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Was 1997 im März vereinbart wurde, war und ist wahrlich schmerzhaft und einschneidend genug. Die von der Politik zugesagten Subventionen in Mrd.-Höhe - immerhin, da hält sich die Politik bislang an die Vereinbarung - laufen, sieht man einmal von den 500 Mio. DM ab, die statt 1999 erst diesjährig ausgezahlt werden. Wer aber unter den verschiedensten, kaum nachvollziehbaren Vorwänden ständig die Vereinbarung bricht, das ist die RAG, ihre Tochter DSK, unterstützt von der IGBCE. Eindeutig war festgelegt, wie die Fördermengen und entsprechend die Belegschaftszahlen abgebaut werden sollen. Dies wurde für jedes Jahr bis zum Endpunkt des Vereinbarungszeitraumes 2005 beziffert.
Das alles ist längst Makulatur! Durch die nun vorzeitigen
Stillegungen (allein Ewald-Hugo 2 Jahre (!) früher als geplant, die Zusammenlegung
von Auguste-Victoria und Blumenthal oder auch von Friedrich-Heinrich mit Niederberg)
sollen sowohl Förderkapazität als auch Belegschaftszahlen den erst
für 2005 geplanten Stand schon wesentlich früher erreichen.
Das ist ein Bruch der `97 er Vereinbarung, der nicht nur von uns Bergleuten
nicht hinnehmbar ist, sondern auch von Öffentlichkeit und Politik nicht.
Für uns Bergleute ist die Grenze des Erträglichen längst überschritten. 12000 Kumpel dieses Jahr und 8000 nächstes Jahr müssen aus dem Bergbau gedrängt werden. Mit erheblichem Druck werden die Kumpel zur Abkehr gedrängt, weil ja der Belegschaftsabbau viel schneller ablaufen muß, und auch schon läuft, als `97 geplant. Deutsche bedrängen ausländische Kumpel, Alte die Jungen, und die Werksleitungen die Belegschaft. Die IGBCE hält da wie ein Unternehmervertreter mit, statt die vorzeitige und damit bruchhafte Entwicklung zu verhindern. Mit diesen Argumenten wurden Leistungssteigerungen bei ständig wechselnden, weil abkehrenden und verlegten Belegschaftsteilen erzwungen. Hierbei aber war für die Kumpel real nur Lohnverlust seit Jahren zu verzeichnen. Die Förderung soll steigen, aber jede Motivation wird zerstört. Das Gespenst der betriebsbedingten Kündigungen dient als Totschlagargument. Indes, bei dieser RAG/DSK-Politik der beschleunigten Stillegungen wird wohl auch an diesem Punkt die getroffene Vereinbarung gebrochen werden.
Denn: Der betriebswirtschaftliche Druck auf die DSK-Zechen wird erheblich dadurch erhöht, daß die Zechen sich im zentralen Einkauf teuer bei RAG-Töchtern eindecken müssen. Teuer, weil im RAG-internen Markt praktisch der Wettbewerb ausgesetzt ist. (Sie sollen viel erwirtschaften, damit 2001 die vereinbarten 200 Mio. DM dem Bergbau zur Verfügung gestellt werden). Dies ist auch der Weg, über den die Subventionen in die RAG-Unternehmen umgeschichtet werden. Damit zahlt der Kumpel mit den für den Bergbau gedachten Subventionen selber den vereinbarten RAG-Anteil ab 2001! Neben den wettbewerbsverzerrenden überteuerten Preisen für die Zechen, die natürlich zu höheren Förderpreisen führen, die wieder am Kumpel eingespart oder durch Leistungssteigerung rausgeholt werden sollen, entsteht der oben beschriebene Druck auf den Kumpel.
Die zusätzlichen bzw. vorgezogenen Stillegungen erfordern überdies Subventionsanteile, die eigentlich für die Förderung bzw. den Preisausgleich zur Importkohle benötigt würden. Die Stillegungskosten werden ja aus dem gleichen gedeckelten Subventionstopf genommen. Damit ziehen Stillegungsmaßnahmen die nächsten Stillegungsmaßnahmen nach sich, da Budgets sonst überzogen würden.
Womit begründet das Unternehmen die beschleunigte Stillegungswelle? Insbesondere mit dem niedrigen Importkohle-Preis. Aber der in der letzten Zeit massive Einkauf von Bergwerksgesellschaften weltweit ermöglicht der RAG inzwischen, wesentlich die Importpreise mitzugestalten! Das der hohe Dollarkurs entlastend wirkt, wird verschwiegen und der Extraprofit stillschweigend eingestrichen. Daß, wie Kürzlich behauptet, die Entlastung durch den hohen Dollarkurs durch die Frachtraten annulliert wird, kann nur als Scherz betrachtet werden, nachdem der Benzinpreiskampf beigelegt ist und die Benzinpreise munter wieder anziehen.
Die RAG ist Gewinner dieses Prozesses auf unsere Kosten, -und auf Kosten der Gesellschaft.
Denn: Die zentrale Einkaufspraxis bei den RAG-Töchtern führt bei ohnehin gespannter Arbeitsmarktlage zu Nachteilen der um die jeweilige Zeche gelegenen Mittel- und Kleinbetriebe, was wiederum durch die regionalpolitische Strukturmaßnahmen, also aus öffentlichen Geldern gemildert werden muß. Ganz zu schweigen von der zunehmenden Arbeitslosigkeit (nicht sozial verträglich!) durch den sich beschleunigt zurückziehenden Bergbau! Zudem entstehen Job-Center, eine private und mit dem Arbeitsamt konkurrierende Arbeitsvermittlung. Durch sie werden keine neuen Arbeitsplätze geschaffen, sondern die vorhandenen zu Ungunsten der Langzeitarbeitslosen belegt. Auch Umschulungen gehen in 1. Linie an Bergleute, so daß auch hier Konkurrenz erzeugt wird. Die so verstärkten Probleme auf dem regional besonders belasteten Arbeitsmarkt sind dann wieder Sache von Land und Kommunen, also wiederum der Gesellschaft. Es ist nicht zu verstehen, weshalb Bund, Länder und Kommunen diese Schwierigkeiten zu Gunsten der RAG schultern sollen! Die ungeheuren Kapitalzuwächse der RAG durch diesen Prozeß stehen in keinem Verhältnis zur RAG-Beteiligung von 200 Mio DM ab 2001. Als Profiteur muß die RAG früher und in größerem Umfang herangezogen werden. Selbst Wirtschaftsminister Müller deutet dies im "Westblick" des WDR 5 vom 04.01.2000 an: Der erfolgreiche, stärker expandierende Beteiligungsbereich müsse "noch stärker als bisher zur Flankierung des Anpassungsprozesses herangezogen werden".
Wir müssen öffentlich der Politik Dampf machen, daß
die Politik im Rahmen von Energie- und Sozialpolitik die RAG in die Verantwortung
nimmt!
Denn die vorgezogenen Stillegungen schaffen gesellschaftliche Probleme, die
erhöhte öffentliche Aufwendungen erfordern.
Deshalb verlangen wir von den Parteien, die am `97er "Kohlekompromiß" beteiligt waren, die vereinbarte Belegschaftsentwicklung einzuhalten! Damit würde ein Personalüberhang entstehen, bis im Jahr 2005 die vereinbarten Fördermengen mit dem Belegschaftsstand übereinstimmen. Die finanzielle Absicherung des Personalüberhangs haben die Parteien der `97er Vereinbarung, nämlich Bund, Länder und als Nutznießer die RAG, umzusetzen. Die unglaublich hohen Aufwendungen der DSK, um die Bergleute aus dem Bergbau zu drängen, die lange Einkaufsliste der RAG weltweit und ihre Bilanzzahlen weisen darauf hin, daß die RAG imstande wäre, den Anpassungsprozeß vereinbarungsgemäß zu gestalten, wenn sie die Subventionen nicht zweckentfremdet umschichten würde. Bund und Kohleländer, aber auch die IGBCE müssen daher die RAG verstärkt in der Pflicht behalten. Die Subventionen sind für den Bergbau, nicht für den Umbau des RAG-Konzerns und seine Trennung vom Bergbau. Aber auch Bund und Länder sind uns gegenüber in der Pflicht, die Einhaltung der Vereinbarung durchzusetzen. Eine jetzt sich abzeichnende bruchhafte Entwicklung ist gesellschaftlich eine Katastrophe für die Region. Die Streckung dieses Prozesses, wie ´97 vereinbart, ist für strukturpolitische Maßnahmen ohnehin ein enges Korsett, verschafft aber hierfür Luft im Gegensatz zum sich abzeichnenden Bruch. Hier liegt der gesellschaftliche Auftrag an Bund und Länder: sie müssen durch Druck auf die RAG das Primat der Politik deutlich machen. Ansonsten wird nicht die Bundesregierung Energiepolitik machen, sondern die Wirtschaft mit ihren kurzfristigen Wirtschaftsinteressen. Die Kosten für die "Toten und Verletzten" dieses Prozesses aber muß wieder die Gesellschaft, die öffentliche Hand schultern. Daher gilt: Jeder Bergmann, der weiter kohlt, entlastet den Arbeitsmarkt für die anderen Arbeitslosen. Jedes Jahr Streckung des Anpassungsprozesses ist ein Gewinn für politische Handlungsfähigkeit.
Die Belegschaftsentwicklung bei der DSK
Nach der Kohlerunde von 1997 hatte der Bergbau den Belegschaftsabbau bis 2005 strecken wollen von 84000 auf 36000 Beschäftigte. Das hätte am Ende dieses Jahres eine Belegschaft von 66000 bedeutet. Aber es sollen nur 54000 sein. Für 2001 sollen es anstelle von geplanten 60000 dann nur 45600 sein ein Bruch der Vereinbarungen von 1997. Es ist skandalös, daß Bund und Land dies mitmachen, wo sie doch Milliarden-Subventionen zahlen.
Wohin geht die Reise noch?!
Während im Land die Köpfe rauchen, wie durch Wirtschaftsförderung der wegbrechende Arbeitsmarkt wiederbelebt werden könnte, und alle händeringend nach Investoren und Existenzgründern suchen, die dann 5 - 20 Arbeitsplätze schaffen, vernichtet RAG/DSK mit IGBCE-Rückendeckung vereinbarungswidrig, weil vorzeitig, zigtausende Arbeitsplätze, und konterkariert damit die landespolitischen Bemühungen. Und es sieht so aus , als füge das Land sich darein. Denn je mehr Bergleute aus dem Bergbau auf den offenen Stellenmarkt gedrängt werden (wie offen auch immer...) umso mehr und länger bleibt das Land auf den hohen Arbeitslosenzahlen und deren Folgekosten sitzen. Nimmt die Landespolitik dies klaglos und ohne Druck auf den Bergbau auszuüben hin, beweist sie Politikunfähigkeit. Und noch eine Frage bleibt: Sowohl Bund als auch Land nehmen Geld in die Hand, um die Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau zu finanzieren. Eingespart wird an Leistungen für Arbeitslose, an ihren Renten und Hilfen. Wie viele der Arbeitslosen könnten in Arbeit vermittelt und nicht mehr auf öffentliche Gelder angewiesen sein, wenn die vorrangige Vermittlung der rausgedrängten Bergleute den Stellenmarkt nicht verkleinerte? In Wirklichkeit wird also zusätzliche Arbeitslosigkeit finanziert! Wäre da das Geld nicht besser aufgewandt, um die Bergleute länger im Bergbau zu halten und damit weniger Ausgaben für Arbeitslosigkeit zu haben, da der Stellenmarkt weniger belastet ist und der Strukturwandel damit mehr Zeit gewinnt?
Wohlgemerkt: Hier wird nicht mehr Geld aufgewandt, sondern bloß an anderer Stelle!!!
2002 wird in Brüssel entschieden, ob die Bergbauplanung und Bergbaufinanzierung EU-rechtlich Bestand hat oder nicht. Die Voraussetzung hierfür ist natürlich, daß der Bergbau, also die RAG-Tochter DSK weiß, was sie in Zukunft mit dem Bergbau vorhat. Der augenblickliche Kurs, abzuweichen von der Vereinbarung von 1997, führt zu bruchhaften Entwicklungen in den Revieren. 2002 werden Förderkapazität und Belegschaft soweit abgebaut sein, wie erst für 2005 geplant. Damit wären für die Brüsseler Entscheidung Voraussetzungen geschaffen, die es gar nicht als nötig erscheinen lassen, Steinkohle in der BRD weiter subventionieren zu lassen. Energiepolitik hingegen kann nicht eine unternehmerische Entscheidung sein, sondern Energiepolitik ist Angelegenheit der Bundespolitik. Wenn die Bundesregierung nicht bald formuliert, welche Rolle die Steinkohle über 2005 spielen soll, die dann 2002 EU-rechtlich abgesichert wird, dann hat mit dem Abbruchkurs von RAG/DSK die Wirtschaft schon längst Tatsachen geschaffen, die Bergbau über 2005 verunmöglichen.
Mit welcher Energiepolitik aber soll der Ausstieg aus der Kernenergie bewältigt werden? Die RAG hat schon eine Antwort: sie ist der größte Kohleimporteur.
Energiepolitik ade!!
Nicht so spektakulär wie in Gelsenkirchen geht die 90-jährige Zechengeschichte in Ahlen zu Ende. Am 1. Juli wird es für die Bevölkerung und die Angehörigen einen "Tag der offenen Tür" geben und DSK-Chef Beermann wird den Abgesang vornehmen. "Sang- und klanglos ist die Zeche dann nach 90 Jahren dicht!" so ein Kumpel. Für die derzeit noch 1788 Kumpel sind zwar die einzelnen Verlegungspläne noch nicht geklärt, aber die Richtung ist klar. Aufnehmende Bergwerke werden Ibbenbühren, Prosper-Haniel, Auguste Victoria und für wenige auch das benachbarte Bergwerk Ost. Es sollen auch noch viele junge Kollegen in bergbaufremde Jobs vermittelt werden. Ob damit allerdings die Zahl der zu Verlegenden in einen dreistelligen Bereich gedrückt werden kann, wie es Wunsch der DSK ist, bleibt äußerst fraglich.
Die Zeche "Westfalen" gehörte früher zum Eschweiler Bergwerksverein, und einige Kollegen kennen noch die Wanderungen durchs Revier, als "Erin" in Castrop-Rauxel stillgelegt wurde. Als "Westfalen" dann zur Ruhrkohle kam, ging die Wanderung von vorn los die Kumpel sollten wohnortnäher arbeiten. Mit der Schachtanlage "Sophia Jacoba" wurde im Aachener und Eschweiler Raum die vorletzte Zeche dieser früheren Gesellschaft unter Führung der Ruhrkohle stillgelegt. Auslaufbergbau ist für die RAG sehr profitabel. Nun wird Ahlen in Westfalen ebenfalls ohne Bergbau sein, es gibt in der Nähe nur noch die Anlage "Ost" wer weiß, wie lange noch. Auch hier ist zu fragen, wo die Geschichte der Tausende von Bergleuten bleibt, die auf "Westfalen" ihre Arbeit, Schweiß und manchmal auch ihr Leben ließen.
Das ist nun der Gipfel der Unverschämtheit und das Ende um das Ringen für gewerkschaftliche Positionen ! Ende April flatterte den IGBCE-Mitgliedern ein Schreiben mit obiger Überschrift ins Haus. "Mit Sicherheit haben Sie viele Träume... Das kann eine neue Wohnungseinrichtung, eine Traumreise oder auch ein tolles neues Auto sein. Doch das kostet..." Geworben wurde hier von der IGBCE für einen Servicekredit bei der DiBa. Das wird dann von der Gewerkschaft als Mitgliederservice verstanden. Statt in den Lohnverhandlungen solche Forderungen durchzusetzen (natürlich zusammen mit uns Beschäftigten), dass wir uns endlich auf geregelte finanzielle Verhältnisse im normalen Leben einstellen können, geschweige denn uns unsere Träume erfüllen können, sollen wir über Kreditaufnahme in die Verschuldung getrieben werden. Die ständig steigenden Zahlen der Lohnpfändungen ist der IGBCE wohl entgangen. Damit muß auch dem letzten klar sein, dass sich diese Gewerkschaft von einer Kampfgewerkschaft verabschiedet hat und für die Mitglieder nur noch als ein Versicherungsunternehmen da steht!
Nun stehen also die Forderungen der Tarifkommission der IGBCE für die diesjährige Tarifrunde. Erstaunlich genug, ging doch die IGBCE in den letzten Jahren ohne Forderung in die Verhandlungen. Und vordergründig scheint der Punktekatalog angesichts der letzten Jahre erstaunlich weit zu gehen. Vorneweg: Dies sind Forderungen. Was rauskommt, das ist eine andere Frage. Doch laßt uns näher hinsehen und werten!
Ins Auge sticht die Forderung nach 4,5% Lohnerhöhungen. Allerdings schon hier die Einschränkung: Laufzeit 24 Monate. Diese Forderung würde in die tarifpolitische Landschaft des Bündnis-für-Arbeit-Deutschland passen, wären in den letzten Jahren die Lohnerhöhungen im Bergbau genau so ausgefallen, wie in den Branchen, die jetzt ähnlich unserer Forderung ihre Abschlüsse tätigen. Im Gegensatz zur ÖTV, die über Schlichterspruch ja 1,8% für dieses Jahr und 2,2% für nächstes Jahr herausholte, haben wir real seit Jahren Lohneinbußen und damit jede Menge Nachholbedarf. Und selbst dieser Schlichterspruch wird ja nun von der ÖTV-Basis abgelehnt, und Streik rückt in absehbare Nähe.
Bemerkenswert an diesem Punkt ist, daß alle Tarifabschlüsse sich auf längere Laufzeiten beziehen. Dies war ein wesentlicher Gedanke des "Bündnis für Arbeit", um Tarifkonflikte im nächsten Jahr auszuschalten. Die Gewerkschaften gehen aber, was Lebenshaltungskosten und Teuerung betrifft, eine Luftbuchung ein. Denn wer weiß was nächstes Jahr passiert?!
Zweiter Punkt des Forderungskatalogs ist die Fortführung der Vereinbarungen zwecks Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen. Bisher, so bleibt festzustellen, waren es ausschließlich die Bergleute selbst, die Opfer bringen mußten und damit allein das Risiko getragen haben: niedrige Lohnabschlüsse, Verlust der 7-Stunden-Schicht, Verlegungen, und entsprechend dem Firmenkürzel
DSK - "Du Sollst Kündigen"
massiver Druck zum Verlassen des Bergbaus etc pp. Die Belegschaft darf und kann nicht weiter belastet werden! Die hier gemeinte Vereinbarung soll die fast unentgeltliche Mehrarbeit sowie die Angst vor Freizeitkauf aus Weihnachtsgeld fortschreiben. Wo bleibt der Anteil der RAG und DSK, die gesellschaftliche Verantwortung ihres wirtschaftlichen Tuns zu schultern und betriebsbedingte Kündigungen durch zweckgebundene Verwendung der Subventionen zu verhindern?
Nächster Punkt der Forderung betrifft die durch Änderung des Rentenrechtes durch die alte Bundesregierung beschlossenen Rentenabschläge. Da das Rentenalter stufenweise auf 65 Jahre heraufgesetzt wurde, sind Rentenabschläge bei allen fällig, die das Altersruhegeld für Arbeitslose in Anspruch nehmen. Die Kumpel untertage gehen in ein anderes Ruhegeld, das nicht von den Abschlägen betroffen ist. Die Kollegen übertage aber gehen mit 55 spätestens über die Anpassung mit Zielrichtung auf eben diese abschlagpflichtige Rente. Nur sie haben aufgrund des Anpassungsdrucks gar keine Möglichkeit durch späteres Ausscheiden die Abschläge zu vermeiden. Für sie hat die IGBCE für den 18%igen Rentenabschlag einen Ausgleich gefordert. Einerseits gut so, andererseits: Wieviel der Verhandlungsmasse soll dieser Ausgleich kosten, oder wird er auf die 4,5% aufgesattelt? Außerdem: Die jetzige Schröder-Regierung hat in diesem Punkt sich dem Rentenklau der Kohl-Ära angeschlossen. Warum unternimmt die IGBCE nicht hiergegen etwas, statt die Haltung der Regierung nobel hinzunehmen? Eigentlich gehörte dieser Punkt nicht in die Verhandlungsmasse der Tarifrunde, sondern die Rentenpolitik auch dieser sozialdemokratischen Regierung bekämpft!
Der schließlich letzte Punkt, nämlich die Beibehaltung des Ausbildungsangebotes und die Frage der Übernahmen: dieser Punkt muß ohne Umschweife unterschrieben werden, indes sollte die IGBCE auch über den Tag hinaus die Zukunft unserer jungen Kollegen im Auge haben: die sturzflugartige und vertragswidrig beschleunigte Arbeitsplatzvernichtung auf den Zechen verschlechtert ihre Chance auf dem Arbeitsmarkt und stürzt sie in jungen Jahren schon in Existenzsorgen. Denn die vernichteten Arbeitsplätze sind eben vernichtet!
Am Ende des Flugblatts wird erwähnt, die Forderungen seien breit in Ortsgruppen und Vertrauenskörpern diskutiert worden. Das wäre erstaunlich, denn bisher wurden diese Gremien kaum oder gar nicht gefragt. Aber das Erstaunen gefriert und hat auch diesjährig Grenzen. Denn es bleibt zu fragen, welcher Vertrauenskörper und welche Ortsgruppe stellvertretend gefragt worden sein soll. Von breiter Diskussion und Meinungsbildung hat jedenfalls der normale Funktionär nichts vernommen. Innergewerkschaftliche Demokratie...?
Die kommende Stillegung vor Augen, arbeitet alles auf Blumenthal für den Arbeitsplatzabbau. Die Direktion ist stolz, daß schon mehr Kumpels und Angestellte die Zeche verlassen haben, als eingeplant. Blumenthal muß von Nachbarschachtanlagen sogar vorübergehend Leute holen, weil die Förderung bis 30. Juni 2001 weitergehen soll.
Von den 7800 Arbeitsplätzen der beiden Anlagen Blumenthal und Auguste Victoria sollen höchstens 3800 bleiben. Beide Zechen sollen schon in diesem Jahr jede fast 1000 Kumpel loswerden.
Der ständige Druck, das sinkende Schiff zu verlassen, hat zu laufendem Weggang geführt. Umschulungen und Handwerkerinitiativen, Abfindungen für die Selbständigkeit: alles dient der Vernichtung der Arbeitsplätze an der Herner Straße.
Es fehlt an allen Ecken und Enden, da die Störungen im Betrieb weitgehend überwunden sind. Blumenthal fördert weit über Soll, nachdem zwei Jahre lang die Förderung unter den Planzahlen blieb. Aber durch den ständigen Abbau von Personal müssen immer öfter Kollegen die Arbeit von zwei anderen mitmachen. So wird billige Kohle gemacht: mit immer weniger Leuten immer mehr Förderung. Offensichtlich setzt sich die Blumenthal-Direktion das Ziel, den "besten Auslauf" eines Bergwerks, den Ewald-Hugo für sich beansprucht hat, noch zu übertreffen.
In den Förderschacht in Herne-Eickel wird nichts mehr investiert, nachdem vor einigen Jahren noch 14000 Tagestonnen geplant waren, dann runter auf nur 9000 Tonnen Planförderung. Aber gefördert wird jetzt viel mehr was die Bänder hergeben. Alles zu spät: so eine große Anlage kann selbst wenn die 9000 Tagestonnen gekommen wären mit so wenig Förderung nicht bestehen.
Die Vorbereitung für den Abbau in Flöz Dickebank unter der Stadt Recklinghausen läuft. Die Bergbehörde hat vor Kurzem den Abbau genehmigt. Hier darf aber nur knapp 5 Meter am Tag gerückt werden, um die Gebäude zu schonen. Eine Bürgerinitiative will den Abbau verhindern, weil viele Bergschäden befürchtet werden müssen. Der Abbau in Flöz Johann im vorigen Jahr hat in der Stadt zu vielen Schäden geführt, und die Bergschadensregulierung war nicht immer in Ordnung. Nun behaupten die Hausbesitzer, der letzte Streb brauche auch nicht mehr zu laufen, wenn die Zeche sowieso zu macht. Aber angeblich wird noch dieser Abbau benötigt, um die Sozialverträglichkeit einzuhalten. Das ist aber nicht der hauptsächliche Grund. Der ist, daß es in Dickebank immer gute Kohle gab, und daß die Bauhöhe ohne viele Vorleistungen angefahren werden konnte. So kann man dort billige Kohlen gewinnen, um vor der Stillegung gut dazustehen bei der DSK.
Für die Kumpel hat das vor allem die Folge, daß sie monatelang Kontischicht fahren müssen, weil ein kontinuierlicher Abbau von der Behörde verlangt wird. Wochenende arbeiten unter der Woche Freischichten so sieht das dann aus.
Es hat eine öffentliche Anhörung der Betroffenen bei einer Großveranstaltung gegeben. Die Werksleitung stellte sich der Diskussion, ein Informationsblatt wurde herausgegeben und an die betroffenen Häuser verteilt alles noch nie dagewesen. Zur Bergschadenssicherung werden um wichtige Gebäude Gräben gezogen. Wenn man das früher gemacht hätte, als die Sympathien für die Kumpel und den Bergbau noch größer waren, wäre manches Problem nicht so hoch gekocht worden. Aber die Argumente werden natürlich knapp, ob sich die Bergschäden lohnen, wenn die Zeche sowieso zu macht. Da hat die Initiative in der Öffentlichkeit auf einmal eine bessere Presse, als ihre Ziele eigentlich vertreten lassen. Wer dagegen die Arbeitsplätze verteidigen will, sieht sich von der DSK selber in den Rücken gefallen zumal die Arbeitsplätze sowie so weg sein werden!
Die Bürgerinitiative will gegen die Abbaugenehmigung Klage einreichen, um den Abbau zu verhindern. Dann würde Blumenthal wohl noch eher zu machen müssen, behaupten die Vertreter des Betriebes.
Der Verlauf bei Ewald-Hugo hat es gezeigt, und die Erfahrungen auf Blumenthal sind jetzt genauso: eine Zusammenlegung ist eine Stillegung da beißt keiner einen Faden ab.
Jetzt schon laufen die Planungen für die Verfüllung der Schächte.
Ständig finden Gespräche statt, um die frei werdenden Zechengelände hinter dem Bahnhof und an der Herner Straße zu überplanen. Neuansiedlung von Arbeitsplätzen ist das Stichwort, aber das wollen die Hertener und Gelsenkirchener auch erreichen große Konkurrenz unter den Nachbarstädten ist vorprogrammiert.
Die Frage, wo die Kumpel unterkommen werden, stellt sich jeder nur hinter vorgehaltener Hand. Zur Zeit werden Durchhalteparolen ausgegeben. Die ersten Kollegen, die den Absprung geschafft haben, werden in der Lokalpresse groß herausgestellt. Aber das sind die "Ringeltauben", die große Masse wird erst im zweiten Halbjahr und im nächsten Jahr auf Suche gehen müssen.
Der DSK ist egal, ob Blumenthal mit Unterdeckung fährt Hauptsache, am Jahresende sind 12000 Arbeitsplätze vernichtet. Und im nächsten Jahr nochmal 8000.
Die Leute, die groß die Vereinbarungen von 1997 im Munde führen, planen in Wirklichkeit, schon 2002 die Zahlen von 2005 erreicht zu haben. Wie dann aber eine Anschlußregelung nach 2005 aussehen soll, davon wird nicht geredet.
In Recklinghausen wird es keinen Bergbau mehr geben nach über 125 Jahren wird auch für die Tradition der Arbeiterbewegung ein Kapitel geschlossen. Die Geschichte der Kumpel müßte allerdings noch geschrieben und aufbewahrt werden.
Mit dieser Überschrift aus der Recklinghäuser Zeitung vom 16. Mai sollen die Stillegungsvorbereitungen in Recklinghausen als Gesundung hingestellt werden! Dabei weiß jeder bei der Recklinghäuser Zeitung, daß der Bergbau hier nicht "gesund" werden kann, wenn er nur nach kapitalistischen Gesichtspunkten beurteilt wird. Gegen die niedrigen Förderkosten im Ausland kommen die Kumpel hier nicht an.
"Gesund" wird allein die Bilanz der RAG - Blumenthal schrumpft sich tot!
Da es jetzt nicht mehr lange dauert, bis AV und Blumenthal/Haard zusammengelegt werden, wird mit allen Mitteln versucht, die Belegschaft abzubauen, indem man die Leute mürbe macht.
Ein Beispiel dafür sind die Verlegungen der Leute von AV nach Blumenthal, obwohl AV der gemeinsame Standort werden soll und die Leute somit beim Verbund wieder zurück verlegt werden. Mit diesem Hin und Her bekommt man bestimmt Unruhe in die Belegschaft!
Weitere Nettigkeiten sind den Kollegen von anderen Zechen widerfahren, die zu uns verlegt wurden und jetzt 140 Kilometer am Tag fahren müssen, obwohl in ihrer Wohnortnähe noch offene Bergwerke sind, und die Kollegen bei einer Verlegung dorthin keine 20 Kilometer fahren müßten. Aber so kann man ja auch Stellen abbauen. Denn neue Autos kosten sehr viel Geld, und irgendwann kann sich keiner mehr den Weg zur Arbeit leisten und kehrt der DSK den Rücken.
Die andere Sache ist die Verlegung der Wartung und Reparatur von der Nacht- auf die Frühschicht. Da auf der Frühschicht die meisten Stillstände sind, soll diese Änderung sinnvoll sein, weil nachts wird durchgekohlt und morgens sind nur planmäßige Stillstände. Somit mehr Produktionszeit und außerdem mehr Fachingenieure auf dem Bergwerk, die dann alle Entscheidungen treffen. Denn vom Schreibtisch aus hat man mehr Überblick, als vor Ort des Geschehens. Außerdem sind mehr Leute auf mehr Ebenen auf der Zeche, und es ist schneller ein Schuldiger gefunden, der den schwarzen Peter bekommt. Auf die Art kann so auch wieder Personal abgebaut werden. Denn Leute, die mehr als 10 oder 20 Jahre auf der Nachtschicht sind und nun auf die Frühschicht müssen, denen wird schon die Lust am Bergbau vergehen.
Aber Personalabbau geht ja vor Produktion!
Auf die Stimmung bei den verbleibenden Kumpel scheint das keinen Einfluß zu haben. Nach Ansicht des Betriebsrates "sind die Arbeiter erstaunlicherweise immer noch hoch motiviert." Werkschef Schächter setzt noch einen drauf: "Sie reagieren immer noch im Sinne des Bergwerks". Der Betriebsratsvorsitzende auf der Belegschaftsversammlung zur Stimmung der Kumpel: "Sie haben erkannt, dass Personalabbau und Maßnahmen zur Rationalisierung notwendig sind." und verkündet, dass fast 100% der an den Weiterqualifizierungs-maßnahmen Beteiligten neue Arbeit gefunden haben. Aber hier wird natürlich vor der Belegschaft Betriebsrat und Werksleitung Hand in Hand in Zweckoptimismus gemacht, um den Kumpeln die Kündigung schmackhaft zu machen. Aber es gibt durch die Kündigungen schon erste Probleme: "Da wir vor allem an Mitarbeiter herantreten, die vom Alter und Können her vermittelbar sind, haben wir natürlich auch große Verluste bei hochqualifizierten Angestellten." 80 neue Kumpel von Ewald/Hugo und dem Bergwerk Ost wurden jetzt neu aufgenommen.
"Selbst wenn Du anderer politischer Meinung bist, halten wir es im Sinne des deutschen Steinkohle-Bergbaus für wichtig, dass Du auch an dieser Veranstaltung teilnimmst. Wir bitten Dich daher, diese Veranstaltung als Pflichtveranstaltung für Vertrauensleute anzusehen." So stand es geschrieben auf einem mit dem Briefkopf der IGBCE beschriebenen Papier. Es ging um eine SPD-Wahlkampfveranstaltung. Nun war es in der Vergangenheit besonders im Ruhrgebiet Gang und Gebe, dass Massen von Menschen zu entsprechenden Veranstaltungen gekarrt wurden sonst würden die SPD-Politiker ja vor leeren Stuhlreihen sprechen müssen. Manchmal wurde das während der Arbeitszeit auch mit Schichtausfallvergütung versüßt. Neu ist daran, dass jetzt unverblümt von einer Pflichtteilnahme gesprochen wird. Deshalb bemühte sich auch IGBCE-Bezirksleiter Fahlbusch im Nachhinein auf Anfrage der "Tageszeitung" von einer mißverständlichen Formulierung zu sprechen. Dennoch haben es die Kumpel bei der Landtagswahl der SPD nicht ausreichend gedankt.
RAG-Vorstandsmitglied Trützschler wechselt in den Vorstand der Haniel-Gruppe und der Chef der Saarberg AG vom Berg geht zu Dykerhoff. Beide waren erst vor ein paar Monaten zu diesen Posten bei der RAG gekommen. Eigentlich ist das genauer betrachtet ein Abstieg. Was könnten also die Gründe sein ? Durch die Fusion von VEW und RWE gibt es einen neuen Großaktionär mit großem Einfluß. Der ist natürlich an den "Ringeltauben" im Konzern interessiert wie z.B. an der STEAG (hier behauptet der RAG-Vorstand noch in den letzten Tagen den eigenen, selbständigen Weg der Tochter) und wird sich damit auch massiv in die Personalpolitik der oberen Etagen einmischen. Diese Entwicklung bedarf unserer höchsten Aufmerksamkeit denn in der letzten Zeit wurde von den Verantwortlichen zu oft betont, dass die RAG in erster Linie ein Bergbau-Unternehmen bleiben soll !
Kaum war der Abschied aus dem RAG-Vorstand mit 250 honorigen Leuten (mit Bundeskanzler Schröder) zum Jahreswechsel vorbei, hatte man für den ehemaligen Krupp-Chef auch schon einen neuen Posten gefunden: Er wurde Aufsichtsratsvorsitzender bei dem angeschlagenen Holzmann Konzern. Das fehlte ihm noch in seiner Postensammlung. Damit hatte man ihm einen langersehnten Wunsch erfüllt, denn er war noch nie in einem Aufsichtsrat gewesen. Bei der RAG hatte es ja aus personalpolitischen Kalkulationen nicht geklappt. Es gab zwar Überlegungen, dass er vom Chefposten des Konzerns auf den Chefposten im RAG-Aufsichtsrat wechseln sollte, aber da spielten wohl die neuen Anteilseigner nicht mit.
Diese Aussage machte der saarländische Wirtschaftsminister Georgi (CDU). "Diese Jahreszahl ist eher noch zu hoch gegriffen", sagte er dann auf einem Energiekongreß der IGBCE, und überläßt es den Kumpels, darüber zu rätseln, wie das nun zu bewerten ist. Macht er hier auf Optimismus?
Von derzeit 16 000 auf 11 000 sollen die Beschäftigten reduziert werden. Natürlich, damit die restlichen Arbeitsplätze sicher bleiben.
Die Förderung allerdings wurde trotz geringerer Belegschaft um 2,4 % gesteigert.
Die Bergleute aus den Kohlerevieren Donezk und Lugansk sind gegen Lohnausfälle und gefährliche Arbeitsbedingungen in einen unbefristeten Streik getreten. Das ukrainische Kohleministerium schuldet den insgesamt 350 000 Bergleuten rund 300 Mio DM Löhne und das zum Teil seit über einem Jahr !
Darüberhinaus sollen 35 unrentable Gruben geschlossen werden und die Finanzhilfen für die anderen erheblich gekürzt werden. Der Protest gegen die Arbeitsbedingungen begründet sich in den häufigen Unfällen. Erst im März waren bei einer Methangas-Explosion 80 Kumpel ums Leben gekommen.
Wegen des Rückgangs der staatlichen Hilfen und der billigen Kohle (besonders aus Polen), die auf den britischen Markt drängt, müssen die Kapazitäten in den nächsten 2 Jahren um jeweils 6 Mio to pro Jahr abgebaut werden. Damit ist ein Großteil der noch vorhandenen 17 Zechen, die mit 12 000 Beschäftigten rund 36,7 Mio to Kohle im Jahr fördern, stark gefährdet. 1947 hatte Großbritannien noch 1 000 Kohlegruben und eine Jahresförderung von 186 Mio to.
Diese Zahl kam allein im letzten Jahr zustande. 24 400 nahmen den Sozialplan mit Abfindungen in Anspruch. 10 200 sind in den Vorruhestand gegangen.
Diese enormen Umstruktuierungsmassnahmen begründet das Ministerium mit den hohen Verlusten von 1,6 Mrd DM im letzten Jahr. Bis 2006 soll die Gewinnzone erreicht werden.
Während 1993 noch 312 000 Kumpel im Bergbau beschäftigt waren, sind es Ende 1999 nur noch 174 000.
Die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen sind gelaufen. Für die Bergbauunternehmen gab es nichts zu befürchten: da sind sich CDU und SPD gleich in der Förderung des sogenannten Strukturwandels weg von der Ruhrkohle zur Importkohle. Unterstützung des Zusammenschlusses der Energiekonzerne. Liberalisierung des Marktes und Einrichten von Niedriglohnbereichen.
Aber für die Kumpel konnte es den Anschein haben, es stünde ihre Zukunft auf dem Spiel, deswegen wurde Clement von der Gewerkschaft massiv unterstützt. Clement tat sich vorher auf Belegschaftsversammlungen hervor, die Kohlevereinbarungen seien mit ihm sicher. Dabei wird darüber in Berlin und Brüssel entschieden. Er schränkte auch schon ein: nach 2005, also in seiner nächsten Amtszeit, könne es nur auf niedrigerem Niveau weitergehen.
Nach den Wahlen kommt das Zahlen! Denn wer gewann? Möllemann! Die FDP bekam fast 10 Prozent, und allein dadurch sitzt Möllemann nun direkt oder indirekt mit am Kabinettstisch.
Schon wieder Möllemann, wird mancher Kumpel und viele andere Kolleginnen und Kollegen gestöhnt haben. Möllemann ist den Bergleuten ein "guter Bekannter": vor Jahren war er Wirtschaftsminister unter Helmut Kohl. Die Riege Bangemann, Haussmann und Möllemann war die berüchtigte Folge von FDP-Wirtschaftsministern, die alle den Bergbau am liebsten sofort platt gemacht hätten. Da standen sie in der Tradition ihres Vorgängers Graf Lambsdorff, der ja auch noch heute in NRW die graue Eminenz ist.
Vor einigen Jahren stellten viele Bergleute in Recklinghausen einen Protestzug zusammen, als Möllemann einen Termin an einer Schule dort hatte. Durch den Hintereingang ging er hinein, stellte sich dann zwar anschließend dem Protest und dem Pfeifkonzert, blieb aber bei seiner Aussage, der Bergbau sei zu teuer und müsse schnell stillgelegt werden.
Inzwischen hat die Politik und das Verhalten der RAG selber dazu geführt, daß Möllemanns Politik schon fast aufgegangen ist.
Und mit diesem Mann stellt sich Clement als erstes vor die Presse, um ein interessantes gemeinsames Gespräch zu dokumentieren. Nun müssen die Grünen kuschen (wie sie es ja schon in der ganzen Legislaturperiode getan haben) oder sie fliegen raus. Da ist Möllemann auch dank der SPD-Politik tatsächlich der große Gewinner der Wahl.
Und die Kumpel haben ihn wieder im Nacken nur daß wir immer weniger werden, und wie sieht es dann mit dem Druck aus, den wir noch auf solche Politiker machen können? Schlecht! Bei den Wahlen gehen konsequenterweise immer weniger Menschen hin: sie können ja nichts entscheiden!
Fusionen von großen Unternehmen sind an der Tagesordnung. Der frei gegebene Strommarkt hat dazu geführt, daß auch die großen Stromversorger noch größer werden wollen.
VEBA, der größte Aktionär der RAG, geht mit dem bayrischen VIAG-Konzern zusammen und bilden das Unternehmen E'ON ein "Kunstname" für den dann größten Stromerzeuger der BRD. VEBA und VIAG sind über ihre Tochterunternehmen Preußenelektra und Bayernwerke in allen Stromsparten tätig: Erzeugung, Verteilung und Verkauf. Viele Atomkraftwerke gehören dazu. Sie sind auch an der VEAG beteiligt, die in den neuen Bundesländern die Elektrizitätserzeugung innehat. Die geplanten Gewinne aus der Fusion sind in Milliarden angegeben.
Vernichtung von 12500 Arbeitsplätzen
Genauso ist es mit VEW, dem anderen großen Aktionär der RAG, und dem RWE. Das RWE ist über Rheinbraun der größte Braunkohlenproduzent, größter Atomkraftwerksbetreiber und macht Strom und riesige Gewinne damit. VEW hat dagegen große Steinkohlekraftwerke im Konzern und verkaufte bisher im östliche Ruhrgebiet Strom. Als erstes kündigten die beiden Vorstände den Abbau von über 12500 Stellen an. Die Drohung hing schon seit längerer Zeit vor allem über den Beschäftigten der VEW. In den Belegschaften herrschte ziemliche Unruhe, vor allem, weil durch die Änderungen bei der Stromversorgung und die niedrigeren Preise das Unternehmen erheblichen Druck auf die sozialen Regelungen ausübte.
Die Gebietsmonopole sind gefallen, das heißt, jeder Stromproduzent darf überall in der BRD seinen Strom anbieten, und der Netzinhaber muß ihm die Durchleitung gestatten. Als Folge fielen die Preise für Industriestrom erheblich. Nur die Privatverbraucher hinkten hinterher sie merkten von gesunkenen Preisen kaum was, weil gleichzeitig auch die Ökosteuer erhoben wurde.
Für alle Stromversorger heißt das: verschärfte Konkurrenz, die sie durch Kostensenkungen beantworten wollen. Arbeitsplatzabbau ist das erste, was dann betrieben wird.
Die VEW stellten ihre Stromtarife um, und wollten die Beratungsstellen in den angehörigen Städten schließen. Dazu wurde in Bochum ein Call-Center eröffnet. Viele Anrufe kamen nicht durch, die Umstellung führte zu viel Ärger, die VEW mußten zurückstecken und die Beratungsstellen in einigen Städten erhalten. Jetzt wird nach anderen Einsparmöglichkeiten gesucht, die bei der Fusion verwirklicht werden sollen.
Vorher schon wurden beim RWE Einsparungen vorgenommen, die 3000 Arbeitsplätze kosten. Bei VEW-Energie waren zuletzt nur noch weniger als 8000 Menschen beschäftigt, es handelt sich um einen massiven Einschnitt, der für jede Ruhrgebietsstadt zu fühlen sein wird. Insbesondere die Zahl der Ausbildungsplätze traditionell begehrt wird zurückgehen.
Bei VEBA haben die Umstrukturierungen zu großer Unruhe in Gelsenkirchen bei der Chemie geführt. Die VEBA-Tochter Degussa-Hüls in Marl ist in viele kleine Unternehmen aufgeteilt. Die Telefonsparte wurde verkauft.
Zerschlagung von RAG droht weiterhin
Für die Beschäftigten bei der RAG heißt das ebenfalls: unsichere Zeiten. Wenn sich die größten Aktionäre dieses Konzerns, der unter anderem noch einige Zechen in der BRD betreibt, andere Partner suchen, dann wächst die Konkurrenz. Die STEAG, die innerhalb des RAG-Konzerns Strom produziert, steht auf der Fusionswunschliste der Großen. Der profitable Chemie-Bereich schafft Begehrlichkeiten. Der Gedanke, daß die Stromproduzenten RWE und VEW sowie die neue E'ON alles Profitable aus dem RAG-Konzern herauslösen wollen, liegt nicht so fern. Dann bliebe nur noch die DSK und der Importkohlebereich bei RAG sowie die Technik.
Auch von dieser Seite droht also erneute Arbeitsplatzvernichtung.
Spätestens seit dem Börsengang der Telekom versuchen interessierte Kreise auch in der BRD mit aller Kraft ein "Börsenfieber" herbeizureden und zu schreiben. Am laufenden Band werden Erfolgsstories zum Besten gegeben; es wird der Eindruck vermittelt, als ob diejenigen, die (noch) nicht an der Börse spekulieren, zurückgebliebene Dummköpfe seien, die den Zug der Zeit nicht erkannt haben. "Geldrausch" titelt die Bild-Zeitung. "Machen Sie Ihre erste Million, fordert "DM" ihre Leser auf, "fangen Sie noch heute an reich zu werden". Tatsächlich hat die Zahl der (Möchtegern)- Börsenspieler beträchtlich zugenommen. Angeblich besitzen bereits über 5 Millionen Deutsche Aktien. In jenem Kreis finden sich nicht nur die klassischen "Besserverdienenden" (leitende Angestellte, Zahnärzte, Anwälte uns Steuerberater). Wohl auch so mancher Busfahrer, Schichtarbeiter und Beamter des mittleren Dienstes ist den Verheißungen vom schnellen Geld gefolgt und hat einen Teil seiner Ersparnisse in Aktien umgeschichtet.
Und tatsächlich gibt es Leute, die sich im Geschäft mit Aktien die sprichwörtliche "goldene Nase" verdienen. So z.B. die Investmentbanker. Während in den Zweigstellen der Kreditinstitute tausende von Stellen fallen, kassieren sie unverschämte Summen ein. "Insgesamt gibt es etwa ein Dutzend Banker in London und New York, die 100 Millionen Dollar oder mehr im Jahr verdienen", zitiert der SPIEGEL den Personalberater einer Headhunter (Kopfjäger")-Agentur. In Deutschland müssen die Investmentbanker sich noch mit weniger bescheiden. Aber auch hier werden mittlerweile bis zu 3 Millionen Mark im Jahr verdient. Seit 1990 haben sich in Deutschland die Einkommen in dieser Branche versiebenfacht (!!). Auch Börsenmakler kassieren nicht schlecht. In New York haben im Jahr 1997 rund tausend Börsenhändler und Geldmanager jährlich Bonuszahlungenvon mindestens einer Million Dollar eingesteckt.
Nicht vergessen wollen wir die Manager der großen Konzerne. Die Absahner aus der Vorstandsetage von Daimler-Chrysler führen gerade vor wie das geht. Offenbar fühlt sich Jürgen Schrempp mit seinen rund 5,2 Mio Mark unterbezahlt. Schon längere Zeit schielte er wohl schon neidvoll auf seinen amerikanischen (Ex-) Vorstandskollegen Robert Eaton. Denn vor seinem Absprung mit dem "goldenen Fallschirm" in den Ruhestand kam dieser feine Herr dank großzügiger Aktienoptionen auf ein jährliches Einkommen von über 20 Mio Mark. Nun hat der Daimler-Chrysler-Vorstand für sich selbst ein gigantisches Selbstbereicherungsprogramm für Führungskräfte beschlossen. Der neue Aktienoptionplan sieht Vorzugsaktien im Wert 12 Milliarden(!!) DM für die 6500 Führungskräfte vor. 15 % dieser Summe sind für den 13 köpfigen Vorstand reserviert.
Aber wie ist es um die Chancen des Schichtarbeiters zu schnellem und nachhaltigen Reichtum mittels Börsenspekulation bestellt? Zwischen all dem Wortgeklingel über Erfolgsstories findet sich darauf auch im SPIEGEL ein verschämter Hinweis. "Doch wenn das nötige Spielgeld fehlt für das große Börsenmonopoly, weil von seinem Gehalt als Polizeimeister oder als Busfahrer am Ende des Monats nicht viel übrig bleibt, dem nützt die beste Anlagestrategie nichts." (SPIEGEL 11/2000) Manche Untersuchungen kommen im übrigen zu dem Ergebnis, dass die Kleinanleger mit Aktien unter dem Strich ( nach Abzug von Depotgebühren und Provisionen) eher weniger verdienen als etwa mit Bundesschatzbriefen. Das gilt umso mehr angesichts der jüngsten Börsenturbulenzen, wo sich abzeichnet, das der Kurs der High-Tech-Aktien durchaus nicht immer in einer Einbahnstraße nach Oben geht. Im übrigen werden die Kleinanleger von institutionellen Anlegern eher als "Schlachtvieh" betrachtet. Denn bis sie bei einem Kurssturz reagieren, ist das Kind schon längst in den Brunnen gefallen. Wenn normale Lohnabhängige sich dennoch für Aktien begeistern, hat das viel mit den illusionären Hoffnungen zu tun, die von interessierter Seite bewußt angefacht werden. Ähnlich wie beim Sechser im Lotto regiert hier die Hoffnung schnell und einfach aus der Mühle des Berufsalltags raus zu kommen. Nur glauben die Aktienbesitzer im Unterschied zum Lottospieler ihr Schicksal selbst beeinflussen zu können.
Schaut mensch genauer hin, stellt er/sie fest, dass die "Aktienkultur" das Los der Lohnabhängigen nur noch schwerer erträglich macht als es ohnehin schon ist. Zugespitzt lässt sich sagen: damit die Aktienkurse steigen, müssen Arbeitsplätze fallen. Für Analysten, die börsennotierte Unternehmen auf ihre Rentabilität abklopfen und professionellen Anlegern detaillierte Ratschläge geben, wo sie ihr Geld möglichst gewinnbringend anlegen können, zählt nur eins: die Rendite. Personal ist für sie lediglich ein Kostenfaktor. Massenentlassungen tauchen bei ihnen unter der Rubrik "Headcount" (Köpfe-zählen) in übersichtlichen, profitversprechenden Grafiken auf. Am 23.2. war in der "Financial Times Deutschland" zu lesen: "Unilever will Rendite durch Stellenabbau steigern 25000 Arbeitsplätze werden gestrichen" Oder nehmen wir das Beispiel Infineon. Damit die Siemenstochter ein Börsenstar werden konnte, mußten zunächst die geltenden Tarifverträge außer Kraft gesetzt werden. Seither gilt für 80 % der Infineon Beschäftigten wieder die 40 Stunden-Woche. Selbst ein Vorstandsmitglied der IG Metall hat diesen Vorgang als "fürchterlich" und "desaströs" bezeichnet.
Die Unternehmer bzw. deren Lautsprecher wissen , warum sie unter den lohnabhängig Beschäftigten die Verbreitung einer "Aktienkultur" fördern wollen: Die ArbeiterInnen und Angestellten sollen enger an die eigene Firma gebunden werden, die KollegInnen sollen "unternehmerisch denken". Das heißt: Sie sollen denken wie Börsen-Analysten. Sie sollen die Profite des Unternehmers und die Rendite des Aktienanlegern über ihr eigenes und ihrer KollegInnen Wohl stellen. Sie sollen jene KollegInnen, die sich für die Profite anderer Unternehmer kaputt machen müssen, nicht als KollegInnen mit ähnlichen Problemen und Interessen, sondern als reine Konkurrenten sehen. Wesentlicher Zweck der Förderung "unternehmerischen Denkens" ist, gewerkschaftlicher Solidarität den Garaus zu machen.
Aus der Sicht von Unternehmern ist eine solche Einstellung nachvollziehbar, aus der Sicht von Lohnabhängigen hingegen katastrophal. Wer "unternehmerisch denkt", für den/die wäre es nur konsequent, vorschlagen, dass die eigenen Kollegen entlassen, die Arbeitszeiten verlängert, die Lohnnebenkosten und schließlich auch die Löhne der Beschäftigten gekürzt werden. Denn bekanntlich steigern all diese Maßnahmen die Profite der Unternehmer. Konsequent durchgedacht müssten die Kollegen, denen der Börsenwert "ihres " Unternehmens über alles geht, sofort zum Chef gehen und ihm mitteilen, dass sie seines und der Aktionäre Profit zuliebe auf einen Teil ihres Gehalts verzichten. Oder salopp gesagt: Sie können sich gleich selbst ins Knie schießen!
Wenn Lohnabhängige ihre Interessen und Bedürfnisse gewahrt wissen wollen, müssen sie gewerkschaftlich und gerade nicht "unternehmerisch" denken und handeln. Es war und ist ja gerade die ureigenste Aufgabe der Gewerkschaften, der Konkurrenz zwischen Beschäftigten verschiedener Firmen durch betriebsübergreifende, einheitliche branchenweite Regelungen entgegenzuwirken. (Zwickel & Belegschaftsaktien zur Alterssicherung) Heutzutage kommt hinzu, dass Belegschaften gegen globalisierte, multinationale Unternehmen nur dann eine Chance haben, wenn sie sich international vernetzen. Wenn BMW ohne Probleme das Rover-Werk in Longbridge (Großbritannien) dicht machen kann, haben damit auch die deutschen KollegInnen eine Niederlage erlitten.
Statt hohler Phrasen über "Anteil an der Wertschöpfung des Unternehmens" in Form von Aktienpaketen brauchen wir eine spürbare Erhöhung der aller Löhne und Gehälter insbesondere bei den niedrigen Lohngruppen!
Statt weiterer Flexibilisierung oder gar Erhöhung der Arbeitszeit ( wie bei Infineon) brauchen wir eine drastische Verkürzung der Arbeitszeit (30 Std) bei vollem Lohn- und Personalausgleich!
Statt weiterhin Kapitulationspolitik gegenüber den Unternehmern im Namen des "Bündnisses für Arbeit" zu betreiben, müssen die Gewerkschaften es wieder lernen, den Unternehmern die Stirn zu bieten!
Denn Verzichten können die Kolleginnen und Kollegen alleine. Dazu brauchen sie keine Gewerkschaften.
Schon als wir Käthe Kollwitz, besonders aber Zille im letzten Bergarbeiter-Info vorstellten, erwähnten wir als Dritten im Bunde dieser Berliner Künstler in diesem Jahrhundert Hans Baluschek. Alle drei Künstler machten die arbeitenden, obdachlosen, unterdrückten und entrechteten Menschen, die Verlierer der "Goldenen Zwanziger Jahre" zu ihrem Thema. In unterschiedlichem maße nahmen sie Probleme mit der Akademie der Künste in Kauf, hielten nichts von der dem Geldbürgertum gefälligen Kunstauffassung.
Kaum jünger als Käthe Kollwitz oder Heinrich Zille, wurde Hans Baluschek 1870 in Breslau geboren. Ab 1876 erlebte er, der Vater ist Landvermesser und wurde nach Berlin versetzt, das Kaiserreich vor dem 1. Weltkrieg in seinem politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zentrum. In seiner Schulzeit wird er durch einen Lehrer mit den damals noch radikalen Theorien der Sozialdemokratie bekannt. Und für Baluschek lag auch nichts näher als das, veränderte sich doch vor seinen Augen das soziale gefüge und damit auch das Antlitz Stralsunds, woher er nach den letzten 3 Schuljahren nach Berlin zurückkehrte, und noch stärker Berlins. Die explosionsartige Industrialisierung frißt wie ein Moloch die Beschaulichkeit und das ländliche Gefüge der Berliner Umgebung. Die Gewinner der industriellen Revolution beginnen mit dem Aufbau innerstädtischer Konsumzentren. Die Zerstörung der familiären Sozialstrukturen, Kellerwohnungen in Mietskasernen und Löhne, die kaum die Familie ernähren konnten, das alles beobachtete Baluschek ebenso, wie das Heer der Gestrandeten, die Arbeitslosen, Säufer, Dirnen.... Dies alles sind seine Motive.
Mit einer besonderen Maltechnik und Farbgebung, die das stumpfe, triste Berlin der Unterdrückten annähert, beobachtet er zeichnend und malend die im Bauboom sich verändernden, von Bahngleisen zerschnittenen Straßen, die arbeitenden Menschen, aber auch die Hütten, die Fabriken. Sein besonderes Interesse gilt zeitlebens dem rasend gewordenen, pulsierenden leben der Großstadt, die mit ihrem entstehenden Gewirr von Eisenbahnschienen die in der Masse gleichwohl anonymen Menschen in Strömen den Fabriken zuführt, mit ihren Bahnhöfen Umschlagplätze für Menschen schafft.
Das Völkerschlachten des 1. Weltkriegs erlebt er ab 1916 und verarbeitet sein Entsetzen in Bildern und Zeichnungen in zahlreichen oppositionellen Zeitungen. Sein politisches und kulturpolitisches Engagement gilt immer den Unterdrückten, ihnen soll seine Kunst und Kunst überhaupt dienen. Ausstellungen Bilderserien für SPD- und KPD-nahe Zeitungen sind ebenso Bestandteil seines Werkes, wie die Anleitung der einfachen Menschen, sich und ihre gesellschaftlichen Probleme zeichnend und malend zu erkennen und auszudrücken, und um ein Stück weit hierdurch Menschenwürde zurückzugewinnen. Denn letztlich tut er nichts anderes : den Fortschritt durchaus bestaunend, für den Baluschek in der Lokomotive, der Eisenbahn sein vielgestaltetes Symbol findet, sieht er zugleich den Verlust menschlicher Würde bei den unteren Schichten durch eben diesen Fortschritt. Wie Alfred Schmidt viel später bewundernd die Technik untertage genau festhielt und so den Menschen, der hier arbeitet, auslotete und erfaßte, so hat auch Baluschek bewundernd die Technik dargestellt, die den arbeitenden Menschen selbst bis in seine kleinen Sonntagsfreuden hinein den Stempel aufdrückte.
Für Baluschek wurde seine Kunst so zum Widerstand. Folgerichtig galt er unterm Faschismus als "entartet", mußte sich 1933 aud der Öffentlichkeit zurückziehen, bevor er 1935 in Berlin, der ihrerseits folgerichtig entarteten und entmenschlichten Hauptstadt des Faschismus starb.
Wir können von Hans Baluschek lernen, was Kunst, ob wir sie betrachten oder selber machen, in uns und der Gesellschaft verändern kann wenn sie nicht den Herrschenden und ihrem Kunstmarkt gefällig ist. Er ist einer von uns!
Beginnen wir mit Hugo´s Verbundgeschichte. Dort erlebten wir, trotz erster gegenteiliger Beteuerungen, schon bald nach dem Verbund von Hugo und Consolidation 1993 die Aufgabe der Consol-Felder. In kürzester Zeit wurde anschließend die Belegschaft bis zum Jahresbeginn von 1997 von ehedem über 7000 auf knappe 4000 Beschäftigte runtergefahren. Kurz zuvor war mit der Abgabe des Zylinders Hugo-Ost an Ewald, die Zeche für den folgenden Verbund mit Ewald, beginnend mit dem 1.4.1997, windschnittig gemacht worden. Hier standen nun wieder 7800 Kumpel vor der Frage nach ihrer Zukunft.
Und man staunt: Bis zum Mai 2000 hat die DSK geschafft, die Belegschaft bis auf 2300( ab 1.6.00 sollen es nur noch 1900 sein) zu reduzieren. Dies alles wurde ohne Unruhe und Widerstand der Belegschaft abgewickelt. da muß man doch wohl sagen: Werksleitung und Betriebsrat: Hut ab vor euch!
Für uns bleibt die Frage: Wie macht man so etwas?
Begonnen hatte die jüngere Geschichte im März 1997, als unser Marsch nach Bonn Hand in Hand von IGBE und RAG als gemeinsamer Kampf um Subventionen für den Erhalt von Arbeitsplätzen ausgegeben wurde. In Allianz von IGBE, SPD und Grünen wurden wir damals aus Bonn heimgeschickt mit der Zusage, der Abbau der Arbeitsplätze könne sozialverträglich für die betroffenen Ruhrkohle-Belegschaft vor sich gehen!
Wir hatten schon damals hier im Info selbst dieses Ergebnis in Frage gestellt, da weder Arbeitsplätze von Zulieferern noch von Fremdfirmen berücksichtigt wurden. Auch auf den Schaden für die Region, welcher Arbeitsplätze für die Jugend und für Arbeitslose (natürliche Fluktuation) fehlen, wiesen wir schon damals hin. Wie auch das Prognoß Gutachten zeigte (Aussage: Es wäre teurer geworden, den Bergbau ganz dicht zu machen, als sich auf die Subventionsregelung einzulassen), wurden wir ganz mächtig verarscht. Auch wenn der damaligen Zusage eines "sozialverträglichen" Abbaus von Arbeitsplätzen eine Minderheit unter uns nicht recht traute, so glaubten doch die meisten Kumpel diesen von IGBE und SPD gemachten Zusagen. In diese Zeit fiel die Bekanntgabe des Verbundes von Ewald und Hugo.
Noch im Sommer wurden trotz eines Vorstandsbeschlußes, Ewald Hugo 2003 zu schließen, immer wieder Hoffnungen auf ein Überleben bis 2005 bei guter Förderung geschürt, gerade auch von Betriebsratsseite.
Neuer Vorstandsbeschluß: Ende der Zeche ein Jahr früher, 2002. Trotzdem rührte gerade auch der damalige Betriebsrat weiterhin die Werbetrommel für positives Denken, indem er Träume einer Superförderung in Zukunft als Grund für ein Hinauszögern des Schließungstermins schürte.
Noch beim Amtsantritt des neuen Werkschef Tönjes war solches zu hören. Wer Befürchtungen für die Zukunft der Belegschaft äußerte, wurde als Schwarzseher und Unruhestifter eingestuft. Stattdessen wurde mit dem neuen Werkschef das Wir-Gefühl geübt mit dem neuen Slogan und seiner "Vision": ´Bester Auslauf aller Zeiten´ und als Folge davon ´Jeder Mitarbeiter wird mit Kußhand übernommen´´. Eine neue gemeinsame Zeitung von Werksleitung und Betriebsrat sorgte für die Verbreitung dieser Sprechblasen.
Und siehe da, kaum war der Sommer vorüber, im Herbst die neue Botschaft:
Schluß auf Ewald/Hugo schon zum 30.4.2000. Aber auch nach dieser Bombe
weiter kräftige Beschwichtigungen und Anfeuern zu Spitzenleistungen im
Sinne der "Visionen".
Mächtige Aktivitäten werden gestartet nach dem Motto´Wir tun was´. ´Wir stecken den Kopf nicht in den Sand´ oder ´Alles wird gut, wenn wir uns regen´´.
Das Jobcenter 2000 entsteht. Inzwischen tut sich auch bei der RAG Entscheidendes: Die DSK wird gegründet. Sie soll nun noch reibungsloser ermöglichen, Subventionen an den Bergbau (mittels der Aufträge durch die DSK an teure RAG Töchter) von der DSK zur RAG umzuschichten. Andererseits erleichtert sie der RAG, sich von der deutschen Kohle zu verabschieden und stattdessen die RAG Töchter, welche mehr als 10% Dividende abwerfen, fit zu machen fürs ach so moderne , positives Denken versprühende Börsenspiel.
In den Niederungen des Betriebsalltags müht sich derweil der Betriebsrat auf Ewald/Hugo mit allen Kräften , der DSK neben dem ´besten Áuslauf aller Zeiten´ mit dem Jobcenter ´den besten Ausverkauf aller Zeiten von Kumpels´ anzubieten. Das Jobcenter wird allerorten gepriesen als ein zukunftweisendes Modell, welches dem Arbeitsamt weit überlegen sei.
Zusätzlich zaubert der Betriebsratsvorsitzende eine neue Vision aus seinem Hut: Ein Besucherbergwerk muß her!
Tatsächlich im July erhält noch jeder Kumpel aufEwald/Hugo, wie vorher angekündigt, einen Verlegebrief. Also :Jeder von uns hat erstmal noch einen Arbeitsplatz sicher, so denken wir!
Eine neue Bombe der DSK wird abgeworfen: 20 000 Kollegen sollen innerhalb von nur 2 Jahren die Bergwerke verlassen! Neue Stillegungen bzw. Verbünde werden angekündigt! Auch Schachtanlagen sind betroffen, zu denen Kollegen von uns verlegt werden sollten! Die Briefe vom Sommer sind also das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben wurden.
Die Stimmung von Personalchef und Betriebsrat gegenüber der Belegschaft ändert sich radikal. DSK-weit wird die Jubilarehrung von 99 in der Arena Oberhausen zum Eklat. Dankesreden dort, die zu Schimpfkanonaden gegen Abkehrunwillige werden und eine Beköstigung unterhalb jeden Niveaus.
Im Betrieb wettern Personalchef und Betriebsratsvorsitzender massiv gegen Kollegen, welche sich nicht um einen neuen Job bemühen würden. Unter Vertrauensleuten nehmen Ältere diesen Ball auf und beginnen auch, auf jüngere Kollegen zu schimpfen. Auf der anderen Seite wird das Jobcenter als das Allheilmittel gepriesen. Die Vertrauensleute erhalten eine natürlich bezahlteTagesschulung, damit sie das System der Abkehrmöglichkeiten besser durchschauen und werden angehalten, massiv dafür Werbung zu machen.
Die letzte Belegschaftsversammlung des Jahres 99 wird zur Bühne des DSK Bosses Beermann und des NRW Vaters Clement. Wie nicht anders zu erwarten klagt Beermann einmal mehr über die harten Gesetze des globalen Marktes, um dann mit der Keule zuschlagen zu .können. Kein Weg führe daran vorbei: 20 000 Mann müßten innerhalb der nächsten beiden Jahre abgebaut werden. Ein Überhang sei auf Grund der angespannten Finanzlage der DSK nicht finanzierbar. Neue Förderzielzahlen von 26 statt 30 Millionen t. für 2005 setzen dem die Krone auf. Dabei wird scheinheilig betont, die Belegschaftszahlen für 2005 blieben unverändert. Nach dem Motto ´Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, jetzt kann er gehen´ wird das entschiedene Nachfragen eines Kumpels, was denn mit ihm geschehe, wenn er von hier nach Niederberg verlegt sei und dann dort zugemacht würde, beantwortet.´Kümmern sie sich selber um eine neue Beschäftigung. Das steht in ihrer Verantwortung!´
Es folgt der sich grundehrlich und mitfühlend gebende Landesvater Clement. Er redet Kollegen mit Du und Vornamen an ,um diese Nähe eindrucksvoll zu bezeugen. Die Taten von Landes- und neuer Bundesregierung erstrahlen in hellem Licht. Ein bischen Aufmüpfigkeit gegen das böse Kapital gehört vor solch einem Publikum natürlich mit dazu. Da muß man auch mal kräftig gegen eine drohende feindliche Übernahme von Mannesmann durch Vodaphone wettern. Schulterzuckend gesteht er aber letztendlich zu, daß die , die auf dem internationalen Parkett das Geld bewegen, die eigentliche Macht besitzen. Zum Schluß versichert er noch einmal, daß keine Mittel der Landesregierung fehlen würden, eine sozialverträgliche Lösung für jeden einzelnen zu finden. Dabei verschweigt er allerdings die Äußerung seines damaligen Wirtschaftsministers Steinbrück, daß keine DM mehr als die schon bewilligten Beträge von der Landesregierung zu erwarten seien. Ganz treu sorgender Vater versichert er abschließend, daß man sich auch ganz persönlich an ihn wenden könne.
Die Erinnerung an die letzte Zeit auf dem Bergwerk erscheint wie ein Traum. Zu Beginn des Jahres geht der Werkschef in den Vorstand und hat seinen Karrieresprung geschafft. Die DSK dankt ihm! Die Förderung läuft super.
Inzwischen sind wir schon soweit, daß der Betriebsratsvorsitzende ohne Widerspruch äußern kann, es sei ein Verbrechen an den jungen Kumpels, diese nicht zu einer Abkehr von der Zeche zu bewegen. Dann wieder lamentiert er: Hätten wir diesen Werkschef früher gehabt, wären schon früher solche Förderergebnisse erzielt worden und unser Bergwerk wäre nicht geschlossen worden.(....Und wer dann?)! Die Belegschaft erhält je nach Bedarf Zuckerbrot ( Superförderung/ Superunfallreduzierung/ Superverbesserungs- vorschlagszahlen/ Super geringer Krankenstand) und Peitsche ( Bei allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten Äußerungern in der Richtung"Hier hast du keine Zukunft mehr, such dir was Neues!"/ Mitarbeiter des Jobcenters gibt es immer mehr. Inzwischen besuchen sie einen direkt untertage und zitieren in die Büros./ Plötzlich heißt es :´In der Raubphase verbleiben 2000 statt der ursprünglich geplanten 1000 Mann auf dem Bergwerk´....)
So strebt alles dem vorläufig letzten Höhepunkt zu , der symbolisch letzten Schicht am 28.4.00, die als großes Theater inszeniert wird. Dekorierenden Kumpels wird die Statistenrolle in diesem Stück als letztes Dankeschön mit 4 Stunden Belegschafts-versammlung samt Fahrgeld honoriert. Bergwerkschor und -kapelle sorgen für die entsprechende Wehmuts- und Trauermusik."Was mich am meisten ärgert" sagt ein Kumpel"ist, daß die, die das alles beschlossen haben, nun hier die großen Reden halten."
Doch wie auch die 3000 Luftballons als Zeichen der letzten Arbeitsplätze ohne mindestens ein kleines Zeichen von Widerstand in den Himmel verschwinden, sind auch wir anwesenden Kumpels verstummt und kommt nicht einmal mehr ein Buh-Ruf aus unseren Kehlen, als wir die wohlgesetzten Worte hören, denen wir schon lange nicht mehr glauben.
Wenn der ehemalige Werkschef und das jetzige DSK-Vorstandsmitglied Tönjes einer Zeitung berichtet, er sei den Tränen nahe gewesen, so scheinen diese Tränen angesichts seiner Einbindung in das DSK-System nicht sehr echt und tief.
Einen faden Beigeschmack hinterläßt auch der abschließende ökomenische Gottesdienst. Man achtet darauf, daß kein noch so kleines Protestplakat in Erscheinung tritt, um den in der ersten Reihe anwesenden Herren aus Politik und von DSK und RAG einen friedlichen Abschluß zu gönnen. Der getragene Gesang des Bergmannchores hat keine Ausstrahlung von Protest oder gar nur Anfragen. Auch gegen die vom Industriepfarrer ausgewählten und interpretierten gesellschaftskritischen Worte aus der Bibel sowie das vorgetragene Glaubensbekenntnis sind die Mächtigen immun, sie scheinen nicht mehr weh zu tun. Man ist geübt, solche Inhalte zu überhören. Der Gottesdienst scheint von den Mächtigen zur Dekoration ihrer Theaterinszenierung mißbraucht!
Nach diesem "Theaterzwischenspiel" kann es für die noch verbliebenen Kumpels auf Ewald/Hugo wieder weiter gehen mit der Kohleförderung, wie sich inzwischen herausstellte, bis wahrscheinlich in den Juni hinein mit bester billiger Kokskohle für die verarmte DSK!
Was dies alles aber für die hiesige Region bedeutet und was nun mit all den ehemals und noch vorläufig hier beschäftigten Kumpels geschieht, wurde schon an anderer Stelle in dieser Zeitung ausführlich dargestellt. Dabei sieht es für viele lange nicht so "sozialverträglich" aus, wie man uns immer wieder weißzumachen versucht. Mancher ehemalige Kumpel befindet sich jetzt schon im Heer der Arbeitslosen, mancher geht zu schlechteren Arbeitsbedingungen arbeiten als früher, mancher muß mit erheblich weniger Finanzen leben. Und auch diejenigen, die zu einem anderen Pütt wechseln, haben schlechtere Bedingungen (Wegezeiten..), gehen einer schlechteren tariflichen Zukunft entgegen, und warten nur auf den Tag, da auch ihnen gesagt wird´schau dich nach anderer Maloche um´.
Den ab Juni noch 1900 auf Ewald/Hugo verbleibenden Kumpels wird jetzt schon
deutlich gesagt ´300 von euch müssen woanders was finden´. Damit erhöht
die DSK noch einmal die Schlagzahl ihres Drohpotentials! Sie macht deutlich,
was konkret die Worte Beermanns" Kein Überhang von Personal wird von der
DSK finanziert!" bedeuten:
Ist zum Zeitpunkt X das Personal nicht durch sogenanntes freiwilliges Ausscheiden
über das Jobcenter auf die DSK-Wunschmarke runtergefahren, wird es offenen
Abkehrzwang geben bis hin zu betriebsbedingten Kündigungen! Dies wird in
Zukunft auf jedes Bergwerk zukommen! Ewald/Hugo ist da das Lehrbeispiel. Spätestens
hier wird deutlich, daß das Ausscheiden über das Jobcenter keine
freie Entscheidung ist, und daß da dann manche Nachteile in Kauf genommen
werden, daß mancher ehe er direkt mittel- oder kurzfristig zum Arbeitsamt
geht, noch einen kleinen Umweg dorthin zu machen bereit ist!
Ist das der 97 versprochene "sozialverträgliche Arbeitsplatzabbau", der noch einmal in schöner Einmütigkeit von CDU Oberbürgermeister und SPD Ministerpräsident beim Theaterstück´Ewald/Hugo stirbt´ am 28.4.00 lobend der Politik und der DSK angedichtet wurde? Ist das die freie selbstbestimmte Arbeitsplatzwahl in einer freiheitlich demokratischen Grundordnung? Da wundert es dann auch nicht, daß bald 50% der Wahlberechtigten in NRW mit Nichtwahl dokumentieren, daß sie von der Politik nichts Positives mehr für sich erwarten!
Dankbar aber dürfte sich die DSK mindestens den´Kumpels´erweisen, die in letzten Jahren mitgeholfen haben, einen nach außen hin reibungslosen Arbeitsplatzabbau zu bewerkstelligen. Mancher Personalchef kann aus eigenem Erleben davon erzählen!
Einem Possenspiel gleich scheint das Mühen um das Besucherbergwerk Hugo.
Hatten sich zuerst IGBCE Betriebsräte ( Ewald/Hugo; Haus Aden; Fürst Leopold Wulfen ) einen innergewerkschaftlichen Kampf um den Standort eines Besucherbergwerks geliefert, so war aus diesem Kampf als Sieger der Hugoraner Standort hervorgegangen.
Eine ausgezeichnete Pressearbeit, die Idee einer breit angelegten und erfolgreichen Unterschriftenkampagne und nicht zuletzt eine Beruhigungspille der NRW-Landesregierung im Wahlkampf für die von den DSK-Maßnahmen im Moment am ärgsten gebeutelte Region waren Grund dafür. Daß hierzu betriebswirtschaftlich manche Fragezeichen nötig waren, machte schnell die zur Zeit auf diesem Gebiet besonders erfolgreiche RAG deutlich :RAG und mit ihr DSK zogen sich schnell als mögliche Investoren zurück! Schon von Beginn an war für Bergbaubeflissene klar, daß allein für die Aufrechterhaltung eines - auch verkleinerten - Bergwerkbetriebes in der Emschermulde eine Menge Kapital nötig wäre. Oder ist nur an ein Miniaturbergwerk in Schachtnähe gedacht? Was macht dann aber den Unterschied zum Bochumer Bergbaumuseum aus?
Die NRW-Landesregierung sprach nur noch von einer Anschubfinanzierung. Inzwischen zieht sich auch die DSK leise aus dem Verwirrspiel zurück, Beermann:´Es gibt bislang keinen Investor mit ernsthaftem Interesse´. Zur Zeit kochen nur noch ein paar Lokalpolitiker an dieser Suppe (SPD Anfrage im Stadtrat, CDU-Oberbürgermeister mit Betonung seines diesbezüglichen Engagements ).
Sollte es wider Erwarten doch noch zu diesem Projekt kommen , so ist die Frage zu stellen, ob hier nur ein neues "Freizeitevent" für die Besserverdienenden entsteht mit ein paar Billiglohnjobs für ehemalige Kumpels,- nun Museumskumpels; dieses bietet dann vielleicht ein paar 630 DM Jobs und Vollzeitjobs knapp über der Sozialhilfe ?
Oder aber die Millionen-Anschubfinanzierung der Landesregierung werden von einem ominösen Investor in den Sand gesetzt , wobei dieser sich mit Hilfe öffentlicher Gelder gut abgesichert hat ( Die neuen Bundesländer lassen grüßen!)!
´Am Tag der Arbeit sollte man arbeiten!´So dachten wohl die Verantwortlichen auf der Schachtanlage Ewald/Hugo und ließen sich für den ersten Mai Förderschichten vom Betriebsrat genehmigen. Einmal mehr wird daran deutlich, wie hohl die DGB Veranstaltungen zum ersten Mai mit ihren abgedroschen Gewerkschafts- und Politikerreden geworden sind, daß Kumpels sich für ein paar Feiertagsprozente diesen ehemals kraftvollen Tag der Arbeiterschaft abkaufen lassen müssen.
Wie aus ferner Urzeit klingen da die Zeilen vom Bergarbeiterdichter Heinrich Kämpchen
Wohlan, ihr Schwergedrückten all,
Hebt heute euer Haupt empor!
Du ärmste Magd, du ärmster Knecht,
Komm aus dem Dunkel heut hervor
Du Fröner und du Frönerin,
Im Feld und Schacht und wo es sei,
Auf, ford´re heut dein Menschenrecht,
Laut ford´re es am ersten Mai!
Der erste Mai ist Feiertag,
Weltfeiertag, für euch gesetzt,
Die ihr, trotz allem Immenfleiß,
Noch werdet von der Not gehetzt.
Und weil man spottet euch und höhnt,
Und weil ihr arm und schwach gestellt,
So protestiert und demonstriert
Heut an dem Feiertag der Welt.
Hebt frei und kühn das Haupt empor
Heut gegen jeden- wer es sei-
Und fordert euer Menschenrecht,
Laut fordert es am ersten Mai!
( Aus: Bergarbeiterzeitung 1.5.1897)
Erst wurde Bonifacius mit Holland verbunden,
Dann wurde Bonifacius dichtgemacht.
Dann wurde Holland mit Zollverein verbunden,
dann wurde Holland dichtgemacht.
Dann wurde Zollverein mit Nordstern verbunden,
dann wurde Zollverein dichtgemacht.
Dann wurde Nordstern mit Consol verbunden,
dann wurde Nordstern dichtgemacht.
Dann wurde Consol mit Hugo verbunden,
dann wurde Consol dichtgemacht.
Dann wurde Hugo mit Ewald verbunden,
und zur Abwechslung gleich beide dichtgemacht.
Angesichts der hierzulande zur Zeit intensiv geführten Rentendiskussion, mit der man sich inzwischen sowohl im Bündnis für Arbeit, wie auch in aktuellen Tarifauseinandersetzungen beschäftigt, scheinen uns auch in dieser Zeitung ein paar grundsätzliche Gedanken angebracht.
Aber warum eigentlich diese Diskussion?
Zum einen geht es grundsätzlich im Zusammenhang mit den Entlastungen für Arbeitgeber (Steuersenkungen, Senkung der Lohnnebenkosten) darum, den Arbeitgeberanteil an den Renten zu senken, angeblich um Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten bzw. zu steigern angesicht des globalisierten Marktes. Zum anderen stellen Unternehmer und Regierung die Finanzierbarkeit des heutigen Rentensystems und damit den Generationenvertrag in Frage; denn der berühmte Generationenvertrag bedeutet ja eben nicht , daß wir unsere Rente direkt ansparen. Vielmehr muß der/die aktiv Berufstätige/sein Arbeitgeber in Verbindung mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt die Rente für den Rentner aufbringen. Allein für die Höhe der Rente ist der frühere Verdienst des Rentners Bemessungsgrundlage.
Dies ist nun zur Zeit die Ursache für 2 Probleme: Zum einen :Je höher die Arbeitslosigkeit, desto niedriger wird die Einzahlung in die Rentenkasse (und auch die Zuzahlung von Bundesmitteln, die daran gekoppelt ist). Zum anderen: Je mehr sich der Altersdurchschnitt -Die Steigerung des Altrersdurchschnitts ist bedingt durch einen Geburtenrückgang mit gleichzeitigem Älterwerden auf Grund medizinischen Fortschritts.- nach oben entwickelt, um so mehr verändert sich das Verhältnis von aktiven Beschäftigen und Rentnern hin zu größeren Anteil von Rentnern . Das aber hat zur Folge, daß weniger in die Kasse kommt und mehr daraus bezahlt werden muß.
Lösen kann man dieses Problem nur, indem man entweder die Renten veringert oder aber den Beitrag in die Rentenversicherung erhöht oder beides. Die Beiträge zu erhöhen würde aber sowohl Arbeitgeber als auch die Bundeskasse stärker belasten , so daß man nun, da dies bei der politischen Großwetterlage nicht in die Landschaft paßt, nach neuen Modellen sucht.
Hier sind wir nun beim gegenwärtigen Problem der sogenannten Modernisierung und Reform in unserem Wirtschaftssystem angelangt. Es geht bei jeder "Modernisierung" und "Reform" darum, die sozialen Belastungen für Unternehmen zu senken und ihre Gewinnchancen zu erhöhen, alles im Dienste der sogenannten Wettbewerbsfähigkeit auf Grund des globalen Marktes.( Zu was sind die ehemals positiven Worte "Reform" und "Modernisierung" verkommen!) Alle sozialen Kosten sind dann nur noch ein Klotz am Bein, werden in Mißkredit gebracht als soziales Schmarotzertum und stattdessen wird zur sogenannten Eigenvorsorge und -verantwortlichkeit aufgerufen.
So kommt es ,daß man sich zur Zeit außer über eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit über die vier Beine der Alterssicherung 1. Gesetzliche Rente 2. Betriebliche Rente 3. Private Rente und 4. Tariffond in je verschiedener Weise unterhält. Die ersten beiden Formen von Rente werden gegenwärtig nach unten korrigiert, da hier auch die Arbeitgeber in besonderer Weise gefordert sind. Diese wollen ja ihre Lohnnebenkosten senken . Am intensivsten wird zur Zeit von herrschenden Kreisen der Übergang zu einer Mischform von Rente, mit einem Bein von gesetzlicher Rente und mit dem anderen von privater Rente favorisiert.
Aus Sicht der abhängig Beschäftigten hat aber die Privatversicherung äußerst viele Fußangeln. 1. Es findet so gut wie kein sozialer Ausgleich mehr statt (z.B. Arbeitslosigkeit, Ausbildungszeit, Geringverdiener,Kindererziehungszeiten....). 2. Die Investionsrisiken auf dem Kapitalmarkt fallen auf den Versicherten zurück (was ist, wenn deine Geldanlage einbricht?). 3. Die "shareholder value" Kultur - das heißt: allein der Gewinn zählt, nicht Arbeitsbedingungen, nicht soziale oder ökologische Belange zählen dort ,wo das Geld angelegt ist- bemächtigt sich voll der Köpfe und Herzen der abhängig Beschäftigten.
4. Wie der Rentenforscher Jürgen Borchert bemerkt, würde Geld privater Rentenversicherer bevorzugt dem Staat geliehen, da eine dortige Anlage verhälnismäßig die sicherste sei. Das aber hat zur Folge , daß der Zuwachs in der privaten Rentenversicherung wiederum durch Steuergelder finanziert würde (Steuergelder um die Zinsen der Staatsschulden zu bezahlen).
Nun zum Tariffonds, der zur Zeit eine große Rolle bei einigen Tarifverhandlungen spielt und teilweise schon Tarifrecht ist. Hierbei werden aus der Verhandlungssumme bei Tarifverhandlungen Gelder für einen Fond abgezweigt, der vor allem verwendet werden soll , die 18% Abschläge bei vorzeitigem Renteneintritt abzumildern.
Dabei werden nun auch mehere Probleme deutlich. 1. Die Verhandlungsmasse für Lohnerhöhungen werden geringer. 2. Die daraus resultierende Frühverrentung hat nicht den gewünschten Beschäftigungseffekt, da ältere Arbeitnehmer nur noch 60-70% Leistungsfähigkeit gegenüber jüngeren Kollegen besitzen und erfahrungsgemäß dementsprechend weniger Arbeitsplätze wieder besetzt werden. 3. Die oben schon angesprochenen Probleme der Geldanlage. 4. Wie oben die letztendliche Nichtberücksichtigung der Arbeitgeber bei Zahlungen in diesen Fond.
Arbeitszeitverkürzung und Teilzeitarbeit scheinen sinnvollere Perspektiven als eine Frühverrentung gekoppelt mit solch einem "Fond"Modell!
Fassen wir zusammen: Letztendlich geht es, wenn wir die Rentendebatte isoliert betrachten, um den Ausstieg aus einem Solidarpakt: Alle Lasten werden den Arbeitnehmern privat aufgebürdet, die bislang noch von Arbeitgeberseite mitgetragen wurden. Der heutige 40jährige muß die Rente für die heutigen Rentner aufbringen, zusätzlich seine eigene Privatvorsorge bezahlen (wobei daran die Kapitalseite noch einmal gut mitverdient auf dem Geldmarkt) und soll dabei dann noch weniger verdienen, weil ein Teil seiner Tariferhöhung in den Rentenfonds fließen soll und er zusätzlich von seinem Lohn Geld für die Privatversicherung abzweigen muß.
Dabei sind hier die zu erwartenden Verschlechterungen bei den erwerbsgeminderten Renten (EU /BU) noch gar nicht angesprochen. Die Unternehmer, das gilt auch hier, dürfen nicht aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entlassen werden!
LabourNet Germany: http://www.labournet.de/
LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The virtual meeting place of the left in the unions and in the workplace |
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