Bergarbeiter-Info Nr. 27 vom Dezember 1999

Durch Streik erreicht man doch was!

In den letzten Wochen, während die neuen Stillegungspläne der RAG herauskamen, standen andere Belegschaften im Streik um ihre Arbeitsplätze.

Das Berliner Alcatel-Werk hielten die Kolleginnen und Kollegen sechs Wochen lang besetzt, um den Konzern zu zwingen, die Produktion nicht zu verlegen. Eine große Solidarität wurde organisiert. Mehrere andere Belegschaften des Konzerns wollten sich solidarisieren, da weitere Auswirkungen des Arbeitsplatzabbaus befürchtet wurden. Der Konzern schreibt schwarze Zahlen, hat von dem hochsubventionierten Standort Berlin viel profitiert, und nun soll alles dicht gemacht werden.

Durch den Streik erzielte die Belegschaft einen Teilerfolg: zwar wird am 31. Dezember die Produktion eingestellt, aber 40 Arbeitsplätze bleiben, 30 KollegInnen gehen in den Vorruhestand und für die verbleibenden 90 KollegInnen werden statt der ursprünglich angebotenen 2 Millionen DM 18 Millionen DM vom Konzern zur Verfügung gestellt, und zwar für eine 2-jährige Auffanggesellschaft, für Härtefälle und für Abfindungen.

Wenn es schon bei einem solch kleinem Betrieb mit einer bisher kaum durch kämpferische Aktionen hervorgetretene Belegschaft möglich gewesen ist, eine solche Betriebsbesetzung zu organisieren, wieso sollte es dann nicht gelingen, in wesentlich größeren Werken den Plänen der Kapitalisten hinreichenden Widerstand entgegenzusetzen?

In unserer Region war es die Belegschaft der Hoesch Spundwand und Profil GmbH in Dortmund, die mit vielen Aktionen und einem einwöchigen Streik erreichte, daß die Verkaufsabsichten des Thyssen-Krupp-Konzerns mit für sie günstigen Bedingungen durchgeführt werden.

Seit Frühsommer war der Belegschaft bekannt, daß der Konzern sie verkaufen und nicht die nötigen Investitionen tätigen wollte, um den Konzern zu "bereinigen". Dieses Werk stellt unter anderem Profile für Grubenausbau her, und ist somit teilweise an die Entwicklung im Bergbau gebunden. Jahrelang haben Hoesch, dann Krupp, und jetzt Thyssen-Krupp an dem Betrieb gut verdient, aber nichts hineingesteckt, nach einem Verkauf an die Konkurrenz hätte die Stillegung des Werkes gedroht. Das wäre für Dortmund erneut ein Verlust von 670 Arbeitsplätzen gewesen. Die Belegschaft wurde insbesondere durch Vertrauenskörper und Betriebsrat auf die gefährliche Entwicklung aufmerksam gemacht, und seit mehreren Monaten machen sie Druck auf den Konzern.

Als der Konzern die Verkaufsgespräche mit der Salzgitter AG abbrach, die den Erhalt der Arbeitsplätze zugesagt hatte, riß der Belegschaft der Geduldsfaden. Sie traten in einen unbefristeten Streik, um klar zu machen, daß sie sich dem nicht widerstandslos beugen wollte.

Erst als Thyssen-Krupp schriftlich zusagte, wieder mit demjenigen Käufer zu verhandeln, der Arbeitsplätze sichern will, und auch, daß kein Streikender rechtlich belangt wird, wurde gemeinsam das Streikende beschlossen.

Inzwischen ist ein vorläufiger Erfolg erreicht: im November wurde ein Vorvertrag unterschrieben, der nun realisiert werden muß. Die Belegschaft konnte sich auf einen kämpferischen Vertrauensleutekörper und Betriebsrat stützen, die nicht mit dem Konzern mauschelten, oder alles hinnahmen.

Aber sie nahmen auch durchschnittlich 1000 Mark Lohnverlust hin – dafür gibt es ein Spendenkonto, das wir gern veröffentlichen:
Streikfonds HSP, Kto-Nr. 232 000 074 , bei Stadtsparkasse Dortmund, BLZ 440 501 99

Widerstand ist nicht nur nötig, er kann auch zu Erfolgen führen – das ist die Lehre unserer Kollegen