Zwei weitere Zechen machen dicht, aber:
Beermann läßt die Katze noch nicht aus dem Sack
Weitere Stillegungen drohen den Zechen. Allein die Vereinbarungen von 1997 gelten schon nicht mehr, seit sich die Stahlindustrie und die Kraftwerke zunehmend mit Importkohle und Importkoks bedienen. Und so gibt es auf allen Schachtanlagen Spekulationen. Keine Klarheit brachte die Belegschaftsversammlung des Bergwerks „Blumenthal/Haard" vor einiger Zeit. Wegen der massiven Förderprobleme ins Gerede gekommen, versuchte die Zechenleitung die Kumpel mit dem Besuch des DSK-Vorstandschefs Beermann zu beruhigen. Das gelang überhaupt nicht.
Blumenthal ohne Zukunft?
Aber Beermann sagte auf der Versammlung nichts Konkretes. So ist für die Kumpel in Recklinghausen und Umgebung wichtig, ob das geplante Olfen-Feld nordöstlich des Haard-Schachtes Zukunftsmusik bleibt – denn im Altbereich ist in wenigen Jahren Schluß. Ebenfalls ist wichtig, ob als Ersatz für andere Abbaubereiche das Finefrau-Flöz zwischen Schacht 8 und Haltern aufgeschlossen wird.
Zu all dem sagte Beermann nichts, sondern wies weitere Spekulationen zurück. Auf jeden Fall soll Ende des Jahres die Entscheidung über zwei zu schließende Bergwerke fallen.
DSK: Kein Abbau unter dem Quellberg
Wenige Wochen nach der ungenügend verlaufenen Belegschaftsversammlung entschied die DSK, den Abbaubereich B I Süd von Blumenthal („Quellberg") nicht zu genehmigen! Angeblich haben nun erst Probebohrungen ergeben, daß mit zu vielen Störungen und daher hohen Kosten zu rechnen sei. Diese Probebohrungen laufen seit Jahren und kosteten Millionen. Vor zwei Jahren wurde der Abbau als besonders wichtig für den Fortbestand der Zeche eingestuft, und den Anwohnern die Arbeitsplätze entgegengehalten, die gefährdet würden, wenn sie auf ihren Klagen gegen den Abbau bestünden. Denn früher einmal, als die Nordwanderung noch viel umfangreicher geplant war, hatte „General Blumenthal" versichert, dort würde nie Kohle abgebaut, so daß die neu gebauten Häuser keine Bergschadenssicherung erhielten.
Die DSK versichert, daß „nach heutigem Planungsstand" (also April 99) „keine Auswirkungen" für die Zukunft der Arbeitsplätze von dieser Entscheidung ausgingen. Also: „Blumenthal/Haard" wird nicht sofort zugemacht. Ein Trost? Oder man pfeift im dunklen Keller...
Man kann das auch so sehen: die Zukunft der Arbeitsplätze war auch schon vor dieser Entscheidung nicht gegeben – daran ändert sich dann tatsächlich nichts!
Der Werkschef konnte nicht klar angeben, wo statt dessen im Jahr 2000 und 2001 Kohle genügend gefördert werden kann, und verwies auf die Entscheidungen der DSK Ende des Jahres. Bei dem jahrelangen Vorlauf, den ein Bergwerk normalerweise braucht, um in neuen Gebieten abbauen zu können, eine viel zu kurze Frist, um planen zu können.
Wie schon bei der Zusammenlegung von „Ewald" und „Hugo" hat man den Eindruck, daß einige Anlagen „vor die Wand gefahren" werden, um Stillegungen „begründen" zu können.
Die Anwohner des Recklinghäuser Ostens sollten nicht zu laut Beifall klatschen – eine Bergschadensregelung wäre machbar gewesen, eine Neuschaffung von im Bergbau entfallenden Arbeitsplätzen steht in den Sternen. Die Arbeitslosigkeit geht an keinem Stadtteil vorbei.
Soll sich das Bergwerk „gesund schrumpfen"?
Man hat den Eindruck, denn es wird nur noch von einzusparenden Kosten geredet. So ist die Belegschaft schon innerhalb der letzten zwei Jahre um fast tausend Menschen verkleinert worden, und die Förderung des Verbunds sank von 14000 auf unter 10000 Tagestonnen. Der ehemalige Werkschef wurde „verlegt". Die DSK beginnt, Blumenthal/Haard „auszurauben" – sprich: alles was irgendwie geht, wird abgeworfen. So die ehemaligen „Ewald-Fortsetzung"-Schächte (später Zeche „Haard") in Oer-Erkenschwick, die noch in diesem Jahr verfüllt werden sollen. So die Räumarbeiten an Schacht 7. Aber wieweit kann eine Zeche schrumpfen, bis sie nicht mehr lebensfähig ist? Wurde nicht die Zusammenlegung damit begründet, man müsse eine gewisse Mindestförderung pro Anlage haben, damit es sich rechnet? Wer immer weitere Betriebsteile stillegt, muß wissen, daß dann bei Störungen keine Reserven mehr sind, auf die zurückgegriffen werden kann.
Wie weit sich die Recklinghäuser Kumpel auf die Nordwanderungs-Versprechen der Ruhrkohle verlassen können, zeigt das Beispiel „Haus Aden". Hier wurde mit großem Tamtam die Nordwanderung unter Cappenberg begonnen, der Abbau gerichtlich durchgeklagt, man spricht von 1 Milliarde Investitionen, und nun nach der Zusammenlegung von „Haus Aden/Monopol" mit „Heinrich-Robert": Stillegung des gesamten Nordbereiches!
Eine Warnung sollte auch die Weigerung der DSK sein, über das Problem des Förderschachtes in Wanne-Eickel zu reden. Grund: die Wege werden immer länger, und wie soll dann ein Anschluß des Olfen-Feldes auf Zukunft erfolgen? Etwa über die dreißig Jahre alte Verbindung im Shamrock-Querschlag mit der Lokautomatik?
Alles in allem bleiben düstere Wolken über „Blumenthal/Haard" hängen.
Produktivität oberstes Ziel
Beermann nannte die Entscheidung über weitere Stillegungen eine „soziale" Sache, die nach der Wirtschaftlichkeit entschieden werde. Produktivität und die jeweiligen Betriebskosten werden als Meßlatte angelegt, dann die Kohlensorten und –qualitäten, und die Nordwanderungschance wird ebenfalls berücksichtigt. Regionale Lage – das kommt unter ferner liefen. Darauf hofften manche in Recklinghausen, daß die vorzeitige Schließung von „Hugo/Ewald" in Buer/Herten und die Zusammenlegung von „Westerholt/Fürst Leopold" in Herten/Dorsten die DSK dazu veranlassen könnte, im Kreis Recklinghausen nicht erneut zuzuschlagen.
Dazu Beermann in der „Recklinghäuser Zeitung":
„Es wäre unsozial, diesen Faktor als den wichtigsten zu nennen. Es ist unsozial, kurzfristig Arbeitsplätze zu erhalten, wenn sie nicht produktiv sind und wir dann abstürzen. Es ist vielmehr sozial, frühzeitig an der richtigen Stelle Einschnitte zu machen, dauerhaft Arbeit zu sichern."
Soweit zur „sozialen Einstellung" des früheren Arbeitsdirektors und jetzigen DSK-Vorstandsvorsitzenden Beermann. Diese Art, „Arbeit zu sichern", wurde uns jahrelang schmackhaft gemacht. Sie kann von den Blumenthalern und allen anderen Betroffenen nur als Drohung verstanden werden. Aber ein Ziel versuchen Beermann und die Zechenleitung natürlich nach wie vor zu erreichen: die Unruhe unterm Deckel zu halten, alle in einem Boot zu haben, um „gemeinsam" die Zeche zu retten. Wenn nicht – dann fallen einige eben wieder die Treppe nach oben, und die anderen suchen sich andere Arbeit.
Job-Wechsel angemahnt
Auf allen betroffenen Anlagen werden vor allem die jungen Kollegen ermahnt, doch ja den Job zu wechseln. Handwerker-Initiative, Umschulung: das reicht nicht bei dem Personalüberhang, der durch die vorzeitigen Stillegungen von „Hugo", „Hassel" und „Fürstenhausen" noch vergrößert wird.
Vorbild ist das Job-2000-Center auf Hugo, und vor allem die Betriebsräte fordern die Kumpel dringend auf, die „Beine in die Hand zu nehmen". „Rette sich wer kann" ist zwar nicht ganz neu für die Betroffenen, und es gibt hinter der vorgehaltenen Hand von der DSK das Angebot, Abfindungen zu bekommen. Aber jetzt wird deutlich darauf gedrängelt in allen Gewerkschafts- und Belegschaftsversammlungen.
Da tun sich die Betriebsräte hervor, weil ihre Stimme vielleicht noch was gilt, aber die eigentlichen Strippenzieher sind die neuen Vorstände und Manager des Unternehmens, das den Bergbau so früh wie möglich so klein wie möglich haben möchte.
Dahinter steckt die Planung, die bisher für 2005 vorgesehenen Zahlen von Belegschaft und Förderung schon im Jahr 2002 zu erreichen.