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Was ist Arbeit - was ist Faulheit?

Über die fragwürdige Aberkennung eines Rechts auf Faulheit und den Ruf nach der unbedingten Pflicht zur Arbeits(suche).

 

Immer, wenn zuerst auf die Arbeitslosen gehetzt wurde - willkommenes Projektionsbild eines quasi-paradiesischen Dauerurlaubszustands für alle "Malocher", denen ihr Boß ein unangreifbarer Feind ist - folgt auf dem Fuß die Einschränkung: "Nein, die armen Arbeitslosen, die arbeiten wollen und keine Stelle finden, die meinte ich doch gar nicht. Die, die gar nicht arbeiten wollen, die meinte ich." Es gebe, so die Behauptung, kein Recht auf Faulheit. Unausgesprochen dabei: ... auf Kosten der Anderen. (Letzteres wäre allerdings erst zu beweisen.)

Nur, gibt es die überhaupt, die glücklichen Faulen? Nichtstuer aus freier Entscheidung? Ich möchte diese Kernannahme bezweifeln. Stattdessen möchte ich den Personenkreis, den diese Kategorie der "Faulen" eingrenzen will, in zwei grobe Klassen einteilen:

Erstens diejenigen, die trotz einiger Bemühungen mehrfach daran scheiterten, eine Art von Arbeit für sich zu finden, die ihnen gesellschaftliche Anerkennung und soziale Integration verschaffen könnte. Schrittweise zogen sie sich zurück und leiden an mehr oder weniger gravierenden psychosozialen Depressionen bis hin zu selbstzerstörerischem Suchtverhalten oder Schlimmerem.

Zweitens diejenigen, die zwar Betätigungsformen - künsterisch-kreative, gemeinnützig sozial engagierte, bildungspolitische oder langzeitstudentische - für sich gefunden haben, die ihnen soziale Kontakte, inner circles genauso wie tägliche geistige Rekreation verschaffen können, nur eben leider nicht genug Geldmittel. Ja, was erschwerend hinzukommt, diese Leute "arbeiten" bisweilen so viel, daß sie eigentlich gar keine Zeit zum Arbeiten im herkömmlichen Sinn haben, oder ihnen zumindest die Motivation zur konventionellen Arbeitssuche abgeht.

Feministinnen haben wahrscheinlich gemerkt, daß der Urheber dieser Gedanken männlich sein dürfte. Denn quasi zwischen oder vielleicht quer zu den beiden "Faulheits-" Kategorien liegt eine dritte: Die un- oder maßlos unterbezahlten und nichtsdestotrotz zeitverschlingenden Tätigkeiten im Bereich der Kindererziehung oder allgemein allem, was den zugewandten oder liebevollen Umgang mit Kindern betrifft. Vielleicht trifft's diesen Bereich am ungerechtesten, weil sich der spielerische Charakter des kindlichen Zeitvertreibs auf die (Wahl-) Mütter und (Wahl-) Väter zu übertragen scheint, und überhaupt die Familie immer noch als Inbegriff des persönlichen Glücks gehandelt wird.

Fazit: Die, die mit dem Finger auf die "Faulen" zeigen, sind verzweifelt ob ihrer eigenen Unfähigkeit zum Glücklichsein, oder sie sind maßlos sadistisch, indem sie den vermeintlichen Faulen nicht einmal das gönnen, was sie ohnehin nicht haben.

Robert Hagen


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