Amela Isic

Psychische Belastungen der Call Center-Arbeit

Rahmendaten der Studie

Im Rahmen einer Studie am Institut Arbeits- & Organisationspsychologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main wurden arbeitspsychologische Belastungen von Call Center-Agenten mit denen von Verwaltungs- und Bankangestellten verglichen. Insbesondere wurde dabei das Vorkommen von psychosomatischen Beschwerden (Kopfschmerzen, Nackenbeschwerden, Einschlafbeschwerden) und Arbeitszufriedenheit, Gereiztheit/Belastetheit sowie Emotionale Erschöpfung untersucht. Der überwiegende Anteil der 250 befragten Personen waren Frauen, nur 25 Prozent der Agenten Männer. Das Alter der Befragten war im Durchschnitt 31 Jahre und ihre Schulausbildung insgesamt hoch (67 Prozent mit Abitur oder sogar Hochschulabschluß). Sie waren überwiegend in "Inbound"-Call Centern (Inbound = eingehende Kundengespräche werden angenommen) von Direktbanken und –versicherungen tätig. Zu 85 Prozent arbeiteten sie im Schichtwechsel, überwiegend im Zeitraum von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr und in der Regel auch am Wochenende.

Ergebnisse der Studie – die Hauptbelastungsfaktoren

Zeitdruck, Konzentrationsanforderungen und arbeitsorganisatorische Probleme sind die Hauptstressoren sowohl von Call Center-Agenten als auch von der untersuchten Vergleichsgruppe der Bank- und Verwaltungsangestellten. Bei Call Center-Beschäftigten kommen weitere belastende Faktoren hinzu:

  1. Sehr geringe Handlungs- und Zeitspielräume
    Die Komplexität der Arbeitsaufgaben der Call Center-Agenten und der Bank- und Verwaltungsangestellten ist vergleichbar. Auffällig sind jedoch die im Vergleich besonders geringen Handlungs- und Zeitspielräume der Call Center-Arbeitsplätze. Call Center-Agenten fehlt die Möglichkeit, die Wirkung von Stressoren abzufedern und Mittel und Wege zu finden, diese Belastungen abzubauen oder zu verteilen. Die psychosomatischen Beschwerden der Agenten waren im Vergleich zu den Bank- und Verwaltungsangestellten deutlich höher.

    Unterschiede gibt es dabei auch innerhalb der einzelnen Call Center-Tätigkeiten. Agenten, die nur Bestellungen annehmen oder Auskünfte erteilen, haben einen deutlich geringeren Handlungsspielraum als Agenten, die z.B. komplexe Produktberatungen durchführen. Je "einfacher" die Tätigkeit ist, desto geringer sind die Möglichkeiten, auf ungünstige Arbeitsbedingungen selbst Einfluß auszuüben, und desto höher können die psychischen Belastungen sein.

  2. Emotionale Anforderungen
    Die Arbeitsplätze in Call Center sind in einem hohem Maße durch den Umgang mit Kunden geprägt. Das erfordert von den Agenten die Fähigkeit, im Kundengespräch Emotionen einzusetzen (in Telefontrainings z.B. werden die Beschäftigten geschult, "mit der Stimme zu lächeln" und auch in schwierigen Kundengesprächen freundlich zu bleiben). In der Studie stellte sich heraus, dass das psychische Wohlbefinden der Call Center-Agenten am deutlichsten von "emotionaler Dissonanz" (= Darstellung von Gefühlen, die mit den eigenen nicht übereinstimmen) und "emotionaler Sensitivität" (= Sich-Hineinversetzen in die Lage des Kunden) beeinträchtigt wurde. Dadurch entstehen für die Call Center-Beschäftigten zusätzliche psychische Anforderungen.

  3. Kein fester Arbeitsplatz
    Wegen der Schichtarbeit und zur Reduzierung der Raum und Ausstattungskosten richten die Call Center-Unternehmen ihren Agenten oft keine festen Arbeitsplätze ein. In der Studie haben nur 16 Prozent einen eigenen Arbeitsplatz. Die Tatsache, daß die Beschäftigten in der Regel jeden Tag einen anderen Arbeitsplatz und andere Kollegen/innen haben, wirkt sich auf das psychische Wohlbefinden aus. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Call Center-Agenten, die keinen eigenen Arbeitsplatz besitzen, signifikant mehr psychosomatische Beschwerden aufweisen als die Kollegen mit festem Arbeitsplatz.

Schlußfolgerungen der Studie

 

Kontakt:

Amela Isic
Idsteiner Straße 190
60326 Frankfurt am Main
Telefon 069 / 7 39 24 02
email: isic@stud.uni-frankfurt.de

 

Prof. Dr. Dieter Zapf
Institut für Psychologie
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt
Mertonstr. 17
60054 Frankfurt
Telefon: 069 / 798 22963
email: Dieter.Zapf@t-online.de