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Updated: 18.12.2012 15:51
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Streiks bei der rumänischen Renault-Tochter Dacia

Am kommenden Mittwoch wird erneut auf Antrag der Geschäftsführung von Dacia-Renault vor Gericht entschieden, ob der Streik als illegal erklärt werden kann. Nach rumänischen Recht ist ein Streik nicht legal, wenn weniger als die Hälfte der Beschäftigten daran teilnehmen. Die Gewerkschafter der SAD (Sindicat Autoturisme Dacia) hatten bereits zweimal eine solche Entscheidung hinausschieben können und damit die Fortführung des Streiks gesichert. Momentan versucht das Unternehmen mit Hilfe der Abteilungsleiter und Vorarbeiter Streikende, deren Vertrag befristet ist, mit einem unbefristeten Vertrag zu erpressen, falls sie unverzüglich die Arbeit aufnehmen sollten. Die Streikenden von Dacia erhalten derzeit kein Streikgeld. Französische Gewerkschaften haben angekündigt, dass sie die Löhne, die die Streikenden aufgrund des Ausstands derzeit verlieren, in Form von Streikgeld zahlen wollen. Dazu mehr in den folgenden aus der rumänischen Presse übersetzten Artikeln

Adevarul vom 05.04.2008: Renault hat den Streik bei Dacia gespalten

Der Streik im Automobilwerk Dacia entwickelt sich zu einem wahrhaft psychologischen Krieg zwischen der französischen Unternehmensleitung und der Gewerkschaft. Die Beschäftigten werfen Geschäftsführung des Werkes vor, nach jedem erdenklichen Mittel - mehr oder minder legal - zu greifen, um diese zur Wiederaufnahme der Arbeit zu zwingen. Die Geschäftsführung wiederum beharrt auf ihrer Position, den Streik als illegal anzusehen. Doch die gerichtliche Entscheidung darüber, ob der Streik legal oder illegal ist, wird erst nächste Woche fallen.

Die neueste Strategie der Geschäftsführung, mit der sie die Arbeiter dazu bewegen wollen, die Arbeit wieder aufzunehmen, ist nach Angaben der Gewerkschaft die, auf Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen Druck auszuüben.

Vor zwei Tagen veranlasste die Geschäftsführung eine Versammlung, an der die über 500 Abteilungsleiter und Vorarbeiter teilnahmen. von denen die überwiegende Anzahl den Interessen der Leitung positiv gegenüber steht. Sie wurden gebeten, Druck auf die Streikenden auszuüben. Vor allem junge Beschäftigte, deren Vertrag diesen Monat ausläuft, wurden aufgesucht und, so berichten Streikende, von ihnen bedroht und mit der Nichtverlängerung des laufenden Vertrages erpresst. Im Falle der Wiederaufnahme der Arbeit, wurden ihnen unbefristete Arbeitsverträge versprochen. Nach Auskunft des Gewerkschaftsführers Ion Iordache, wurde jeder Vorarbeiter verpflichtet, mindestens zwei Leute dazu zu bewegen, den Streik zu aufzugeben. Die Motivation der Vorarbeiter und Abteilungsleiter ist finanzieller Art: für jeden von ihnen "überzeugten" Arbeiter würde es eine Prämie von 300 Lei geben.

Ion Iordache wirft der Fabrikleitung außerdem vor, dass sie, obwohl es bei Dacia Arbeitskräftemangel gibt, systematisch ablehnt, unbefristete Verträge für die befristet Beschäftigten - fast ein Drittel der Gesamtbelegschaft - abzuschließen. "Sie handeln so, um aus diesen Leuten eine manövrierbare Masse zu machen, die leicht zu erpressen ist." bekräftigte der Gewerkschaftsführer.

Einer der mit Versprechungen gelockten Arbeiter sagte, dass viele seiner Kollegen das Angebot angenommen haben. "Mich hat der Chef gefragt, ob ich einverstanden bin, wieder zu arbeiten und ich habe ihm gesagt, nein. Andere haben nachgegeben, um ihre Arbeitsverträge zu verlängern. Sie hatten Angst, völlig ohne Arbeitsplatz dazustehen.", erklärte dieser Mann. Ältere Arbeiter sagen über ihre Vorarbeiter, das diese"Instrumente der Geschäftsführung" sind, die nicht nach ihren Fähigkeiten befördert wurden, sondern danach, wie gefügig sie sind. Ihr Lohn ist nicht großartig, aber die Idee aus dem dreckigen, öl- und farbbeschmierten Arbeitsanzug in einen Chefkittel zu schlüpfen, ist sehr verlockend. Außerdem sind die Abteilungschefs nicht mehr verpflichtet zu arbeiten, sie müssen nur ihre Kollegen überwachen. "Wie in einem Arbeitslager." so der Vorwurf der Arbeiter.

Die ersten Autos nach dem Protest

Diejenigen, die überzeugt wurden, den Streik aufzugeben, haben bereits die ersten Autos produziert. Insgesamt gingen 85 Autos vom Typ Logan vom Band.* Die Streikenden wenden jedoch ein, dass diejenigen, die verlocken lassen haben, gar nicht ausreichend qualifiziert seien. Die von ihnen produzierten Maschinen seien letztendlich Ausschuß.

"Die Autos haben Montagefehler. Sie sind nicht richtig zusammengesetzt worden, ich habe einige gesehen, die mit ... vom Band gingen." so einer der Arbeiter. Der Gewerkschaftsführer Ion Iordache behauptet gar, dass die Geschäftsführung bewusst das Risiko auf sich nimmt, Ausschuss zu produzieren, um die Streikenden zu spalten und dazu zu bringen, den Streik aufzugeben. Seiner Einschätzung nach dürften diese 85 Autos bereits im Lager für fehlerhafte Ware gelandet sein. Die Fabrikleitung streitet diese Tatsache jedoch ab. "Die Autos, die gestern (vor zwei Tagen) vom Band gingen, sind sehr gut und haben keine Fehler. Wir haben nur Motoren und Getriebe hergestellt." erklärte der Sprecher Geschäftsführung Liviu Ion.

Über das Bemühen, die Arbeiter zur Arbeit zu bewegen, sagte er, dies sei"ganz natürlich und normal". Ihm zufolge wurde keiner der Arbeiter erpresst. Die Ausstellung von unbefristeten Verträgen sei eine Forderung der Gewerkschaft, der man nun Folge leiste. "Das ist doch alles Spektakel. Normal, dass viele Emotionen hochgekocht werden, aber niemand der Chefs hat den Arbeitern gedroht." bekräftigte der Sprecher der Geschäftsführung.

"Ich weiß, dass allen 500 Vorarbeitern und Abteilungsleitern gesagt wurde, sie sollen jeder zwei Streikende ihrer Abteilung dazu bringen, den Streik aufzugeben. Das müssten 1.000 Leute sein, die aufgeben. Diese Aktion ist aber nicht geglückt." So der Gewerkschaftsführer von Dacia Ion Iordache.

Die Franzosen kündigen eine Ausweitung der Produktion und Neueinstellungen an

Dacia wurde 1999 von der französischen Renault-Gruppe übernommen. Renault hatte damals ein Hauptpacket an Aktien gekauft, die Investitionen von etwa 200 Millionen Dollar vorsahen. Zum gleichen Zeitpunkt versprachen sie, ein revolutionäres Produkt herauszubringen: ein Auto für 5.000 Dollar für den Markt in östlichen Ländern. 2004 erschien der Logan und obwohl er über dem angekündigten Preis lag (6.000 Euro) hatte er nicht nur im Osten, sondern auch im Westen Erfolg. (Zum Beispiel ist der Logan zu Beginn diesen Jahres in Frankreich die Importnummer 1). Mit einer Milliarde Investitionskosten ist das Dacia-Werk zum Zentrum für die Entwicklung des Logan geworden und versorgt den europäischen Markt. Hinzu kommt die Lieferung von Autoteilen, die in Russland zusammengesetzt werden.

Für dieses Jahr wird eine Produktionsteigerung auf 350.000 Autos jährlich prognostiziert. Der aktuelle Streik ist der längste in der Geschichte des Werkes. Vorausgegangen war ein Streik 2003, der aber nur einige Tage dauerte. Die Franzosen halten daran fest, dass der Brutto-Durchschnittslohn bei Dacia im Jahr 2007 mit 1896 Lei (etwa 510 Euro) fast 500 Lei (etwa 134 Euro) über dem Landesdurchschnitt lag. Dennoch zeigt das Unternehmen auch, dass der niedrigste Lohn für einen ungelernten Arbeiter im Dreischichtsystem 824 Lei beträgt (222 Euro).

Vor dem Streik, der am 24. März begonnen hatte, gingen täglich 1.300 Autos vom Band. Vor zwei Tagen waren noch 3.002 Beschäftigte im Streik, 38,8 Prozent der am Arbeitsplatz im Werk Anwesenden.

* unter normalen Produktionsbedingungen werden 65 Autos stündlich im
Dacia-Werk produziert. (Anm. d. Übersetzerin)


Evenimentul Zilei (EVZ) vom 05. April 2008: Kann sich Renault leisten, aus Pitesti wegzugehen?

Auch wenn sich die Vetreter von Dacia und Renault bedeckt halten inmitten der Streikperiode in Mioveni, deuten sie die Möglichkeit einer Verlagerung der Produktion des Logans in Länder mit niedrigeren Lohnkosten an, zum Beispiel Marocco, Indien oder Russland.

"Die Forderungen der Gewerkschaftler gefährden das gesunde Wachstum des Unternehmens und die Zukunft von Dacia, wenn man bedenkt, dass voraussichtlich 2010 neue Werke von Renault in Marocco, Indien und Russland in der Lage sein werden, den Logan zu produzieren." betonte der Direktor des Autoproduzenten Francois Fourmont. Die Erklärung wurde von der Gewerkschaft als Drohung angesehen, vor dem Hintergrund, dass diese eine Lohnerhöhung von 60 Prozent fordert.

Leistungsstark und billig

Von EVZ befragt, stellen die Vetreter von Dacia diese Erklärung in ein abgestufteres Licht. Derzeit steht eine Verlagerung in Länder mit niedrigeren Lohnkosten nicht zur Debatte. "Nach einer Investition von
über einer Milliarde Euro und nachdem wir im vergangenen Jahr 3.400 Personen neu eingestellt haben, können wir nicht von heute auf morgen Rumänien wieder verlassen." erklärte uns der Sprecher der
Geschäftsführung Liviu Ion. Außerdem fügte er hinzu, die Interpretation der Gewerkschafter seine eine "emotionale".

Der Präsident der Renault-Nissan-Gruppe Carlos Ghosn hatte bei einem Besuch Ende vergangenen Jahres erklärt, dass die Dacia-Fabrik eine der fünf leistungsstärksten Fabriken der Gruppe sei, aber er fügte hinzu, dass eine solche Position vor allem auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass es sich um eine Niedriglohnfabrik handelt. Ghosn warnte damals davor, dass es auch andere Niedriglohnländer gäbe, die in Frage kämen, wie z.B. Marocco, wo das Unternehmen bereits eine Fabrik baue, in der ebenfalls der Logan produziert werden soll.

"In Rumänien wachsen die Löhne, das ist eine Tatsache. Die Unternehmen sehen sich inzwischen gezwungen ihre Kalkulationen neu zu überarbeiten." erklärte uns Monica Barbuletiu, Vizepräsidentin der Rumänischen Agentur für ausländische Investitionen. "Theoretisch könnte Renault jederzeit aus Rumänien weggehen, was allerdings bestimmte Kosten verursachen würde." ergänzte sie.

Zehn Tage Streik

Seit Beginn des Streikes vor zehn Tagen fanden mehrere Verhandlungsrunden zwischen dem Management und der Gewerkschaft statt. Sie scheiterten alle. Die Beschäftigten fordern eine Lohnerhöhung von 550 Lei (148 Euro), während die Geschäftsführung 144 Lei (39 Euro) anbietet.

Dacia hatte angekündigt, die Verhandlungen bis zur Wiederaufnahme der Arbeit auszusetzen. Das Unternehmen spricht davon, das nur 36 Prozent der Arbeiter für den Streik gestimmt hätten, die Gewerkschafter geben eine Beteiligung von etwa 60 Prozent an.


SOLIDARITATE: Hilfe aus Frankreich

Auch die französische Presse befasste sich mit der Möglichkeit, das die Renault-Gruppe sich nach dem Streik in Mioveni in Länder mit niedrigeren Kosten bewegen könnte. Sie bezogen sich dabei auf die Erklärungen des Unternehmensleiters, Francois Forumont."Proletarier aus allen Ländern, aus denen verlagert werden soll - vereinigt euch!" schrieb ein Leser in seinem Kommentar auf der Online-Seite der französischen Tageszeitung "Liberation" in Reaktion auf die Nachricht, dass Renault die Produktion des Logan eventuell nach Marocco verlagern will.
Die französischen Gewerkschaften wollen die Streikenden in Rumänien unterstützen und erklärten, dass sie die Löhne der Dacia-Arbeiter während der Streikperiode übernehmen werden.


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