Die Umsetzung dieses Rechtsrahmens trifft auf das Problem, daß er vorrangig auf konventionelle Arbeits- und Betriebsstrukturen abstellt. Diese sind auf die neuartige Ausgestaltung der Arbeit in Call Centern nur begrenzt übertragbar.
Call Center sind aus arbeitsrechtlicher Sicht ein Sammelbecken für Problemfelder, die es auch in konventionellen Betrieben und Betriebsstrukturen gibt.
Auf der individualrechtlichen Ebene sind Problemfelder zu nennen
wie z.B.:
– Arbeitsverdichtung ohne entsprechende Lohn- oder Gehaltskompensation
– Zunahme von individuellen Verhaltens- und Leistungsbewertungen und -kontrollen
– Mängel bei der praktischen Umsetzung der Vorgaben des gesetzlichen
Arbeits- und Gesundheitsschutzes (etwa Gestaltung der Arbeitsplätze,
Arbeitszeitschutz)
– Vertragsgestaltung außerhalb tariflicher Vorgaben bzw. unterhalb
üblicher Industriestandards
– Durch Ausgliederung von Betriebsteilen Verringerung der betrieblichen
Bezugsgrößen und die hieraus resultierende Reduzierung von Versetzungsmöglichkeiten
im Fall von Personalabbau
Auf der kollektivrechtlichen Ebene sind Themen zu nennen wie z.B.:
– Reduzierung der Betriebe, in denen überhaupt ein Betriebsrat existiert
– Fehlen von Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Planungsphase vor Umorganisationen
– Fehlende Mitbestimmungsrechte bei faktischen Vernetzungen mit anderen
Unternehmen, keine soziale Mitbestimmung des Betriebsrats bei Einbindung
in übergreifende Unternehmenskonzepte
Die Arbeit in Call Centern könnte in Zukunft faktisch zur Aushöhlung bestehender arbeitsrechtlicher Standards führen. Hiervon betroffen sein werden insbesondere rechtliche Felder wie Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit und Arbeitszeitschutz sowie der Persönlichkeitsschutz der Beschäftigten.
Einschränkungen und/oder Verschlechterungen der Rechtspositionen zeichnen
sich ab :
– im individuellen Bereich bei Themen wie arbeitsvertraglicher Status der
Beschäftigten, Lohn- und Gehaltsstruktur, Verhaltens- und Leistungskontrollen
anhand computerisierter Informationen, Arbeitsverdichtung
– im kollektiven Bereich durch das Fehlen von Betriebsräten oder von
tariflichen Regelungen sowie durch den Wegfall betriebsübergreifender
Vertretungsstrukturen
Prof. Dr. Peter Wedde
d+a consulting, Institut für Datenschutz, Arbeitsrecht und Technologieberatung
Am Hasenborn 9a, 65817 Eppstein
Telefon und Fax: 0 61 98 / 80 45
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