BSH will 241 befristete KollegInnen entlassen. Dafür sollen Leiharbeiter eingestellt werden. Darüber sind nicht nur die Befristeten zu Recht empört. Alle wissen, daß dies auch einen weiteren Angriff auf die Arbeitsbedingungen der Stammbelegschaft bedeutet. Darüber können auch die salbungsvollen Worte der Betriebsleitung von angeblicher Standortsicherung nicht hinwegtäuschen. Die Angst der Stammbelegschaft vor Arbeitslosigkeit soll benutzt werden, sich nicht mit den Befristeten zu solidarisieren, sondern sie "freiwillig" zu opfern. Deshalb droht die Betriebsleitung: "Um betriebsbedingte Kündigungen in den nächsten Monaten zu vermeiden, "müssen wir in der Lage sein flexibel zu reagieren." Die Befristeten wurden umgekehrt mit dem Argument zu Höchstleitungen angespornt, sie seien besser als die Stammbelegschaft, weil sie flexibler und weniger oft krank seien. Ihnen wurde sogar die Festeinstellung in Aussicht gestellt. Die Vorgesetzten, die den Befristeten versprochen hatten, sich persönlich für die Festeinstellung einzusetzen, sind unterdessen abgetaucht. Um jetzt zusätzlich die Befristeten noch einmal untereinander zu spalten, hat die Betriebsleitung am 5.5. eine "stufenweise Weiterbefristung" für einen Teil der Befristeten über den Mai hinaus in Aussicht gestellt.
Diese billigen Tricks sind zu durchsichtig, um auf sie hereinzufallen. Damit sollen sie lediglich bei der Stange gehalten werden, um noch bis zum letzten Moment "motiviert" zu arbeiten, sich nicht krankschreiben zu lassen, ihren Urlaubsanspruch nicht wahrzunehmen - und vor allem sich nicht zu wehren. Doch nicht nur bei BSH wird eine solche menschenverachtenden Politik versucht. In vielen Konzernen, die in den letzten Jahren auf unsere Kosten Millionengewinne gemacht haben, findet das gleiche Spiel statt. So auch bei VW. In VW-Werk Emden haben 10000 Beschäftigte drei Tage lang die Arbeit niedergelegt, um die Entlassung von 550 Befristeten zu verhindern. Mit Erfolg. Niemand wurde entlassen. Dieser Erfolg ist um so bedeutender, weil er wenige Tage nach dem Abschluß des Haustarifvertrags von der Belegschaft durchgesetzt wurde.
Der Druck, gleichermaßen auf Stammbelegschaft und Befristete, ist in den letzten Jahren unerträglich geworden. Die Entlassung der Befristeten und Einstellung von willkürlich ersetzbaren Leiharbeitern wird die Lage noch weiter verschlimmern. Auch die hohen Produktionsausfälle und technischen Mängel der letzten Zeit sind auf diese chaotische Unternehmenspolitik zurückzuführen. Die sklavereiähnlichen Bedingungen der Leiharbeiter, die die Betriebsleitung als Ersatz für die Befristeten willkürlich heuern und feuern will, sind eine Warnung für uns alle, was uns blühen wird, wenn wir nicht aufpassen. Netto bleiben häufig 9 bis 12 DM Stundenlohn bei undurchschaubaren Arbeitsbedingungen übrig. Die Spirale nach unten wird noch dadurch beschleunigt, daß die Konkurrenz unter den Leiharbeitsfirmen zunimmt, die aus einem unerschöpflichen Heer an Arbeitslosen schöpfen können. Deshalb ist es im Interesse aller, daß die Befristeten fest eingestellt werden. Eine weitere Lüge ist, daß der Antrag auf eine 40-Stundenwoche nichts mit der Frage der Befristeten zu tun habe. In Wirklichkeit ist dieses Modell Teil der gleichen Unternehmenspolitik: zu Lasten aller KollegInnen die Stückzahl nach Bedarf zu ändern.
Die unvermeidlichen Lücken, die mit der Entlassung der Befristeten entstehen werden, sollen durch längere Arbeitszeit bis August ausgeglichen werden. Jede Minute zusätzlicher Arbeit kann besonders für die KollegInnen am Fließband zur Überschreitung ihrer körperlichen Grenzen führen. Deswegen hat der Betriebsrat zu Recht den Antrag abgelehnt und muß auch weiterhin tun. Ein Unternehmen, das Befristete, Stammbelegschaft und Leiharbeiter gegeneinander ausspielen und wie eine Zitrone auspressen will, kann nicht glaubhaft versichern, in unserem Interesse zu handeln. Die Werbekampagnen, Plakate und Mitarbeiterbriefe, in denen von neuer Unternehmenskultur geredet wird, sprechen der Wirklichkeit Hohn. Sie brauchen nicht unsere Köpfe, sondern wollen sie nur vernebeln, um ihre Gewinne und Managergehälter weiter in die Höhe zu schrauben.
Die gesamte Belegschaft muß sich an VW Emden ein Beispiel nehmen und fordern: Einstellung aller Befristeten! Nein zur 40-Stunden-Woche!
Herausgeber: KollegInnen aus BSH, 10.5.99