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Standorte - Belegschaftszeitung bei GM/Opel Bochum Nr. 38 vom Mai 2000

Inhalt:

Schaumberg geht....

Fusionen in der Automobilindustrie

Hochgejubelter Tarifabschluss

BILDUNGSURLAUB abgeschafft - Clement und DGB buckeln vor den Arbeitgebern

 

Schaumberg geht....

Viele haben es schon mitbekommen: Wolfgang Schaumberg hat nach 30 Jahren Opel - davon 25 als Betriebsrat - den "Laden" verlassen.
Viele ahnen: er wird fehlen, im Betriebsrat, in der Kündigungskommission, in den Hallen.
Viele freuen sich darüber. Vielleicht weil sie glauben, "jetzt ist endlich Ruhe". Vielleicht weil sie glauben, "den Wolfgang sind wir los". Vielleicht weil sie sogar glauben, "jetzt sind wir all diese Querulanten los".

Irrtum!

Schaumberg geht .... aber nur nie wieder nach Opel.
Aufgepasst: jetzt hat er noch mehr Zeit für Gewerkschaftspolitik, für internationale Kontakte, für die Suche nach Perspektiven jenseits dieses Systems!

Noch ein Irrtum!

Schaumberg geht.... aber die Gruppe, als deren Repräsentanten er von vielen gesehen wurde, sie bleibt!
Nach über 25 Jahren hängt die vielleicht bekannteste oppositionelle Betriebsgruppe in Deutschland ganz sicher nicht davon ab, ob Wolfgang Schaumberg noch im Betriebsrat ist - zumal er ihr Mitglied bleiben wird, denn bei uns sind auch Rentner willkommen.

Es wird noch besser!

Schaumberg geht .... die GOG kommt (wieder)!
Um allen, die sich zu früh gefreut haben, und allen, die schon traurig waren, zu zeigen, wie SEHR es uns noch gibt, heisst die Standorte-Gruppe ab sofort:

GOG - Gegenwehr ohne Grenzen

Freut Euch bereits auf unsere erste Zeitung mit diesem Namen......

 

Fusionen in der Automobilindustrie

Vor zwei Jahren, begannen mit der Übernahme von Chrysler durch den Daimler - Benz Konzern, die Fusionswellen in der Autoindustrie. Mittlerweile vergeht kaum ein Tag, an dem in den Medien über weitere Fusionen und Übernahmen berichtet wird. Wie läßt sich das alles erklären?

Der Weltautomobilmarkt ist im besonderen in den großen Automobilregionen USA, Europa, und Japan, weitgehend gesättigt. Größere Wachstumspotentiale werden von den Unternehmen in Asien ( ohne Japan ), Lateinamerika und Osteuropa in ausreichenden Maße nicht erwartet. Deshalb hat dieses Wachstum auf die gesamte Weltautomobilproduktion einen relativ verhaltenen Einfluß. Nebenbei: Gibt es in diesen Ländern genügend Leute, die gern ein Auto hätten aber sie können einen Profitbringenden Preis nicht zahlen.

Die einzelnen Autohersteller müssen sich daher darauf einstellen, dass sie die Marktanteile ihrer Konkurrenten entsprechend verringern, um ihre Marktanteile erhöhen zu können. Der Kampf um den Weltmarkt hat sich gegenüber früheren Jahrzehnten, in denen die Weltautomobilproduktion insgesamt noch deutlich schneller und stärker wuchs, spürbar verschärft.

Die Kosten für Neuinvestitionen und die Entwicklung neuer Fahrzeuge führen zu Fusionen und Übernahmen. Dies läßt sich anhand von zwei Beispielen innerhalb des Opel - Konzerns verdeutlichen: 1992 investierte Opel in Eisenach 1 Mrd. DM, entstanden sind 2000 Arbeitsplätze, pro Arbeitsplatz betrug die Investition 500.000 DM.

In Kaiserslautern investiert Opel 650 Mio. DM um einen neuen Alu - Motor zu fertigen ( Pfälzischer Merkur vom 27.01.00 ).

500 Arbeitsplätze sollen dort im Jahr 2001 entstehen, pro Arbeitsplatz beträgt die Investition 1,3 Mio. DM. Neuestes Beispiel: General Motors und Fiat.

GM und Fiat haben im März 2000 eine strategische Allianz geschlossen, die sich in gegenseitigen Beteiligungen ausdrückt, erklärte der Vorstandsvorsitzende Robert W.Hendry. GM hat dabei 20 % Anteile von Fiat übernommen und Fiat 5% Anteile von GM. Des weiteren hat sich General Motors ein Vorkaufsrecht auf die restlichen 80% Anteile an Fiat vertraglich gesichert.

Somit ist davon auszugehen, dass GM in absehbarer Zeit den ganzen Fiat - Konzern übernehmen wird. In einem an die Opel - Belegschaft gerichteten Flugblatt vom 14.03.2000 wurde von Robert W. Hendry schon angekündigt, dass die Kooperation mit Fiat natürlich mittelfristig Auswirkungen auf Opel haben wird.

Um Wettbewerbsvorteile zu erreichen und Kosten zu sparen, will man in Zukunft bestimmte Komponenten, z.B. Motoren und Getriebe gemeinsam entwickeln. Die Auswirkungen dieser Wettbewerbsvorteile tragen dann die abhängig Beschäftigten. In der Regel werden nach einer Fusion oder Übernahme zwischen 10 und 30% der Arbeitsplätze vernichtet.

Der Druck auf die Belegschaft in Werk II wird zunehmen! Investiert Opel noch weiter in den Getriebe- und Motorbau? Wenn ja: gibt es eine neue Erpressungsrunde und die Belegschaft soll wiedermal auf alte Errungenschaften verzichten, für die angebliche Sicherung der dann noch übrigbleibenden Arbeitsplätze, verbunden mit einer noch verschärfteren Arbeitsverdichtung und höchst wahrscheinlich hoch flexiblen Arbeitszeiten von 7 Tagen in der Woche.

Wenn nein: dann gibt es in einigen Jahren keinen Getriebe- und Motorbau mehr! Erweiterte Vorruhestandsprogramme, eventuell Abfindungsprogramme, etliche Versetzungen wären dann Realität. Langsam aber sicher müßte der Groschen doch fallen!? Fusion hin, Fusion her, "wenn Dein starker Arm es will, stehen alle Räder still".

 

Hochgejubelter Tarifabschluss

Was haben wir getan, um eine spürbare Lohnerhöhung oder bessere Beschäftigungssicherung zu erreichen? "Wir können zu Hause, auf dem Sofa, bei Bier und Salzstangen beobachten, wie ‘wir‘ den Tarifkampf führen", schreibt die "Kollegengruppe" bei Daimler in Bremen in ihrem kritischen Betriebszeitungsartikel zur Tarifrunde, "Ganz ohne den Hintern bewegen zu müssen, bekommen wir auf dem Silbertablett ein fertiges Ergebnis geliefert, frei Haus und ganz ohne die verfluchten Warnstreiks..." So ein "friedlicher" Verlauf von billigen Tarifrunden ist ein typisches Ergebnis des "Bündnisses für Arbeit".

Dass das Unternehmerlager über den zweijährigen bescheidenen Tarifabschluss, besonders über die Festlegung der Arbeitszeit auf 35 Stunden für weitere 3 Jahre jubelt und ebenso die Regierungen in Berlin wie in Düsseldorf hoch zufrieden sind, braucht uns nicht zu wundern. Eher die Tatsache, dass auch unsere Opel-Delegierten in der Tarifkommission locker dem Abschluss zugestimmt haben, obwohl sie wissen, dass zumindest ein großer Teil der Bochumer Opel-Belegschaft durchaus streikbereit war.

Allerdings gab es in anderen Betrieben und IGM-Bezirken knallharte Kritik am Tarifergebnis. "Vor allem Funktionäre aus den Süd-Bezirken und Großunternehmen kritisierten den ‘zu billigen‘ Abschluss und machten das Bündnis für Arbeit und die ‘Tele-Politik‘ der IGM-Spitze dafür verantwortlich", schreibt die FR (17.4.2000) in ihrem Bericht über die IGM-Vorstandsklausur Mitte April. Die IGM-Vertrauenskörper-Leitungen von Bosch, Porsche und Alcatel Stuttgart kritisieren in ihrer gemeinsamen Resolution an den IGM-Vorstand vom 31.3.2000:

"...Was ist für die Zukunft der IGM wichtiger? Entwicklung gemeinsamer Kampfkraft zur Durchsetzung attraktiver Tarifverträge... oder das Lob vom Bundeskanzler, die IGM hätte ‘ein Zeichen für die gesamtwirtschaftliche Verantwortung‘ gegeben? ...Der Weg des IGM-Vorstands in dieser Tarifrunde ist absolut indiskutabel ... Die sich mobilisierenden KollegInnen ziehen sich frustriert und enttäuscht von unserer Organisation zurück. Viele KollegInnen drohen mit dem Austritt, weil sie ‘so eine IGM, mit der nichts mehr los ist und die falsche Lohnabschlüsse macht‘, nicht mehr brauchen. Für Euch im IGM-Vorstand ist offensichtlich das Lob von Politik, Wirtschaft und Medien wichtiger als das Lob einer handlungsfähigen und für die IGM motivierten Basis in den Betrieben... Für Euch im IGM-Vorstand ist die eitle Gesichtswahrung wichtiger als die Stärkung der Mitgliederbasis. Mit Euch im IGM-Vorstand ist nichts mehr los. Wir werden uns jedoch nicht von Euren Verhaltensweisen davon abhalten lassen, weiterhin mit allen KollegInnen aus allen Bezirken an einer glaubwürdigen, kampfstarken und durchsetzungsfähigen IG Metall zu arbeiten."

Eine derartig eindeutige Stellungnahme hätten wir auch von der VK-Leitung bei uns hier begrüßt...

 

BILDUNGSURLAUB abgeschafft - Clement und DGB buckeln vor den Arbeitgebern

Na, da haben wir Opel-KollegInnen aber noch einmal Glück gehabt:

Wir haben noch einen Anspruch auf Bildungsurlaub! Aber die KollegInnen in den kleineren Betrieben hat es erwischt. Durch ein schnell noch vor der Landtags-Wahl am 14. Mai durchgezogenes Gesetz hat der Landtag NRW in Größtkoalition den Bildungsurlaub für Beschäftigte in Betrieben bis zu 10 Arbeitnehmern ganz abgeschafft und in Betrieben bis zu 50 Beschäftigten eingeschränkt: wenn dort bereits 10 % der Beschäftigten (bei einem 11-Mann-Betrieb also genau einer!) im laufenden Jahr Bildungsurlaub hatten, gehen die anderen leer aus!

Aber auch die Arbeitgeber in den Großbetrieben können zufrieden sein. Sie können nämlich jetzt nach eigener Wahl 2 Tage innerbetrieblicher Weiterbildung (also etwa PC-Kurs oder auch Gruppensprecher-Lehrgang?) auf den Bildungsurlaub anrechnen.

Und noch mehr hat der Landtag den Arbeitgebern beschert in der "Hoffnung", dass diese jetzt den Bildungsurlaub, dessen Abschaffung weiter ihr erklärtes Ziel ist, doch noch ein bisschen lieb haben: Studienreisen sind gestrichen, Bildungsurlaub im Ausland auch (Ausnahme: Belgien und Niederlande und Straßburg sowie Nazi-Gedenkstätten): gerade in Zeiten der Globalisierung ist es jetzt also nicht mehr möglich, gemeinsam Bildungsurlaub beispielsweise mit Kollegen aus dem gleichen Multi etwa in Liverpool oder Zaragoza oder gar Detroit zu veranstalten.

Schön im Lande bleiben heißt die Devise, Herten ist ja auch gar nicht so schlecht! Und zu alledem hat der DGB-Landesbezirk ja gesagt! Vergeblich haben ÖTV und HBV wenigstens noch protestiert. Und wo war "unsere" IG Metall: hat die ganze Sache wohl verpennt oder – wir kennen unseren Harald ja – war bestimmt ganz heiß, die Arbeitgeber kostenmäßig etwas zu entspannen.

Aber das alles kann ja nur heißen: jetzt erst recht – nehmt Eure 5 Tage Bildungsurlaub in Anspruch! JEDES JAHR! Und der Betriebsrat muss von Opel verlangen, dass innerbetriebliche Weiterbildung grundsätzlich nicht angerechnet wird.

 


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