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Updated: 18.12.2012 15:51
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Betriebsversammlung und Demonstration beim Bosch-Siemens Hausgeräte-Werk (BSH), Berlin Spandau, 22. und 24.8.06

Hintergründe

Die Geschäftsleitung will die Produktion am Standort Spandau schließen. 2005 war dieser Plan noch am Widerstand der Beschäftigten gescheitert. Den zweiten Anlauf hat die Geschäftsleitung länger vorbereitet, unter anderem mit Überstunden und Sonderschichten in den letzten Monaten.

Das Ende der Waschmaschinen-Herstellung würde bedeuten, dass ca. 570 Beschäftigte in der Produktion sofort ihren Job verlieren würden. Die Firmenleitung behauptet, sie wäre bereit auf die Schließung zu verzichten und einen Teil der Jobs zu erhalten, aber nur, wenn sie nicht mehr als 10 Millionen Mehrkosten/Jahr dadurch hat. Thomas Wagner von der IG Metall meinte dazu: "... damit es klar wird: es geht hier nicht um Verluste, BSH will statt 505 Mio. 515 Mio. Euro Gewinn machen ..." (Zahlen von 2004).

Offiziell geht es nur um den Produktionsbereich, aber indirekt bzw. zeitverzögert wären auch Arbeitsplätze in den Bereichen Entwicklung und Service betroffen, so dass nach Schätzungen 700 Arbeitsplätze vernichtet würden.

Daraufhin haben BR und IGM dies durchrechnen lassen und haben ein Modell vorgeschlagen, was den Abbau von rund 270 Jobs, massive Lohnsenkungen und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bedeuten würde. Laut IGM würden durch diese Maßnahmen 1,5 Mio. zur 10-Mio-Marke fehlen (BSH würde also im Unterschied zur Schließung 11,5 Mio./Jahr Profit weniger erzielen), laut Geschäftsleitung wären das 2,5 Mio. Mehrkosten.

Die IGM hat weiterhin errechnet, dass die Schließung zusätzliche Kosten in Höhe von 50 Mio. bedeuten würde (durch zusätzliche Abfindungen, Abriss Werkshallen usw.). Würde man diesen Betrag durch die Nicht-Schließung nicht ausgeben und verzinsen, wäre die Variante "Verkleinerung + Lohnsenkung" für BSH sogar günstiger.

Im Einzelnen haben BR und IGM vorgeschlagen:

  • Verzicht auf Tariferhöhung 2007
  • keine Mehr- und Schichtarbeit
  • ERA-Komponente wird außer Kraft gesetzt
  • Qualifikationszeiten werden verringert

Insgesamt wäre das laut IGM ein Lohnverzicht von 23% bzw. eine Personalkostensenkung um 26,5% für die verbleibenden KollegInnen. Die IGM hat angedeutet, auf der Grundlage des "Pforzheimer Abkommens" evtl. über noch mehr reden zu können.

Die Geschäftsleitung weist diese Rechnung zurück und beharrt darauf, dass es nicht teurer sein darf als 10 Millionen. Es sieht so aus, als würde die Geschäftsleitung nur "verhandeln", um zu verschleiern, dass sie die Schließung auf jeden Fall will.

Die Taktik, betriebswirtschaftlich schlauer sein zu wollen als die Kapitalisten ist allerdings illusorisch. Nicht die aktuellen Kosten (vor allem nicht Einmalkosten) zählen für die Aktionäre, sondern die Renditeerwartungen. Das Unternehmen setzt auf die Schließung des Betriebes in Berlin und auf die modernen Werke in Türkei, Polen und Spanien. Das ist im Sinne der Aktionäre richtig - und steht im Gegensatz zu den Interessen der Beschäftigten.

Der BR hat, als die Geschäftsleitung auf stur geschaltet hat, seine ursprüngliche Zustimmung zum Abbau auf 300 Arbeitsplätze zurückgezogen und eine eigene Forderung aufgestellt: Erhalt von 400 Arbeitsplätzen in der Produktion (von 570), Abfindungen mit der Quote 1,8 und 2 Jahre Qualifizierungsgesellschaft für die KollegInnen, die gehen müssen. Dazu soll es die Möglichkeit vorzeitiger Pensionierung geben. Dieses Modell soll darauf hinauslaufen, dass insgesamt 800 Leute am Standort Spandau bleiben.

BR und IGM werfen der GL vor, nicht im Berliner Werk investiert zu haben. In Polen und der Türkei stehen moderne hoch produktive Werke, in Berlin hat es seit Ende der 90er Jahre keine nennenswerten Investitionen gegeben. Ein Kollege warf der GL vor, Pläne für neue, innovative Waschmaschinen lange nicht umgesetzt zu haben. Der BR-Vorsitzende meinte, die KollegInnen hätten in Berlin die Profite erarbeitet, mit denen BSH die modernen Fabriken finanziert habe. IGM-Bezirksleiter Höbel: "... seit 50 Jahren gibt es die Waschmaschinen-Produktion in Berlin. Stückzahlen und Umsatz sind gestiegen, das Personal wurde von 3.000 auf 1.000 reduziert, 50% der weltweiten Wertschöpfung werden in Deutschland erzielt ..."

Wie geht es weiter?

Die GL will den Fall zur Einigungsstelle bringen. Thema der Einigungsstelle soll laut GL sein: "Schließung und Sozialplan". IGM und BR lehnen das ab und fordern, dass betriebsintern und zwischen den Tarifparteien verhandelt wird. Der BR-Vorsitzende hat der GL bis Do., 24.8.06, ein Ultimatum gestellt, bis dahin in Verhandlungen einzusteigen. Wenn die GL dies ablehne käme es zu einem Arbeitskampf.

Der BR-Vorsitzende Demirci meinte: "... wir haben viel mehr Zugeständnisse vorgeschlagen als ich mir jemals hätte vorstellen können. Bis heute haben wir nicht vor dem Tor protestiert, sondern Ruhe bewahrt. Wir sind bereit zu verhandeln aber die GL hat ein Dogma, den Betrieb schließen zu wollen ... wenn die GL hart bleibt, dann werden wir die Republik bewegen, so eine Auseinandersetzung hat das Land noch nicht gesehen. Wir werden diesen Kampf nicht nur in Berlin führen, sondern in ganz Deutschland, in Polen und der Türkei ... wir werden gemeinsam kämpfen für den Erhalt der Arbeitsplätze ..."

Am 24.8. demonstrierten mehrere Hundert KollegInnen des BSH vor der Berliner Siemens-Verwaltung. Dies war die erste öffentliche Aktion gegen die Schließungspläne in diesem Jahr. In seiner Rede drohte Demirci erneut: "Wenn die Geschäftsleitung nicht bis Montag an den Verhandlungstisch zurückkehrt, dann werden wir Aktionen in Gang setzen." Nach der Demonstration wurden Kollegen im Werk allerdings auch von BR-Mitgliedern angehalten, die Produktion schnell wieder aufzunehmen.

Stimmung

Die Versammlung war sehr gut besucht, es waren über 800 KollegInnen dort. Diese waren sehr ruhig. Der BR-Vorsitzende hatte am Beginn darüber gespottet, dass die GL-Leute bewaffnete Bodyguards mitgebracht haben. Diese wurden vom BR des Betriebes verwiesen. Der Vorsitzende schwor die KollegInnen darauf ein, man brauche keinen Schutz für die GL von außen, man würde jeden ausreden lassen und gut behandeln. Mit dieser Begründung wurde auch aufgerufen, Zwischenrufe und Gelächter zu unterlassen.

Bericht eines Kollegen vom 26.08.2006


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