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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Sozialpolitik. Grundlagen und vergleichende Perspektiven Disput zwischen dem Autor Michael Opielka und dem taz-Rezensenten Frank Lübberding Michael Opielka, 2. Juli 2005 Darauf antwortete Frank Lübberding: Zum Leserbrief von Michael Opielka: Es freut mich so schnell eine Antwort auf meine Rezension bekommen zu haben. 2. Die Kritik der Ignorierung bezog sich also nicht auf die fehlende Thematisierung der Agenda 2010 etc, das wäre auch absurd, sondern auf die meiner Ansicht nach fehlende angemessene Würdigung der ökonomischen Hintergründe für die Reformpolitik der Bundesregierung. Natürlich geht Opielka auf Konzepte wie workfare etc. ein. (Übrigens: Hervorragend!) Aber die guten Gründen für diesen Trend zur Rekommodifizierung in Europa werden in dem Buch nicht deutlich. Er argumentiert am Ende vor allem aus ideologiekritischer Perspektive. Wobei er in der Begründung für seine eigenen Reformvorstellungen die „Herausforderungen“ sehr gut beschreibt. Aber in der Darstellung der Regierungspolitik kommt das nicht zum Ausdruck. Dort dominiert die Ideologiekritik. Darauf wollte ich hinweisen mit dem Satz: „Das kann man für falsch halten, aber nicht in der Weise ignorieren, wie es Opielka letztlich praktiziert.“ Wobei ich einräumen will: Die Bundesregierung hat nun die guten Gründen für ihre Reformen wirklich nicht deutlich gemacht. Gerade Gerhard Schröder und Wolfgang Clement haben zumeist mit Motiven eines simplen Neoliberalismus argumentiert. Kein Recht auf Faulheit etc. Für dieses Versagen wird die SPD noch sehr lange einen politischen Preis zahlen müssen – die Grünen übrigens weniger als Opielka glaubt. 3. Opielka hat die Kontroverse sehr gut auf den Punkt gebracht: Es geht tatsächlich um die zwei Varianten Rekommodifizierung oder „die weitere Dekommodifizierung, das Grundeinkommen“. Allerdings behauptet er ja selbst über diese Kontroverse schon hinaus zu sein. So vertrete er heute nicht mehr die These vom Ende der Erwerbsarbeit. Das versucht er auch in seinem Modell einer Grundeinkommensversicherung zu konkretisieren. Ich bin mir nicht sicher, ob das bei ihm tatsächlich der Fall ist: So sagt er in seinem Leserbrief, dass das Konzept der Rekommodifizierung nicht in sein Konzept des Garantismus hineinpasse. Am Ende läuft es auf die weitere Dekommodifizierung hinaus. Das halte ich für falsch. Vielmehr bin ich der Ansicht, dass Rekommodifizierung vor allem eines braucht: Eine entsprechende makroökonomische Begleitung. Rot Grün hat die Rekommodifizierung mit einer ultrakonservativen – letztlich deflationären - Wirtschaftspolitik verbunden. (Man lese etwa zur Zeit den Hamburger Appell von VWL Professoren. Dort wird diese Position wunderbar zusammengefasst). Rekommodifizierung bedeutet Flexibilisierung und Deregulierung. Am Ende auch einen Niedriglohnsektor. In diesen Punkten teile ich die Auffassungen der Bundesregierung. Diese Entwicklungen kann man nicht stoppen. Die Frage ist also nicht, ob es sie gibt, sondern auf welche Weise man sie politisch steuert. Das bedeutet eben nicht automatisch eine monetaristische Wirtschaftspolitik mit weniger Sozialstaat (sondern einen anderen) und die steuerliche Entlastung der priviligierten Bevölkerungsgruppen. Diese Kombination ist eine deutsche Spezialität – und führt in das ökonomische und politische Desaster, wenn Merkel diesen deutschen Sonderweg fortsetzen sollte. 4. Opielka hat Recht: Die drastische Steigerung der Erwerbsquote ist der Bundesregierung nicht geglückt. Deshalb wird sie auch abgewählt werden. Sie kombinierte Flexibilität und Deregulierung mit Sozialabbau, negativen Einkommenserwartungen und hoher Arbeitslosigkeit. Man kombinierte also alle denkbaren Übel einer Volkswirtschaft miteinander. Auch eine Form der Faktorkombination. und wiederum Michael Opielka wie folgt: Mir gefällt auch Ihre Antwort. Dennoch .. mir scheint, Sie konzentrieren mich zu sehr auf die Schiene „Ideologiekritik“. Die ist zweifellos nötig, das sehen Sie ja auch. Und offensichtlich werden in meinem Buch „Sozialpolitik“ die makroökonomischen Fragen nur gestreift. |