Home > Branchen > Medien und IT > Medien > bibliothek | |
Updated: 18.12.2012 16:00 |
Schöne neue Bibliothekswelt Inhalt
Die Deutsche Bibliothek (www.ddb.de) vertritt als „Nationalbibliothek das Bibliothekswesen in der Gesellschaft... Wir sind aktiver Bestandteil des laufenden Wandels im Kommunikations- und Mediensektor... Wir initiieren, koordinieren und nutzen Innovationen im deutschen und internationalen Bibliothekswesen... Die Deutsche Bibliothek (DDB) erschließt die Welt des Wissens.“ (aus einem Leitbild-Entwurf der DDB) Wer hinter diese „Leit-Phrasen“ schaut, wird erahnen, dass mehr dahinter steckt als nur visionärer Hokuspokus. Auf diesem Hintergrund und aufgrund der anstehenden „Reformierung“ des öffentlichen Dienstes sind mehrere Artikel entstanden die in der Zeit von Mitte 2004 bis zum März 2005 im Intranet der DDB veröffentlicht wurden. Wie haben Teile davon zusammengefügt um die Dynamik der „Modernisierung“ am Beispiel der DDB aufzuzeigen. Einige Zeilen aus der örtlichen Personalratsarbeit (ÖPR) in Frankfurt am Main (DBF) wurden ebenfalls mit eingeflochten, weil wir meinen, dass diese Zusatzinformationen in diesen Kontext gehören. Einige Themenbereiche, die beim Abfassen der Artikel noch Fiktion waren, sind von der nackten Realität längst überrollt worden: So steht ein Teil der DDB (das Musikarchiv in Berlin) aufgrund angeblicher „Synergieeffekte“ nicht mehr nur zur Disposition (Presseerklärung der DDB vom 28.1.2005), sondern ist, genauso wie das alte Tarifsystem im öffentlichen Dienst, inzwischen abgehakt worden. Über die staatliche Umorientierung – oder der Staat wirft Ballast ab Um die staatlichen Aufgaben und ihre angeblich wichtigen
Kernbereiche wird nur noch eine Scheindiskussion geführt. Tatsächlich
geht es hierbei nur noch um die genaue Festlegung jener Bereiche, die
im gesellschaftlichen Verwertungsprozess als wertvoll oder als weniger
nützlich anzusehen sind. Die Realität ist schon lange über
die Frage hinaus, welche staatlich verfügbaren Mittel verstärkt
werden sollen. Heute stehen daher alle jene Bereiche zur Disposition,
die bei der Reduzierung auf den sog. Kern des Staatsgebäudes abfallen.
Die „überflüssigen Bereiche“ streicht man und überlässt
sie der „Eigenverantwortung des einzelnen Bürgers“. Das
zeigt sich an den Reformmodellen wie Hartz IV oder Bürgerversicherung.
Die Transformation des Bibliothekswesens in die Informationsgesellschaft Staatlichen Aktivitäten sollen das markt- und privatwirtschaftliche
Handeln soweit möglich stärken. Dieser Wille drückt sich
darin aus, dass sich möglichst alles, natürlich auch im öffentlichen
Dienst, nach betriebswirtschaftlichen Kriterien auszurichten hat. In diesem
Rahmen wird den Behörden, Ämtern und Bibliotheken nahe gelegt,
vermehrt betriebswirtschaftliche Instrumente anzuwenden. Von der traditionellen Bibliothek zur Bibliothek der neuen Medien Das zur Disposition gestellte Deutsche Musikarchiv (DMA).
Seit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten im Herbst 1990 hat die
sog. Standortfrage im Zusammenhang mit dem nationalen Archivgut für
bestimmte Interessengruppen aus Wirtschaft, Politik und Kultur –
wobei eine Trennung, zwischen diesen drei Bereichen vielfach gar nicht
gegeben ist – bis heute immer auf der Tagesordnung gestanden. Durch
den Ende Januar 1997 bezogenen Neubau in Frankfurt (DBF) und den geplanten
vierten Erweiterungsbau (2007) der Deutschen Bücherei (DBL) sind
für absehbare Zeit die Weichen bezüglich der Standortfrage allerdings
gestellt. Der moderne Beschäftigte in staatlichen Bibliotheksdiensten Die unter zunehmenden Druck stehende DDB wird aller Voraussicht
nach verstärkt auf befristeten Stellen umsteigen. Außerdem
spricht nichts dagegen, zukünftig auch die so genannten 1-Euro-Jobs
in DDB zu nutzen. Die Voraussetzungen dafür sind gut: Der schrumpfende
„erste“ Arbeitsmarkt wird davon angeblich nicht berührt
und auf diese Weise kann außerdem der kulturelle Stellenwert von
DDB reklamiert werden – in entsprechend angemessener, kostensparender
Form versteht sich. In Frage kämen für diese „reizvollen
Jobs“ zum Beispiel Bereiche wie die Magazin- und Archivverwaltung,
Bücherausgabe, Poststelle, Boten- und Wachdienste und diverse Reinigungsarbeiten.
Zwei bis drei Fach- oder Aufseher-Stellen je Sachgebiet, reichen dann
aus, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren. Den Rest der noch ver-
bleibenden festen Stellen verschiebt man in andere Referate – oder
in den „Abbautopf“. Vom traditionellen Staatsdiener zum modernen Dienstleister Der Plan der Gewerkschaften, des Innenministers und des
Beamtenbundes nicht nur die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes
umzugestalten, sondern auch ein flexibles und leistungsbezogenes Beamten-
und Besoldungsrecht zu schaffen, wird von den Medien und den Vertretern
der freien Wirtschaft begeistert aufgenommen. Zusätzlich wird nachgelegt
und mangelnde Reform-Radikalität beklagt. Die Frankfurter Allgemeine
sieht zwar einen "Durchbruch", die Süddeutsche Zeitung
hat jedoch "Appetit auf mehr". Der Chef von Ver.di hält
sein Werk für einen "Meilenstein", die Stammtische und
deren Presseorgan Bild sind sich ebenfalls einig: Es soll den Unkündbaren
an die Wäsche gehen. Endlich soll es auch die treffen, die bisher
von der Kündbarkeit ausgenommen sind. Das füllt zwar nicht des
Volkes Geldbeutel, hebt aber offenbar die Stimmungslage der Kündbaren
bei Lidl oder Vodafone und die der von Hartz IV bedrängten. Der erste
Schritt ist mit dem neuen Tarifvertrag bereits Das 3-Schichten-Beschäftigungssystem - eine Fiktion? Die Reformierung des Staates wird fortschreiten, der klassische
Beamte, Angestellte und Arbeiter wird langfristig verschwinden. An seine
Stelle wird eine sozialökonomisch angepasste Spezies treten: Der
„Standardmitarbeiter“ mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag.
Er wird die zukünftige Basis unserer Ökonomie sein. Ihm zur
Seite steht der „Saisonmitarbeiter“ mit einem zeitlich befristeten
Vertrag, der als variables Humankapital, sehr gut in die zukünftigen
flexiblen Konzepte und Entwicklungen des Bibliothekswesens passen wird.
Ganz unten wird der „Servicemitarbeiter“ auf der Grundlage
von 1-Euro-Jobs für die niederen Arbeiten angesiedelt sein. Die Kostenreduktion als höchste Priorität in der Deutschen Bibliothek In einem Artikel über die Haushaltsnöte der DDB (S.Jockel / E.Niggemann: Die Deutsche Bibliothek in Haushaltsnöten, Dialog mit Bibliotheken, 2004, Heft 3) wird angesprochen, dass jährlich 20 abzubauende Stellen kompensiert werden müssen und Kostenreduktion höchste Priorität hat. Es stellen sich nun viele Fragen:
Aus dem Artikel lässt sich zudem entnehmen, dass eine
verstärkte Umorientierung und Hinwendung zu den so genannten neuen
Medien (ebd.) unter Vernachlässigung der konventionellen Bestände
und ihrer Bestandspflege stattfindet. Die bisherigen Gespräche um
das neue Gesetz Der Deutschen Bibliothek haben aber auch aufgezeigt, dass
der Bund selbst hierfür kein Geld ohne Vorleistungen seitens DDB
locker machen wird. Die Mittel hierzu muss man, wohl oder übel, aus
dem eigenen beweglichen Bestand erbringen. Die Weichen sind offenbar schon
gestellt worden. Denn die Bemerkung, dass die Hinwendung zu neuen Medien
zu einer „Ausweitung der Aufgaben“(ebd.) führt, wird
damit beantwortet, dass man eine „grundsätzliche Aufrechterhaltung
der Aufgabenerfüllung – wenn auch auf anderem Niveau“
(ebd.11) zulassen will. Anfänge für eine Absenkung des Niveaus
bahnen sich bereits mit den „Integrationsbestrebungen“ des
Berliner Musikarchivs in die DBL an. Ver.di & Consorten – Die Modernisierer des öffentlichen Dienstes Das bestehende Tarifsystem im öffentlichen Dienst scheint
der beruflichen Weiterentwicklung nicht mehr gerecht zu werden. Ein neues
einheitliches, alle Berufsgruppen umfassendes Tarifgefüge mit Entgeltgruppen,
die dabei für alle nach neuen Kriterien wie z.B. Berufserfahrung
und Ausbildung festgelegt werden, ist angedacht worden. Ein Schlagwort
ist die „Reformierung des öffentlichen Dienstes“. An
diesem Diskussionsstand knüpfen mehrere „Eckpunktepapiere“
bzw. „Prozessvereinbarungen“ von Ver.di, dem Deutschen Beamtenbund
(dbb) und den öffentlichen Arbeitgebern an. Das bedeutet in der Praxis: 1. Eine Diffamierung der Beschäftigten, denen unterstellt wird, dass sie bisher schlecht gearbeitet hätten und erst ein Prämiensystem korrekte Arbeit erzwingen könne. 2. Die Gründe, warum jemand möglicherweise dann besser als die anderen ist oder umgekehrt, werden als subjektive Tüchtigkeit bzw. subjektives Versagen gewertet. Anstatt im Rahmen eines Personalkonzeptes zu untersuchen, wo evtl. die Ursache liegt, die durchaus auch außerhalb des zu Bewertenden liegen kann. 3. Die im Rahmen des Arbeitsvertragsrechts bestehende Erfüllungspflicht beider Vertragspartner ist fortan für die Arbeitgeberseite nur noch eingeschränkt existent. Bisher oblag beiden Vertragsparteien die Erbringung einer Leistung: Der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers stand die Entgeltleistung des Arbeitgebers gegenüber. Künftig liegt es in der Macht und im Ermessen des Arbeitgebers, über den Umfang der Entgeltleistung im Zweijahresrhythmus selbst zu entscheiden. Höher- oder Rückstufung innerhalb dieses Systems werden den Vorgesetzten zugemutet. 4. Dem Personalrat kommt in diesem System die Aufgabe einer Kontrollinstanz (Aufpasserfunktion) zu, der es obliegt, Kriterien zur Leistungsfeststellung und -überwachung festzulegen und durchzuführen. Seine originäre und primäre Funktion als Interessenvertretung der Beschäftigten tritt zurück hinter der neu erwachsenen Aufgabe der Mitarbeiterevaluierung. 5. Der Begriff und das System „Leistung“ wird nicht hinterfragt. Es wird an einem antiquierten System aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert (Fließbandarbeit u.a.) festgehalten und auf das 21. Jh. übertragen. Unfreiwillig brachte der Ver.di-Referent die Absurdität des neuen Entgeldsystem auf den Punkt, als er einen zukünftig Betroffenen mit der Frage zitierte „Soll ich jetzt mit meinem Bus eine Runde mehr drehen, um mehr Leistung zu erbringen?“ 6. Ellenbogengesellschaft und Konkurrenzkampf stehen auf der Tagesordnung. Solidarität und gemeinsames Interesse der Beschäftigten verschwinden hinter zahlreichen Partikularinteressen. Nicht einmal innerhalb einer Gehaltsgruppe kann sich Gemeinsamkeit behaupten. Das Prinzip heißt von der Kollegin zur Konkurrentin. Referent T.M. selbst sprach von „Gewinnern und Verlierern“ und zeigte damit, wo es künftig lang geht. Mit der Prozessvereinbarung auf Raubzug: Die Arbeitskraft als Beute Wir lehnen das von Ver.di, dem dbb und den öffentlichen
Arbeitgebern geplante Eckpunktepapier sowie die Prozessvereinbarung ab.
Getreu dem Motto „jeder seine eigene Ich-AG“ bahnen sie den
Weg zur Isolierung der Arbeitnehmer voneinander. Die projektierte „Leistungsorientierung“
beim Entgeltsystem schafft für die Beschäftigten eine Zone der
Unsicherheit und Ungewissheit in Permanenz. Dies wird ansatz- weise bereits
mit dem Prinzip der Leistungsprämien, wie es kürzlich für
Beamte vom Bund eingeführt wurde, praktiziert. Unter den Begriffen
"Entbürokratisierung" und "Modernisierung" läuft
der Angriff auf ein Tarifsystem, für das die Arbeitnehmer und (damals
noch) Gewerkschaften viele Jahre gekämpft haben. Der Geist beider
Vereinbarungen besagt, dass Gehalt nicht mehr ein gesichertes und kalkulierbares
Anrecht im Gegenzug zu geleisteter Arbeit ist, sondern vom Arbeitgeber
gewährt wird, wie besagter Vertreter von Ver.di auf der Personalversammlung
formulierte. Für das Prämiensystem wählte dieser den trefflichen
Begriff „Jackpot“. Unter dem Fetisch Leistung (als würde
bisher nichts geleistet) werden die Beschäftigten eingestimmt, organisiertes
(Ver)handeln gegen ihre eigenen Interessen zu akzeptieren. Gehaltsabsenkung
heißt in der Terminologie der Anpassung Gerechtigkeit. Wir verstehen
die Orwellsprache der Marktpropheten und ihrer Laienprediger sehr gut.
Bei der Prozessvereinbarung geht es um nichts anderes als die Beihilfe
zum Gehaltsraub an vielen tausend Beschäftigten. Dies wird von Ver.di
und dem dbb (Presseerklärung der DDB vom 28.1.2005) gemeinsam mit
den Arbeitgebern gegen die Einkommensabhängigen betrieben. Die Tarifreform – „Durchbruch geschafft“ Der im Februar 2005 abgeschlossene Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst – formal zunächst nur für den Bund und die Kommunen – besitzt innerhalb der westdeutschen Tarifgeschichte eine neue Qualität. Dies auf Grund der damit verbundenen negativen Weichenstellungen und der damit verbundenen Selbstkastrierung einiger bisher elementarer Positionen der Gewerkschaften. Die Opfer dieses ab dem 1. Oktober 2005 in Kraft tretenden Abschlusses werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sein. Was vordergründig als ein „modernes, leistungsorientiertes und transparentes Tarifrecht“ für eine „moderne Verwaltung“ verkauft wird, entpuppt sich bei genauerem Hinschauen weitgehend als Rohrkrepierer und als Prozess der Selbstbeschneidung der Gewerkschaftsrechte und der zunehmenden Selbstaufgabe von Arbeitnehmerrechten. Im Folgenden sollen die dicksten Brocken genannt werden: 1. Die Arbeitszeit, die unter Punkt 5 des Vertragswerks mit 39 Stunden pro Woche, also eine Stunde weniger für die ostdeutschen Beschäftigten und eine halbe Stunde mehr für die Westdeutschen Beschäftigten verkauft wird, stellt tatsächlich ein auf tönernen Füssen stehendes Scheinergebnis dar. Dieses Täuschungsmanöver entlarvt sich sodann unter Punkt 7 des Tarifvertrags. Das erste Mal in der Geschichte hat hier eine Gewerkschaft ohne Not eine negative Öffnungsklausel akzeptiert und bereits jetzt verbindlich festgeschrieben. Das bedeutet also, dass das schlechteste bei den kommenden Tarifverhandlungen auf Länderebene ausgehandelte Tarifergebnis zur Arbeitszeit verbindlichen Grundlage für den Bund wird. Somit sind die 39 Stunden bald vom Tisch. Wenn künftig in mindestens einem Bundesland die 42-Stunden-Woche vereinbart werden sollte, dann hat dieser Abschluss auch Gültigkeit für die Bundesbehörden, also auch für Die Deutsche Bibliothek. 2. Dieselbe negative Öffnungsklausel gilt auch für die Jahressonderzahlung, die an die Stelle des bisherigen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes tritt. Diese Sonderzahlung wird ebenfalls an das schlechteste mit irgendeinem der Bundesländer ausgehandelte Ergebnis angepasst. Weil aller Wahrscheinlichkeit nach in einem Bundesland schlechtere Margen ausgehandelt werden, sind die Ausführungen unter Punkt 4 des Tarifvertrages schon jetzt so gut wie Schall und Rauch. Diese gelten ab dem 1. Oktober 2005 dann auch verbindlich für den Bund. 3. Die Überleitung der derzeitigen Vergütungsgruppen
und Lohngruppen auf der Grundlage neuer Bewertungsmerkmale in die 15 neuen
Entgeltgruppen ist für die Betroffenen völlig undurchsichtig
und nicht nachvollziehbar. Soweit aus dem Tariftext geschlossen werden
kann, wird dies – ohne die Betroffenen vor Ort mit einzubeziehen
– noch in einer „erweiterten Lenkungsgruppe“ ausgehandelt.
Niemand weiß also, was in den folgenden Jahren auf ihn zukommt:
von Transparenz (siehe in der Einleitung zum Tarifvertrag) also keine
Spur. Für die Beschäftigten in den nicht so hohen Vergütungs- und Lohngruppen, die bisher zumindest die Chance hatten, nach einigen Jahren durch einen Fallgruppen- oder Bewährungsaufstieg in eine oder in mehrere höhere Gruppen eingereiht zu werden, ist diese Möglichkeit in Zukunft nicht mehr gegeben. Beschäftigte, die zum Beispiel schon sieben oder acht Jahre auf den Bewährungsaufstieg von BAT VII nach BAT VIb hingearbeitet haben, werden nun durch die Überleitung in die neuen Entgeltgruppen das Nachsehen haben. Der angelaufene „Modernisierungsprozess“ wird für viele Beschäftigte strukturelle Schlechterstellungen zur Folge haben. Nutznießer der Verbesserungen werden lediglich Teile des sog. mittleren und höheren Managements sein. 4. Das Fatale bei den „Leistungsprämien“
nach Punkt 3 des Tarifvertrags sind zwei Sachverhalte: – Zum einen
wird das für diese Prämien zur Verfügung stehende Volumen
von zunächst 8% und ab 2007 dann von 1% der Entgeltsumme der Tarifbeschäftigten
des jeweiligen Arbeitgebers aus der Jahressonderzahlung entnommen. Da
hier Kostenneutralität verlangt wird, wird Prämienbegünstigung
einiger Beschäftigter zu einer Benachteiligung anderer Beschäftigter
führen, egal, ob letztere berechtigt ist oder nicht. – Zum
anderen ist beabsichtigt, hierbei die jeweilige Personalvertretung vor
Ort mit zu vereinnahmen, also mit ihr das Vergabeverfahren auszuhandeln.
Der Reallohnverlust bei verlängerter Arbeitszeit wird
also weiter zunehmen und ein Ende ist nicht abzusehen. Dieser Trend, der
nicht erst mit diesem „fortschrittlichen Tarifwerk“ seinen
Anfang genommen hat, wird sich, wie oben beschrieben, mit der „Reformierung“
des Beamtenrechts fortsetzen. Schlimm, dass diese Entwicklung im Namen
der Gewerkschaften erfolgt. Personalratsarbeit im Widerstreit: Minderheitenputsch in Frankfurt Im Verlaufe der fast einjährigen Arbeit des Gremiums
(April 2004 bis März 2005) ver- trat eine Mehrheit des ÖPRs
den Anspruch, PR-Arbeit solle sich nicht auf Co-Management beschränken,
sondern die im Rahmen des „BPersVG“ zur Verfügung stehenden
instrumentellen Möglichkeiten im Interesse der Beschäftigten
nutzen (z.B. Initiativanträge, Ausschöpfen der Möglichkeiten
des Rechts auf Mitbestimmung). PR-Arbeit lebt davon, Mitarbeiterinteressen
in Sachfragen überhaupt erst einmal zu definieren und dann zu vertreten.
Dies geht aber nur dort, wo ein Gremium im Spannungsfeld zwischen Mitarbeiterinteressen
und Dienststellenleitung auf einen unabhängigen Blick bedacht ist.
Norbert Cobabus / Dag Maaske / Thomas Ristow |