Am 6. August erfuhren es Personal / Betriebsrat und Presse fast gleichzeitig, dass nach der Schliessung von 21 Häusern, Ende Juli / Anfang August, nun auch die restlichen GmbH's geschlossen werden. In Schleswig- Holstein betrifft das nach Flensburg, Lübeck und Horst bei Elmshorn nun das Haus in Raisdorf.
Der zuständige Sekretär der Gewerkschaft hbv in Elmshorn, Günter Töpfer, wies darauf hin, daß die Betriebsschliessungen gut vorbereitet waren, indem die Besitzer Erich und Helga Kellerhals die Imobilien, die gekauft wurden, in eine seperate Imobilien Gesellschaft unterbrachten. So fallen diese aus der Haftungsmasse heraus. Auch die Gesellschaftsformen der GmbH's vor Ort sind so gestaltet, dass Familie Kellerhals persönlich nicht haftet.
Übernommen hatten Herr und Frau Kellerhals Möbel-Unger vor zwei Jahren von der Metro (gegen ein geringes Entgelt), denen Unger nicht mehr ins Konzept passte. Über Nacht wurden die Märkte in "Vor-Ort-GmbH's" umgewandelt, mit jeweils einem geringen Haftungskapital. Der Gesamtbetriebsrat wurde so von einem auf den anderen Tag aus dem Amt "gejagt". Der Logistikbereich war schon vorher ausgegliedert worden in die USL (Unger Service und Logistik GmbH). Auch der Aufsichtsrat (vorher war Unger eine AG) war so verschwunden.
Schon damals wurde von Betriebsräten und Gewerkschaftern vermutet, dass Herr Kellerhals die Häuser zum "Abwickeln" übernahm. Betriebsräte, die anschliessend eine Klage angestrengt hatten, um feststellen zu lassen dass Unger ein Konzern ist, wurden durch massiven Druck mit der Universaldrohung "wir schließen ihr Haus - sie setzen die Arbeitsplätze aufs Spiel" weitgehend zurückgezogen. (Vorgemacht wurde das dann zuerst am Haus Braunschweig - angeblich wegen dem Verhalten des Betriebsrates, der zu oft sein Recht eingeklagt hatte). Wichtig ist diese Frage nach dem Konzern wegen der "Durchgriffshaftung" - im Klartext: auch Herr Kellerhals soll haften. Neben dieser Frage ermittelt ausserdem die Staatsanwaltschaft in Braunschweig wegen mutwillig herbeigeführtem Konkurs (im Bereich Logistik).
Die Geschichte von Möbel Unger und die Entwicklung in "rote Zahlen" ist allerdings älter und würde hier das ganze Heft füllen.
Für die Beschäftigten waren die letzten zwei Jahre ein ständiges auf und ab - von Hoffnung und niederschmetternder Wahrheit. Allein wenn man sich die Pressemeldungen in der Bundesrepublik seit Mai ansieht, bekommt man davon eine kleine Kostprobe: Mai - "Mönchengladbach schliesst wegen mangelnder Wirtschaflichkeit" / "Hildesheim bleibt weiter geöffnet ... >Wir stehen wirtschaftlich gut da und werden weiter machen< (so der Geschäftsführer) ..." es folgen diverse Gründe warum dieses Haus offen bleibt "...es verbessert sich die Chance kleiner Häuser. Es käme nicht von ungefähr, so Mike Hickmann (Geschäftsführer) dass die Unternehmen in Lahstedt, Goslar und Wolfsburg ähnlich gross seien." Diese Häuser gehören nicht zu denen die geschlossen würden ... usw. - Und nun im August: auch diese werden geschlossen.
Das Haus in Horst wurde vor einigen Monaten für mehrere Millionen DM umgebaut und mit einem neuen Konzept als "COSA" eröffnet - ein Konzept mit Super-Jungen Möbeln in einer ländlichen Gegend. Bis hin zum Geschäftsführer des Hauses hatten alle gesagt, das sei doch unpassend für die Lage - aber es wurde trotzdem gemacht. Und es wurde kein Erfolg. Ebenso wurde den Beschäftigten in Raisdorf noch vor drei vier Monaten von einem "neuen Konzept eines Diskounts" (wie in Ingoldstadt als "Pick Pack" eröffnet) vorgeschwärmt - auch Raisdorf sollte dazu gehören. Es wurde Anfang des Jahres das Untergeschoss noch umgestaltet - die Fenster neu beschriftet ... Es ging sogar so weit, dass von einigen Beschäftigten die Kollegen in Flensburg darum beneidet wurden, dass diese nun wenigstens wussten woran sie waren, als dort bereits Räumungsverkauf gemacht wurde. Sozialpläne wurden zwar in allen Betrieben vereinbart - die Höhe entspricht aber nur einem Prozenzatz von dem sonst gängigen - von einem Schnitt von 5000 DM wird berichtet - Peter Franielczyk von der HBV Hannover nennt in solchen Fällen bis zu 30000 DM als Standard. Inzwischen wurde auch in einigen Häusern nach dem Räumungsverkauf noch Konkurs angemeldet. Da Kündigungen erst nach Abschluss eines Interessenausgleichs mit dem Betriebsrat ausgesprochen werden können, kann man sich ausrechnen, wie lange die Kündigungsfristen langrähriger Mitarbeiter sein können (bis zu 5 Monaten) - ob so lange noch Löhne gezahlt werden ist mehr als fraglich.
Die letzten Tage bei Möbel Unger in Raisdorf sind für die Beschäftigten aus vielen Gründen alles andere als angenehm, zu allem internen Ärger - Arbeitssuche usw. kommt noch die Ungeduld vieler Kunden, die unbedingt noch Schnäppchen machen wollen. Nach den Meldungen der letzten Tage, in den Kieler Nachrichten, über "falsche Preisauszeichnung", wurden Kolleginnen und Kollegen sogar noch beschimpft, obwohl doch wohl klar sein sollte, dass diese mit der Preisauszeichnung am wenigsten zu tun haben. Journalisten fragten den Betriebsrat oft, ob die Beschäftigten jetzt nicht kämpfen wollen / auf die Strasse gehen? - Es gibt wohl kaum noch was, wofür man kämpfen kann, eher muss man hoffen, wenigstens die Gelder aus dem Sozialplan noch zu bekommen und den zustehenden Lohn. Hausleitung und Betriebsrat unternehmen alles, um die Beschäftigten bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu unterstützen. Eine private Arbeitsberatung und Vermittlung (GAB) wurde zur Hilfe genommen. Ein Sozialplan ist unterschrieben, mit ähnelichem Durschnitt wie oben - die Beschäftigten hoffen, daß sie dieses Geld wenigstens noch bekommen.