Nun also ist die Katze aus dem Sack. Viel früher als ursprünglich vereinbart geht die DSK in die nächste Runde des Personalabbaus. Und obwohl alle Zechen belegschaftspolitisch betroffen sein werden, hat es diesmal voll auf AV eingeschlagen. Dem "Zukunftsbergwerk AV" werden Grubenfelder ungewisser Zukunft von Blumenthal zugeschlagen und insgesamt müssen 4000 Kumpel von AV und Blumenthal gehen.
Es ist ein offenes Geheimnis, daß jede Verbundmaßnahme eine Zechenstillegung ist. Nur ist ein Verbund die teuerste Art von Stillegung. Was da an neuen Strecken geplant ist, was da an zusätzlichen Strecken und Schächten teuer unterhalten werden muß, bis das Grubenfeld wieder auf die Planförderung zugeschneidert ist, das bringt jede noch so gesunde Anlage in die Miesen. So wird es auch auf AV/Blumenthal kommen. Die so geschaffenen Zahlen könnten dann die Begründung liefern, um "die ganze Schore im Norden" abzuwerfen. Von wegen "Zukunftsbergwerk"!
Was die neu AV zugeschlagenen Grubenfelder und damit die Fragwürdigkeit des Verbundes betrifft, verweisen wir hier auf den Artikel über "Blumenthal/Haard" in dieser Zeitung. Belegschaftspolitisch indes ist das Ganze in jedem Fall eine Katastrophe: sowohl Blumenthal als auch AV sollten Kumpel von Ewald/Hugo und Westfalen aufnehmen. Was wird nun daraus? Nun wird der für viele von uns schon bekannte Verlegereigen einsetzen: Platz schaffen für die, die dann wegen des Verbundes ohnehin weiter abgebaut werden – Zermürbung durch Verlegung!
12000 Kumpel müssen im Jahr 2000 gehen. Das sind täglich an die 70 Kumpel! Da spielen die Interessen einzelner Schachtbelegschaften keine Rolle mehr, keine betrieblichen Probleme – die Förderung ist, wie man hört, ohnehin wurscht. Das Unternehmensziel ist: Leute abbauen.
Mit bergmännischen Gesichtspunkten scheint sich der DSK-Vorstand bei seinen Verbundplanungen ohnehin nicht viel belastet zu haben. Eine technische Kommission soll eingesetzt werden, die dann erst die Probleme der Durchführung sichten soll. Offenbar ist sich niemand bei der DSK darüber im Klaren, wie die Schreibtischtat umgesetzt werden soll. Also bildet man einen Arbeitskreis, der im Nachhinein bergmännisch absichern soll was am grünen Tisch verbrochen wurde.
So gesehen erfährt die Mercedes-Ausstellung vor der vorletzten Belegschaftsversammlung einen späten Sinn: laßt uns die 400 Mark Lohnerhöhung in ein bequemes Auto investieren, in dem wir zur Not auch schlafen können, wenn wir demnächst quer durch die Reviere irren.
Angesichts dieser Hiobsbotschaften ist es eigentlich eine Lappalie, was sich auf AV sonst so tut. Immerhin konnte die AV-Förderung in ein Plus geführt werden – indem man die Planförderung zurücknahm. Bei solch guten Förderzahlen kann man sich dann auch bequem um die wichtigen Dinge des Lebens auf der Zeche kümmern. Was auf Schacht 3/7 schon Praxis ist, auf Schacht 8 aber mangels Geldes noch seiner Verwirklichung harrte, konnte nun in Angriff genommen werden: auch auf Schacht 8 werden nun die ein- und ausfahrenden Kumpel mit sechs (!) Kameras kontrolliert. Für diese existenziell wichtige Aufgabe scheut man auf AV keine Mühen und Kosten. Das Budget gab das ja auch locker her – bis die Überprüfung der Ausgaben plötzlich ein Minus von 36 Mio. DM (!) zutage förderte. Die muß der Kumpel jetzt erst einmal wieder absparen. Lustig wurde Geld ausgegeben, über SAP verbucht. Ein Fehler im System SAP (eben doch "Schiet am PC") verschuldete diese "kleine Panne". Ein Schelm, der in diesem Zusammenhang sich wegen der Kameras Gedanken macht. Denn nun müssen pro Tag 150 000 DM an Material eingespart werden – an Material, das sowohl für die Förderung (Kleber, Maschinenteile, etc.) als auch für den Kumpel vonnöten wäre. Außerdem sollen die verfahrenen Schichten radikal reduziert werden. Die armen Reviersteiger werden zu Wegelagerern, um ihre Belegungen in Freizeit zu schicken und können dabei kaum mit den vorhandenen Mannschaften die Arbeit bewältigen. Leistungsdruck für die verbliebenen Kumpel ist die Folge. Böse Zungen behaupten, die DSK habe jetzt Arbeitsjacken mit längeren Ärmeln bestellt.
Aber auf AV hat die Werksleitung noch eine Möglichkeit zum Einsparen entdeckt. Nachdem man durch die (durch die Einsparungen bei den Kumpel durch sie selbst finanzierten) Kameras die "Schichtzeit-Ehrlichkeit" der Kumpel unter Kontrolle hat, möchte man den Aufenthalt vor Ort "optimieren"! Also kündigt die Werksleitung die Klimaschicht-Betriebsvereinbarung, die auf AV abgeschlossen wurde, um den Schaden des Tarifs von 97 wenigstens halbwegs zu begrenzen. Die Werksleitung möchte die "Verweildauer am Arbeitsplatz" erhöhen. Daß damit die stündliche Seilfahrt Vergangenheit wird, weil die Klimabergverordnung nicht auszutricksen ist, scheint nicht zu schrecken.
Es ist so nur folgerichtig, daß die IGBCE und mit ihr Hardy Walther immer weniger ernst genommen werden. Haben sie uns doch den Wegfall der 7-Stunden-Schicht mit eingebrockt. Und ihre Vertreter übernehmen das Geschäft der Unternehmer, uns unter Druck zu setzen, was den Stellenabbau angeht. Sie stimmen allem zu, um das verbleibende Ganze zu retten.
Nur, Kumpel: wer wird der verbleibende Rest sein ?