Bergarbeiter-Info Nr. 27 vom Dezember 1999

Gewerkschaft fördert Privatversicherung

Vor kurzem bekamen die Gewerkschaftsmitglieder Post von ihrer Mitglieder-Service-Abteilung.

Es wird ihnen eine private Rentenversicherung zu angeblich günstigen Konditionen angeboten. Dabei soll man über die Gewerkschaft sich bei einer Lebensversicherung einkaufen.

Bekanntlich plant die rot-grüne Regierung mit Walter Riester, ehemaligem IG Metall Vorstand, den allmählichen Umstieg aus der paritätisch bezahlten Rentenversicherung. Während bisher Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Beitrag je zur Hälfte zahlten (bei der Knappschaft ist es die Ausnahme, da zahlt der Arbeitgeber mehr ein), soll dieser Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung nun kleiner werden, dafür sollen die Arbeitnehmer allein den Beitrag zu einer zusätzlichen privaten Versicherung zahlen.

Die Ökosteuer, die zur Senkung der Rentenbeiträge von 20,3 auf 19,5 Prozent diente, muß aber von allen Verbrauchern gezahlt werden, die Unternehmen wälzen sie über die Preise auf den Konsumenten ab. Die Kürzung der Rentenbeiträge führt zu größeren Gewinnen bei den Unternehmen, aber auch zu niedrigeren Renten. Und das soll durch "Privatvorsorge" ausgeglichen werden.

Angesichts des Kürzungs- und Sparprogramms der Bundesregierung rufen die Gewerkschaften nicht etwa zum Widerstand gegen Rentenkürzungen und den Umbau des Versicherungssystems auf, nein, sie bieten auch noch die helfende Hand, an das Geld der Sozialversicherungspflichtigen leichter heranzukommen.

Statt dagegen zu protestieren, daß die Kosten der Altersversicherung immer mehr auf die Beitragszahler abgewälzt werden, daß für Arbeitslose weitere Rentenkürzungen ins Haus stehen, die sie nicht ausgleichen können, bieten die Gewerkschaften selber günstige Verträge bei Versicherungsgesellschaften an. Die schlechten Erfahrungen mit der Neuen Heimat und Coop sind schon wieder in Vergessenheit geraten.

Wie kann man auf der einen Seite die Rechte und die soziale Lage der abhängig Beschäftigten verteidigen wollen, wenn man auf der anderen Seite gegen gesetzliche Verschlechterungen nicht vorgeht, sondern noch davon profitieren will?