Bedrohung von Arbeitsplätzen bei der Phoenix AG-Hamburg

Die Phoenix AG ist einer der größten Arbeitgeber in Hamburg. Im Hamburger Stadtteil südlich der Elbe befindet sich das Stammwerk der Phoenix AG, indem zur Zeit 3.000 Beschäftigte arbeiten. Reisende können das große Gebäude aus rotem Klinker sehen, wenn der Zug auf dem Harburger Bahnhof halt macht. Bekannt wurde das Werk vor allem durch die Produktion von Autoreifen. Vor 20 Jahren umfaßte die gesamte Mitarbeiterzahl ca. 10.000. Seit den siebziger Jahren ist die Belegschaft Stück für Stück abgebaut worden. Dies hatte sehr gravierende Folgen für den Stadtteil Harburg, in dem das Stammwerk der Phoenix AG liegt. Dort liegt die Arbeitslosenquote bei ca. 15 %, über dem Hamburger durchschnitt von 11 %. Nun droht eine Entscheidung, die den noch verbliebenden Beschäftigten das endgültige Aus des Werkes bringen könnte. Die Beschäftigten wissen über die konkreten Pläne des Vorstandes und des Aufsichtsrats der Phoenix AG nichts genaues. Das momentane Klima ist geprägt von Unsicherheit und Wut. Keiner weiß so recht, was demnächst genau kommen wird. Viele fürchten, daß die Mitarbeiterzahl drastisch reduziert wird. Zunächst sind 300 Arbeitsplätze im Gespräch. Der Betriebsrat fürchtet aber, dass es zu einem Verlust von 1000 kommen wird.

Im Mai 1999 schrieb der Phoenix-Betriebsrat in einem Informationsblatt: "Wir fragen uns ernsthaft, welche Abteilung als nächste ausgegründet und zwecks Gewinnmaximierung ins Ausland verlagert wird". Der Hintergrund ist folgender: Die Phoenix AG gliedert aus Hamburg immer mehr Produktionsbereiche in eigenständige GmbH's aus. In Thüringen und Ungarn gibt es Investitionsvorhaben, die den Verlust von Arbeitsplätzen in Hamburg mit sich bringen dürften. Dort sollen mit dem modernsten Stand der Technik neue Produktionsanlagen geschaffen werden. Die Vorteile liegen für die Kapitalseite auf der Hand: In Thüringen sind es die Subventionen, die abkassiert werden können und in Ungarn sind es die billigen Arbeitskräfte. Diese Vorteile werden auch als Druckmittel gegen die Hamburger Beschäftigten ins Feld geführt Jedoch haben diese Argumente auch Grenzen bzw. könnten in die Schranken gewiesen werden.

1. Im Ungarischen Werk ist es nicht gelungen eine 3-Schicht-System einzuführen. Der Grund: Die Ungarischen Kollegen könnten sonst nicht mehr ihrem notwendigen Nebenerwerb nachgehen.

2. Da die Infrastruktur in Ungarn nicht so gut entwickelt ist, könnte eine Vollständige Auslagerung der Produktion nach Ungarn gar nicht stattfinden.

3. Durch eine konsequente Zusammenarbeit des Betriebsrates mit den Kollegen in Thüringen und Ungarn ließe sich eine bessere Verhandlungsbasis gegenüber dem Vorstand erreichen. Dies ist bislang noch nicht geschehen.

Eine kurze Chronik

Die Erklärung des Vorstandes

Der Coup der Geschäftsleitung platze im September 1999. Der Vorstandsvorsitzende Konrad Ellegast nahm erstmals Stellung zu den Spekulationen um den erheblichen Arbeitsplatzabbau: "Dass bei uns mittelfristig bis zu 1000 Jobs abgebaut werden, ist Panikmache. Und ein realistischer Abbau von 300 Stellen wird sehr wahrscheinlich durch neue Arbeitsplätze kompensiert, die wir in Harburg schaffen wollen" Die Hoffnung, daß die neu entwickelte Axial-Luftfeder für DaimlerChrysler in Harburg produziert werden könnte, um den Verlust der Arbeitsplätze auszugleichen, macht Herr Ellegast aber im selben Atemzug zunichte: "Dieser Standort wäre aber sehr teuer im Vergleich zu unseren Alternativen in Hildesheim und insbesondere Thüringen. Dort könnten wir einem Investitionszuschuss des Bundes von bis zu 30 Prozent rechnen." Von Hamburg erwartet der Konzernchef nun einen Investitionsanreiz, der der Ost-Förderung entspricht. Sein Vorschlag lautet: "Wir wollen das Gelände auf der Moorstrasse verkaufen. Dies geht aber nur zu einem angemessenen Preis, wenn die Stadt das Industrie- in ein Gewerbegebiet umwidmet." (Ellegast in den Harburger Nachrichten vom 18 .9.99).

Das Eingeständnis des Arbeitsdirektors Meinhardt Liebing

Obwohl noch keine Entscheidung gefallen sei, prüft die Phoenix AG in Sondierungsgesprächen bereits die künftige Nutzung des Werksgeländes an der Moorstrasse. Das hat Arbeitsdirektor Meinhard Liebing auf Anfrage bestätigt. Dahinter steckt die Strukturplanung 2005. Danach könnten die Schlauchproduktion und die Herstellung von Lkw-Luftfedern an andere Unternehmensstandorte verlagert werden. Der Betriebsratsvorsitzende Nils Mauch sieht sich in seinen Befürchtungen bestätigt. Er habe schon vor einiger Zeit von dritter Seite erfahren, dass die Geschäftsleitung Sondierungsgespräche über den Verkauf des Phoenix-Grundstückes an der Moorstraße führe und entsprechende Rückschlüsse auf den geplanten Abbau von Arbeitsplätzen in Harburg daraus ziehe. (Harburger Nachrichten vom 18.9.1999)

Der Aufsichtsrat

Der Vorstand der Phoenix AG will, dass die Stadt das Grundstück in der Moorstraße von einer Industrie in eine Gewerbefläche umwidmet, um es dann gewinnbringender verkaufen zu können. Von dem Erlös solle eine Fabrik in der Hörstener Straße errichtet werden, aber nicht zwangsläufig mit denselben Mitarbeitern. Die bedrohten Jobs an der Moorstraße sind überwiegend gewerblich. An der Hörstener Straße sollen angeblich Axial-Luftfedern gefertigt werden. Dafür werden weniger, aber vor allem qualifiziertere, Leute gebraucht. Dazu Horst Krämer, Aufssichtsratsmitglied der Phoenix AG, der gleichzeitig Vorsitzender der Bezirksversammlung-Harburg ist: "Es gibt also höchstens Ersatzarbeitsstellen für andere Leute". Die Phoenix AG gibt also offen zu, dass die Beschäftigten im Falle ihrer Entlassung keinen Arbeitsplatz mehr zu erwarten haben. (Harburger Nachrichten vom 20.9.1999)

Ein Betriebsratsmitglied

Ein Betriebsratsmitglied äußert sich gegenüber den Harburger Nachrichten: "Wir zahlen unseren Soli, und dafür verschwinden hier Arbeitsplätze". (Harburger Nachrichten vom 21.9.1999)

Eine Spontane Demonstration

Nachdem eine Mitgliederversammlung der SPD in Harburg-Mitte am Montagabend, den 27.9.99 beendet war, entschlossen sich rund 300 anwesende Kollegen der Phoenix AG, eine Demonstration zum Harburger Rathaus durchzuführen. (Harburger Nachrichten vom 28.9.1999)

Auf der spontanen Demonstration verschafften sich viele Kollegen Luft: Es gab kritische Äußerungen über die Harburger Bezirksabgeordneten der SPD. Diese hätten von den Plänen um das Grundstück in der Moorstraße schon länger Bescheid gewusst, aber hätten so lange wie möglich geschwiegen.

Entschließung der Bezirksversammlung

Die Bezirksversammlung stellt ihre Forderungen an den Vorstand der Phoenix AG: Eine Umplanung der Phoenix AG werde es nur geben, wenn es eine Standortsicherung und betriebliche Vereinbarungen für einen Arbeitsplatzerhalt gebe, brachte der GAL-Fraktionschef Ronald Preuß die Forderung auf den Punkt. (Harburger Nachrichten vom 29.9.1999)

Der Betriebsrat beschließt Überstunden-Boykott

Der Betriebsrat beschließt, keine Überstunden mehr genehmigen. Dies gilt für die gesamte Harburger Belegschaft. Betriebsratschef Nils Mauch hält die Aufgabe der modernsten Halle innerhalb des Hauptwerkes für einen klaren Beleg dafür, dass sich die Phoenix mittelfristig ganz aus Harburg zurückziehen will. "Der Vorstand hat stets die schlechten Produktionsbedingungen in den Altgebäuden ins Feld geführt - und jetzt wird die sicherste Halle aufgegeben. Ist doch klar, was danach kommt - das Ende des gesamten Hauptwerks". (Harburger Nachrichten vom 2.10.1999)

Betriebsrat und Vorstand kommen zur Beratung zusammen

Nachdem der Betriebsrat den Stopp von Überstunden abstimmt finden hektische Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Vorstandsmitglieder. Ein Ergebnis wurde auf die Schnelle nicht erzielt, wie der Betriebsratsvorsitzende Nils Mauch berichtete. Eine weiter Verhandlungsrunde wurde vereinbart, und zwei Vorstandsmitglieder würden zum Betriebsrat kommen, berichtete Nils Mauch. Das werten Phoenix-Mitarbeiter als Indiz für den Ernst der Lage. "Normalerweise geht der Betriebsrat zum Vorstand - und nicht umgekehrt", sagte ein Betriebsratsmitglied. (Harburger Nachrichten vom 5.10.99)

Die Situation zur Zeit

Inzwischen ist der Betriebsrat von seinem Überstunden-Boykott nach Verhandlungen mit dem Vorstand wieder abgewichen. Das Harburger Werk fährt wieder Überstunden und Sonderschichten. Für die Kollegen ist diese Entscheidung unverständlich. Dies umso mehr, je weniger sie von den Verhandlungsergebnissen Bescheid wis sen. Es ist den Kollegen bis jetzt nicht bekannt, ob es überhaupt Ergebnisse gibt. Der Betriebsrat hat jedenfalls noch nichts veröffentlicht und gibt sich auch Anfragen gegenüber sehr wortkarg.

Die Kollegen wissen auch nicht, ob es schon inoffizielle Absprachen gegeben hat, die in eine konkrete Entscheidung des Vorstandes münden könnten. Aufgrund dieser Situation haben sich einige Kollegen im Oktober zusammengeschlosssen und ein "Solidaritätskomitee" gegründet. Das Solidaritätskomitee hat sich bis jetzt schon dreimal außerhalb des Werkes getroffen. Auf dem letzten Treffen wurden verschiedene Aktionsvorschläge erörtert. Vor allen Dingen soll der Stadtteil auf die Situation bei Phoenix aufmerksam gemacht werden.

Anfang Dezember wird wahrscheinlich eine Aufsichtsratssitzung stattfinden, auf der wichtige Entscheidungen über das Phoenix-Werk in Harburg gefällt werden könnten. Deshalb ist es wichtig, gerade vor diesem Termin die gemeinsamen Kräfte zu mobilisieren. Die Herren Ellegast & Co vom Aufsichtsrat sowie die Aktion äre müssen zu spüren bekommen, dass sie ihre Pläne nicht mehr im Schnellverfahren abwickeln können. Die Zukunft der Phoenix muss in das öffentliche Interesse gerückt werden.

Kontakt:

BETRIEBSRAT DER PHOENIX AG
Hannoversche Str. 88
21079 Hamburg

SOLIKOMITEE
Michael Schade
Röneburger Freiheit 11
21079 Hamburg
Tel. 040/ 768 73 35
E-Mail: soliphoenix@aol.com

PS: Soli-Erklärungen an den Betriebsrat jeweils auch als Kopie an die Adresse des SOLIKOMITEES schicken!