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"Verlassen Sie sofort mein Haus", herrschte Markus Broschk, der Geschäftsführer
des Berliner Call-Centers AudioService eine Gruppe von Beschäftigten
an. Sie wollten ihm am 27. Juli in seinem Büro einen Protestbrief
überreichen. Darin verweigerten 16 Beschäftigte ihre Zustimmung zur
Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen, verlangten die Rücknahme von
der Geschäftsleitung in der letzten Woche ausgesprochenen Kündigungen
und forderten Vermittlergespräche zwischen Belegschaft und Beschäftigten.
Damit spitzte sich eine länger schwellende Auseinandersetzung in dem Berliner
Call-Centrum zu, das unter Anderem den BVG-Club und die Siemens-Ausbildungshotline
betreut. Aktuelle Auslöser waren neue Abrechnungsbögen, die Anfang
Juli eingeführt wurden. Danach konnten die Mitarbeiter nur noch Tagesarbeitsverhältnisse
abschließen. Die entsprechende Klausel lautet: "Das befristete Arbeitsverhältnis
beginnt mit der für den jeweiligen Tag angegebenen Uhrzeit und endet automatisch
mit der angegebenen Beendigungszeit, ohne dass es einer Kündigung bedarf."
Schon bisher gab es für die Neudeutsch "Agents" genannten Callcenter-Mitarbeiter,
keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, keinen bezahlten Urlaub, keine Zuschläge
für Nachtarbeit. Die Beschäftigten sprachen von Tagelöhnerverträgen
und begannen mit ihren Protesten. Doch die Geschäftsleitung stellte
sich stur. Sieben aufmüpfigen Mitarbeitern wurde inzwischen fristlos gekündigt.
Die verbleibenden Agents wurden in Einzelgesprächen aufgefordert ihre
Forderungen zurückzuziehen. Dann wolle man so tun, als sei nichts geschehen.
Ansonsten drohte ihnen ebenfalls die Kündigung.
Doch damit scheint die Ruhe in der Callcenter-Branche nicht wieder hergestellt. Im Gegenteil, mittlerweile wurde der Ruf nach der Gründung eines Betriebsrats laut. Die IG-Medien ist schon eingeschaltet. Ein überbetriebliches Unterstützungskomitee, das sich für die Belange der Callcenter-Arbeiter stark macht, wurde gegründet.
Die AudioService GmbH ist dabei nicht als einzige Firma ins Visier geraten.
Auf überbetrieblichen Treffen beteiligen sich Agents von vier Berliner
Firmen. Dabei geht es in erster Linie um einen Erfahrungsaustausch sowie um
juristische Beratung der meist studentischen Mitarbeiter. Die unterschiedlichen
Erfahrungen prallen auf diesen Treffen aufeinander. Längst nicht alle sind
mit den Arbeitsbedingungen unzufrieden. Manche sind zumindest vorübergehend
bereit, sie zu akzeptieren. Einige werten sie als Ausdruck von Freiheit
und Flexibilität. Doch die Zahl derjenigen ist im Wachsen, die um
Tarifverträge kämpfen will. Das Beispiel der AudioService GmbH könnte
Schule machen. Gemeinsame Kampfmaßnahmen sind auch in anderen Callcentern
nicht mehr ausgeschlossen. Dabei galten die vor noch nicht langer Zeit als arbeitskampffreie
Zonen.
Langfassung des Artikels von Peter Nowak im Neuen Deutschland vom 1.8.2000
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LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The virtual meeting place of the left in the unions and in the workplace |
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