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Updated: 18.12.2012 15:51
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Renault erstmals wegen rassistischer Diskriminierung verurteilt

Zum allerersten Mal wurde ein französischer Großkonzern, der Automobilfabrikant Renault, am 2. April dieses Jahres wegen "Rassendiskriminierung" gerichtlich verurteilt. Der Urteilstext mit der genauen Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Aber so viel steht fest: Nachgewiesen worden war die Existenz rassistischer Diskriminierung, laut Ansicht des Gerichts, durch den Vergleich der beruflichen Laufbahn verschiedener Mitarbeiter(gruppen) in einer längerfristigen Perspektive. Aufgrund der Tatsache, dass es Renault nicht gelang, den Nachweis zu führen, dass der unterschiedliche Verlauf der beruflichen Karriere mehrere schwarzer Mitarbeiter einerseits und ihrer Berufskollegen weißer Hautfarbe andererseits "sich auf andere Faktoren als eine verbotene Rassendiskriminierung zurückführen lässt", fiel ein Schuldspruch.

Fünf (ehemalige) Beschäftigte afrikanischer oder karibikfranzösischer Herkunft, die geklagt hatten und durch die CGT - den größten französischen Gewerkschaftsdachverband - und die Antirassismusbewegung MRAP unterstützt wurden, bekamen dadurch Recht zugesprochen. Zwei der Klageführer erhielten dabei, nach vierjährigem Verfahren, bedeutende Entschädigungszahlungen zugesprochen: Daniel Kotor, ein ehemaliger Facharbeiter bei Renault und späterer Verwaltungsangestellter der Firma, Mitarbeiter von 1983 bis 2004, erhielt 60.000 Euro Schadensersatz für entgangene Lohnchancen und 6.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Er und seine Anwälte konnten nicht nur nachweisen, dass seine Leistungen in der Firma stets gut bewertet worden waren - dass also nicht berufliche Gründe den Ausschlag dafür gegeben hatten, dass Kotor keine seinen Fähigkeiten entsprechende Beförderung erfuhr. Sie konnten ferner auch durch Zeugenaussagen nachweisen, dass Vorgesetzte in der Firma den Beschäftigten u.a. als "Affen" und "Negertrottel" bezeichnet hatten. Ein weiterer frührer Arbeitskollege, der von der französischen Antilleninsel La Martinique stammende Lucien Breleur, erhielt seinerseits 80.000 Euro Schadensersatz und 8.000 Euro Schmerzensgeld. Er war von 1971 bis 2003 als Automobilelektroniker für die Firma tätig gewesen. Und er hatte sich darauf berufen, dass alle seine Arbeitskollegen mit weißer Hautfarbe - "auch solche, die deutlich nach mir als Auszubildende in die Firma eingetreten waren" - eine steilere berufliche Laufbahn als er selbst zurücklegen konnten, während seine Karrierekurve flach geblieben war. Der Nachweis anderer Motive dafür, die nichts mit seiner Hautfarbe zu tun gehabt hätten, etwa auf der Grundlage unterschiedlicher "beruflicher Qualitäten", gelang Renault nicht.

Das Urteil hat viel Aufmerksamkeit hervorgerufen, Diskussion erregt und auch polemische Kritik geerntet. Von einer bestimmten Seite her nimmt Letztere auch nicht Wunder. So erklärte Marine Le Pen (die Tochter von Jean-Marie Le Pen, und Anwärterin auf seine Nachfolge an der Parteispitze des rechtsextremen Front National/FN), die dazu im konservativ-reaktionären Wochenmagazin ,Figaro Magazine' vom 12. April zu Wort kommen durfte, in erhitztem Tonfall: "Alles, was die Richter Renault vorwarfen, was, dass ihm der Nachweis seiner Unschuld nicht gelang. Man kehrt die Beweislast um. Das ist eine verrückt gewordene Justiz." (FUSSNOTE: Vgl. LeFigaro externer Link) Nun wird man sich über die Stoßrichtung einer Kritik, die von der Tochter des Chefs der französischen Rechtsradikalen kommt, nicht übermäßig wundern. Bemerkenswert ist aber doch, dass der studierten Juristin und früheren Anwältin Marine Le Pen nicht auffiel - oder aber sie bewusst nicht wahrnehmen mochte -, dass genau diese "Umkehr der Beweislast" völlig im Sinne des Gesetzes ist.

Denn seit dem Gesetz vom 16. November 2001, das die EU-Richtlinie 2000/43 gegen rassistische Diskriminierung in französisches Recht umgesetzt hat, enthält die nationale Gesetzgebung nunmehr das Prinzip der teilweisen Beweislastumkehr: Wer sich darauf beruft, beispielsweise im Arbeitsleben Opfer einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung aus rassistischen Motiven zu sein, muss den Richtern "Elemente vorlegen" können, die eine rechtswidrige Diskriminierung plausibel erscheinen lassen. In der Regel wird man von den Opfern fordern, das tatsächliche Vorliegen einer Ungleichbehandlung belegen zu können - ohne aber den weitaus schwerer zu führenden Nachweis führen zu müssen, dass ihr auch ein dezidiert rassistisches (oder homophobes oder behindertenfeindliches...) Motiv zugrunde liegt. Daraufhin liegt es dann in einer zweiten Phase an der Gegenseite, den Nachweis zu führen, dass die im ersten Schritt belegte tatsächliche Ungleichbehandlung auf andere, nicht verbotene Gründe - "unter Ausschluss jeder rechtswidrigen Diskriminierung" - zurückgeführt werden kann. Gelingt dieser Nachweis nicht, so ist auf Schadensersatzpflicht zu erkennen.

Bernard Schmid, Paris, 14.04.2008


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