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Stahl – Informationen

Nr. 6 / 2001 - 20. Jahrgang Dortmund, den 23.11.2001

 

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

im Mittelpunkt der letzten Wochen stand neben dem Krieg gegen Afghanistan die nun von der EU-Kommission genehmigte Fusion von Usinor, ARBED und Aceralia, sowie das Begehren des Vorstandes der Bremer Stahlwerke in 2002 die Jahreszahlung ausfallen zu lassen und Solidarität mit Metin Serefoglu.

 

EU genehmigt Großfusion zu NewCo mit Auflagen – jetzt beginnt der Verkauf und Arbeitsplatzvernichtung !

Nach 4-monatiger Überprüfung hat die EU-Kommission die Fusion von Usinor, ARBED und Aceralia mit Auflagen genehmigt. Der Fall zeige, dass die EU keinesfalls die Bildung von großen Konzernen verhindern wolle, - so EU-Wettbewerbskommissar Monti.

Die "Wettbewerbshüter" der EU sahen besonders eine Marktbeherrschung von NewCo bei verzinkten Blechen – in erster Linie für die Automobilindustrie und für das Baugewerbe – bei rund 40% sowie bei verschiedenen Vertriebs- und Handelsgesellschaften. Bereits im Vorfeld der Verhandlungen wurden daher Verkauf und Stillegungen von NewCo in den Heimatländern sowie in Belgien und Italien angeboten. Nun sollen Kapazitäten in Höhe von 1,7 Mio to verzinkten Stahl in Frankreich (Straßbourg und Beautor), Spanien (Galmed), Belgien, Italien, Luxemburg (Dudelange) und Portugal verkauft oder stillgelegt werden.

Damit wird in der Stahlindustrie ein neuer Auftakt der Konzentration besiegelt. Denn in dieser Branche kommen die 5 größten Stahlkonzerne der Welt bislang "nur" auf einen Marktanteil von 15-20% (60% in der Automobil-Zuliefererbranche und 84% bei Flugzeugausrüstern).

Intern gab es im Vorfeld auch noch eine neue Positionierung: Im ersten Halbjahr hatte Usinor einen Ergebniseinbruch von mehr als 70% verzeichnet und für die 2.Hälfte sogar operative Verluste angekündigt. Der Aktienkurs sank daraufhin auf Rekordtief. Die Umsatzrendite sank von 8,8% auf 2,5%. Bei Aceralia ging der Nettogewinn in den ersten 9 Monaten um 22% zurück. Dennoch wurde zusammen mit ARBED eine höhere Rentabilität erreicht und daher sollte das im Fusionsvertrag festgelegte Kräfteverhältnis geändert werden. Usinor wird deshalb nur 54 % (56,5), ARBED 24% (23,4) und Aceralia 22% (20,1) Anteile an NewCo erhalten.

Neuer Chef von NewCo soll Guy Dollé aus dem Vorstand von Usinor (ursprünglich war ARBED-Chef Wagner oder Usinor-Chef Mer im Gespräch und auch eine Doppelspitze) werden. Dollé musste 1993 als Vorstandsvorsitzender der Saarstahl AG zurücktreten, weil er damals im laufenden Konkursverfahren mit unbedachten Äußerungen die saarländische Belegschaft und die Politiker stark verärgerte. "Wir sind schon ganz ungeduldig und wollen endlich loslegen," sagte er jetzt und meint damit als erstes Mengenreduzierungen und Preiserhöhungen. Die voraussichtlichen Synergien (700 Mio € bis 2007) für die neue zum Februar 2002 zu gründende Gesellschaft sind nocheinmal überprüft worden und in einigen Bereichen höher als angenommen.

Das muss alle Belegschaften an allen Standorten wachsam werden lassen. Denn damit werden Entlassungen und Stillegungen von Produktionskapazitäten angekündigt. Laut ThyssenKrupp werden sie von dem Zusammenschluss profitieren, weil damit Überkapazitäten abgebaut werden und innerhalb des Konzerns mit großen Reibungsverlusten zu rechnen ist (lenkt natürlich auch von den eigenen Problemen ab).

Aufatmen gab es bei Eko-Stahl in Eisenhüttenstadt, wo die Belegschaft bereits in den vergangenen Wochen mit Demonstrationen und Fackelzügen von mehreren Tausend für den Erhalt demonstriert hatte, die nun nicht auf der Verkaufsliste standen. Nun wollen Arbeitnehmervertreter von Eko und IGM Bezirksleiter Düvel am 14.12. mit NewCo-Chef Dollé einen Standortsicherungsvertrag für die 3 100 Beschäftigten aushandeln. Aber nach Aussagen von NewCo passt Eko nicht so sehr in das Konzept der Stärkung der kostengünstigen Küstenstandorte, die mehr im Mittelpunkt der Konzernstrategie stehen.

Bei Sidmar (ARBED) im belgischen Gent hat die Geschäftsleitung bereits einige Tage vorher angekündigt, die Zahl der zur Vernichtung anstehenden Arbeitsplätzen von 600 auf nunmehr 930 Beschäftigte zu erhöhen. Hier sind vorwiegend ältere Beschäftigte betroffen.

Und bei den Stahlwerken in Bremen will der Vorstand die Jahressonderzahlung für 2002 streichen.

Das Abbaukarussel auf den verschiednen Ebenen von Stillegungen, Entlassungen und Lohnkürzungen geht weiter. Von der IG Metall ist nichts zu hören – so wird es nunmehr wiedereinmal den Belegschaften selbst überlassen bleiben, sich zu vernetzen und gemeinsam zu wehren !

Vorstand der Stahlwerke Bremen greift die Jahressonderzahlung 2002 an !

Um notwendige Investitionen zu tätigen sollen nach Ansinnen des Vorstands die rund 30 Mio. DM Jahressonderzahlung (110% vom Lohn) dafür herhalten. Nach Ankündigung des Vorstandes bewegt sich die Hütte zwar mit 3,6 Mio Jato auf Vorjahresniveau, doch bei der Flachstahlseite gibt es keine Gewinne mehr. Der Verlust – bereits mit 35 Mio DM eingeplant – werde daher noch höher ausfallen. Nun soll also wiedereinmal die Belegschaft den Kopf dafür hinhalten. Auf einer kurzfristig von der VKL einberufenen Versammlung, an der über 500 Leute teilnahmen, darunter auch viele Unorganisierte, wurde das Anliegen eindeutig abgelehnt. Es war keiner bereit, auf Geld (tarifvertraglich gesichert) zu verzichten. Nun versucht der Betriebsrat mit dem Hilfsmittel Kurzarbeit die Krise zu überwinden und damit Geld einzusparen. Auch das wird bislang vom Vorstand abgelehnt. Die Banken verweigerten angeblich weitere Kreditlinien – und nach Aussage des Vorstands gibt es nur zwei Wege, die Banken zu beeindrucken: entweder man entlässt Leute und die Aktie steigt (das geht wohl in Bremen nicht) oder man drückt der Belegschaft Lohnverzicht auf und beweist damit seine Handlungsfähigkeit. Dagegen hilft letztendlich nur die Organisation des Widerstandes der gesamten Belegschaft!

 

Solidarität mit Metin Serefoglu – Druck auf IG Metall wegen Verweigerung des Rechtsschutzes notwendig.

Nach dem Lehrer Bernhard Nolz aus Siegen, der wegen einer Antikriegsrede aus dem Schuldienst suspendiert wurde, ist jetzt auch die Güterverhandlung wegen der fristlosen Kündigung wegen Nichtteilnahme an einer Gedenkminute gegen den türkischen Kollegen Metin Serefoglu geplatzt. Die Familie benötigt weiterhin unserer Solidarität und Unterstützung! Besonders schlimm aus gewerkschaftlicher Sicht ist die Haltung des Betriebsrates und die der IG Metall Lüdenscheid u.a. auch wegen der Verweigerung des Rechtschutzes. Spendet bitte weiterhin Geld und organisiert Anfragen aus Eurem Betrieb an die IG Metall, damit deren Haltung öffentlich und damit der Druck auf sie erhöht wird. (Anlagen).

 

Allgemeine Informationen

Mit Massenentlassungen sei nicht zu rechnen, da nach den massiven Produktivitätssteigrungen der letzten 10 Jahre nun ein Stand erreicht sei, der nur noch geringe "Personalanpassungen" zulasse.

 

Aus den Betrieben:

Thyssen Krupp Stahl AG:

Die ersten Ergebnisse des zurückliegenden Geschäftsjahres liegen vor: Danach ist das Konzernergebnis vor Steuern von 1,1 Mrd.€ auf 850 Mio € gesunken. Bereinigt um den Sondereffekt durch den verkauf der brasilianischen Erzgrube Ferteco liegt das Ergebnis sogar nur bei 500 Mio €, was einem Rückgang von 54% entspricht. Die Nettoverschuldung wurde allerdings von 7,7 Mrd € auf 6,5 Mrd € gesenkt. Der Umsatz hat sich nur leicht von 37,2 Mrd € auf 37.9 Mrd € erhöht. Deshalb sollen die Aktionäre auch nur eine von 0,75 € auf jetzt 0,60 € gekürzte Dividende erhalten.

Stahlwerke Bremen:

Salzgitter AG:

Im Rahmen der Neuausrichtung des Konzerns wurde die Salzgitter Flachstahl GmbH (SZFG) gegründet und dem Unternehmensbereich stahl zugeordnet. Die SZFG ist ein integriertes Hüttenwerk und produziert mit 5 100 Beschäftigten 4,2 Mio to Rohstahl im Jahr. (siehe Anlage).

Saarstahl AG / Dillinger Hütte:

Das Saarland will seine Anteile an der Saarstahl AG und der Dillinger Hütte für mehr als 100 Mio DM verkaufen. Das gab Ministerpräsident Müller bekannt. Damit soll das seit 8 Jahren laufende Konkursverfahren beendet und der Weg zu einer Neuordnung freigegeben werden. Größter Interessent ist die Salzgitter AG.

Georgsmarienhütte:

Der Boss Großmann hatte bei der Übernahme 1993 eine Idee aus "seinen" LohnarbeiterInnen etwas anderes zu machen: "Sie werden aus dem Zustand des abhängig Beschäftigten herausgerissen und hinein geworfen in eine halbwegs selbständige Existenz. Jeder wird zu seinem eigenen Lebensunternehmer." Die Produktion wurde seitdem um 40 % gesteigert und die Ausfallquote sank um ein Drittel. Ursache dafür sei u.a. die Steigerung der Zahl der Verbesserungsvorschläge von 80 auf jetzt mehr als 500. Auch die 10%ige Beteiligung am Unternehmensgewinn für die 32 Standorte ist ein weiterer Grund. Die Beschäftigten hätten dadurch 1500 im Jahr extra, in Zeiten besserer Konjunktur sogar 4000 DM und zählten zu den Bestbezahltesten in der Stahlindustrie. Das sollte aber einmal einer der Beschäftigten bestätigen – so können wir das nicht überprüfen.

Brandenburger Elektrostahlwerk GmbH:

Das BR-Info befasst sich u.a. mit dem Umbau der Stranggussanlage 2 sowie dem Stillstand in der Mattenproduktion.

 


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