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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Der Streit um bezahlte Pausenzeiten im Dreischichtbetrieb bei der EH GmbH wird derzeit in der tariflichen Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Kölner Arbeitsgerichtsdirektors Franz-Joachim Thür ausgefochten. Ein Vermittlungsversuch des Landesschlichters Bernhard Pollmeyer war vorher gescheitert.
Die Verhandlungsrunden in der tariflichen E-Stelle am 2. und 27.11.01 haben allerdings bisher auch kein greifbares Ergebnis gebracht.
Das Ziel des E-Stellenvorsitzenden scheint bisher auf folgenden Kompromiß hinauszulaufen. Er will genau wie vorher der Landesschlichter - den eigentlichen Konflikt um die Auslegung der MTV-Bestimmung § 3 Ziffer 4 nicht entscheiden. Beide hatten bzw. haben verstanden, daß dadurch mehrere tausend Arbeitsplätze im gesamten Tarifbereich Stahl gefährdet wären.
Beide suchten bzw. suchen den Ausweg in einem Zweischichtmodell, daß den Tarifkonflikt umschifft. Ziel ist die Einführung der Dreischichtigkeit für den Instandhaltungsbereich, ohne daß auch nur ein einziger Kollege dreischichtig arbeitet. Damit hätte EH den wirtschaftlichen Vorteil, aber für die betroffenen Handwerker wäre der Anspruch auf bezahlte Pause nicht gegeben. Ein solcher aus tarifpolitischer und arbeitsmedizinischer Sicht mehr als fragwürdiger Ausweg ist aber noch keineswegs sicher.
Die bisherigen, von der Arbeitgeberseite bzw. dem von dieser beauftragten Beratungsfirma Ximes, vorgelegten Modelle waren für Betriebsrat und betroffene Belegschaft nicht akzeptabel. Es handelt sich um folgende Modelle:
a) Pollmeyer-Vorschlag: Zweischichtigkeit für 2/3 der betroffenen Handwerker. 1/3 arbeitet ständig Nachtschicht. Ggfs. könnte die Schichtbesetzung nach einem längeren Turnus gewechselt werden.
b) Zweischichtigkeit für mehrere Gruppen, wovon die einen nur Früh und Nacht verfahren, die anderen Früh und Spät. Um die Nachtschicht dennoch zu besetzen, sollten die zur Erreichung der tariflichen Wochenarbeitszeit anfallenden Verfügungsschichten genutzt werden. Dies hätte bei dem ersten Modell bedeutet, daß von den anfallenden 99 (!) Verfügungsschichten pro Jahr 73 auf der Nachtschicht verfahren werden müßten. Fazit aus Sicht des BR: Gesundheitlich unzuträglich und eine Mogelpackung: de facto hätten wir die Dreischichtigkeit für alle Handwerker, allerdings ohne die bezahlte tarifliche Pausenzeit.
c) Zweischichtigkeit für alle Handwerker im 64-Wochen-Rhythmus 2 Früh, 4 Spät, 2 Frei oder 2 Früh, 4 Nacht, 2 Frei. Unsere Kritik daran: keine Reservequote vorgesehen, größerer Freizeitblock erst nach 6 Wochen, zu lange Arbeitsblöcke (vor allem bei der Nachtschicht), zu kurz Freizeitblöcke, vereinzelte Freischichten im Nachtschichtblock, ungünstiges Verhältnis von Früh- zu Spät bzw. Spät zu Nachtschichten (jeweils 1:2) usw.
Wir können an diesen Modellen sehen, wohin es führt, wenn die Dreischichtigkeit für den Betrieb erreicht werden soll, ohne daß auch die Beschäftigten entsprechend eingesetzt werden: Wesentliche Gesundheitskriterien werden mißachtet, die Arbeitsweise ist sozialschädlich (z.B. 193 Spät- bzw. Nachtschichten bei Modell b) über 64 Wochen) und tarifschädlich. Bisher weigert sich die IG Metall, nur von Dreischichtigkeit zu sprechen, wenn auch alle eingesetzten Beschäftigten so arbeiten.
Der Pausenstreit bei EH droht nun mit einem Spruch der Einigungsstelle zu enden.
Der Konflikt bei EH zieht sich jetzt seit einem Jahr hin. Die Belegschaft hat sich massiv gegen eine derart einschneidende Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen gewehrt, zuletzt am 5.9.01 mir einer 7-stündigen Information bei Geschäftsführung und Betriebsrat. Die Geschäftsführung ist stur geblieben, sämtliche Appelle an Arbeitsdirektor und Vorstand sind ohne Erfolg geblieben. Wir sind der Überzeugung, daß EH zum Testfeld für andere gemacht wird.
Wir sagen es ganz deutlich: Dieser Konflikt kann auf der einzelbetrieblichen Ebene im Grunde nicht mehr auf akzeptable Weise gelöst werden. Hier ist die IG Metall gefordert. Wir brauchen eine klarere tarifliche Bestimmung in Sachen Pausenzeiten. Diese ist nur durchsetzbar, wenn als erstes der MTV fristgerecht gekündigt wird.
der Angriff auf tarifliche Regelungen und Arbeitsbedingungen weitet sich aus.
Was in vielen kleineren Betrieben und bei großen Dienstleistern wie der
Citibank längst Alltag ist, wird auch in der Stahlindustrie zunehmend salonfähig.
Auch bei der ThyssenKrupp-Tochter Eisenbahn und Häfen GmbH (rd. 1500 Beschäftigte)
ist dicke Luft.
Die Geschäftsführung stellt die bisher bezahlten Pausen im Dreischichtbetrieb
massiv infrage.
Angefangen hat der Konflikt im Zusammenhang mit einem "Kostensenkungsprogramm"
und der bereits ab Januar 2001 geplanten Einführung von Konti-Schicht in
der Lokinstaltung. Dort wurde bisher zweischichtig gearbeitet - ohne bezahlte,
halbstündige Pause. Das entsprach dem Tarifvertrag.
Die Geschäftsführung stellt sich dreist auf den Standpunkt: "In
Zweischicht wurde die Pause nicht bezahlt, in Dreischicht wollen wir auch nicht
bezahlen". Der zwischen Arbeitgeberverband Stahl und IG Metall geschlossene
Manteltarifvertrag Stahl - dem EH unterliegt - verpflichtet den Arbeitgeber
allerdings zu bezahlten Pausen in Wechselschicht.
EH hat vorgeschlagen, die Pausen zwar weiterhin zu bezahlen, aber nur unter
der Bedingung, daß jeder Beschäftigte in der Lokinstandhaltung pro
Jahr 14 Schichten zusätzlich herausarbeitet. Würde sich EH durchsetzen,
so wäre ein Präzedenzfall geschaffen im Unternehmen, aber auch im
gesamten Stahlbereich. Rd. 1.000 Wechselschichtler arbeiten bei EH, - bei Wind
und Wetter, in Hitze, Kälte und Staub, unter Termindruck, Tag und Nacht.
Sie tragen entscheidend dazu bei, daß die Stahlindustrie in Duisburg,
Krefeld, Mülheim und anderswo läuft. Rationalisierungen und Leistungsverdichtung
haben seit Mitte der siebziger Jahre 2.000 Arbeitsplätze gekostet. Erschwerniszulagen
wurden empfindlich reduziert.
Unbezahlte Pausen in Wechselschicht würden dem Arbeitgeber ein hohes zusätzliches
Arbeitsvolumen bringen. Allein bei EH wären 60 weitere Arbeitsplätze
gefährdet. In der gesamten Stahlbranche rd. 4.000.
Die EH-Belegschaft ist nicht bereit, den Angriff widerstandslos hinzunehmen.
Am 5. September haben sich über 400 Kolleginnen und Kollegen der Frühschicht
bei Geschäftsführung und Betriebsrat nach dem Stand der Verhandlungen
erkundigt. 7 Stunden lang ruhte die Arbeit. ThyssenKrupp kam mit einem "blauen
Auge" davon, wie ein Konzernsprecher einräumen mußte. Inzwischen
befaßt sich eine tarifliche Einigungsstelle mit dem Streit. Das Ergebnis
ist offen.
Die IG Metall-Vertrauensleute von EH solidarisieren sich mit den anderen bedrohten
Belegschaften und ihrem Widerstand gegen Tarifdruck und Verschlechterung der
Arbeitsbedingungen. Wir müssen uns gemeinsam wehren, sonst werden wir einzeln
geschlagen.
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