letzte Änderung am 6. August 2003

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Das Wahre Päckchen

Gemeinsam für bessere Jobs bei ups

Magazin der ver.di Betriebsgruppe bei ups Nürnberg - August 2003

Was geht ab bei ups-Stuttgart?

Murmeltier

Um dieser Frage nachzugehen hatten wir für den 1. Juni Mahmut und Chris, zwei Kollegen aus dem Stuttgarter Betriebsrat, nach Nürnberg eingeladen. Seit 1998 stellen die Stuttgarter Kolleginnen und Kollegen unter Beweis, dass eine gewerkschaftlich organisierte Belegschaft und ein Betriebsrat, der seine Aufgaben ernst nimmt viel erreichen können. Für alle, die den Informationsnachmittag verpasst haben: Einen Bericht über das Treffen, eine Zusammen-fassung der Infos über die Schwierigkeiten und die Erfolge der Stuttgarter, ihre BR-arbeit und die Managementreaktionen findet ihr auf Seite 2

Am 1. Juni berichteten Mahmut und Chris, Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrats bei ups Stuttgart, gleich zweimal über die Lage in ihrer Niederlassung: Um 15 Uhr vor der ver.di-Betriebsgruppe ups Nürnberg und den Kolleginnen und Kollegen, die wir über unsere Telefonliste erreichten, um 18 Uhr bei der öffentlich bekanntgegebenen Infoveranstaltung, bei der wir auch mit dem Erscheinen von ungeladenen Freunden der Geschäftsleitung rechneten. Ob wir mit dieser Einschätzung recht hatten und ein wenig über den Verlauf des Treffens erzählen wir euch noch, zunächst aber die wichtigsten Informationen aus Stuttgart:

"WIR KÖNNEN DEN MITARBEITERN NICHTS VERSPRECHEN, AUSSER, DASS WIR IHRE INTERESSEN VERTRETEN"

Seit 1998 ist Mahmuts und Chris´ Liste nicht nur im Stuttgarter Betriebsrat vertreten, sondern stellt die Mehrheit. Der dortige BR hat, wie der Nürnberger, 11 Mitglieder, von denen, mit ein bis zwei Ausnahmen, alle engagiert die Interessen der Belegschaft vertreten und durchsetzen. Was die Stuttgarter bei einer so satten Mehrheit und einem relativ hohen gewerkschaftlichen Organisierungsgrad im Betrieb alles erreichen konnten ist bemerkenswert. Zunächst einmal:

Die Löhne
Die Mitarbeiter in den Sortierungen verdienen in Stuttgart (nach zwölf Monaten Betr.zugehörigkeit) ¤ 12,62 pro Stunde. Dieser Betrag errechnet sich aus den ¤ 12,00 die auch in Nürnberg gezahlt werden und einer pauschalen Zulage von 62 Cent, die der Stuttgarter Betriebsrat im Mai 2002 durchsetzen konnte. Als Gegenleistung verzichtet die Belegschaft im Teilzeitbereich auf Mehrarbeitszuschläge. Wir in Nürnberg verzichten auch auf den Mehrarbeitszuschlag, allerdings ohne im Gegenzug etwas dafür zu bekommen. Die in Stuttgart gezahlten Nachtzuschläge sind ebenfalls höher als in Nürnberg und vor allem in ihrer Höhe leicht nachzuvollziehen - sie betragen 25% vom Stundenlohn, das entspricht dem dortigen Tarifvertrag. Ein Parttimer (15 Stunden/Woche-Vertrag) hat bei gleicher Arbeitszeit in Stuttgart 40 bis 60 Euro mehr auf der Lohnabrechnung als sein Nürnberger Kollege.

Die Befristungen
Das leidige Thema "befristete Arbeitsverträge" können wir hier schnell abhandeln. In Stuttgart gibt es keine Befristungen. Mit einer Betriebsvereinbarung vom 28. Mai 02 entfiel dort die Befristung von Arbeitsverhältnissen.

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Doppelschichtlerverträge
Seit zwei Jahren gibt es in Stuttgart keine Zusatzverträge mehr für Doppelschichtmitarbeiter. Kolleginnen und Kollegen die in zwei Schichten arbeiten bekommen einen Vertrag über 34 Stunden/Woche.

Teilzeitverträge
Die vertragliche Arbeitszeit für Mitarbeiter im Outbound beträgt im Hub Stuttgart 17 Stunden, für die im Inbound 15 Stunden pro Woche. Das entspricht eher der wirklichen Arbeitszeit als die Nürnberger Regelung.

Teamleaderverträge
Seit November 02 sind Vollzeitteamleader in Stuttgart kaufmännische Angestellte.

Betriebsversammlungen
Seit neuestem erhalten die Kolleginnen und Kollegen in Stuttgart eine Pauschale von 60 ¤ für die Teilnahme an einer Betriebsversammlung. Im Gegenzug war der Betriebsrat bereit, die regelmäßig anfallenden Betriebsversammlungen außerhalb der Arbeitszeit zu veranstalten. Der Nürnberger Betriebsrat lädt nur zweimal im Jahr zu einer Betriebsversammlung (immer an einem Samstag), ohne dadurch für die Belegschaft etwas herauszuholen, denn die Nürnberger Pauschale von 40 ¤ kommt ups kaum teurer als das gesetzliche Minimum.

Was steht als nächstes an?
Der Stuttgarter Betriebsrat bemüht sich, eine Regelung auszuhandeln, in der das Weihnachtsgeld angeglichen wird. Alle sollen ein 13. Monatsgehalt bekommen. Die Geschäftsleitung hat bereits signalisiert, dass sie auf diese Forderung eingehen wird, versucht aber offenbar, das ganze hinauszuzögern. Ein Problem bleibt vorerst der Umgang des Managements mit kranken und durch langjährige Arbeit bei ups dauerhaft geschädigten Mitarbeitern. Damit es zu solchen Schädigungen in Zukunft gar nicht erst kommt, haben die Stuttgarter Kollegen das Gewerbeaufsichtsamt aufgefordert, die Arbeitsbedingungen bei ups zu prüfen. Die Stuttgarter sehen, wie wir, die Notwendigkeit Arbeitsbedingungen zu schaffen, die es den Leuten erlauben, langfristig bei ups zu bleiben ohne dabei ihre Gesundheit zu ruinieren. Mahmut und Chris machten in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass körperlich wenig belastende Arbeitsplätze hauptsächlich mit externen Bewerber/innen besetzt werden - dabei wäre es gut möglich, Mitarbeiter aus den Sortierungen, die nach etlichen Jahren der Schufterei gesundheitlich angeschlagen sind, nach kurzer Einarbeitung oder Schulung in solchen Bereichen unterzubringen. Bisher setzt die Firma darauf, dass solche Mitarbeiter verschwinden und das herangeschafft wird, was manche "Frischfleisch" nennen. (Siehe dazu die Aprilausgabe des wahren Päckchens)

DIE STUTTGARTER KOLLEGEN ZUR FIRMENPOLITIK UND DEN BELEGSCHAFTSINTERESSEN

GESCHENKT BEKOMMEN WIR NICHTS
Aber wir schenken ups ständig etwas! Mahmut: "Wenn ich mit fünf Ladern am Band klarkomme, weil sich alle übermäßig ins Zeug legen, wird das Management nicht sagen:`Prima Jungs, das war eine Ausnahme!`- im Gegenteil: ich werde das nächste mal nur vier Lader haben." Solange wir für fehlende Kollegen "aufrücken", ihre Arbeit zusätzlich mitmachen, solange ein Team einem Kollegen seine Bandscheiben- oder Gelenkprobleme zum Vorwurf macht, und nicht der Firma, muss ups nichts ändern. Solange der Betriebsrat der Geschäftsleitung Geschenke macht, ohne im Gegenzug etwas für die Belegschaft herauszuschlagen, reibt sich das Management die Hände. Der Stuttgarter Betriebsrat, die Stuttgarter Kolleginnen und Kollegen kommen der Geschäftsführung auch entgegen. Sie verschenken aber nicht, sie tauschen ihr Entgegenkommen gegen höhere Löhne, sichere und gesunde Arbeitsplätze. Manche wird es überraschen, aber: Wir sind weder Unternehmer noch Leistungssportler, auch keine Sklaven oder Maschinen, sondern wir arbeiten für Lohn. Wenn ein Unternehmen das nicht zur Kenntnis nimmt, können wir ihm unsere Arbeitskraft auch erstmal entziehen, also z.B. streiken. Unsere Betriebs- und Abteilungsversammlungen könnten wir sowieso während der Arbeitszeit abhalten. Die Kolleginnen und Kollegen in Stuttgart und ihr Betriebsrat haben mehrfach von solch wirksamen Druckmitteln Gebrauch gemacht.
Ihre Position und unsere erhält noch mehr Gewicht, wenn wir unsere Aktionen koordinieren. Verzichten wir darauf, dann nehmen wir den Druck von der Geschäftsleitung. Wenn also z.B. in Stuttgart gestreikt wird, aber die Kollegen in Fechenheim und wir in Nürnberg das anfallende Paketvolumen mitsortieren, nehmen wir dem Streik einen großen Teil seiner Wirkung. In Stuttgart, Köln, Nürnberg, Fechenheim... - unsere Probleme sind die gleichen. Wenn wir gemeinsam handeln, schaffen wir sie aus der Welt. Für die Geschäftsleitung freilich ist das eine Horrorvorstellung: Die Belegschaften aus den verschiedenen Niederlassungen treten direkt miteinander in Verbindung, informieren sich gegenseitig und sprechen sich ab. Entsprechend aufmerksam verfolgt das Nürnberger Management die Anfänge der Zusammenarbeit Nürnberg-Stuttgart. Dass der Hubmanager Karl Haberkorn und sein Supervisor Tobi Dede allerdings so dreist sein würden, uneingeladen bei unserem Treffen aufzukreuzen, hatten viele nicht erwartet. Allerdings hatten die beiden wohl auch nicht erwartet, dass sie so schnell wieder gehen würden. Obwohl wir sie zu Beginn des Treffens in der Gostenhofer "Planungskneipe" darauf hingewiesen hatten, dass sie zu der Veranstaltung nicht eingeladen sind, setzten sich Haberkorn und Dede an einen Nebentisch. Dort sahen sie sich allerdings den Fragen und Vorwürfen anderer Kneipengäste ausgesetzt, die es gar nicht gut fanden, dass Vertreter eines Firmenmanagements Versammlungen aktiver Kollegen stören. Die beiden zogen bald ab, blieben aber neugierig, denn es wurden in der darauffolgenden Woche nicht nur etliche Kolleginnen und Kollegen in Nürnberg ausgefragt, T. Dede meldete sich auch schriftlich beim Stuttgarter Betriebsratsvorsitzenden Mahmut, um von ihm Informationen zu bekommen. Mahmuts sehr korrekte Antwort war: Der Nürnberger Betriebsrat könne ihn und Chris gerne zu einer Betriebsversammlung einladen, dann würde er vor der Belegschaft alles über die Arbeit der Stuttgarter noch einmal erzählen. Wir möchten uns hier bei den Kollegen von ups- Stuttgart für die Infos und ihre Mühe bedanken. Wir freuen uns auf das nächste Treffen und eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Zum Schluß aber ein Vorschlag an das Management: Ihr könnt zu einigen unserer Versammlungen Leute schicken oder selber vorbeischauen, wenn im Gegenzug die Belegschaft freien Zugang zu allen Besprechungen der Geschäftsleitung erhält. Das ist doch ein Angebot, oder?!

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