letzte Änderung am 21. August 2002

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Übernahmeskandal beim Landesbetrieb Strassenbau NRW

Im Zuge der "Verwaltungsstrukturreform" in NRW wurden nicht nur bei den landeseigenen Behörden und Einrichtungen, sondern auch im kommunalen Teil erhebliche Veränderungen in der Struktur der Leistungs- und Daseinsverwaltung von NRW vorgenommen. Unter anderem war ursprünglich geplant, dass die Aufgaben der Bezirksregierungen (Regierungspräsidenten) mit den Leistungsaufgaben der Landschaftsverbände Rheinland (LVR) und Westfalen-Lippe (LWL) in Regionalpräsidien gebündelt werden sollten.

Dazu sollten die bisherigen Landschaftsverbände, die als Nachfolgeinstitutionen der alten preussischen Provinzialverbände Aufgaben wie:

und vieles mehr als Träger anbieten, völlig aufgelöst werden. Dies stiess auf erheblichen Widerstand der Beschäftigten und besonders der Betroffenen in den sozialen- und gesundheitlichen Einrichtungen.

Schliesslich wurden daraufhin der Vorgaben teilweise zurückgenommen und lediglich der Strassenbau und einzelne Sonderaufgaben aus den Landschaftsverbänden herausgebrochen. Es wurde zum 1.Januar 2001 der neue "Landesbetrieb Strassenbau NRW" aus den bisherigen Strassenbauverwaltungen der Landschaftsverbände gegründet. Beim Land selber wurden viele bisherige Behörden in landeseigene Betriebe usw. umgewandelt. Ausserdem wurden 30.000 KW-Stellen ("künftig wegfallend") vorgesehen, die derzeit umgesetzt werden.

Der Landesbetrieb Strassenbau hat von den bisherigen Landschaftsverbänden eigentlich einen leistungsfähigen Strassenbau- und Unterhaltungsbetrieb übernommen. Totzdem wurden seit über 10 Jahren die Ansätze für die Landstrassenunterhaltung nicht mehr erhöht. Für nächstes Jahr (2003) wird mit einem weiter anwachsenden Defizit von ca. 1,5 Milliarden gerechnet.

Eine Haushaltssperre, sofortiger Einstellungsstopp (ausser für Azubis) sowie die Kündigung der meisten Zeitverträge soll schlimmeres verhindern helfen. Trotzdem sind für eine interne Organisationsuntersuchung zur Effektivierung und Vereinheitlichung der bisherigen rheinischen- westfälischen Strukturen durch verschiedene Unternehmensberatungsfirmen 4,5 Mio. ausgegeben worden.

Wegen der Flaute in der Bauwirtschaft, steht der Landesbetrieb NRW als einer der öffentlichen Hauptauftraggeber unter gewaltigem Druck. Deshalb sollen im Rahmen von Betreibermodellen, die der Bundesverkehrsminister Bodewig geplant hat, durch die Vorfinanzierung einiger Autobahnausbaustrecken mittels privater Investoren, die ab 2003 durch die streckenbezogene und Satellitenerfasste LKW-Autobahngebühr zurückgezahlt werden. Dies würde einige Projekte 3 - 5 Jahre frührer verwirklichen helfen. Doch müsste der Steuer- und LKW-Gebührenzahler auch die Zinsen dafür berappen.

In anderen Bundesländern (z.B. in Thüringen) wurde der Strassenunterhaltungsdienst bereits in eine private Trägergesellschaft überführt (Strassen- und Autobahnmeistereien) die ihrem Personal nur 70% des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes, wie im übrigen öffentlichen Dienst bezahlen.

Das Ende der Entwicklung ist nicht absehbar. Der Notruf an den Notrufsäulen auf der Autobahn wurde von den Autobahnmeistereien privatisiert und an den "Zentralruf der Autoversicherer" in Hamburg übertragen. Lediglich die alten Notrufsäulenkabel dürfen die Landesstrassenbauverwaltungen noch unterhalten. Ebenso sollen die Werkdienstwohnungen die sich in der Nähe der Strassenmeistereien befinden, um einen schnellen Einsatz (z.B. im Winterdienst) zu ermöglichen, in teure Mietwohnungen umgewandelt werden. Ob die immer schlechtere Qualitätsabsicherung der Strassenunterhaltung besonders bei Landstrassen im Interesse der Verkehrsteilnehmer ist, wird offensichtliche nicht gefragt. Das Sparen zu Lasten künftiger Generationen hat auch hier bereits eingesetzt.

Die jetzige "Nichtübernahme" der Azubis ist nur ein Teil der Spar- und Privatisierungswut, die sich langfristig auch gegen die NRW-Bevölkerung richten wird.

Während der Ministerpräsident Wolfgang Clement mit seinem berühmten Bus jedes Jahr herumfährt, um doch noch einige Betriebe zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze zu bewegen, lässt er beim grössten Landesbetrieb von NRW, dem "Landesbetrieb Strassenbau NRW" (Strassen.NRW) mit etwa 6.500 Beschäftigten bei der Übernahme ausgebildeter Strassenwärter, Bauzeichner und Vermessungstechniker grösste Zurückhaltung üben und schiebt die Haushaltssperre und den damit verbundenen Einstellungsstopp vor. Nach heftigen Protesten wurden schliesslich die Strassenwärter mit 79 Punkten in der Abschlussprüfung (entspricht etwa der Note 2plus) übernommen. Bauzeichner wurden überhaupt keine übernommen (einzige Ausnahme schwerbehinderte Kollegen, für die es Sonderprogramme mit Zuschüssen beim Arbeitsamt gibt). Vermessungstechniker werden nur übernommen, wenn die zuständigen Fachcenter auch die Mittel dafür erwirtschaften. Damit stehen ca. 80 Azubis nach der Ausbildung auf der Strasse.

Ein schönes Vorbild für die ausbildgungs- und übernahmeunwilligen Betriebe, die sich entsprechend engagieren sollen. Hier sollte sich die Öffentlichkeit fragen, warum dem Land NRW selber die Zukunft seiner jungen Menschen so wenig wert ist.

Hans-Peter Keul
Ver.Di-Vertrauensmann und Personalratsmitglied
Strassen.NRW
Niederlassung Köln

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