Ende Juni 2000 soll die letzte Kohle zu Tage. Schon jetzt beginnen die Vorbereitungen für die Verlegungen. Zusammen mit dem Betriebsrat wurde eine intensive Befragung der Belegschaft und Jobberatung noch vor der großen DSK-Aktion durchgeführt. Auf die 6 Zechen Ibbenbühren, Auguste Victoria, Blummenthal, Prosper, Lippe und zur Nachbarzeche Ost geht die Verlegung. 3 davon durften die Kumpel ankreuzen. Das bedeutet Fahrwege bis zu 100 km !
850 Kumpel sollen zum Bergwerg Blumenthal, 890 zu Auguste Victoria, 290 sollen nach Prosper-Haniel und rund 200 gehen nach Ibbenbüren.
Aber was passiert, wenn zwischenzeitlich weitere Zechen – wie inzwischen Blumenthal geschlossen werden ? Ein Betriebsrat: "Wir sagen den Leuten, daß es keine Garantien gibt. Je näher die Schließung kommt, desto größer wird da sowieso die Fluktuation sein. Ist ja auch eines unserer Ziele: Wir wollen sowenig wie möglich Kollegen verlegen." Der Betriebsrat denkt und handelt wie das Unternehmen. Da ist kein Unterschied mehr festzustellen. Aber Hauptsache die Produktion stimmt ... und die wurde um 31,8% gesteigert.
Die Gerüchte hatten in der letzten Zeit zugenommen. Doch dann kam vom NRW-Wirtschaftsminister Steinbrück schon vor dem Beschluß des RAG-Vorstandes die "Entwarnung". Das Bergwerk Ost wird nicht eine der Zechen sein, die 2002 stillgelegt werden! Nun liegt das Bergwerk ja in seinem vom verstorbenen Politiker Matthiessen übernommenen Wahlkreis. Entweder er war bereits im August in die Pläne der DSK eingeweiht oder er spekulierte und betrieb schon Wahlkampf. Sicher war nur, dass die letzte Belegschaftsversammlung auf Haus Aden durchgeführt wurde. Ab jetzt gibt es nur noch eine gemeinsame im Verbundbergwerk. Sicher war auch, dass es jetzt nur noch einen Betriebsrat gibt und der Betriebsratsvorsitzende von Haus Aden in die Zentrale Ausbildung wechselt.
Und sicher war, dass durch den Verbund weitere 1 500 Beschäftigte abgebaut werden müssen.
Waren es im Juni noch 270 000 Tonnen, so ist im September die Unterplanförderung auf 850 000 Tonnen angestiegen. Bergwerkschef Schwarze hat dafür auch gleich eine Erklärung: "Es sind dafür neben dem Personalabbau geologische Probleme und psychologische Schwierigkeiten verantwortlich. Bei der Situation im Bergbau steht die Belegschaft unter Druck. Dann passieren Fehler, die sich auf das Produktionsergebnis auswirken. Außerdem kämpfen wir mit den Folgen der Zusammenlegung." Herr Schwarze hat in seinem Chefsessel die Schuldigen gefunden: die Belegschaft ! Und das obwohl statt der geplanten 387 Kumpel bereits 588 vorzeitig dem Bergwerk den Rücken gekehrt haben.
Auf Walsum müssen Belegschaften von 3 Bergwerken aufgenommen werden. Dafür sollen 1000 junge Leute das Bergwerk verlassen.
Die Zeche Lohberg/Osterfeld muß 1200 Kumpel von Ewald/Hugo übernehmen. Hier wurden konkret die Jahrgänge der jungen Leute genannt, die sich einen neuen Job suchen sollen: Bei den Arbeitern ab Jahrgang 69 und bei den Angestellten ab Jahrgang 61.
Die Zeche Prosper-Haniel muß 900 Kumpel aufnehmen. Wie das gelöst werden soll erklärt der Personaldirektor und ehemalige Betriebsratsvorsitzende der Zentrallwerkstatt Lünen, Werner Müller: "Leider müssen wir gerade unseren jüngeren Mitarbeitern sagen, dass ihre Zukunft nicht in der DSK und bei Prosper Haniel liegt."
Das Bergwerk Anthrazit Ibbenbüren soll 209 Kumpel der Zeche Westfalen unterbringen. 392 der derzeit noch 2 670 Beschäftigten können bis 2005 in die Anpassung gehen. Doch damit allein ist der Personalabbau nicht zu schaffen.
Diese Zahlen gab es vor dem Stillegungsbeschluß. Jetzt muß wieder einmal neu berechnet werden.
Auch hier hielten sich energisch Stillegungsgerüchte. IGBE-Bezirksleiter Woller: "Es wäre verrückt, eines dieser beiden zuzumachen. Bevor man eine Zeche schließt, sollte man erst über eine Zusammenlegung nachdenken." Und "Bis zum Jahr 2002 ist der Niederrhein von Schließungen und Zusammenlegungen vertraglich ausgeschlossen." Wir fordern die sofortige Offenlegung dieses Vertrages. Uns ist jedenfalls nicht bekannt, dass es einen solchen gibt.
Dann wurde die Zusammenlegung für 2002 beschlossen.
Fakt ist, dass der überwiegende Teil von der 45 %igen Fettkohlenförderung zur Verkokung nach Kaiserstuhl geht und diese durch das Auslaufen der "Warmen Seite" bei Thyssen Krupp am Standort Dortmund nächstes Jahr geschlossen wird. Fakt ist auch, dass Ibbenbühren wie Niederberg Anthrazitkohle fördert und der Absatz ständig rückläufig ist. Die Personalplanung auf Friedrich Heinrich ging davon aus, (im Jahre 2000) 927 Kumpel von Ewald/Hugo zu übernehmen. Die gleiche Zahl von Beschäftigten sollte hier abgebaut werden. Nun werden die Zahlen sicherlich noch erhöht werden.
Die Belegschaft des Bergwerks Ensdorf steigerte die Kohleproduktion um 17% und schaffte den Spitzenwert von 11 000 Kilo pro Mann/Schicht, die des Bergwerks Warndt/Luisenthal erhöhte die Produktion um rund 12%. Das im nächsten Jahr auf der Schließungsliste stehende Bergwerk Göttelborn/Reden steigerte die Produktion gar auf 21%. Hier ist die Mannschaft bereits um 27% auf nunmehr 1 900 Beschäftigte (von ehemals 4 300) abgebaut worden.
So kann man auch Belegschaft loswerden und dabei noch ordentlich Geld verdienen! Die Fernmeldebetriebe wurden für 250 Mio DM an die Siemens-Tochter Siemens Business Services (SBS) verkauft. Für vorerst 6 ½ Jahre übernimmt sie gleichzeitig die Betreuung des Telefon- und Datennetzes des Ruhrbergbaus. Von den 163 Beschäftigten, die ehemals der Werksdirektion Technische Dienste angehörten, mussten 137 bei SBS einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben.
Nach 117 Jahren endete am 29.9.99 die Koks-Produktion in Gelsenkirchen. Der letzte Koks der 1952 erbauten Kokerei wurde gedrückt. Nach der Stilllegung der Kokerei Fürstenhausen im Saarland ende Juni bleiben nunmehr nur noch 2 Kokereien mit einer Jahresproduktion von je 2 Mio to, die Kokerei Kaiserstuhl und die Kokerei Prosper.
Von den 234 Kumpeln werden 150 verlegt, 24 gehen in die Anpassung, 22 haben sich neue Jobs gesucht und 38 bleiben im Stillstandsbereich.
"Wir können uns beim Vorstand bedanken, dass wir hier überhaupt solange arbeiten durften," sagte Alfred Geißler, IGBCE-Leiter NRW und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der DSK. Hier fehlen einem fast die Worte, was so ein "Interessensvertreter" von sich gibt. Da er es ernst meint, zeigt es, wie weit sich Vertreter der IGBCE den Konzerninteressen untergeordnet haben!