Als Henry Ford am Anfang des vergangenen Jahrhunderts seine Idee von Fliessband umsetzte, versetzte er gleichzeitig seiner Konkurrenten ins Staunen. Upton Sinclair beschreibt in seiner Buch, "AM FLIESSBAND Mr. Ford und sein Knecht Shutt", über die ersten Erfahrungen der Arbeiter mit dem Fliessband. Die ersten Eindrücke der Arbeiter sind durchaus positiv. Denn die zu verrichtende Arbeit ist erstmals leichter geworden. Man muss nicht ständig hin und her laufen, sondern die Arbeit fliesst vor den Arbeitern. Das erste positive Erstaunen der Arbeiter ist aber schnell vorüber. Denn nach der ersten Eingewöhnungszeit kamen die "Weisskragen" runter, und mit einem Handgriff erhöhten sie die Geschwindigkeit des Fliessbandes. Jedes mal wenn Mr. Ford mehr Autos brauchte, lief der Band schneller als zuvor, und die Arbeiter gewöhnten sich dran.
Auch wenn es fast hundert Jahre her ist, was Sinclair in seinem Buch beschreibt, an der "Schraube der Ausbeutung" hat sich kaum was geändert. Die Schraube wird immer fester angezogen. Natürlich mit anderen technischen Mitteln und anderen Raffinessen.
In der freien und sozialen Marktwirtschaft werden die Produktionsweisen und Methoden ständig verbessert. Das, was Ford mit Erhöhung der Geschwindigkeit des Fliessbandes wollte wird heute mit flexiblen Arbeitszeiten, Gruppenarbeit, Problem-Lösungs-Gruppen, KVP usw. gemacht. Das ist aber längst nicht alles. Durch zeitlich begrenzte Zeitkonten, Lebens-Arbeits-Zeitkonten, Zeitwertpapiere wurden moderne Formen der Ausbeutung eingeführt. Denn die Arbeitszeiten, die nicht ausbezahlt, sondern auf Zeitkonten angespart werden dienen dem Arbeitgeber, in unserem Fall dem VW Konzern, als willkommener zinsloser Kredit.
Das ist eine besondere Art der Ausbeutung. Besonders deswegen, weil der Lohn, den wir zur unserem Lebensunterhalt bekommen, wiederum, (gestützt auf irgendeine Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung, wozu wir nicht mal angehört wurden) einbehalten und angelegt wird.
Aktien statt Lohnerhöhung...
Wenn man denn Beiträgen und Kommentaren in Wirtschaftsbeilagen der Zeitungen und Fernseh- Programme glauben schenken darf, wird das angebrochene Jahrtausend eine neue Epoche zwischen Kapital und Arbeit eröffnen. Es wird das "blaue vom Himmel" versprochen: "Die Versöhnung von Arbeit und Kapital" oder "die zivile Teilhabe-Gesellschaft". Das diese Propaganda nicht neu ist und immer wieder bei passender Gelegenheiten in die Welt gestreut wird, das ist auch bekannt.
So propagiert Bundeskanzler Gerhard Schröder, "Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmen" und er träumt von einer zivilen Teilhabe- Gesellschaft , in dem "die Mitarbeiter immer öfter Mitunternehmer" werden.
Schröder ist mit seinen Träumen nicht allein. Am 1 April erklärten das DGB Vorstandsmitglied Heinz Putzhammer in der Frankfurter Rundschau: "Es ist sinnvoll, den Gedanken der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand wieder zu beleben", IG BCE Chef Hubertus Schmoldt am 8 April in der Berliner Zeitung. "Für mich gibt es in der Frage der Beteiligung am Produktivkapital keine ideologischen Barrieren" und schließlich verkündet unser "Chef" der Klaus Zwickel am 14 April im Handelsblatt: "Die IG Metall werde ihre Position zur Vermögensbildung neu definieren, dazu gehören Pensionsfonds genauso wie Aktien....Diese Einstellungen zu Börse und Aktien sind eine Volksbewegung geworden" sagte Zwickel.
Demnächst wird es statt Lohnerhöhung, Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld Aktien geben. Wenn es an der Börse kracht und die Aktien ins Bodenlose stürzen? Pech gehabt! Nur das dieses Pech am meisten uns treffen wird und nicht VW-Bosse!
"Mitunternehmer" gegen "Mitarbeiter"
Das ist aber längst nicht alles. Wenn erst einmal aus "Mitarbeitern" "Mitunternehmer" werden, dann ist das Ziel derer, die das propagieren fast erreicht. Denn die Bosse erhoffen sich daraus weit mehr als sie es zugeben. Sobald aus Bandarbeitern Aktionäre werden, dann werden dieser auch leichter unter Druck zu setzen sein.
Wer kann schon für das "EIGENE UNTERMEN" Überstunden oder Wochenendarbeit verweigern? Oder einfach Urlaub in Zeiten verlangen, wo die Auftragsbücher überquellen und der Kunde auf seine Auto wartet. Das geht doch nicht! Die "Mitunternehmer" werden aber auf die übrigen "nicht Mitunternehmer", auf die normalen Mitarbeiter, aufpassen, dass sie auch spurten, wenn es verlangt wird. Sie werden öfters ihre Zeigefinger schwenken, wenn KollegInnen eine Zigarettenpause einlegen oder nur mal pinkeln gehen. Dass der Vati oder die Mutti am Wochenende nicht dem VW Konzern gehört, dafür werden "Mitunternehmer" kein Verständnis haben.
Für KollegInnen die am Produktionstempo nicht immer mitkommen, werden dieser "Mitunternehmer" kein Verständnis zeigen. Denn ihrer Aufmerksamkeit werden sie eher dem DAX schenken als denn KollegInnen. Wenn der DAX in die Höhe schießt, wird ihre Herz höher schlagen, sobald der DAX fällt werden sie sauer auf Ihresgleichen sein. Wenn die Aktien des Konzerns fallen, dann sind die KollegInnen schuld, die nicht "gut genug produzieren"oder die "viel Krankfeiern" und dadurch die "Lohnnebenkosten" erhöhen.
Es sind aber alle KollegInnen die irre geführt werden, auch wenn sie nun wirklich glauben, dass sie jetzt zu "Mitunternehmern" aufsteigen. Welch ein Irrtum.!
In Wahrheit sind es KollegInnen wie alle anderen, nur das sie das nicht mehr Wahr haben wollen. Mit wieviel Aktien auch immer - denn ein normal arbeitender Mensch wird niemals so viel
Aktien kaufen können, dass er zum Schluß sagen könnte "Jetzt habe ich den Sprung geschafft" - der Arbeiter oder Arbeiterin am Band werden immer Ein- und Die/derselbe bleiben.
Das dritte Jahrtausend nun könnte die Symbiose von Kapital und Arbeit bescheren: Ein Volk von Arbeitnehmern, die Lohn beziehen, die über Gewinnbeteiligungen am Erfolg ihres Unternehmens teilhaben und die als Aktionäre von Dividenden und Kursgewinnen profitieren. Volkskapitalismus als schöne heile Welt, ohne ideologische Gegnerschaft, ohne Arbeitskämpfe, ohne Arbeitgeberverbände und ohne Gewerkschaften? Die von Schröder angestoßene Novelle des Bündnisses für Arbeit mit Erfolgsbeteiligung wird dieser Vision auf die Sprünge helfen. Sie könnte friedlichere Unternehmenskulturen schaffen und den gesellschaftlichen Konsens bringen. (Kommentar in "Die Welt" vom 29. 03. 2000)
Unter den KollegInnen in der Metallindustrie ist der Tarifabschluß auf große Unzufriedenheit gestoßen. In einigen Betrieben gab es Unruhen und Proteste. Auf Funktionärskonferenzen, an denen Betriebsräte und Vertrauensleute teilnahmen, wurde massive Kritik geäußert. Selbst ein Betriebsratsvorsitzender wie z.B. von Porsche in Stuttgart sah sich unter diesem Druck gezwungen, IGM-Chef Zwickel zu empfehlen, doch endlich in Rente zu gehen.
Die IG-Metall hat nun in allen Bezirken einen Tarifvertrag abgeschlossen, der neben zwei Einmalzahlungen zum 01.05.00 eine Bruttolohnerhöhung von 3% und 2001 von 2,1% brutto vorsieht. Bei der Altersteilzeit erhalten Metall-KollegInnen bei vorzeitigem Ausscheiden im Höchstfall 21.600 DM. In der Chemieindustrie liegt der Betrag bei 36.000 DM. Gleichzeitig wurde von der IG-Metall Führung bis zum Jahr 2003 auf die Forderung nach einer weiteren Arbeitszeitverkürzung verzichtet.
Eine Bruttolohnerhöhung von 3% bringt je nach Steuerklasse, Kinderzahl, Lohnhöhe, usw. durchschnittlich etwa 2% netto. Da die Inflation jetzt schon bei 1,9% liegt, und rasch weitersteigt, wird die Reallohnerhöhung von 0,1% bald aufgebraucht sein und zu einer Reallohnsenkung werden.
2001 wird das bei einer Bruttolohnerhöhung von 2,1% noch schlimmer. Da dies durchschnittlich nur 1,4% netto werden und die Inflation weiter steigen soll, ist schon jetzt eine Reallohnsenkung vorprogrammiert.
Noch schlimmer ist der Tarif-Abschluss bei der Altersteilzeit und der Verzicht auf jede Arbeitszeitverkürzung für die nächsten vier Jahre. Viele tausende älterer KollegInnen hatten den Versprechungen des IG-Metall-Vorstandes vertraut, bei "moderaten" Lohnabschlüssen dafür zu kämpfen, dass man mit 60 in Rente gehen kann. Sie wurden schamlos betrogen. Bescheidene Lohnabschlüsse und Rente mit 60 weg! Und eine Arbeitszeitverkürzung gibt es ebenfalls nicht! Angesichts der fortschreitenden Rationalisierung, den Firmenzusammenschlüssen und den damit verbundenen Entlassungen, angesichts der Erhöhung der Produktivität und der Arbeitsintensivierung, ist der Kampf um Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Aber das einzige wirksame Mittel, um dieser für die Kolleginnen und Kollegen so negativen Entwicklung überhaupt etwas entgegensetzen zu können! Ein Verzicht hierauf bedeutet, den Unternehmen über längere Jahre freie Hand bei der stets steigenden Ausbeutung und den vermehrten Entlassungen zu geben.
Viele KollegInnen sind empört. Vertrauensleute haben heftige Protestbriefe an die IG-Metall Zentrale geschickt. Dieser Protest ist berechtigt und muss, wo immer möglich, ausgeweitet werden. Mitglieder, Vertrauensleute und Betriebsräte sollten gegen diesen Abschluss aufstehen und protestieren.
Der Protest einiger höherer Funktionäre hat allerdings andere Quellen als der Unmut vieler KollegInnen.
Angesichts der Gewinne bei Daimler-Chrysler oder Porsche ist es für so manche sozialdemokratische Betriebsratspitze schwierig, den Abschluss den KollegInnen als Erfolg zu verkaufen. So zahlt Daimler-Chrysler angesichts eines "operating profit" von ca. 7,3 Mrd. DM den rund 140.000 Beschäftigten Ende April 2.800 DM "Gewinnbeteiligung" aus. Die 392 Mio. die das ausmacht, sind allerdings nur ein winziger Happen im Vergleich mit dem "operating profit".
"Wenn die Profite gut sind, geht es auch den Arbeitern gut" diese alte sozialdemokratische Propaganda hat gründlich Schiffbruch erlitten. Denn die Profite sind hoch, aber die Lage der Arbeiter verschlechtert sich ständig. Die KollegInnen spüren zunehmend dass sie betrogen worden sind! Nun fordern sie zurecht das Versprochene ein! Deshalb protestieren sie "hart" gegen den Abschluß, aber sie wissen auch, dass Worte nicht mehr unbedingt ausreichen, um den Unmut zu dämpfen.
Deshalb haben die Betriebsrats- vorsitzenden von Daimler-Chrysler und Porsche in Stuttgart angekündigt, dass sie Verhandlungen über Sonderzahlungen aufnehmen wollen. Ob sie´s wirklich tun, bleibt abzuwarten und ebenso bleibt abzuwarten, ob die Empörung über den Abschluß groß genug ist, dass daraus eine Bewegung für einen Lohn- und Gehaltsnachschlag werden kann wie z.B. in der Stahlindustrie Mitte der siebziger Jahre in NRW.
Auf jeder Betriebs-, Vertrauens-leute- und Vertreterversammlung sollten alle Möglichkeiten genutzt werden um ein Festgeldforderung durchzusetzen. VW bricht jedes Jahr seine Gewinnrekorde auf neue. Wir die KollegInnen müssen bestimmen wie viel sie nötig haben um einen Monat lang auszukommen und uns nicht vorschreiben lassen, wie wir zu leben haben.
volle Auszahlung des Bonus
in den Tarifverhandlungen ein Festgeld in Höhe von 300,-DM netto.
sofortige Festeinstellung aller KollegInnen (Wob AG, Befristete)
keine Überstunden und Pflichtschichten für Neueinstellungen
Seit über 100 Jahren heißt es am 1.Mai, am Tag der Arbeit, die Einheit im Kampf für unsere gemeinsame Sache stärken und solidarisch untereinander sein. Wie wichtig das ist, erfahren wir in unserem täglichen Kampf für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen. Dass dies nicht ganz einfach zu schaffen ist, liegt nicht nur an uns, sondern auch an den Umständen, in denen wir leben.
Das ist die Devise des Kapitals. Es wird ständig versucht, die ArbeiterInnen zu spalten und gegeneinander aufzuhetzen: Männer gegen Frauen, Junge gegen Alte und Deutsche gegen Ausländer. Jeder kann in seinem Alltag selber feststellen, dass dies dem Kapital und seinen Helfershelfern auch oft gelingt. Unsere Gemeinsamkeiten werden durch Vorurteile verschleiert, schon bestehende Vorurteile werden durch unwahre Behauptungen ausgebaut.
Das sind nicht unsere Interessen. Unsere Interessen und Ziele sind gleich. Wir wollen alle ein besseres Leben, jetzt und sofort. Wir wollen nicht bis zum Sankt-Nimmerleinstag warten und weiter darauf hoffen, dass wir noch ein Stück vom Kuchen abbekommen. Wir pfeifen auf den "dritten Weg", der für uns bedeutet, dass wir auf immer mehr verzichten und den Gürtel enger schnallen dürfen.
Um unsere gemeinsamen Ziele zu erreichen, müssen wir auch gemeinsam kämpfen. Wir dürfen uns nicht spalten lassen. Weder vom Kapital noch von den reaktionären Kräften.
Die Zeit ist reif für die Überwindung der "Unterschiede" und für die Hervorhebung der Gemeinsamkeiten. Deutsche und Ausländer gemeinsam im Kampfe gegen das Kapital, für eine gemeinsame Zukunft.
Mit unseren Forderungen auf zum 1.Mai DEMO
In Wolfsburg und Hannover sollen 5000 neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Die KollegInnen sollen 5000 DM monatlich dafür erhallten, dass sie flexibel sind, 48-Std. wöchentlich arbeiten, der Samstag Regelarbeitstag und der Betriebsrat im Management sitzt.
Zu den ganzen Neuheiten, wie Wob AG (GiZ), Flexibilität, Gruppenarbeit usw. die es in den letzten Jahren bei Volkswagen gegeben hat, kommt jetzt nun ein neues Arbeitssystem hinzu. Ein neues Modell das "5000x5000" heißt. Wie bei den anderen Modellen wird auch dies vom Betriebsrat beschönigt. GiZ sollte nur Studenten beschäftigen, flexibel sollten wir sein um unsere Arbeitszeiten mit zu gestalten, Gruppenarbeit sollte sein, damit wir miteinander arbeiten und nicht gegeneinander ausgespielt werden. Diese ganzen Systeme hatte das Management vorgeschlagen. Wie es die Herren von Betriebsrat ausdrücken, "wir müssen den Ball erst einmal aufnehmen". Den Ball haben sie bei den anderen Systemen auch aufgenommen, rausgekommen ist hoher Profit des Konzern zu Lasten der KollegInnen. Jetzt haben sie das 5000x5000. In Wolfsburg und Hannover sollen 5000 neue Arbeitsplätze entstehen um zwei neue Produkte auf den Markt zu bringen. Diese 5000 KollegInnen sollen monatlich 4500 DM Lohn und 500 DM monatlich als Prämie erhalten. Flexibel müssen sie sein, 48 Stunden sollen sie in der Woche leisten und wenn es sein muss, wie es all zu oft ist, täglich zwei Überstunden. Samstag ist ein geregelter Arbeitstag d.h. keine Sonderzahlungen für den Samstag. Der Betriebsrat soll in das Management mit eingebaut werden. Die Interessen der KollegInnen lassen sich ja auch im Management sehr gut lösen.
Wir sollten in unserem eigenen Interesse den Betriebsrat zur Vernunft aufrufen, damit sie mit diesem Blödsinn aufhören. Denn dies hat einen Bumerang-Effekt, der sich am Ende auf unsere Arbeitsplätze auswirkt. Wir werden wieder von unseren KollegInnen gespalten, die Niedrigstlöhne bekommen sollen. Wie allzu oft werden wir gesplittet und dirigiert. Die größte Gefahr besteht darin, dass VW keine Neueinstellungen über den bestehenden Tarifvertrag vornehmen wird, da sie dies ohnehin seit über einem Jahr nicht tun. Der Peter Harz soll doch nur mal daran denken für 5000 DM 48 Stunden in der Woche zu arbeiten.
Keine Neueinstellungen außerhalb des bestehenden Tarifvertrags
V.I.S.d.P.: D. Möller, Postfach 401051, 70410 Stuttgart
E-Mail: VW_Stimme@yahoo.de
Internet: WWW.labournet.de
(Autoindustrie-VW-Kassel)
LabourNet Germany Archiv: Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet: http://www.labournet.de/
LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The virtual meeting place of the left in the unions and in the workplace |
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