letzte Änderung am 17. März 2003

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Bundeskanzler Gerhard Schröder hat am 14.03.03 eine Regierungserklärung abgegeben. Der Erwerbslosenrat Duisburg äußert sich dazu wie folgt:

Armut ist die größte Schande – Reichtum ist das höchste Gut

Johann Wolfgang von Goethe – Zauberlehrling

 

In diesem Gedicht des großen Deutschen Dichters und Denkers lautet ein Schlussreim: In die Ecke Besen, Besen, sei`s gewesen, sei`s gewesen; denn zum Zwecke ruft dich nur der alte Meister.

Nun können wir ja mal Überlegungen anstellen, wie wir das, bezogen auf die Regierungs-erklärung, interpretieren. Also arm, so meint der Kanzler, soll keiner sterben. In die Ecke werden insbesondere die älteren Arbeitnehmer und die älteren Arbeitslosen gestellt. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ist interfraktionell beschlossene Sache. Die Begründung dafür grotteneklig: Das ist der Zwang die so hochgelobten Billigjobs anzunehmen!

Da sich die Bundestagsabgeordneten allesamt für diese Maßnahme aussprechen, interpretieren wir sie im Goetheschen Sinne als Meister. Allesamt sind sie in guten Jobs und werden für ihre freiwillige politische (Scheiß)Arbeit freigestellt und auch noch fürstlich entlohnt. Wenn sie dann ausgedient haben, gibt es eine ebenso fürstliche Pension fürs Nichtstun. Die Meister sind also saniert – sie kennen das Elend nicht, dem z.B. eine alleinerziehende erwerbslose Frau unterliegt, die im günstigsten Fall mit 700 Euro auskommen muß.

Der Kanzler – also der Obermeister – glaubt, den Sozialstaat reformieren zu müssen. Er hat nicht wie Martin Luther 95 Thesen an die Kirche von Wittenberg geschlagen, nein er verkündet die neue, bessere Welt. Bevor man aber einen Acker neu bestellt, muß man erst einmal hart arbeiten und pflügen, Entbehrungen in Kauf nehmen und schwitzen – aber dann, wenn der Wettergott mitspielt, kommt die reiche Ernte. Nur, wer profitiert von der Ernte? Der, der produziert oder der, dem der Pflug gehört oder der, der die Ernte verschachert?

Ein Ausspruch in der sog. Regierungserklärung hat uns allerdings gefallen, nicht nur die faulen Arbeitslosen sind Schuld an der Wirtschaftsmisere, nein, es gibt auch Manager, die den Karren in den Dreck fahren und dann noch großzügigst belohnt werden mit Abfindungen, von denen tausende arbeitslose Menschen lange leben können.

Haben wir doch lange nicht mehr gehört, dass auch die Wirtschaft Fehler macht. Dabei macht die doch nur Fehler. Jede Pleite ist doch kein Produkt fauler Arbeitsloser, sondern das gescheiteter Unternehmer. Die billige Ausrede, die Rahmenbedingungen haben nicht gestimmt, soll die eigene Unfähigkeit überdecken. Wer sein Handwerk nicht beherrscht, ist tatsächlich fehl am Platze – das gilt für alle.

Da wird doch immer vom "freien Markt" und dem Konkurrenzkampf geredet. Was wollen denn die Konservativen noch mehr. Das ist doch ihr Kredo: Wer das Geld hat, bestimmt wo es lang geht. Dann werden eben die dicken Konzerne noch dicker, weil sie die kleinen fressen. Dann muß eben das Personal daran glauben. Was heißt hier "sozial abfedern" – bin ich die Wohlfahrt?

Das Schwarzgeld, meint der Kanzler, soll nicht mehr in Liechtenstein zinsgünstig vor sich hinschmoren, nein es soll, amnestiert, in Deutschland Investitionen antreiben. Die Schwarzarbeit allerdings ist ein Verbrechen. Merke: Wenn der Meister was Verbotenes tut, wird ihm verziehn, wenn Lehrling oder Geselle was Verbotenes tun, werden sie bestraft.

Klasse Logik!

Wie war das noch mit dem Volksmund? Ach, ja: die Kleinen fängt man, die Großen lässt man laufen!

Das Arbeitslosengeld wird auf maximal 18 Monate befristet. Das ist ein klarer Verstoß gegen das Versicherungsrecht. Ein Mensch, der Jahrzehnte in Versicherungen einzahlt, hat Anspruch auf Leistungen im Versicherungsfall – kein Kommentar.

Dieser, unser Kanzler oder Obermeister, hat noch so einige Sachen von sich gegeben – z.B. die Sache mit den Renten. Wir können an dieser Stelle das komplizierte System nicht erläutern – aber es ist schon eine Unverschämtheit, gerade niedrige Bezüge von der jährlichen Anhebung zum Ausgleich der Inflation auszunehmen.

War sonst noch was? Ach ja, die Sache mit der Gerechtigkeit. Also das haben wir überhaupt nicht verstanden. Einerseits ist es gerecht, dass es Reiche gibt. Genau so gerecht ist es, dass es Arme gibt, die Armen sollen aber nicht arm bleiben. Gerecht ist, dass die Armen von ihrer Armut etwas abgeben, damit die Reichen reich bleiben, folglich werden die Armen ärmer und das ist dann gerecht. Die Reichen sollen auch etwas abgeben, aber nur von dem, was sie reicher macht, damit sie nicht das Gefühl haben, ärmer zu werden. Also gerecht ist, wenn einer ein Gefühl gegen eine nackte Tatsache stellt oder vergleicht oder wie?

Verzeihen Sie uns, liebe Damen und Herren – das war übrigens die meistgebrauchte Redefloskel aller Redner, auch eine der unsäglichen Frau Merkel – aber so ganz folgen können wir Ihnen da nicht, Herr Bundeskanzler!

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