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Am 15. Oktober 2001 werden sich Gewerkschaften der Beschäftigten im
Straßentransport in Afrika, Nord- und Südamerika, Asien/Pazifik und
Europa erneut an der alljährlichen ITF-Kampagne rund um den internationalen
Aktionstag beteiligen. Im Jahre 2000 protestierten mehr als 250000 Beschäftigte
in 65 Ländern an dem weltweiten Aktionstag gegen die überlangen Arbeitszeiten
des Fahrpersonals. Im mittlerweile fünften Jahr in Folge, in dem sie den
Aktionstag organisiert, wird die ITF ihre Mitglieder auffordern, sich für
Verbesserungen der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Straßentransport
einzusetzen und zugleich neue Mitglieder für die Gewerkschaft zu gewinnen
versuchen.
Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge aus dem Kampagnen-Rundbrief, in
dem Schlaglichter zur Situation im Straßentransport aus verschiedenen
Ländern zusammengestellt sind, sowie die Maßnahmen und Forderungen
der ITF zum Aktionstag.
Laut einer von 24 WissenschaftlerInnen sowie Fachleuten für Gesundheitsfragen unterzeichneten Erklärung, die in der Fachzeitschrift für Schlafforschung "Journal of Sleep Research" veröffentlicht wurde, wurde Übermüdung als wichtigste vermeidbare Unfallursache im Verkehrsbetrieb identifiziert. Eine Gallup-Umfrage der British Sleep Foundation ergab, dass 19 Prozent aller männlichen Fahrzeugführer nach eigenen Angaben schon einmal eingeschlafen waren. In einer weiteren Erhebung gaben 34 Prozent des Fahrpersonals zu, während der vorausgegangenen zwölf Monate am Lenkrad eingeschlafen zu sein.
Eine von der Forschungseinrichtung der Versicherungsbranche (Insurance Research Council, IRC) kürzlich in Pennsylvania/USA durchgeführte Untersuchung ergab, dass eine Verlängerung der Lenkzeiten des Lkw-Fahrpersonals von zehn auf zwölf Stunden ohne Pause nach Auffassung von 57 Prozent der befragten VertreterInnen der Öffentlichkeit eine Sicherheitsgefahr darstellen würde. Mehr als die Hälfte der Befragten erklärte sich bereit, für Waren und Beförderungsdienste mehr zu bezahlen, wenn dadurch die Gesamtarbeitszeit der Lkw-FahrerInnen auf maximal zwölf Stunden pro Tag abgesenkt werden könne. "Die Straßenverkehrssicherheit ist den Menschen in den USA wichtig, und sie befürworten nicht nur Vorschriften zur Verbesserung der Sicherheit im Straßengüterverkehr, sondern sind auch bereit, dafür zu zahlen", erklärte beispielsweise Elizabeth Sprinkel, Vizepräsidentin des IRC.[1]
Lkw-FahrerInnen, VerkehrspilotInnen und Bahnbeschäftigte leiden aufgrund der mit ihrer Tätigkeit verbundenen Stressbelastung, Anspannung und Schichtarbeit mit größerer Wahrscheinlichkeit an Diabetes und Herzerkrankungen, wie Forscher des Fachbereichs Ernährungswissenschaften am Verkehrsmedizinischen Institut in Bulgarien feststellten. Lange Perioden des Stillsitzens am Lenkrad eines Fahrzeugs, verbunden mit unregelmäßigen Essenszeiten und Arbeit rund um die Uhr, tragen als Faktoren zu einem ungesunden Lebensstil, Übergewicht und einem erhöhten Risiko der Erkrankung an gewichtsbedingten Leiden bei. "Die typischen Merkmale einer Tätigkeit im Verkehrssektor hohe Anspannung, geringe körperliche Betätigung, unausgewogene Ernährung, relative Bewegungslosigkeit, Fahren bei hohen Geschwindigkeiten, Schichtarbeit und Umweltfaktoren können zur Entstehung von Stoffwechselkrankheiten sowie Herz- und Gefäßerkrankungen führen", erklärte einer der Wissenschaftler.
Eine in der britischen Fachzeitung British Medical Journal veröffentlichte Studie aus Frankreich ergab, dass 20 Prozent aller Autobahnunfälle auf Übermüdung der Fahrerin bzw. des Fahrers zurückzuführen sind. Wissenschaftler untersuchten mehr als 60 Unfälle, in die ein einzelnes Fahrzeug auf freier Straße verwickelt war. "Nach unseren Erkenntnissen geht von Übermüdung ein besonders hohes Risiko eines Unfalls mit Todesfolge oder schwerwiegenden Personenschäden aus", stellt der Autor der Studie, Pierre Philip vom Universitätskrankenhaus in Bordeaux, fest. Knapp 45000 Briten kommen alljährlich bei Straßenverkehrsunfällen ums Leben oder erleiden ernsthafte Verletzungen, und auch hier ist nach Aussagen von Verkehrssicherheitsexperten die Übermüdung am Lenkrad eine wesentliche Ursache. Besonders gefährlich wird es nach Aussage von Prof. Jim Horne, Leiter des Schlafforschungsinstituts an der Universität von Loughborough (Großbritannien), für FahrerInnen am frühen Nachmittag. Außer Frage steht die Gefährdung von FahrerInnen, die in der Nacht zuvor wenig oder schlecht geschlafen haben. Neueste Forschungsarbeiten in Neuseeland erbrachten den Nachweis, dass schon nach 17 Stunden ohne Schlaf die Leistungsfähigkeit deutlich nachlässt.
Mit ihren Aktionen vom April 2001 wollte die australische Transport Workers Union durchsetzen, dass Busgesellschaften in Perth eine Anweisung befolgen, wonach FahrerInnen während langer Dienstschichten Übermüdungs- bzw. Ruhepausen von zehn Minuten Dauer einlegen sollten. Wie Gewerkschaftssekretär Jim McGivern feststellte: "Viele BusfahrerInnen können einfach nicht mehr. Sie sind so großem Druck ausgesetzt, dass sie vielfach mit stressbedingten Problemen von Nervenzusammenbrüchen bis zu Ehescheidungen zu kämpfen haben. Sogar die Zahl der Selbstmorde nimmt zu." Ein Busfahrer in Perth hatte nach 20-jähriger Berufstätigkeit genug von Arbeitsbedingungen, die bedeuteten, dass er am Ende seiner Schicht stets völlig erschöpft und gestresst war. Ein psychologischer Berater half ihm bei regelmäßigen Sitzungen, mit den Angstzuständen fertig zu werden, die ihn immer wieder ergriffen, seit er vor mehr als zwei Jahren während einer Spätschicht mit einem Messer angegriffen worden war. (...)
Lange Lenkzeiten sind ein fester Bestandteil der Debatte über Arbeits- und Ruhezeiten. Wer schon einmal selbst länger als fünf Stunden ohne Erfrischung oder die Möglichkeit eines Toilettenbesuchs am Lenkrad eines Fahrzeugs gesessen hat, versteht die Sorgen. Auch verursachen das Fahren auf immer der gleichen Strecke, der Geräuschpegel im Niedrigfrequenzbereich und die Temperaturschwankungen im Arbeitsumfeld Schläfrigkeit. Stress und Gesundheitsprobleme sind bei BusfahrerInnen wohlbekannt und weit verbreitet. Es ist erwiesen, dass Todesfälle während der Arbeit, Todesfälle kurz nach dem Ruhestand und krankheitsbedingter Eintritt in den Vorruhestand bei BusfahrerInnen weitaus häufiger auftreten als in fast allen anderen Berufen im gewerblichen Bereich.[2]
"Übermüdete Fahrerinnen und Fahrer schlingern häufig im Zickzack über die Fahrbahn, überfahren gelegentlich die Mittellinie oder den Fahrbahnrand und schlafen gelegentlich auch ein", heißt es in einem im März 2001 veröffentlichten Bericht staatlicher Stellen in Australien und Neuseeland. Übermüdung wird darin als "unbeabsichtigte Folge" der geltenden Lenkzeitvorschriften bezeichnet. Wissenschaftler hielten fest, dass Übermüdung in den Augen der überwiegenden Mehrzahl des Lkw-Fahrpersonals ein erhebliches Problem für die Wirtschaft sowie auch auf rein persönlicher Ebene darstelle. In dem Bericht werden eine Begrenzung der Arbeitszeiten auf max. 70 Stunden pro 7-Tages-Zeitraum und Pausen von mindestens 15 Minuten Dauer nach jeweils 5 Stunden Lenkzeit gefordert.
Gewalt am Arbeitsplatz nimmt langsam, aber sicher epidemische Ausmaße an. Nach Angaben des Amtes für Arbeitsstatistik in den USA standen Tötungsdelikte 1994 in der Statistik der häufigsten Todesursachen am Arbeitsplatz an zweiter Stelle, das entspricht etwa 17 Prozent aller Todesfälle im Dienst. Die übrigen Todesfälle waren das Ergebnis von Raubüberfällen oder gewalttätiger Übergriffe gegen Beschäftigte. Eine Million US-Amerikaner werden alljährlich bei der Arbeit oder während des Dienstes Opfer von Gewalt und Kriminalität, wie das Justizministerium feststellt. Gewalt am Arbeitsplatz beschränkt sich nicht allein auf körperliche Übergriffe, sondern umfasst auch tätliche Angriffe, denen das Opfer nur knapp entgeht, verbale Übergriffe und sexuelle Belästigung. Neben den körperlichen Verletzungen haben gewalttätige Zwischenfälle sowie verbale oder körperliche Bedrohungen am Arbeitsplatz häufig schwerwiegende psychologische, ja traumatische Folgen. Für Opfer von Gewalttaten am Arbeitsplatz erhöht sich auch das Risiko, unter posttraumatischen Stresserscheinungen und emotionalen Störungen z.B. Selbstzweifeln, Depressionen, Angstzuständen, Schlafstörungen, Gereiztheit, einem gestörten Verhältnis zu Angehörigen, Freunden und ArbeitskollegInnen, eingeschränkter Leistungsfähigkeit im Beruf und längeren krankheitsbedingten Ausfallzeiten zu leiden. Experten haben eine lange Liste denkbarer Risikofaktoren zusammengestellt, anhand derer die Wahrscheinlichkeit von Gewalttaten bestimmt werden kann. Hierzu zählen Arbeitsumfeld, Arbeitspraktiken und Opferprofile. Gewaltfördernde Arbeitspraktiken sind beispielsweise schlechte Personalausstattung, Einzelarbeit, Kassierarbeiten, lange Wartezeiten für die Kunden oder Nichterbringung einer Dienstleistung. Beliebte Opfer sind Beschäftigte im öffentlichen Dienstleistungssektor, Angestellte in Beschwerdestellen oder Beschäftigte an Einzelarbeitsplätzen wie z.B. BusfahrerInnen, TaxifahrerInnen, SchaffnerInnen, Bahnhofspersonal und Menschen, die zu später Stunde arbeiten bzw. Schichtarbeit oder Überstunden leisten.[3]
Quelle: www.itf.org.uk/road_transport/fatique_kills_2001/
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The virtual meeting place of the left in the unions and in the workplace |
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