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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Das war das zweite Bochumer Sozialforum Bochum, 27.4.2004 Nach dem Sozialforum ist vor dem Sozialforum Mehr als 150 Menschen diskutierten mit, mehr als 400 tanzten anschließend bis in den frühen Morgen. Das zweite Bochumer Sozialforum zeigte am vergangenen Wochenende im Bahnhof Langendreer, dass Alternativen nicht nur denkbar, sondern auch tanzbar sind. Die Diskussionsfreude in den Workshops am Samstagnachmittag wurde durch die Spielfreude der Bands Rotes Haus und O Jarbanzo Negro verlängert. Fazit der Organisatoren: Das Bedürfnis nach Wissen über sozio-ökonomische Themen ist groß, die Bildungs- und Vernetzungsaktivitäten des Sozialforums werden fortgesetzt: "Nach dem Sozialforum ist vor dem Sozialforum." Sozialforum der richtige Weg Professor Elmar Altvater aus Berlin und Professor Norbert Wohlfahrt hatten am Freitag und Samstag mit zwei zentralen Vorträgen den Rahmen gegeben. Altvater hatte darauf hingewiesen, dass die Privatisierung öffentlicher Güter in unserem Alltag weit fortgeschritten ist, "so dass uns die Teilhabe am öffentlichen Leben immer mehr genommen wird." Er nannte Beispiele, die von der vermehrten Kriegführung durch private Sicherheitsarmeen über intransparente Cross-Border-Leasing-Geschäfte bis hin zur Privatisierung der Sozialversicherungen reichten. Altvater plädierte dafür, verloren gegangene Gestaltungsmöglichkeiten zurück zu holen: "Das geht nur, wenn derartige Vorgänge öffentlich und breit diskutiert werden. Bildungsorte wie das Bochumer Sozialforum sind genau der richtige Weg." Produktiv genug für alle Das Prinzip des aktivierenden Staates, seine Fordern-und-Fördern-Methode und die Fehlleistungen der Agenda 2010 waren die Themen von Professor Norbert Wohlfahrt. Dass die Schieflage der öffentlichen Haushalte nicht über eine Erhöhung der Einnahmen sondern über eine Verringerung der Ausgaben erfolge, sei der schwerste Fehler dieser vermeintlichen Systemkorrektur. Risikoreiche Folgen für uns alle seien eine zunehmend ausländerfeindliche und nationalistische Politik, die den Weg in den autoritären Staat öffne. Alternativen ließen sich dagegen selbst zahlenmäßig nachweisen: Steigende Arbeitsproduktivität führe permanent zu erhöhter Wertschöpfung, die mehr Menschen gerecht ernähren könne. Sieben mal Wissen und Erfahrungen Mit den Eckdaten der Vorträge gingen die Teilnehmer des zweiten Bochumer Sozialforums in den Samstagnachmittag. Sieben parallele Arbeitsgruppen hatte das Sozialforum zur Auswahl geboten. Bestbesuchter Workshop war die Diskussion um die Alternativen zum Neoliberalen Wirtschaftssystem. Hier wurde klar, dass der Bedarf nach Wissens- und Erfahrungsaustausch über sozio-ökonomische Themen gestiegen ist. "Die Bürgerinnen weichen dem Informations-Overkill aus und wollen sich selbst aufklären", sagte Reinhard Wegener, Moderator des Workshops. "Sie suchen den Kontakt mit Experten und lassen sich auch einfache Fragen erklären." Gut besucht waren auch die Workshops um Alternative Lebens- und Systemmodelle "Was heute schlechter wird war gestern nicht besser" und die "Schrumpfende Stadt". Mit der Suche nach neuen Perspektiven, die über den Sozialstaat hinaus reichen, indem sie garantiertes Einkommen und die Bedeutung öffentlicher Güter betonen, wurde der Bogen zu Altvater und Wohlfahrt gespannt. Von Spanien lernen Nachdem über drei Stunden am Nachmittag konzentriert zu den einzelnen Themen diskutiert wurde, wollten die Organisatoren die Teilnehmer nicht mit einer Ergebnisvorstellung im Abschlussplenum weiter ermüden, zumal die Kräfte noch für zwei Konzerte reichen mussten. Die Ergebnisse der Workshops sollen demnächst auf der Homepage des Sozialforums zur Verfügung stehen. Nach einer Stärkung rockten dann etwa 400 Menschen das Sozialforum, als Rotes Haus seinen Mix der Hamburger Schule zubereitete. Krönung des Abends waren die fünf Musiker von O Jarbanzo Negro, die mit ihrer Mischung aus Folk, Punk, Reggae, Ska, Polka und Techno alle Register ausgelassener Spielfreude zogen. Hier blieb kein Tanzbein ungeschwungen, denn anlässlich des Geburtstags der Sängerin hatte Jarbanzo im Publikum begonnen, um dann mit Stagediving nach zwei Stunden Konzert gegen zwei Uhr zu enden. Konzerte und Kongress des zweiten Bochumer Sozialforums waren mit Unterstützung des Bahnhofs Langendreer, der Bochumer Agenda 21, der Asten von FH und Uni und vieler Einzelpersonen möglich geworden. Dass die Anerkennung als Forum wächst, zeigte auch die Teilnahme von ver.di, die neben der Agenda 21 und attac Bochum mit einem Informationsstand vertreten waren. Wie es weiter geht Nach dem Sozialforum ist vor dem Sozialforum: In der Kritik des zweiten Bochumer Sozialforums auf dem Plenum am Montagabend wurde deutlich, dass man mit dem zweitägigen Programm viele Menschen erreicht hatte, die sich mit den angebotenen Themen auf unterschiedlichen Niveaus auseinandersetzen wollten. Die Suche nach konkreten Lebensmodellen und Alternativen zu kommunaler und internationaler Wirtschaftspolitik beschäftigt immer mehr Menschen. Das Bildungsangebot, das mit den beiden Kongressen und der laufenden Veranstaltungsreihe "Diskurswechsel" begonnen wurde, werde auf jeden Fall fortgesetzt, hieß es am Tag nach dem zweiten Forum. Das Plenum des Sozialforums trifft sich regelmäßig am letzten Montag des Monats im Bahnhof Langendreer im Raum 6 um 19 Uhr. Demnächst werden die unterschiedlichen Politik- und Aktionsansätze jeweils einzelner gesellschaftlicher Initiativen vorgestellt. Wegen Pfingsten ist das nächste Treffen am 24. Mai 2004. |