Neben der Kritik an der geplanten Entschädigungs-Stiftung soll die Erinnerung an die Ermordeten und damit die Forderung nach Auflösung von IG Farben im Zentrum der diesjährigen Aktionen gegen die Hauptversammlung am 18. August stehen. Im Aufruf des Bundesweiten Bündnisses gegen IG Farben heißt es dazu:
"... Auf dieser Versammlung soll nach dem Willen der 'Liquidatoren' Bernhardt und Pollehn die Gründung einer Stiftung beschlossen werden, mit der ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter entschädigt werden sollen. Mit dieser Stiftung will man sich nicht nur gegen 440 Klagen absichern, die gegen IG Farben i.A. mittlerweile vor allem aus Osteuropa vor-liegen; man will signalisieren, daß man die Geschichte von IG Farben zu bewältigen gedenkt, eines Konzerns, dessen Name wie kaum ein zweiter für die enge Verbindung zwischen Wirtschaft und Staat im nationalsozialistischen Deutschland steht.
In die Stiftung sollen drei Millionen Mark einfließen - genau die Summe, die die IG Farben i.A. in den sechziger Jahren aus einem Entschädigungsfonds zurückforderte. Der nach zähem Kampf mit 30 Millionen Mark ausgestattete Fond zahlte in den fünfziger und sechziger Jahren 27 Millionen Mark - 1.500 bis 5.000 Mark pro Person - an jüdische ehemalige Zwangsarbeiter/innen. IG Farben i.A. verhinderte, daß die übriggebliebenen drei Millionen Mark an Hinterbliebende und Schwerstgeschädigte ausgezahlt wurden, und forderte erfolgreich das Geld zurück. Darüber hinaus sollen auch lediglich die Zinsen, etwa 300.000 Mark im Jahr, ausgezahlt werden - an wen entscheiden die 'Liquidatoren' von IG Farben i.A., die den Stiftungsvorstand bilden und von einem Aufsichtsrat kontrolliert werden sollen, der identisch mit dem IG Farben-Aufsichtsrat ist. Feigenblatt soll ein 'Beirat' sein, über dessen Besetzung noch nichts bekannt ist.
Diese Art der Vergangenheitsbewältigung dient der seit 45 Jahren bestehenden IG-Farben i.A. dazu, ihre Existenz über weitere Jahre hinweg abzusichern ...
Jedes der Unternehmen, das sich heute an der 'Stiftungsinitiative der deutschen Unternehmen' beteiligt, hätte es verdient, wie von den Alliierten geplant, zerschlagen zu werden. Deswegen fordern wir, daß IG Farben i.A. endlich aufgelöst wird und das verbliebene Vermögen in eine Stiftung überführt wird, die von Überlebenden verwaltet wird ...
Wir wollen am 17. und 18. August der Opfer des NS-Zwangsarbeitsprogramm gedenken. Am 17. August werden wir in der Frankfurter Innenstadt mit einer Lesung von Namen der Ermordeten und Berichten von Überlebenden auf die Verantwortung der Stadt Frankfurt aufmerksam machen, der Stadt, von der aus IG Farben den Einsatz der Zwangsarbeiter/innen und den Vertrieb des Giftgases Zyklon B koordinierte, und die bis heute den IG Farben Büro- und Tagungsräume zur Verfügung stellt und diese von der Frankfurter Polizei schützen läßt. Am 18. August werden wir die Lesung der Namen außerhalb und innerhalb der Aktionärs-Versammlung fortsetzen, um deutlich zu machen, daß die Geschichte von IG Farben nicht mit drei Millionen Mark zu bewältigen ist.
Die Aktion am 18. 8. beginnt um 8.30 Uhr vor der Stadthalle Bergen-Enkheim, in der die Hauptversammlung stattfinden soll.
entnommen aus: FRANKFURTER_INFO/ALLGEMEIN; Ersteller: LF90@LINK-F.Rhein-Main.de