20.000 VW-Beschäftigte protestieren

 

Knapp 20.000 VW-Beschäftigte des Stammwerks Wolfsburg haben am Donnerstag aus Protest gegen die geplante Entlassung von befristet Beschäftigten vorübergehend die Arbeit niedergelegt. Betriebsratschef Klaus Volkert warf Volkswagen auf einer Protestkundgebung in Wolfsburg "sozial Kälte" vor, weil das Unternehmen sich weigere, 1800 Beschäftigte mit Zeitverträgen weiter zu beschäftigen. Volkswagen will mit Verweis auf die schwächere Automobilkonjunktur nur einem kleineren Teil davon die Weiterbeschäftigung anbieten. Durch die Protestaktion hätten 900 Fahrzeuge nicht gebaut werden können, erklärte VW.

Volkert kritisierte Volkswagen in ungewöhnlich scharfer Form und sagte, der Autohersteller dürfe "nicht zu einem primitiven kapitalistischen Konzern verkommen", in dem Menschen wie ein lästiger Kostenfaktor geheuert und gefeuert" werden könnten. Soziale Verantwortung dürfe nicht in schönen Sonntagsreden verkommen. Von diesen Äußerungen Volkerts erwartet der Betriebsrat, dass sie vom Vorstand besonderes registriert werden, weil das sozialpartnerschaftliche Verhältnis zwischen Betriebsrat und Unternehmensführung als modellhaft gilt.

Volkert wies darauf hin, dass Belegschaft im vergangenen Jahr rund elf Millionen Überstunden geleistet habe. Umgerechnet in so genannte Mannjahre hätte dies Beschäftigung für 4500 Mitarbeiter bedeutet. Die Belegschaftsvertretung will erreichen, dass 541 (korrekt) befristet Beschäftigte, deren Verträge nicht mehr verlängert werden können, unbefristet übernommen werden. Die befristeten Verträge von weiteren rund 1300 Beschäftigten sollen verlängert werden, um den Personalbedarf zu decken.

VW erklärte dazu, bei auslaufenden Verträgen werde den betroffenen Mitarbeitern von der Personal-Service-Agentur der Wolfsburg AG und anderen Personaldienstleistern ein Arbeitsplatz angeboten. Dabei handele es sich um einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu marktüblichen Konditionen, der voll sozialversicherungspflichtig sei. Außerdem sei sichergestellt, dass bei verändertem Personalbedarf Bewerbungen dieser Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt würden. Im Rahmen der Beschäftigungsplanung müsse nun monatlich über die verbleibenden befristeten Beschäftigungsverhältnisse entschieden werden. Über die schriftliche Mitteilung hinaus war von der Pressestelle keine weitere Erläuterung zu erhalten.

Volkert kritisierte, von der Belegschaftsvertretung werde erwartet, dass sie der Entlassung eines Großteils der befristet Beschäftigten zustimme, "um einen Teil von ihnen umgehend durch die Wolfsburg AG in das Werk zurückzuholen." Für einen Kompromiss forderte der Betriebsratschef, VW müsse zunächst die Personalanforderungen in den Abteilungen des Werks erfüllen. Bevor Mitarbeiter entlassen würden, müsse darüber nachgedacht werden, ob sie nicht in anderen Werken eingesetzt werden könnten.

rtr, Hannover
Quelle: Hannoversche Allgemeine vom 3.2.2000


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