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Den Wölfen überlassen

Eingesandt von Action for Solidarity
Datum: 20.04.2001

Von einem betroffenen Arbeiter und Vertrauensmann bei Vauxhall

Ich schreibe an Sie als ein Mitglied und Vertrauensmann der größten Gewerkschaft bei Vauxhall Motors in Luton. Der Grund, weshalb ich glaube, daß es nötig ist an Sie zu schreiben, ist, daß ich ein Gefühl in der Magengrube, einen absoluten Verrat an unseren Mitgliedern durch unsere sogenannte Führung auf nationaler Ebene zu erleben!

Die Truppen sind den Hügel hinauf geführt und dort den Wölfen von GM überlassen worden. Ich saß bei einem Treffen der Vertrauensleute kürzlich dabei und mußte dort erfahren, daß es keine Armee gäbe, um zu kämpfen. Und dies nach 100%iger Unterstützung für den Streik am 23., 24. und 25. Februar von Seiten der Mitglieder des gesamten Gewerkschaftsbundes. Bei demselben Treffen am 7. März wurde uns von dem Kollegen Tony Woodley gesagt, daß der Kampf vorüber sei. Dafür wurde das Abstimmungsergebnis verantwortlich gemacht, obwohl 70% aller Mitglieder für Streikaktion gestimmt hatte! Die Mitgliedschaft wurde dafür verantwortlich gemacht, die Gewerkschaften in ihrem Kampf nicht zu unterstützen!

Dies war, nachdem die Gewerkschaftsführung jedem Teilnehmer bei einer Massenversammlung sagte, sie sollten ihre Optionsformulare bei der Firmenleitung einreichen und erklären, wofür sie sich entscheiden, d.h. ob sie überwechseln wollten zu IBC, ob sie eine Abfindung vorzögen oder nach Ellesmere Port gehen wollten. Dieser Bekanntmachung folgte die Aufforderung durch alle Gewerkschaften, ihre Formulare mit einer Handschriftnotiz einzureichen (22. Februar 2001). Daraufhin machte dann die Führung der Belegschaft Vorhaltungen, daß sie ihre Formulare abgegeben hatten und entschied, daß dies der Anlaß sei, den Kampf zu beenden!

Bill Morris stellte bei einer Massenversammlung fest, daß wir damit nirgendwo hinkämen, doch genau diesen Weg ins Nirgendwo hatte er beschritten. Er sollte nach Detroit gehen, um Jack Smith Rick Wagoner zu treffen und auf sie Druck auszuüben. Statt dessen wurde der Druck auf die Belegschaft zurückgegeben, entweder der Überleitung zu IBC oder einer Abfindung zuzustimmen.

Auf der Betriebsebene herrscht nun das Gefühl vor, daß sich niemand mehr einen Dreck schert. Was erwartet man auch, nachdem diese prächtige Belegschaft plattgewalzt worden ist von der ständigen Propaganda nicht nur der Unternehmensfalken, sondern auch der Gewerkschaften?

Ich fühle mich sehr unbehaglich dabei, gegen die Gewerkschaft anzugehen, denn nicht die Gewerkschaft hat entschieden, die Fabrik zu schließen, aber ich meine, daß wir mehr tun können, bevor es zu spät ist.

Es wurde über einen Massenboykott von GM-Produkten durch die Öffentlichkeit geredet. Dies kam auf in Verbindung mit Streikposten vor den Hafenanlagen, die den Import von GM-Fahrzeugen ins Land verhindern sollten. Auch bei den Händlern sollte es Streikposten geben, zusammen mit betrieblichen Aktionen innerhalb innerhalb der Fabrik von Luton.

Dies hätte GM da Schläge versetzt, wo es am meisten geschmerzt hätte, im Portemonnaie! Stattdessen dürfen wir jetzt mit ansehen, wie zusammen mit der Fabrik der Name Vauxhall für immer verschwindet und damit 2000 Jobs direkt in der Fabrik und darüber hinaus 20000 Jobs, die mit dem Werk zusammenhängen.

Die Zulieferfirmen für Luton fangen bereits mit den Entlassungen ihrer Arbeiter an. Der jüngste Fall ist Delphi, wo ungefähr 300 Arbeiter überflüssig werden. Dr Halo-Effekt, von dem Reilly gesprochen hat, setzt bereits ein. Wer weiß, wo das enden wird?

Die Regierung ist bei all dem still geblieben, sie haben General Motors nicht ein einziges Mal verurteilt. Minister Blair gibt vor, alles zu tun was er kann, um zu helfen, aber: während Rom brennt, fidelt Nero!

Der vor kurzem herausgebrachte Bericht des Ausschusses über Vauxhall hat das Geschehene verurteilt und eine Gesetzesänderung empfohlen aufgrund der Tatsache, daß es in Britannien leichter möglich ist, Arbeiter auf die Straße zu werfen als bei unseren europäischen Kolleginnen und Kollegen. Das Handels- und Industrieministerium hat diesen Bericht zurückgewiesen und nichts getan, um den Beschäftigten von Vauxhall zu helfen.

Wohin gehen wir also jetzt? Es gibt zwei Möglichkeiten, eine ist die leichtere Wahl und die andere die harte.

Die erste, von der Gewerkschaft bevorzugte Wahlmöglichkeit ist die, zu tun, was ihnen Reilly am 12. Dezember 2000 sagte - zu IBC gehen, zu Ellesmere Port zu gehen oder abzuhauen!

Die zweite und schwierigere Wahlmöglichkeit ist, vom Betrieb aus Widerstand wiederaufzubauen dagegen, daß wir zu etwas, was wir nicht wollen, gezwungen zu werden.

Es gibt Widerstandswillen, aber er muß eine Führung erhalten, die gewillt ist, wieder die Initiative zu ergreifen und darauf abstellt, General Motors dazu zu bringen, daß sie die 1998 eingegangene Betriebsvereinbarung erfüllen.

Dies ist fast eine unmögliche Aufgabe für jene, die tapfer genug sind, es mit einem der größten Konzerne der Welt aufzunehmen! Doch nehme ich die Ermutigung dazu von den Beschäftigten des Krnakenhauses in Hillingdon, die ihren Streik fünf Jahre lang durchgestanden und gewonnen haben!

Ihr Kampf muß uns alle inspirieren! Besonders die Vauxhall Arbeiter, für die es jetzt die elfte Stunde geschlagen hat. Wir können alle von der Erfahrung Lehren ziehen, an der vordersten Frontlinie zu stehen im Kampf um Gerechtigkeit für die Arbeiterklasse gegen tyrannische Chefs und Firmengewerkschaften!

Mit freundlichen Grüßen
Ein besorgter Vauxhall Arbeiter und Vertrauensmann

Im englischen Original erschienen als: Left to the wolves. Submitted by Action for Solidarity. Link zum (englischen) Kommentar eines Arbeiters und Vertrauensmanns bei Luton zur "Lösung" für Luton vom 20/4/2001 bei LabourNet UK

 

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