2 Kokereien werden stillgelegt - Zukunft von Kaiserstuhl ungewiß !
Der „Kohlekompromiss" von März 1997 hat nicht lange gehalten. Bereits im Herbst 1998 wurde dieser Plan das erste Mal korrigiert. Die Stillegung des Verbundwerkes Ewald/Hugo in Herten/Gelsenkirchen wurde um 2 Jahre auf den 30.4.2000 vorgezogen. Dazu kamen Förderreduzierungen auf den Schachtanlagen Lippe, Ost, Westfalen in Ahlen (wird Ende 2000 stillgelegt) und an der Saar (hier wird die Zeche Göttelborn-Reden zum Jahresende 2000 geschlossen). Damit müssen 5 800 Kumpel vorzeitiger als geplant untergebracht werden.
Dann kam Ende Januar 1999 die nächste Hiobsbotschaft für die Kumpel. Angeblich wegen des Absatzeinbruches in der Stahlindustrie wurden die Planungen für die Förderung in 1999 neu überarbeitet. Statt der bislang geplanten 39,3 Mio t müsse die Förderung um weitere 1,4 Mio t auf dann 37,9 Mio t zusätzlich zurückgenommen werden. Das bedeutet für rund 20 000 Kumpel auf 6 Zechen jeweils 3Tage Kurzarbeit in den Monaten Mai bis November und damit erheblicher Lohnverlust.
Aber dem noch nicht genug. Da die Stahlindustrie nach Auslaufen des Hüttenvertrages neue Konditionen für die Koks-Lieferungen aushandeln und damit natürlich die Preise drücken wollen und zusätzlich Thyssen-Krupp in Duisburg eine neue Kokerei für 1,5 Mrd.DM bauen will, gab Ende Februar der RAG-Vorstand weitere Stillegungen im Kokereibereich bekannt. Die Kokereien fuhren bereits mit 80% Auslastung am technisch und wirtschaftlich möglichen unteren Niveau. Deshalb soll die Kokerei Fürstenhausen in Völklingen an der Saar mit 360 Beschäftigten zum 30.6.99 und die Kokerei Hassel in Gelsenkirchen mit 240 Beschäftigten Ende September 1999 geschlossen werden. Begründet wurde das mit einem insgesamt zurückgehenden Bedarf an Gießereikoks und einer Verlagerung der Gießereistandorte ins Ausland.
Ungewiß ist damit auch die Zukunft der Kokerei Kaiserstuhl mit 500 Beschäftigten in Dortmund. Diese ist erst vor wenigen Jahren für 1,3 Mrd.DM in einem Gasverbund mit dem Stahlwerk von Hoesch-Krupp gebaut worden. Da nun in Dortmund aufgrund der Planungen der Thyssen-Krupp Stahl AG die „warme Seite" stillgelegt wird, hat jetzt auch Kaiserstuhl keine profitable Zukunft mehr. Das Größte Problem scheint hier zu sein, wie man der Öffentlichkeit die Stillegung dieses Milliardenprojektes am besten erklären kann. Darüberhinaus ist die RAG im Gespräch, sich am Neubau der Thyssen-Krupp Kokerei in Duisburg zu beteiligen.
Im Verschleiern der eigentlichen Gründe für die erneuten Maßnahmen tat sich besonders der IGBCE-Vize Südhofer hervor. Anstatt die Widersprüche innerhalb des RAG-Konzerns zu benennen – der Konzern macht Riesengewinne mit dem Importkohlengeschäft - und die Ursachen in der Profitwirtschaft aufzuzeigen, hat er bereits einen Schuldigen für Kurzarbeit und Kokereistillegungen gefunden: die Stahlindustrie, die den Bergbau mit Kokskohle aus Polen zu Dumpingpreisen erpreßt. Dabei fördern aber nicht alle der zur Kurzarbeit vorgesehenen Zechen Kokskohle. Das ist ihm sicherlich auch bekannt. Aber die Kumpel dürfen unter keinen Umständen ihren Gegner in ihrem eigenen Unternehmer - der RAG - erkennen, sondern Schuld an der Misere ist entweder Bonn oder Brüssel oder die Stahlindustrie oder die Kinderarbeit in Kolumbien, oder ....
Noch enttäuschender für die Kumpel verlief dann Anfang März eine Funktionärskonferenz der IGBCE-Bezirke Dortmund und Hagen. Vor 370 Funktionären ging der IGBCE-Chef von NRW, Geißler, in seinem Referat überhaupt nicht auf das aktuelle Problem der Kokerei Kaiserstuhl ein. Erst nach Kritik eines Funktionärs erwiderte er: „Allein in diesem Bezirk brennen 100 Feuer. Wenn ich auf alle eingehen wollte, wären wir morgen nachmittag noch hier." Wenn also die konkrete Arbeitsplatzfrage und damit die Zukunftssicherung der Kumpel für diese Funktionäre nicht mehr so wichtig ist, wozu ist dann die Gewerkschaft überhaupt noch da - nur zum Beitrag kassieren ? fragen sich viele Kumpel !