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Updated: 27.01.2007 16:10

Hängt ihn höher – Recht und Ordnung in KL-City

Artikel von Ralf Pandorf über einen alltäglichen Skandal in Kaiserslautern

Noch nie in Texas gewesen – vielleicht in Baxar County, in Crystal City oder El Campo – tja, nicht schlimm, die Zustände hier sind ähnlich paradiesisch.
In Texas sind die Sheriffs zwar noch richtige Männer und sehen auch so aus. In Kaiserslautern aber sind es richtige Bürokraten und benehmen sich auch so.
Der kleine Unterschied zwischen Texas und Kaiserslautern liegt vielleicht in der Möglichkeit der Bestrafung. Der texanische „Kollege“ hat da ganz andere, kreativere Möglichkeiten, die er auch freudig nutzt, dem deutschen Pedanten bleiben da im Vergleich recht magere Varianten, zumindest was die Blutrünstigkeit angeht.

Im Monat September zum Beispiel, verkündet Sandra Zehle, Pressesprecherin der Stadt Kaiserslautern, stolz: „ Letzte Woche hat das Referat Recht und Ordnung wieder eine Kontrolle nach Schulschwänzern durchgeführt. Ab 8:00 Uhr überprüften zwei Mitarbeiter des Kommunalen Vollzugsdienstes in Zivil insgesamt zwölf Jugendliche. (…) Vier der Jugendlichen wurden beim "Schwänzen" erwischt und von den Beamten in die Schule gebracht. Einen Schüler unter 16 Jahren beobachteten die Vollzugsbediensteten beim Rauchen. Seine Eltern sowie die Erziehungsberechtigten der Schulschwänzer und das Jugendamt wurden benachrichtigt .“

That's great! Fantastic! Do it this way!

Angestachelt durch diesen Erfolg will das Referat „Recht und Ordnung“ (!) nun seinen texanischen Kollegen in nichts mehr nachstehen und holt richtig aus.
Doch zur eigentlichen Story – diese eher banal und widerlich!

Da gibt es Menschen, die aufgrund ihrer Erwerbslosigkeit genötigt werden oder sind, für die Stadt Kaiserslautern, Referat Soziales – Ökologieprogramm, für 1,25 Euro die Stunde zu „arbeiten“. Was müssen Sie tun? Wenn man realistisch ist, müssen sie von Kaiserslauterer Bürgern Dinge abholen, die diese nicht mehr brauchen, damit andere, die sich eben genau diese Dinge nicht mehr leisten können und von der Stadt auch niemals mehr bezahlt bekommen, mit eben diesem Wohlstandsmüll begnügen müssen.
Da mag es Ausnahmen geben, aber im Groben und Ganzen ist es genau so.

Nicht genug, dass man die Menschen zwingt für 1,25 Euro pro Stunde zu „arbeiten“, nein man lässt sie auch rechtlos. Man gibt ihnen keinen „Arbeitsvertrag“, denn sie „arbeiten“ ja nicht. Sie werden nur „beschäftigt“ – damit sie nicht auf dumme Gedanken kommen. Aber dafür dürfen sie dann auch das Risiko ihrer vermeintlichen „Nicht-Arbeit“ gefälligst selber tragen. Man schickt sie, wie jeden anderen „normalen“ Angestellten mit dem Auto los, um die Sachen bei den „Bürgern“ einzusammeln oder im Gegenzug bei den „Hilfeempfängern“ abzuliefern und erkennt plötzlich einen systemimmanenten fürchterlichen Fehler.

„Huston - We have a problem!“

Unfälle, wie sie beim Fahren mit den stadteigenen Fahrzeugen vorkommen können, sind nicht versichert. Und zwar weil es keine „Bediensteten“ der Stadt sind, sondern rechtlose Ein-Euro-Kräfte. Und so kommt es, dass das „Referat für Recht und Ordnung der Stadt Kaiserslautern“ sich gezwungen sieht, Maßnahmen zu ergreifen. Es schreibt an seine untergeordneten Dienststellen am 13.09.05 unter anderem auch an das „Referat Soziales – Ökologieprogramm“: „(…) Daraus folgt, dass Ein-Euro-Kräfte und Praktikanten (Ausnahme: Praktikanten im Anerkennungsjahr) bei schuldhaft verursachten Schäden an städtischen Fahrzeugen oder sonstigen Eigentum der Stadt Kaiserslautern persönlich für den Schadensausgleich in Anspruch zu nehmen sind.“ sowie, dass „(…) bei der Einteilung der Ein-Euro-Kräfte es tunlichst zu vermeiden [ist], dass deren Aufgabenbereich das Führen von Dienstfahrzeugen umfasst (…).

Shit happens!

Eine solche Situation muß selbstverständlich sensibel gehandhabt werden – nichts übereilen. Bloß nicht den betroffenen „Nicht-Bediensteten“ davon Bescheid geben. In bester Akte-X-Manier wir erklärt: „Government denies knowledge – Wir wissen von nichts“. Keiner der „Nicht-Bediensteten“ wird informiert in welcher vermeintlichen Gefahr er/sie sich befindet, welches Risiko er oder natürlich auch sie, für 1,25 Euro die Stunde eingeht.

Aber „Gottes Wege“ sind bekanntlich unergründlich, sowohl in Texas als auch in KL-City. Durch eine „Verkettung unglücklicher Zustände“ – eine Vokabel, die sonst gerne bei Unglücken jedweder Art verwendet wird – kommt einer der „Unglücklichen“, die eine solche Dienstanweisung persönlich betrifft, am 23.09.05 – also schon 1 ½ Wochen später – durch Zufall an eben dieses Dokument.

Dammed!

Der „Ein-Euro-Cowboy“ staunt nicht schlecht, lehnt es ab, nach der Lektüre des Schreibens, „Dienstfahrzeuge der Stadt KL zu bewegen“ (gemeint sind wohl Pferde und andere Transportmittel) und teilt dies seinen Vorgesetzten logischerweise auch umgehend mit.

Im Nachhinein hätte Ihm ein Texaner vielleicht geraten, dies alles nicht auch noch seinen Kollegen zu erzählen, die natürlich genau so empört waren und alle Fahrten ebenfalls verweigerten – aber wir sind ja in Kaiserslautern, eben nicht in Texas.

Weit gefehlt!

Jetzt passiert das, was sowohl Texas als auch in der deutschen Bürokratie passieren muss.

Ein Betroffener: „ Daraufhin wurde allen beschäftigten Ein-Euro-Kräften wegen „Arbeitsverweigerung“ mit rechtlichen Schritten und Entlassung gedroht. Trotzdem blieben alle bei der, von jedem einzelnen selbst beschlossenen Entscheidung, keine städt. Fzg. zu führen, bis sich die Versicherungssituation geändert habe .“

Natürlich äußern Vorgesetzte eine solche Drohung oder Kündigung nicht in einer Gruppenversammlung, wo man mit den Betroffenen offen redet und versucht vielleicht Lösungen zu finden – dies wäre nach texanischen Brauch langweilig. Schön einzeln, nacheinander, jeder für sich wird unter Druck gesetzt. Bloß keine Zeugen.

Zwar wäre keiner der Beamten oder Angestellten der Stadt nach Kenntnis einer solchen Dienstanweisung auch nur einen Meter mit einem Dienstwagen gefahren, brauchen sie ja auch nicht, sie sind ja „Bedienstete“, aber hier haben wir es ja mit „dem Kunden“ zu tun, wie Langzeitarbeitslose in Deutschland seit neuestem im internen Bürokratendeutsch genannt werden und da gelten andere Maßstäbe.

Seit neuestem ist der Kunde nämlich gefordert und wird nicht immer nur gefördert und wenn er was befördert, wird erst recht gefordert und zwar zur Aufgabe elementarer Rechte. In diesem Fall besteht eines seiner Rechte in der Aufgabe der Beförderung von Unrecht an die Öffentlichkeit.

Etwas was ein Texaner, insbesondere ein Sheriff, hasst, mehr hasst als sonst etwas auf der Welt und da gibt's bekanntermaßen einiges Hassenswertes, ist Presse.

Die Betroffenen wenden sich nun bedauerlicherweise an ebendiese. „Never do it this way!“, hätte ein Texaner Ihnen mit Sicherheit geraten. Und ebendiese Presse berichtet zu allem Überfluß auch noch darüber. Die „Rheinpfalz“ schreibt am 8.10.2005 einen Artikel, verdeutlicht einigermaßen sachlich den Vorgang, zitiert noch ein bisschen den Direktor des „Referates für Soziales“, Herrn Günter Andes, mit den schönen Worten, er halte den Vorgang für „ halb so schlimm (…) Trotzdem werde geprüft ob eine Versicherung sinnvoll sei “ und dann kommt's.

Frau Hach-Spiegelmacher – Referat Soziales bei der Stadt Kaiserslautern – wird, wie es der Name ihrer Abteilung verlangt, sozial tätig. Nicht in der Lage Unrecht zu erkennen, wenn man drauf sitzt – sieht sie es natürlich auch nicht und spricht eine fristlose Kündigung aus. Gegen wen – ja, eine interessante Frage.

Gegen den Leiter der Rechtsabteilung der Stadt Kaiserslautern, der offensichtlich nicht in der Lage ist, frühzeitig zuerkennen, welche rechtlichen Probleme die Beschäftigung von „Lohn-Sklaven“ in seiner Stadt mit sich bringen kann?
Gegen den Träger der Ein-Euro-Jobs – das „Referat Soziales – Ökologieprogramm“ der Stadt Kaiserslautern, der rechtswidrig und wissentlich, Menschen in gefährliche und kostspielige Rechtssituationen bringt, ohne sie darüber aufzuklären?
Nein, natürlich nicht, wir sind hier ja in KL-City, wo das „Referat für Recht und Ordung“ in bester Texas-Manier für Recht und Ordnung sorgt.

„Everything's now under control“, kann Hach-Spiegelmacher demzufolge auch ihren Vorgesetzten brav und gehorsamst melden und schreibt am 11.10.05 an einen der „Nicht-Und-Niemals-Mehr-Wieder-Überhaupt-Irgendwo-Bediensteten“: „ (…) sie verschafften sich Einblick in interne Dienstpapiere (in der Zeit vom 23.09.05) und leiteten diese an verschiedene Verteiler unter anderem auch an die Pressestelle der Rheinpfalz. Ebenso wurde auch der Beschwerdeweg nicht eingehalten. (…) Da wir ein solches Verhalten nicht dulden können beendigen wir ihre Arbeitsgelegenheit mit sofortiger Wirkung.“ Wir dürfen Sie zwar nicht hängen, aber „Ihr Fallmanager wird darüber umgehend in Kenntnis gesetzt.“ Ätsch!

Eingefügt wird in die Kündigung noch schnell „Des weiteren machen Sie auch falsche Aussagen, dass alle Ein-Euro-Kräften wegen „Arbeitsverweigerung“ mit rechtlichen Schritten und Entlassung gedroht wurden, da sie keine städtischen Fahrzeuge führen wollten. Diese Aussage stimmt nicht. Dies ist eine Falschaussage. (…) Zeugen: Frau Fattler, Herr Heldt (Fachanleiter des Ökologieprogramms)…

„Vou have lost, guy!“ Zu viele Jäger, der Hase: tot! Könnte man meinen.

„You've done a good job, babe,” würde dementsprechend „Sergio Leone“ einen Sheriff aus Texas zu seinem Handlangern sagen lassen, aber wir sind ja nicht in Texas, wo Ein-Euro-Jobs „A fistful of Dollars – Für eine handvoll Dollar“, die Akteure „Clint Eastwood“ und die Regisseure nicht „Hach-Spiegelmacher„ heißen.

Wir sind in KL-City! Also schwing dich in die Hufe, Cowboy, und tritt der Bande in den kräftig in den Arsch und zwar „For a few Dollars more!“

Die Partnerstadt von Kaiserslautern heißt übrigens Goldsboro und liegt in North Carolina, aber da war ich auch noch nie. Schlimmer als in KL-City wird's aber schon nicht werden.


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