Profil-Extra
Informationen des BR an die Mitarbeiter/innen der DaimlerChrysler AG, Werk Bremen

Bremen, 20. Oktober 1999

Herrn Karr - WL
Herrn Coers - P

Offener Brief

Wie krank ist die Fabrik ?
Wie gesund ist die Fabrik ?

Mit Entsetzen musste der Betriebsrat durch betroffene Kolleginnen und Kollegen zur Kenntnis nehmen, dass sie während ihrer Krankheit unangemeldet von ihren Vorgesetzten, teilweise auch in Begleitung von Personalbetreuern, zu Hause aufgesucht wurden.

Hier handelt es sich nicht um Fehlverhalten einzelner Vorgesetzter, sondern dies wird von maßgeblicher Stelle des Werkes gefördert und so geplant. Dadurch entsteht der Eindruck, dass es dem Unternehmen nicht darum geht, die Krankheitsursachen und ihre Abhilfe zu ergründen, sondern vielmehr, dass noch mehr Druck auf die arbeitsunfähigen Kolleginnen und Kollegen ausgeübt werden soll. Dies wird von den Betroffenen auch so empfunden.

Es nützt niemandem, Konzepte zu "Anwesend und Gesund" zu entwickeln, die solche Vorgehensweisen wie oben beschrieben zu einer regelmäßigen Einrichtung machen. Die jetzt eingeführte Praxis läuft dem eigentlichen Anliegen zuwider, welches mit dem Aussetzen der Stufung erreicht werden sollte, nämlich Vertrauen herzustellen und Angst zu nehmen.

Diese Vorgehensweise lehnt der Betriebsrat ab. Wir erwarten von der Werkleitung, dafür zu sorgen, dass keine Kolleginnen und Kollegen, die krankheitsbedingt abwesend sind, unangemeldet von ihren Vorgesetzten / Personalbetreuern aufgesucht werden.

Der Betriebsrat betrachtet den derzeitigen Krankenstand mit Sorge; aber spiegelt er nicht auch die Kultur eines Werkes wider?

Die Gründe für krankheitsbedingte Abwesenheit haben viele Ursachen und diese haben auch etwas mit den konkreten Arbeitsbedingungen zu tun. Der Betriebsrat ist nach wie vor dazu bereit, im Werksbegleitteam, in den Centerbegleitteams und im Arbeitskreis Gesundheit aktiv mitzuarbeiten und im Sinne von arbeitsplatzverbessernden und gesundheitsfördernden Maßnahmen mitzuwirken. Die in den Gremien verabschiedeten Vorgehensweisen müssen der Beseitigung der Krankheitsursachen sowie der Gesundheitsförderung dienen und nicht der Bekämpfung von Kranken. Hierzu gibt es bereits positive Ansätze, wie z.B. Rückenschule, Gesundheitswoche und Präventionsaufklärung.

Der Betriebsrat wendet sich aber entschieden gegen solche Entscheidungsträger, die Absprachen und Vorgehensweisen dieser Gremien mißachten und einseitige Anordnungen vorgeben und damit Vertrauen zerschlagen. Mit solch einem Verhalten wird der Weg verlassen, der in der gemeinsamen Betriebsvereinbarung zur Verbesserung der Anwesenheit und Gesundheitsförderung festgeschrieben wurde.