: 18.12.2012 15:51
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Zwangsarbeit in Zeiten von „HARTZ 4“

Betrachtung aus der Sicht eines Gefangenen

Im Strafvollzug gehört es zu den alt hergebrachten Grundsätzen. auch von sich selbst als demokratisch bezeichnenden Staatswesen, Strafgefangene dem Diktat des Arbeitszwangs zu unterwerfen. So legitimiert beispielsweise in Deutschland das Grundgesetz Zwangsarbeit für den Fall richterlich angeordneter Freiheitsentziehung. Nur nebenbei: der Begriff der Zwangsarbeit steht genau so im Grundgesetz, erst im Strafvollzugsgesetz wird euphemistisch von "Arbeitspflicht"
( vgl. § 42 StrVollzGes ) gesprochen.

Nun gut, wird sich mancheR denken, wer ein Verbrecher (oder Verbrecherin) ist, der soll auch büßen. Dabei wird übersehen, daß der Strafvollzug vielfach ein Experimentierfeld für repressive Maßnahmen und Strategien ist, welche früher oder später auf die ( vermeintlich ) freie Gesellschaft übertragen werden. Aktuell verfolgen können wir dies im Rahmen der Diskussion um die Einführung neuer Sozialgesetze ( HARTZ 4 genannt ). Wer künftig nicht obdachlos auf der Straße sitzen und betteln gehen möchte, der muß sich dem Arbeitszwang seitens der Behörde unterwerfen; daß die im übrigen bislang schon vielfach für Sozialhilfebezieher galt, wird oft übersehen aber da nun hunderttausende betroffen sein werden, erregt dies mehr Aufmerksamkeit.

Zusätzlich zu dem Regelsatz von ca. 380 Euro, sowie der Monatsmiete, sollen Arbeitslose 1 Euro bis 2 Euro pro Stunde (Arbeitgeberverbände fordern 50 Cent) für sie zugewiesene Arbeit erhalten, die zu leisten sie auf Grund ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes in der Lage sind. Genau diese Voraussetzungen gelten auch für den Arbeitszwang im Strafvollzug und auch die
"Stundenlöhne" sind vergleichbar.

Wer sich als Arbeitsloser quer stellt und sich weigert ein solches "Beschäftigungsangebot" anzunehmen, dem wird erst ein Teil des Regelsatzes gestrichen und im Falle weiterer Verweigerungen die komplette Unterstützung. Weigert sich ein Gefangener zu arbeiten, so erhält er weder Taschengeld, noch Fernseher, Studiengelegenheit, er muß mit der Anstaltsnahrung auskommen und erhält darüber hinaus den Haftaufenthalt mit ca. 400 Euro im Monat in Rechnung gestellt, so daß er ( oder sie ) nach mehrjähriger Haft die Anstalt mit einem Schuldenberg verläßt.

Politiker aller Parteien, allen voran Bundeskanzler Schröder, verteidigen die Arbeitspflicht mit dem Argument , daß schließlich die Angestellten, die ( einfachen ) Arbeiter und Arbeiterinnen es wären, die durch ihre Steuerzahlungen die Arbeitslosen finanzieren würden und sie deshalb verlangen dürfen, daß sich Arbeitslose es nicht im Liegestuhl bequem machen, sondern für die Sozialleistungen arbeiten.

Bei diesem Argument handelt es sich um einen subtilen rhetorischen Trick, mit welchem die Vertreter der Bourgeoisie einen Keil zu treiben versuchen zwischen jene die ( noch ) einer Arbeit nachgehen ( können, bzw. müssen ) und denen die arbeitslos und auf die Solidarität der Gemeinschaft angewiesen sind. Vergessen wird auch dabei gerne, daß die gewährten Sozialleistungen von den Betroffenen umgehend ausgegeben, daß heißt in den Wirtschaftskreislauf eingespeist werden und dabei zum Beispiel durch Zahlung von Umsatzsteuer auch und gerade die Arbeitslosen Steuern bezahlen!
Sie geben also der Solidargemeinschaft unmittelbar finanziell etwas zurück.
Viel gewichtiger ist jedoch die Problematik der Steuerhinterziehung seitens der Oberschicht, bzw. der Unternehmen. Die hier entstehenden Schäden, verursacht nicht etwa durch die von Politikern sonst gerne ins Feld geführte Krankenschwester oder den kleinen Arbeiter, sondern von der besitzenden Klasse, gehen jährlich in den zweistelligen Milliardenbereich.

Flößen diese Milliarden in die Kassen der Solidargemeinschaft, ließe sich leicht eine Grundsicherung ohne Arbeitszwang finanzieren, denn die allermeisten Menschen wollen ja sehr wohl arbeiten. Aber wer, aus welchen Gründen auch immer, nicht arbeiten will oder kann, sollte ein menschenwürdiges Leben führen dürfen – ohne einen “ Reichsarbeitsdienst“ fürchten zu müssen.

Thomas Meyer-Falk


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