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Updated: 18.12.2012 15:51
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Stimmungsbericht vom Protest am Opelstammwerk Rüsselsheim am Dienstag, 19.102004, von Alfred Müller und einige Bilder der Protestaktion

Die Eröffnungskundgebung (sogennante Informationsveranstaltung) fand auf dem neuen Betriebsgelände der ADAM OPEL AG südlich des Bahnhofsgeländes statt. Gemeinsam mit VertreterInnen der IGM-Arbeitslosengruppe Frankfurt/M. marschierte ich dorthin. Mit Beendigung der laufenden Schicht ströhmten die Arbeiter und Angestellten der verschiedenen Abteilungen zum Versammlungsort. Nach etwa einer Dreiviertelstunde war der Versammlungsort proppe gefüllt. Der Personalratsvorsitzende Franz schätze die Zahl derer, die zusammengekommen waren auf rund 20.000. Auch Polizeikräfte, die sich über die Demo unterhielten, schätzen die TeilnehmerInnenzahl so ein. Wie viele Menschen versammelt waren, bekamen wir – eine Gruppe linker Gewerkschafter aus Rhein-Main – selbst zu spühren: Eine Kollegin wollte später zu uns hinzustoßen, simste mir dann jedoch, dass sie am anderen Ende der Demo stünde und „nicht zu uns durchkommen“ könne. Das wollte ich nicht glauben und versuchte es selbst. Doch tatsächlich: die Menschen standen so massiert beieinander, dass es kaum einen Spalt zum Durchkommen gab.

Alle konzentrierten sich merklich auf die Redebeiträge und ich erntete für meinen Versuch, mich Durchzudrängeln, ziemlich genervte Blicke. Also zog ich mich gleich wieder zum Ausgangspunkt zurück. Es waren auch Belegschafts- vertreterInnen anderer Betriebe anwesend, z.B.: IG BCE Merck/Darmstadt. Viele KollegInnen hatten ihren Nachwuchs mitgebracht. Auf einem Kinderwagen stand zu lesen: „Ich bin erst sechs Monate alt und auch schon existenzgefährdet!“

Arbeiter und Angestellte standen durcheinander und die kämpferische Rede einer Angestellten traf auf großen Beifall aller Anwesenden. Herr Franz, der auch vieles richtige und wichtige sagte, widmete einige Minuten seiner Rede auch der Situation im Bochumer Werk, wobei er sich für die umgehende Rückkehr zur Arbeit aussprach. Damit stieß er jedoch nicht die Stimmung der Anwesenden, welche diesen Teil seiner Ausführungen still über sich ergehen ließen. Dieser Stimmung trugen die Verantwortlichen aber durchaus Rechnung. Nach der sogenannten Informationsveranstaltung wurde die Versammlung zwar für aufgelöst erklärt, man ging jedoch nicht geordnet in die Abteilungen zurück.

Die Menge verließ das Betriebsgelände zum „Hinterausgang“, lief über die angrenzende Bundesstraße in Richtung der Innenstadt, um nach etwas über einer halben Stunde Fußmarsch das Werk wieder zu durch das bekannte Hauptportal am Bahnhofsvorplatz zu betreten. Herr Franz hatte jedoch zum Abschluss der sogenannten Informationsveranstaltung darauf hingewieden, „dass es bei jedem zuhause heute sicherlich genug zu tun gäbe“. Am Hauptportal wurden Belegschaftsvertreter deutlicher: „Wir werden die Arbeit heute nicht mehr aufnehmen“, wurde den herannahenden KollegInnen mehrmals per Lautsprecher bekannt gegeben. Der Protestzug bewegte sich direkt durch die östliche Fußgängerzone. Die meisten Passanten blieben stehen und waren auch an angebotenen Flugblättern sehr interessiert. Die anwesenden Polizeikräfte verhielten sich sehr kooperativ und hilfsbereit.

Fazit: In Rüsselsheim fand eine sehr konzentrierte und ernsthafte Protestaktion statt. Entschlossenheit, für die eigene Sache zu streiten war deutlich spührbar. Entsprechende Äußerungen der RednerInnen wurden lautstark begrüßt. Trotzdem kann man auch nicht sagen, dass es eine in ihrer äußeren Form besonders kämpferische Veranstaltung gewesen wäre. So kamen z.B. keine Sprechchöre auf. Als die Menge durch einen Tunnel zog, versuchten ein paar KollegInnen, „Hoch die internationale Solidarität“ anzustimmen, was ja auch diesem europaweiten Aktionstag angemessen gewesen wäre. Es blieb aber beim Versuch.

Insgesamt hatte ich einen sehr positiven Eindruck aufgrund der spührbaren Entschlossenheit des KollegInnen. Für die träge Ruhe, die in den letzten Wochen über der Stadt lag, war dieses Ausmaß des Protestes schon sehr bemerkenswert. Ob hieraus ein Sturm werden wird ist schwer abzuschätzen. Aber wenn die Bochumer KollegInnen tatsächlich auch weiterhin sogenannte Informationsveranstaltungen abhalten sollten und also die Produktion auch in Rüsselsheim zum Stillstand kommen würde, dann würden die Rüsselsheimer Opelaner – und mit ihnen viele BürgerInnen Rüsselsheims – sicherlich aus der Not eine Tugend machen und den Protest positiv mitgestalten. Bochum halte durch!

Alfred Müller, Redaktion DER FUNKE (www.derfunke.de), Wiesbaden


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