letzte Änderung am 15. Dezember 2003 | |
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Kannst du knapp zusammenfassen, was der Gegenstand Deiner Klage ist?
Am 28.01.03 teilte mir das Arbeitsamt Dortmund mit, dass ich nicht mehr bedürftig bin, da mein Vermögen die Höhe Freibetrages von 10.800 Euro überschritten sei. Der Grund ist, dass die Rot-Grüne Bundesregierung seit ihrem Amtsantritt zum 3. Mal die Arbeitslosenhilfeverordnung änderte. Ab 1.1.2003 galt ein neuer Vermögensfreibetrag. Wer also am 1.1.2003 das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, hatte eben Pech. Der bisherige Vermögensfreibetrag wurde auf 200 Euro pro vollendeten Lebensjahr gekürzt. Da ich am 1.1.03 noch keine 55 Jahre war überstieg der Rückkaufswert meiner Lebensversicherung den Vermögensfreibetrag um ca. 5457 Euro. Meine Altersvorsorge ist nicht Altersversorgevermögen nach Riester. Seit 13.02. 1999 bezog ich Arbeitslosenhilfe. Aufgrund meiner lückenhaften Arbeitsbiografie - wie Dritter Bildungsweg, Kind - Versicherungsverlauf und Beschäftigung im Niedriglohnsektor schloss nach meiner Scheidung 1992 eine Lebensversicherungen auf Rentenbasis ab. Die aktuelle Höhe meiner gesetzlichen Altersrente beträgt z.Z. ca. 600 Euro, etwas höher als bei meiner Scheidung 1992. Die ständige Änderung des Gesetzgebers in der Rentengesetzgebung trug dazu bei, dass trotz Erwerbsarbeit, die aktuelle Höhe meiner Altersrente seit 1992 nur um wenige Euro stieg.
Die Lebensversicherungen galten bis 2001 noch als "privilegiertes Vermögen", ( Auszahlung nach dem 60. Lebensjahr) war also nicht verwertbares Vermögen. Zusätzlich gab es noch einen Vermögensfreibetrag von 1000 DM pro vollendeten Lebensjahr. Einen Abfindungsfreibetrag aus den Sozialplanleistungen war in der Höhe von 10.000 DM für 5 Jahre ebenso nicht zu verwerten. Ebenso gab es ein Sparfreibetrag von 8000 DM. Im Jahre 2002 fiel das "privilegiertes Vermögen" weg. Das gesamte Vermögen war nun zu berücksichtigen. Das Vermögen konnte nun auch in Aktien angelegt sein. Der Vermögensfreibetrag betrug nur noch 520 Euro pro vollendeten Lebensjahr. Das Altersversorgevermögen war nun auf Riester festgelegt worden, mit einem Freibetrag von 4100 Euro.
Gibt es solche Klagen eigentlich viele oder ist das sozusagen ein "Musterprozess"? Erwartest Du einen "Gang durch die Instanzen"?
Ich kann nicht einschätzen wie viele Betroffene Widerspruch und Klagen einreichten. In der Regel sind es nur von wenige Betroffene. Du stehst ja ohne Geld da und brauchst noch einen langen Atmen für das Verfahren. Auf jeden Fall wird es ein Gang durch die Instanzen. Sozialhilfe bekommt Mensch ja auch nicht. Im Prinzip bist Du ja doch gezwungen die Lebensversicherung für den Lebensunterhalt zu verbrauchen. Auch ich habe bereits eine Lebensversicherung aufgegessen. Hoffnung gab es durch ein Urteil des Sozialgerichtes Berlin vom Februar 2003. Dies ist im September beim Landessozialgericht Berlin wieder aufgehoben worden. Die 58. Kammer des Sozialgerichts Berlin lehnte im Februar die Verwertung einer Lebensversicherung zu Gunsten von Arbeitslosenhilfe als unzumutbar ab. Die Vermögensanrechnung dürfe nicht zum wirtschaftlichen Ausverkauf des Betroffenen und zum Verlust erarbeiteter Lebensgrundlagen führen, begründeten die Richter ihren Spruch (AZ.: S 58 AL 2208/02). Dieses Urteil der ersten Instanz hob das Landessozialgericht Berlin (Az.: L 6 AL/1603) Anfang September wieder auf. Eine Revision ist jedoch zugelassen worden. In Bremen sind aufgrund der Arbeitslosenhilfeverordnung 2003 ähnliche Urteile gefällt worden. Eine Klägerin stellte den Antrag auf Erlaß einer einstweilige Anordnung mit dem Ziel, Ahli zu bewilligen und gegen Sicherungsübertragung der Lebensversicherung. Der Klägerin wurde vorläufig Arbeitslosenhilfe zugestanden (S 13 AL 110(03 ER).*
Und wie schätzst Du Deine Chancen ein?
Hier gebe ich lieber keine Prognose. Es ist einfach ein Versuch sich zu über den Rechtsweg zu wehren.
4.Wirst Du bei diesem Prozess eigentlich von verdi unterstützt? Oder vom DGB?
ver.di überträgt den Rechtschutz an den DGB-Rechschutz GmbH, da ver.di den Bereich des Sozialrechtes nicht bearbeitet.
Was hältst Du eigentlich von der Idee - ich glaube, der Vorschlag kam aus Berlin oder so - von "Unabhängigen Erwerbslosenbeiräten"?
"Unabhängige Erwerbslosenräte" können ein sehr gute Ergänzung zu den bisherigen ver.di Erwerbslosenausschüssen und Arbeitskreisen der IG Metall sein. Die Richtlinie zur Erwerbslosenpolitik ver.di sieht eh vor, dass ver.di Erwerbslosengruppen mit anderen Einzelgewerkschaften und anderen Erwerbsloseninitiativen zusammenarbeiten sollen. U.a. wird das Ziel genannt: "Dabei soll auf Ortsebene und in den Bezirken von ver.di das Ziel einer gemeinsamen, wohngebietsbezogenen Arbeit verfolgt werden." Die wohngebietsbezogene Arbeit wird ein wichtiger Schwerpunkt für die Zukunft werden, damit das Überleben vor Ort und die gegenseitige Unterstützung gegen die "Verfolgungsbetreuung" organisiert werden kann . Ich kann mir gut vorstellen, dass "Unabhängige Erwerbslosenräte" weit darüber hinaus tätig werden und alle Menschen mit einschließt die von Armutslöhnen leben.
LabourNet Germany jedenfalls wünscht Dir viel Erfolg.
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