Bayer AG Leverkusen April 1999

 

Chemische Industrie

Verhandlungen über Billigtarifvertrag

Die Chemie- Tarifrunde ist noch nicht richtig in Gang gekommen, da häufen sich die Negativschlagzeilen. Auf der Konferenz der Betriebsräte, am 25. und 26. März, ließen die Vertreter der IG BCE (Detlef Fahlbusch) und der Arbeitgeberseite (Arbeitsdirektor Mohr) die Katze aus dem Sack. Der Arbeitgeberverband der chemischen Industrie will für „Dienstleistungsbereiche” in den Unternehmen einen Billigtarif einführen.

Dies ist Anfang dieses Jahres auf einer Tagung der IG BCE Hauptamtlichen mit Vertretern des Arbeitgeberverbandes, die auf dieser Gewerkschaftstagung eingeladen waren (so etwas muß man sich mal vorstellen), schon besprochen worden. Während diese Tatsache von IG BCE Vertretern auf den Abteilungsversammlungen noch als Unwahrheit dargestellt wurde, nahm man auf der Betriebsräteversammlung kein Blatt vor dem Mund.

Arbeitsdirektor Mohr bestätigte, daß es schon erste Gespräche gegeben hätte. Nach seiner Meinung … müssen Dienstleistungen zu marktgerechten Preisen erbracht werden, die Tarife der Verkehrsbetriebe oder der Gaststättenbetriebe im Unternehmen seien im Vergleich zu außerhalb um 40 Prozent zu hoch … Der Bezirksleiter der IG BCE wollte da nicht nachstehen und erklärte: … wenn wir die Dienstleistungsbereiche im Unternehmen halten und eine Ausgliederung verhindern wollen, müssen wir über angepaßte Tarife reden … Dies wiederum wurde vom anwesenden Vertreter der DAG (Kollege Okon) im Rahmen der „neuen” Zusammenarbeit zwischen DAG und IG-BCE ausdrücklich unterstützt.

Was soll unter Billigtarif fallen?

Arbeitsdirektor Mohr hielt sich bedeckt. … Wir wollen einen Tarifvertrag für Dienstleistungsbereiche, die nicht zum Kerngeschäft gehören … Er wollte sich nicht dazu äußern, welche Bereiche aus seiner Sicht darunter fallen, dies sei Sache der Verhandlungen. Ein Bayerpapier zur „Globalen Ausrichtung der Servicebereiche” nennt aber die „wesentlichen … zentralen Servicefunktionen” aus Arbeitgebersicht:

Weiter: „Die globale Ausrichtung der zentralen Servicebereiche ist wie ein übergreifendes „internes Outsourcing” von Servicefunktionen im Konzern zu betrachten. Art, Umfang und Intensität der zentralen Serviceaktivitäten müssen sich an den Anforderungen der Kunden orientieren und an den erwarteten bzw. erreichten Wertsteigerungsbeiträgen messen lassen (global, regional und lokal).”

Die obige Auflistung von Servicebereichen ist nahezu identisch mit den Bereichen, die auf der IG BCE Hauptamtlichentagung als Bereiche benannt wurden, und unter einen Dienstleistungsvertrag fallen würden. Es scheint so, als hätten sich Gewerkschaft und Arbeitgeber bereits im Grundsatz auf die Absenkung der Entgelte geeinigt. Zu gleichlautend waren die Erläuterungen der „Notwendigkeit” und daß es „schnell“ gehen soll. Gesamtbetriebsratsvorsitzender Erhard Gipperich: Wir brauchen schnelle und intelligente Lösungen. Arbeitsdirektor Mohr: Wir brauchen dieses Jahr eine Lösung.

Wie soll das verkauft werden?

Um den Unmut klein zu halten, muß die IG BCE den jetzt abzuschließenden Vertrag als besondere Leistung loben – als Rettung vor dem Ausgliedern. Als Zückerchen wird man wohl noch das dreizehnte Monatsgehalt wieder auf hundert Prozent anheben.

Bei Bayer ist mit einer Salamitaktik zu rechnen. Kommen erst die Wirtschaftsbetriebe, dann die Verkehrsbetriebe und Handwerksbereiche? Dort spüren wir schon seit Jahren die Sorgen vor Ausgliederungen. Aber: Fremdvergabe oder ein abgesenkter Dienstleistungstarifvertrag kann keine Alternative für uns sein! Gesamtbetriebsrat und Gewerkschaft lösen Tarifverträge auf, schaffen Billiglösungen und behaupten noch, uns zu vertreten. Wir werden nicht tatenlos zusehen, wenn die IG BCE mal wieder Tarifgeschichte schreiben will.

Was in der Chemiebranche passiert, wird auch die Gewerkschaften und Beschäftigten in anderen Branchen nicht ungerührt lassen. Wir „Durchschaubare“, aber auch kritische Gewerkschafter, die sich im „Chemiekreis“ bundesweit organisiert haben, fordern zur Diskussion auf und werden das Ergebnis in unserem Flugblatt vorstellen.

Zustimmung signalisiert

Schon im Betriebsratsbericht vom Dezember 98 stand, daß der Betriebsratsvorsitzende Zustimmung zu einem Billigtarifvertrag signalisiert hat. Gipperich: „Sicher ist auch, daß Dienstleistungen und Servicebereiche erneut in die Diskussion kommen werden. Dieser Diskussion müssen wir uns mit intelligenten Antworten und Lösungen stellen … Oberstes Ziel dabei ist, den Sozial und Dienstleistungsbereich im Unternehmensverbund zu halten. Dazu brauchen wir die Unterstützung … von den Tarifparteien … Im Namen der Bayer- Belegschaft signalisiere ich dem Vorstand hierzu unsere Bereitschaft.”

Kollege Gipperich, in unserem Namen hast Du nicht gesprochen! Wir signalisieren keine Bereitschaft!

 

Kurz notiert …

Angriff aufs Geld

Außer Plänen für einen Dienstleistertarifvertrag und der Abschaffung der Vorarbeiterzulagen in der Produktion, gibt es weitere Angriffe auf unser Entgelt.

Am 21. April startet die erste Verhandlungsrunde zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die neuen Richtbeispiele für die Eingruppierungen. Angeblich liegen die Arbeitgebervorstellungen dem Betriebsrat immer noch nicht vor. Wir fordern sofortige Information der Mitarbeiter über die Pläne der Bayer AG!

Detlef Fahlbusch, Bezirksleiter der IG BCE, hat auf einer Konferenz der Betriebsräte die geplante Kündigung der Strukturen des Entgelttarifvertrages durch den Arbeitgeberverband bekannt gegeben. Zur Debatte steht die Abschaffung der Entgeltgarantiesätze sowie die Verlängerung der Wartezeiten pro Gruppe.

Die gesamten übertariflichen Leistungen der Bayer AG sollen dieses Jahr neu verhandelt werden. Arbeitsdirektor Mohr vor Betriebsräten: „Es wird Einschnitte mit fairen Übergangslösungen geben.“ Er appellierte an die Betriebsräte, das „Besitzstandsdenken“ aufzugeben. Das läßt nichts gutes erwarten. Ohne Widerstand wird es weitere Kürzungen geben.

Servicepool kurz vor dem Abschluß

Der Servicepool ist nicht tot. Betriebsrat und Personalabteilung sind kurz vor dem Abschluß einer Vereinbarung. Dann wird es der Bayer AG möglich sein, Beschäftigte von Werk zu Werk zu schieben. Ohne festen Arbeitsplatz, ohne Anspruch im Beruf eingesetzt zu werden. Dank der Standortvereinbarung, bei bis zu zwei Entgeltgruppen niedrigerem Gehalt.

Vorarbeiter und Kolonnenführer weg

Durch die Standortsicherungsvereinbarung wurde es bekannt, bei den Einführungen von PROFITeams wurde es diskutiert: Vorarbeiter und Kolonnenführer sind Bayer zu teuer. Für 1997 machte Bayer ein mögliches Einsparvolumen von 7,1 Millionen DM aus. Nach Abschaffen der Funktion der Kolonnenführer und Vorarbeiter sollen deren Aufgaben in der Produktion von den Chemikanten mit erledigt werden. Geld soll es dafür nicht geben. Der Bereich PS- PLK ist beauftragt, ein Umsetzungskonzept zu entwickeln. Ein genialer Beitrag zur Mitarbeitermotivation! Die Personalabteilung sollte solche Pläne schnellstens in den Papierkorb zu werfen.

Stellenabbau bei Pharma

Auf den Abteilungsversammlungen im März haben die Beschäftigten der Pharma deutlich gemacht, was sie von den Sparplänen der Pharmaleitung halten. Sie protestierten gegen die immer konkreteren Pläne die Hälfte der Produktion in Leverkusen platt zu machen. Sie sollen dem Sparprogramm der Pharmaleitung geopfert werden. Damit sind ca. 250 Arbeitsplätze in Leverkusen in Frage gestellt. Eine Arbeitsplatzgarantie will die Bayer AG den Betroffenen nicht geben. Der Verweis auf die Standortvereinbarung klingt wie Hohn. Denn diese Vereinbarung hat den Abbau von jährlich tausend Arbeitsplätzen nicht verhindert, genauso wenig wie sie Ausgliederungen verhindert hat. Die riesigen Gewinne der Pharma in der Vergangenheit, der immer noch große Gewinn in der Gegenwart, die Schufterei in unterbesetzten Arbeitsgruppen, all dies zählt nichts. Wenn es um die Gewinnsteigerung geht, sollen von uns Opfer gebracht werden. Der Protest muß verstärkt und öffentlich werden. Stillhalten ermutigt nur zu noch mehr Rationalisierung, noch mehr Personalabbau.

 

Auf dem Prüfstand:

Berufskrankheiten der Wirbelsäule

Argumente eines „Gutachters der Unbedenklichkeit” * werden als falsch und unzutreffend zurückgewiesen!

Etwa 30 Prozent aller Frühverrentungen werden mit verschleißbedingten Erkrankungen des Stütz- und Bewegungssystems begründet. Viele Menschen, die sich am Arbeitsplatz eine Schädigung der Wirbelsäule zugezogen haben, hatten daher große Hoffnungen auf Entschädigung, als 1993 endlich drei Wirbelsäulenerkrankungen in die Liste der anerkannten Berufskrankheiten aufgenommen wurden. Es handelt sich um bandscheibenbedingte Erkrankungen

  1. der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben und Tragen oder durch langjährige Tätigkeiten in Rumpfbeugehaltung,

  2. der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter oder

  3. der Lendenwirbelsäule durch langjährige vorwiegend vertikale Einwirkungen von Ganzkörperschwingungen,

die zur Unterlassung der verursachenden (oder verschlimmernden) Tätigkeiten gezwungen haben.

Bereits 1995 lagen über 26 000 Anzeigen auf Verdacht einer dieser Berufskrankheiten vor. Von Anfang an gab es aber ein intensives Bemühen darum, die Einzelbestimmungen so eng auszulegen, daß möglichst wenig Erkrankungen als berufsbedingt anerkannt werden mußten. Bei der BG Chemie wurde z. B. 1996 in nur acht Fällen eine Rente wegen anerkannter Berufskrankheit der Wirbelsäule bewilligt.

Die schlechte Anerkennungspraxis reichte aber den „Gutachtern der Unbedenklichkeit” * nicht aus. Anläßlich eines Verfahrens vor dem Landessozialgericht in Niedersachsen legte ein Prof. Weber (der noch in keinem einzigen Fall für die Anerkennung einer Wirbelsäulen- BK votiert hat) ein Gutachten vor, mit dem Ziel, die Lendenwirbelsäulenerkrankung wieder als Berufskrankheit aus der BK- Verordnung zu streichen. Aufgrund dieses Gutachtens bezeichnete das Landessozialgericht die entsprechende BK als wissenschaftlich unbegründet, rechtswidrig und unwirksam. Bei den Gewerkschaften und den arbeitnehmerfreundlicheren Gutachtern löste das Urteil erhebliche Proteste aus.

Im Herbst 98 hat erfreulicherweise der Landesgewerbearzt von Hessen Dr. Bolm- Audorff das Weber’sche Gutachten widerlegt und nachgewiesen, daß die dort erhobenen Vorwürfe falsch und unzutreffend sind, die zugrunde liegenden Studien elementaren wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen und keinerlei verwertbare Schlußfolgerungen zulassen. Darüberhinaus hat Bolm- Audorff durch Auswertung der aktuelleren wissenschaftlichen Literatur den Zusammenhang zwischen Heben und Tragen von Lasten und der Entwicklung von bandscheibenbedingten Berufserkrankungen bestätigt.

Nachdem seine Grundlage derartig zerpflückt wurde, hat jetzt das Bundessozialgericht das Niedersachsen- Urteil aufgehoben. Bandscheibenschäden können weiterhin anerkannte Berufskrankheit sein. Trotzdem bleibt zu befürchten, daß die Berufsgenossenschaften Mittel und Wege (und vor allem Gutachter) suchen, um möglichst wenig Fälle anzuerkennen und entschädigen zu müssen. Es gilt anscheinend das Motto: Was kümmert uns der Wille des Gesetzgebers, wenn es gelingt Geld (und damit den Arbeitgebern erhebliche Beiträge) zu sparen. In Niedersachsen muß jetzt erneut das Landessozialgericht entscheiden, ob dem rückenkranken Maurer nach fast 40 Berufsjahren eine Rente aufgrund seiner Wirbelsäulenerkrankung zusteht.

Wir sind der Auffassung: Wenn es einen berechtigten Grund für die Annahme gibt, daß die Arbeit oder die Arbeitsbedingungen einen Wirbelsäulenschaden verursacht oder verschlimmert haben und die

Berufsausübung nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich ist, muß der Arbeitnehmer Anspruch auf Entschädigung bzw. Rente haben. Die Zahlung darf nur abgelehnt werden können, wenn der Arbeitgeber beweist, daß die Schädigung nicht arbeitsbedingt ist (Umkehr der Beweislast).

Krankenstand ist weiter rückläufig

* Dieser Titel darf einigen bei den Berufsgenossenschaften sehr beliebten Gutachtern nach einem Gerichtsurteil zu Recht verliehen werden, weil sie sich außergewöhnlich selten für eine Anerkennung der Erkrankung aussprechen.

 

A rbeitsplätze
G eopfert
F ür
A ktionäre

Weiterer Abbau in anderen AGFA-Betrieben

Bayer hat beschlossen, AGFA soll bis Mitte des Jahres an die Börse gehen. Der Bayer Konzern will nur noch die Hälfte seines Aktienpaketes von AGFA behalten und den Rest gewinnbringend verkaufen. Der Börsengang kostet Opfer, Betriebsschließung und Personalabbau stehen an. Die verschlankte Unternehmensgruppe kann so einen höheren Börsenkurs erreichen. Diesen Gewinn kann der Bayer Konzern gut gebrauchen, für weitere Rationalisierungen oder Aufkäufe z. B. im Bereich Pharma. Immer mehr Arbeitsplätze, nicht nur im Bayer Konzern, werden für die Aktionäre geopfert. Jeder Arbeitsplatz weniger, läßt die Gewinne der Unternehmen steigen. Gleichzeitig steigen die Arbeitslosenzahlen. Die Konzerne fühlen sich nicht dem Allgemeinwohl verpflichtet, nur den Gewinnen.

Der Aufsichtsrat der Agfa beschloß die Schließung des vor einem Jahr gekauften Werkes in Neu- Isenburg zum 31. Dezember. Nach dem Kauf von DuPont, Ende 1997, hieß es noch: „Insgesamt werden die Auswirkungen der Zukaufes auch für den Personalbereich eindeutig positiv sein.“ Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat stimmten einstimmig gegen die Schließung. 650 Kollegen und Kolleginnen werden ihren Arbeitsplatz verlieren und stehen finanziell vor dem Aus. Die Beschäftigten gehen davon aus, daß das Werk Neu- Isenburg in Zukunft eine Außenstelle des Arbeitamtes sein wird. Die Vorstand begründet die Schließung mit dem geringen Auslastungsgrad und dem Kapazitätsüberschuß. Die Vermutung der Betroffenen ist, daß der Kauf des Werkes Neu- Isenburg der Agfa nur dazu diente:

Weiter meinten die KollegInnen:

 

Betriebschließung bei Agfa in Neu- Isenburg

In Leverkusen sollen 260 Beschäftigte im Bereich Photochemie ihren Arbeitsplatz verlieren. Der Betriebsrat befürchtet betriebsbedingte Kündigungen. Dies wären die ersten betriebsbedingten Kündigungen bei Bayer oder einer Ihrer Töchter in Leverkusen!

In der Phototechnik in München drohen Arbeitsplatzverluste. Im Bereich Photopapier, in Windhagen, sind ebenfalls Arbeitsplätze bedroht. Ist die Zeit des Personalabbaus ohne betriebsbedingte Kündigung im Bayer- Konzern vorbei? Ist die Entwicklung bei AGFA nur der Anfang von weiteren Schließungen?

Wir können uns nicht daneben stellen und sagen, uns geht diese Betriebsschließung nichts an. Vielleicht brauchen auch wir in naher Zukunft die Solidarität der Agfa- Beschäftigten. Solidarität und Öffentlichkeit sind jetzt angesagt. Dies erwarten wir auch von der IG BCE in Leverkusen, die bis heute nicht die Unterschriftensammlung der IG BCE Frankfurt unterstützt.

Wir fordern die IG BCE auf, gemeinsam mit den Agfa- und Bayer- Beschäftigten gegen die Arbeitsplatzvernichtung bei AGFA vorzugehen. Unterstützt die Unterschriftensammlung der Neu Isenburger Kollegen!

 

Zwangsarbeiter entschädigen!

Noch lebende Naziopfer und Zwangsarbeiter, vor allem aus den USA klagen oder drohen zu klagen – auch gegen die Bayer  AG. Sie fordern Wiedergutmachung für unmenschliche Behandlung und Arbeitsbedingungen in den KZ- Lagern während der Nazizeit. Die Mitverantwortung bekannter Großunternehmen an Betrug, Ausbeutung, Folter und massenhaften Mord während der Naziherrschaft wird vielfach von den Unternehmen noch immer geleugnet. Die Bayer  AG bestreitet bis heute juristische Nachfolgerin der IG Farben zu sein.

Auf den wachsenden Druck vor allem aus den USA reagierte z. B. der Volkswagenkonzern. Überraschend richtete er einen privaten Hilfsfonds für ehemalige Zwangsarbeiter des Werkes ein. Bayer versprach in einem jüngst erschienenen aktuell die geplante Einrichtung einer Stiftung zu unterstützen. Bayer sieht darin „ein Signal, aus gesellschaftlichen Gründen ein Zeichen zu setzen und den Opfern Hilfe zukommen zu lassen“.

Am Ende der Nazizeit schufteten mehr als 7,6 Millionen Zwangsarbeiter, darunter 1,7 Millionen Polen, und 2,8 Millionen Sowjetbürger für die Konzern und das Naziregime. Die Konzerne sorgtenmit dem erzwungen Profit aus den Arbeitssklaven für den erfolgreichen Start der Unternehmen in die Nachkriegszeit.

„Gegen Kriegsende war der IG- Farben- Konzern das größte deutsche Unternehmen.“ In den frühen 40er Jahren schufteten bereits Hunderttausende Zwangsarbeiter in den einzelnen Chemiefabriken. Am Ende betrieb die IG- Farben gar ein eigenes KZ: Monowitz. 30 000 Häftlinge wurden durch das IG- Farben- KZ geschleust. Mindestens 25 000 Menschen arbeiteten sich für den Profit der IG Farben zu Tode. Wer nicht mehr arbeitsfähig war und noch lebte, wurde vergast.

„Die IG- Farben- Töchter Hoechst und Bayer beteiligten sich an Menschenversuchen in den Konzentrationslagern. Gefangene wurden mit Typhus, Fleckfieber und anderen Krankheiten infiziert – zu Studienzwecken.” (TAZ vom 29.11.1991). Aus der IG- Farbenküche stammt auch das berüchtigte Giftgas Zyklon B, mit dem Millionen Menschen umgebracht wurden.

Viele Spuren der Zwangsarbeiter sind verwischt. Die Archive der Konzerne, auch das der Bayer  AG, sind bis heute noch nicht vollständig geöffnet.

Auf der Londoner Schuldenkonferenz von 1953 standen alle deutschen Auslandsschulden zur Verhandlung, besonders jedoch die Forderungen derjenigen Länder, die unter dem deutschen Vernichtungskrieg gelitten hatten und Entschädigungszahlungen verlangten. Die USA und England setzten in Übereinstimmung mit der Bundesregierung durch, die Verhandlungen über Forderungen der ausländischen Zwangsarbeiter bis zum Abschluß eines Friedensvertrages zurückzustellen. Die Bundesrepublik sollte vor allem ihren Kreditverpflichtungen nachkommen. In Westdeutschland sollte der wirtschaftlicher Wiederaufbau und damit die Stärkung als antikommunistischer Frontstaat nicht gefährdet werden.

Schadensersatzforderungen von Opfern wurden von deutschen Gerichten abgewiesen. Sie entschieden, Zwangsarbeit sei nicht NS- Unrecht, sondern nur Konsequenz des Krieges gewesen und damit allenfalls Gegenstand von Entschädigungszahlungen in einem Friedensvertrag – den gibt es bis heute nicht. Der Schadenersatz von Zwangsarbeit fällt auch nicht unter das Bundesentschädigungsgesetz. Somit erhielt der größte Teil der Zwangsarbeiter, dies sind vor allem ehemalige Zwangsarbeiter aus dem Osten, keine Leistungen. Bis heute leugnen die Unternehmen mit unterschiedlichen Begründungen die Mitverantwortung für eines der furchtbarsten Kapitel des Nazifaschismus. Die Auseinandersetzung über den Schadenersatz an die noch lebenden Zwangsarbeiter zeigt, daß eine gesellschaftliche Elite bis heute nicht bereit ist, ihre Schuld anzuerkennen und Verantwortung zu übernehmen.

Die Nachfolgefirmen der IG Farben, die Chemiekonzerne Hoechst, Bayer und BASF, müssen endlich ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber den ehemaligen Zwangsarbeiterinnen nachkommen. Es ist zu befürchten, daß im Mai dieses Jahres die Ansprüche verjähren. Wir fordern die Bayer AG auf, sich endlich zu ihrer verbrecherischen Vergangenheit zu bekennen und schnellstens ausreichenden Schadenersatz zu zahlen.

Auch im „totalen Krieg“ steht die I.G. ihren Mann Titelseite der I.G.-Werkzeitschrift vom Juni/Juli 1943

 

Probleme und Beschwerden:

SAP in der Personalabteilung eingeführt

Die Einführung der neuen Software stieß auf erhebliche Kritik

In der Versammlung der betrieblichen Vertrauensleute vom 19. Februar wurde eine Vielzahl von Problemen und berechtigten Beschwerden in Zusammenhang mit der Einführung von SAP bei der Arbeitszeit- und Entgeltabrechnung aufgezeigt.

Die Beschwerden betrafen drei Felder: Die Hard- und Software, die Einführungsmodalitäten und die personelle Umsetzung. Wir haben die wichtigsten Punkte zusammengefaßt und an den Arbeitgeber weitergeleitet:

Wir sind grundsätzlich der Auffassung, daß die Einführung solcher neuer EDV- Systeme im Interesse der Bayer AG nicht zum Nachteil der betroffenen Beschäftigten sein darf. Dabei beziehen wir den Begriff „Nachteil“ nicht nur auf mögliche Verschlechterungen in Sekunden oder Minuten oder in Mark und Pfennig, sondern auch in bezug auf Komfortverschlechterungen oder Informations- bzw. Verständnisverschlechterungen. Bei all diesen Punkten muß Abhilfe geschaffen werden! Der Komfort bei der Arbeitszeiterfassung und –berechnung und bei der Entgeltabrechnung muß wieder auf das alte Niveau gebracht werden. Die Zahl der vom HRBeauftragten zu betreuenden Beschäftigten muß festgelegt werden, ebenso der dafür erforderliche Zeitaufwand. Für den mit der Einführung des Systems verbundenen Arbeitsmehraufwand muß zusätzliches Personal eingestellt werden.

SAP macht Streß

SAP – Software nach Maß?

 

Weltwirtschaft zum Anfassen

Am 3. und 4. Juni findet in Köln der EU- Gipfel unter deutschem Vorsitz statt. Nur zwei Wochen später treffen sich in der Domstadt die Vertreter der acht reichsten Länder um über Weltwirtschaftspolitik zu diskutieren.

Was tut sich eigentlich im Juni offiziell in Köln? Auf dem Treffen der EU- Chefs in Köln soll das „Reformwerk“ zur Finanzierung, Struktur, Erweiterung, Agrarsubventionen und Strukturhilfemaßnahmen, Agenda 2000 auf den Weg gebracht werden. Weitere Themen sind eine europäische Grundrechtscharta, engere polizeiliche Zusammenarbeit und die Vereinheitlichung des Asylrechts.

 

Zwei Wochen später der G7/ G8 Gipfel

1975 lud Helmut Schmidt die illustre Runde von Regierungsvertretern der sieben mächtigsten Industriestaaten zum ersten mal ein. Inzwischen gehört Rußland dazu. Als achter neben USA, Japan, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Kanada und Italien. Ursprünglich ging es ausschließlich um Absprachen der Wirtschaftspolitik, doch stehen jetzt auch Terrorismusbekämpfung und Geldpolitik auf der Tagesordnung. Wenn die sieben einflußreichsten Regierungen der Welt gemeinsam wissen, was sie wollen, stellt das eine enorme Macht dar. Offiziell beschließen können die „G8” nichts. Aber sie bestimmen die Politik der Welthandelsorganisation (WTO), der Weltbank des IWF und weiterer wichtiger Organisationen. Der IWF (Internationaler Währungsfond) wird z. B. häufig in den Zeitungen genannt, wenn es darum geht, souveränen Staaten, die in „Zahlungsschwierigkeiten” stekken, „Strukturanpassungen” aufzuzwingen. Für die Bevölkerung in diesen Ländern sind das fast immer massive Verschlechterungen.

Ein Beispiel, wie schnell dort getroffene Entscheidungen Auswirkungen auf uns haben, ist das Multilaterale Abkommen über Investitionen (MAI). Es konnte nur durch einen weltweiten Widerstand verhindert werden. Dieses Abkommen sah für die großen Konzerne jegliche Freiheiten vor. Sozialstandards oder Umweltrichtlinien sollten abgeschafft werden, bzw. den einzelnen Regierungen sollte verboten werden solche einzuführen, weil sie ein Investitionshemmnis wären. Also genügend Gründe sich mit den „Gipfeltreffen“ in Köln näher und kritisch zu befassen. Wir wollen dies an folgenden Terminen tun: Bei Treffen der „Durchschaubaren“ mit dem Thema: Eine EU- Politik für Vollbeschäftigung und soziale Teilhabe, Mittwoch, 28. April; und am Mittwoch, 12. Mai fragen wir uns: Was für Auswirkungen hat der Weltwirtschaftsgipfel (G7/ 8 Treffen) auf unser Leben? Jeweils 17.15 Uhr im Jugendhaus St. Antonius, Große Kirchstraße 73.

 

Kölner Bündnis 99

Eine kritische Begleitung des EU- Gipfels und des Weltwirtschaftsgipfel haben sich viele Gruppen, Verbände, Kirchenkreise und Parteien vorgenommen. Sie haben sich in einem Kölner Bündnis 99 zusammengeschlossen. Wir rufen zur Teilnahme an folgenden Veranstaltungen dieses Bündnisses auf: Demonstration der Europäische Märsche gegen Erwerbslosigkeit, prekäre Beschäftigung, Ausgrenzung und Rassismus, Samstag, 29. Mai, in Köln; Gegengipfel zum EU- Gipfel 28. Mai bis 2. Juni, Bürgerzentrum „Alte Feuerwache” (Köln, Nähe Ebertplatz).

 

Auswirkungen der Globalisierung

Zum Thema Auswirkungen der Globalisierung auf die Beschäftigten, findet im Rahmen des EU- Gegengipfels eine international besetzte Veranstaltung des Chemiekreises statt. Sonntag, 30. Mai von 10.00 bis 16.00 Uhr.

Weitere Termine:

Gegengipfel zum Weltwirtschaftsgipfel, 17. bis 18. Juni, Demonstration gegen den Weltwirtschaftsgipfel, 19. Juni, beide in Köln. Mehr Informationen zu den Terminen und Themen bei unseren Betriebsräten und in unseren nächsten Flugblättern.

 

Vom 4. April bis 24. Mai in Köln

Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht

Fünfzig Jahre nach Ende des brutalsten Krieges, der je von deutschen Soldaten geführt wurde, will die Überlieferung noch immer nur von einem ganz „normalen Krieg“ wissen. Die Wirklichkeit sah anders aus. Auch die Wehrmacht spielte im Osten eine aktive Rolle bei der Vernichtung der Juden. Sie war verantwortlich für den millionenfachen Mord an sowjetischen Kriegsgefangenen, sie plünderte und verwüstete besetzte Gebiete und unterstützte die Verschleppung von Hundertausenden zur Zwangsarbeit nach Deutschland. Sie betrieb unter dem Deckmantel der Partisanenbekämpfung den systematischen Mord an der sowjetischen Zivilbevölkerung. Wir rufen alle Beschäftigten auf: Setzt euch mit diesem Thema auseinander, besucht die Ausstellung!

„Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944.“

Ausstellungsorte sind:

  1. Teil: Kölnisches Stadtmuseum, Zeughausstraße 1- 3 U- Bahn- Haltestelle Appellhofplatz (Ausgang Zeughaus)

  2. Teil: NS- Dokumentationszentrum, Appellhofplatz 23- 25 U- Bahn- Haltestelle Appellhofplatz (Ausgang Schwalbengasse)

Öffnungszeiten: Dienstag 8.30 bis 20.00 Uhr, Mittwoch bis Sonntag 8.30 bis 18.00 Uhr, Montag geschlossen. eMail: nsdok@ netcologne.de

Internet: www. museenkoeln.de/wehrmacht

 

Teilerfolg:

Abschaffung der Kleinkantinen gebremst

Vielen Dank an die aktiven LeserInnen unseres letzten Flugblattes. Innerhalb kürzester Zeit kamen über 100 Unterschriften gegen die Schließung der Kleinkantinen bzw. deren Umwandlung in Automatenstraßen zusammen. Zusammen mit anderen Unterschriftslisten aus einzelnen Bereichen wurde der Unmut der Belegschaft über die Entscheidung der Unternehmensleitung sehr deutlich.

Was passiert jetzt?

Mit dem gemeinsamen Protest von Belegschaft und Betriebsräten wurde ein Teilerfolg erreicht: E 47 bleibt in der jetzigen Form erhalten. Jedoch sollen Ende des Jahres die derzeit steigenden Umsatzzahlen nochmals überprüft werden. Erst dann soll eine endgültige Entscheidung getroffen werden. Die Kantine in Bürrig bleibt unter einem neuen Betreiber erhalten. Zu den Kantinen in der Pharma wird es mit den zuständigen Betriebsräten einen Ortstermin geben. Es besteht die Hoffnung, einige Kantinen in der alten Form zu erhalten. Über einen neuen Sachstand werden wir so bald wie möglich berichten.

Protest noch zu schwach?

Die Kleinkantinen in den Gebäuden F1 und 4818 werden leider in Automatenstraßen umgewandelt. Wir sind weiterhin der Meinung: Die Firma muß bereit sein, für die notwendige Essensversorgung der MitarbeiterInnen Zuschüsse zu leisten. Eine ständige Verringerung der Zuschußsumme führt zu Qualitätsverlusten.

 

V. i. S. d. P.: Anneliese Milton • Im Langen Bruch 26 • 51109 Köln • Telefon+ Fax 0221/ 842280 • http:// www.soliserv.de • eMail: Durchschaubare@ Link- Lev. de Diskussionsforum: /CL_ REGIO/ RHEINLAND/ DURCHSCHAUBARE (in der Link- Lev und jeder guten Mailbox)