letzte Änderung am 5. Nov. 2002 | |
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Begonnen hat es Ende Mai mit dem DGB- Kongreß in Berlin: Neue Erwerbslosenproteste in Berlin. Es fanden sich Leute, die das Bedürfnis hatten, dort zu protestieren. Das Thema, das uns vereinte, war die geplante Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Gleichzeitig erfuhren wir (etwas spät), dass ein bundesweiter Aktionstag in Berlin vorgesehen war. Wir begannen zu mobilisieren, mit Transparenten und Flugblättern besuchten wir Veranstaltungen.
Der 7.6. war ein historischer Tag, endlich gab es Aktionen und inhaltliche Auseinander-setzungen. Mittags eine Demo und am Abend eine Veranstaltung der Initiative Anders arbeiten zum Jobaqtiv-Gesetz.
Ab 11 Uhr fand dann die bundesweite Erwerbslosendemonstration gegen die geplante Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe in Berlin statt. Leider beteiligten sich nur 100 Leute. Wir zogen mit einem Riesensparpaket von der Bundeszentrale der SPD zum Sitz der B 90/Grünen, um auf die unsoziale Politik von Rot-Grün aufmerksam zu machen. Trotz der geringen Beteiligung war die Atmosphäre entspannt, endlich bewegte sich wieder etwas. Die "Erwerbslosenbewegung" in Berlin war mittlerweile eingeschlafen, Erwerbsloseninitiativen waren aufgelöst oder lagen im Winterschlaf.
Am Abend stellten Pia Meier, Hinrich Garms und Petra Leischen das Jobaqtiv-Gesetz vor und es wurde kritisch diskutiert. Endlich wieder eine gelungene Veranstaltung in Berlin.
Nun kamen Erwerbslose aus den verschiedensten Ecken zusammen. Es entstand der Wunsch, unsere Aktivitäten zu bündeln und uns zu vernetzen. Wir wollten den Runden Tisch, den es bereits während der Erwerbslosenprotesten 1998 gegeben hatte, wieder zum Leben erwecken. Der Unterschied zu 1998 liegt darin, dass bis heute keine offiziellen VertreterInnen der Gewerkschaften am Berliner Runden Tisch der Erwerbslosen sitzen. Mitglieder des Runden Tisches sind Einzelpersonen, viele Gewerkschaftsmitglieder, VertreterInnen von Erwerbs-loseninitiativen, von attac, Euromarsch und dem ALV.
Im Juni beteiligten wir uns an einer Gewerkschaftsdemo und mobilisierten. Im nächsten Monat waren wir dann mit der Hartzkommission konfrontiert. Wir diskutierten inhaltlich die Vorschläge der Hartzkommission, entwickelten gemeinsam Flugblätter und starteten Aktionen. So störten wir eine Wahlkampfveranstaltung der SPD mit Riester.
Während die Hartzkommission tagte, übereichten wir dem Geschäftsführer der Kommission am Bundesarbeitsministerium unser Flugblatt und eine Har(t)zer Käse- Platte mit Fähnchen "Hartzer Käse stinkt". Auch als sich Hartz mit Schröder im Bundeskanzleramt traf, protestierten wir draußen. Im August veranstalteten wir dann zusammen mit der FAU einen Info-und Mobilisierungsabend zur Hartzkommission und zu den Protesten. Am 16.8. fand dann unser Aktionstag statt. An diesem Tag wurde im Französischen Dom der Endbericht der Hartzkommission präsentiert. Wir hielten draußen unsere Kundgebung ab, eine Aktion drinnen klappte nicht. Während die Kundgebung morgens am Bundesarbeitsministerium noch etwas dröge war, so gestaltete sie sich mittags bunt. Kabarett, Theateraktion mit einem Jobfloater, Stand, phantasievolle Plakate und Sandwiches, linke Gruppen wie Fau und Linksruck usw. Anwesend waren ca. 150 Leute. In der Woche darauf "entspannten" wir dann, führten am Runden Tisch eine Alternativendiskussion und besuchten Schröders Wahlkampf-auftakt. Einige Mitglieder des Runden Tisches waren enttäuscht über die geringe Teilnahme am Aktionstag und waren gegen unsere geplante Demo am St.Florianstag im September. Für unsere Erwerbslosendemo am 5.9. hatten wir aber bereits mitmobilisiert, konnten diese nun nicht einfach abblasen. Es kam wie erwartet, auch am 5.9. war die Teilnahme gering. 80 Leute. Aber trotzdem nicht enttäuschend. Die geringe Zahl der Anwesenden wurde durch eine witzige Theateraktion vor Randstad, durch gute Reden und gute Stimmung ausgeglichen.
Station machten wir auch vor Verdi am luxeriösen Potsdamer Platz. Das brachte bei den Gewerkschaften Unmut. Unterstützung wurde uns versagt, so ein Lautsprecherwagen.
Die Wahlkampfhilfe für die SPD war offensichtlich, Kritik zur Rolle der Gewerkschaften bezüglich der Hartzkommission war unerwünscht...Ansonsten werden wir von den Gewerkschaften ignoriert. DGB-Chef Sommer begrüßte ja auch gleich die Wiederwahl von Rot-Grün und sagte das Hartzkonzept müsse "zügig und als Gesamtpaket" umgesetzt werden.
Auch auf der großen Grunewald-Demo zum Bankenskandal waren wir mit einer Rede und einem stimmungsvollen Block vertreten, wie auch in Köln, "Her mit dem schönen Leben". Insgesamt ist die Stimmung der meisten Teilnehmer am Runden Tisch durch die phantasievollen Aktionen trotz geringer Mobilisierungsfähigkeit besser geworden. Das Medienecho ist groß, selbst mit einer Aktion von 5 Leuten und geringem Aufwand waren wir in Tagesschau und Tagesthemen zu sehen. Zeitungen wie Junge Welt, Neues Deutschland berichteten auf Seite 1, für andere Tageszeitungen waren unsere Aktionen immerhin eine Meldung wert. Selbst das ZDF "heute-Journal" berichtete, von einigen Radiosendern ganz zu schweigen. Über die Medienresonanz konnten wir uns nie beklagen, die ständige Präsenz hat uns auch bei der Linken in Berlin bekannt gemacht, an den Runden Tisch kommen häufig neue Gesichter. In den Sog sind auch Erwerbsloseninitiativen mitgerissen worden. Anders arbeiten organisierte eine erfolgreiche Veranstaltung zur Hartzkommission. TeilnehmerInnen : 100. Selbst Hängematten brachte es bei der letzten Veranstaltung im kleinen Stadtteilladen auf sage und schreibe 50 Leute. Der Runde Tisch diskutiert Perspektiven und dort hat sich auch ein Erwerbslosentheater "Profis der Nation" (Kabarett) gebildet. 3 erfolgreiche Auftritte gab es bisher, ein Stück spielt auf die verschärfte Zumutbarkeit an, ein Stück heißt "Arbeit soll das Land regieren", ein 3. Stück "Auf nach Modululu- die 7 Module des Dr. Mabuse" wird anvisiert.
Wir können zwar weniger Leute als 1998 mobilisieren, dafür sind die Aktionen und Ideen phantasievoller und die Stimmung ist trotzdem gut, soweit uns Hartz den Spaß nicht verdirbt.
Wir wollen auf jeden Fall weitermachen, mit inhaltlichen Diskussionen, Aktionen und der Suche nach neuen BündnispartnerInnen. Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.
Und inzwischen gibt es ja auch das "Berliner Bündnis für soziale Grundrechte Stoppt die Hartzpläne". Der Protest geht weiter.
Kontakt Berliner Runder Tisch der Erwerbslosen,
Gneisenaustr.2a, 10691 Berlin
Email: runder.tisch@berlin.de
Plenum: jeden Dienstag um 17.30 Uhr in der IG-Medien-Galerie Dudenstr.10
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