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Anfang Mai, auf der Tagung zur Bildung der Heinrich Böll Stiftung in Berlin sprach nicht nur André Gorz, sondern, neben vielen anderen, auch ein echter Manager (ja ja, jeder sucht sich seine -Freunde und so... aber nein, das ist nicht Tenor dieser Seite). Wir geben den abstract seines Beitrags von der HBS Seite hier direkt wieder - weil wir ihn mit einem kleinen gutgemeinten Kommmentar versehen haben - und dafür sollte mensch das Original vor sich haben....
Wir leben in Zeiten rasanter Umbrüche. Unser Wirtschaftssystem wandelt
sich von der Industriegesellschaft zur Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft.
Wandel wird zur bestimmenden Größe, Schnelligkeit zum entscheidenden
Erfolgsfaktor.
Begriffe wie "Globalisierung" oder "Virtualisierung" unserer Gesellschaft sind
heute in aller Munde. Damit einher geht eine entscheidende Veränderung
der Arbeitswelt sowie der Anforderungen der ErwerbstÄtigen an die Arbeitsbedingungen.
Es lassen sich fünf Einflussfaktoren festhalten, die die Entwicklung der
Arbeitswelt in Deutschland und Europa beeinflussen:
Die Bedeutung des Mitarbeiters, der "Human Ressources", hat sich für
Unternehmen entscheidend gewandelt: Information und Wissen sind der Motor der
modernen Dienstleistungsgesellschaft. Dabei ist jedoch der effiziente Zugriff
auf Information letztlich nicht der entscheidende Wettbewerbsfaktor. Es sind
die Menschen, die Mitarbeiter, die mit ihrem Wissen aus der Information neues
Wissen erzeugen. Die Motivation und das Know-How der Mitarbeiter, ihre Flexibilität,
Innovationsfähigkeit und Kundenorientierung bilden den Rohstoff für
innovative Dienstleistungsprodukte. Durch die Leistungen der Mitarbeiter sind
Dienstleistungsunternehmen in der Lage, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten
und zu verbessern.
Mitarbeiter stellen als die Wissensträger des Unternehmens neue Anforderungen
an die Gestaltung ihres beruflichen und privaten Umfeldes. Nur in Unternehmen,
in denen flexible Rahmenbedingungen für Arbeitszeit, Weiterbildung und
Lebenszeit geboten werden, kann sich das intellektuelle Potential der Mitarbeiter
voll entfalten und entwickeln. Flexible Rahmenbedingungen beginnen mit einer
flexiblen Organisationsstruktur. Gängige Strukturmodelle mit einer festen
Befehlshierarchien von oben nach unten spiegeln die betriebliche Realität
nicht mehr wieder. Zunehmend orientieren sich Unternehmen nach marktwirtschaftlichen
Prinzipien: es gibt horizontale Netzwerkstrukturen, in der sich Abteilungen
und zentrale Bereiche als Dienstleistungszentren für ihre Kunden - und
zwar externe wie interne Kunden - verstehen. Innerhalb dieser Strukturen holt
sich der Mitarbeiter nicht mehr nur Aufgaben von seiner Führungskraft ab,
sondern wirbt auf der Basis seines Know-hows und seiner Kompetenzen um Aufträge.
Gezielte Entwicklung und Förderung von Wissensmanagement in einem Unternehmen
ist ein weiteres wichtiges Element zur Schaffung flexibler Arbeitsbedingungen,
die es den Mitarbeitern ermöglicht, mit der Veränderungsgeschwindigkeit
Schritt zu halten. Dabei geht es nicht nur um die Bereitstellung von Wissensmanagment-Tools
wie einem Intranet, sondern um die Förderung individueller und organisationaler
Lernprozesse und damit die Entwicklungen einer lernfreundlichen Unternehmenskultur.
Geeignete Lernumfelder ermöglichen es, Wissen und Lernerfahrung "on demand"
zu erlangen.
Eine Organisationsstruktur, die auf vertikalen Hierarchien und einer lernfreundlichen Kultur basiert, verlangt Führungskräfte, die Führung als Dienstleistung für ihr Mitarbeiter verstehen und als Coach und Personalentwickler für ihre Mitarbeiter agieren. Führungskräfte haben die Aufgabe, die vorhandenen Leistungs- und Entwicklungspotentiale ihrer Mitarbeiter zu erkennen und gezielt zu fördern. "Führen durch Ziele" durch regelmäßige Zielvereinbarungen und eine darauf basierende Messung der Zielerreichung wird zu einem zentralen Instrument für Führungskräfte. So können sie Strategien festlegen, kommunizieren und deren Umsetzung steuern.
In Unternehmen, die zunehmend internationaler agieren, müssen darüber hinaus alle Beschäftigten ihr Leistungspotential uneingeschränkt entwickeln und einsetzen können. Fortschrittliche, unternehmerisch strategische Entscheidungen können nur auf einem eingehenden Verständnis davon, wie verschieden die Wahrnehmung der Welt sein kann, aufgebaut sein. Ein global erfolgreiches Unternehmen, das sich ausschließlich auf den Grundlagen einheimischer Werte aufbaut, verschließt sich einem Reichtum an Talenten, Ideen und unterschiedlichen Sichtweisen. "Managing Diversity" wird damit zur zweiten großen Herausforderung an die Führung eines Unternehmens.
Um sowohl die veränderten Ansprüche der Mitarbeiter nach Work-Life-Balance
als auch die Flexibilitätserfordernisse der Unternehmen zu befriedigen,
bieten sich verschiedene Arbeitszeitmodelle an. Generell ist ein Trend weg vom
geregelten Arbeitstag mit Anwesenheitspflicht hin zur Vertrauensarbeitzeit zu
verzeichnen. Entsprechend halten Arbeitszeitkonten, Langzeit- und Lebensarbeitszeitmodelle
Einzug in Unternehmen. Die Leistung des Einzelnen wird zunehmend nicht mehr
an der Anwesenheitszeit im Unternehmen, sondern an den erreichten Zielen und
der Qualität der Ergebnisse gemessen. Das Angebot von Telearbeitsplätzen
oder die Vereinbarung von Teilzeitverträgen sind heute in vielen Unternehmen
schon Realität.
Diese flexiblen Arbeitsbedingungen kommen auch den Bedürfnissen der Mitarbeiter
entgegen: gerade in den ersten Jahren der Berufstätigkeit sind viele bereit,
mehr zu arbeiten und sich ein breites fachliches und methodisches Wissen zu
erwerben. Diese angesammelte Arbeitszeit bzw. die Möglichkeit zur Telearbeit
kommt den Mitarbeitern zugute, die für ein Sabbatical oder zur Gründung
einer Familie eine Auszeit nehmen oder kürzer treten wollen. Arbeitszeit
kann so zu "Lebenszeit" umgewandelt werden.
Ähnlich wie Arbeitszeit immer flexibler gehandhabt wird, werden zunehmend
leistungs- und ertragsabhängige Vergütungsmodelle entwickelt. Variable
Vergütungsanteile für alle Mitarbeiter ermöglichen es, die Leistung
des Einzelnen, des Teams und des Unternehmens angemessen im Gehalt zu berücksichtigen.
Zielvereinbarung und die Messung der Zielerreichung spielen dabei ebenso eine
Rolle wie die Beurteilung der Leistung des Mitarbeiters. Da auch die Verhaltenskomponente
bei der Erbringung von Dienstleistungen eine wichtige Rolle steht, wird zunehmend
auch die soziale und emotionale Kompetenz des Mitarbeiters bei entsprechenden
Bewertungen berücksichtigt.
Ein Beispiel für dienstleistungsorientierte Arbeitsbedingungen für
das 21. Jahrhundert ist unser Dienstleistungstarifvertrag, den wir mit unseren
Tarifpartnern 1998 abgeschlossen haben. Der DLTV setzt einen tarifpolitischen
Meilenstein für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen
Dienstleistungssektors. Er bietet starke Impulse für Leistungsanreize durch
Leistungshonorierung; er trägt damit zur Motivation der Mitarbeiter bei.
- Er liefert ein neues Regelwerk für flexiblere kundenorientierte Arbeitszeiten
durch Arbeitszeitbudgets, Lang- und Lebensarbeitszeitkonten. Ebenso sind Teilzeit-
und Telearbeitsvereinbarungen möglich.
- Er garantiert die kontinuierliche Qualifizierung der Mitarbeiter. Jeder Mitarbeiter
hat Anspruch auf 25 Tage Qualifizierung in fünf Jahren.
- Er verteilt die Verantwortung für Qualifizierung auf Unternehmen und
Mitarbeiter. Mitarbeiter leisten einen Eigenbeitrag für Qualifizierungsmaßnahmen
in Form von Gleit- oder Urlaubstagen für die Hälfte der Zeit der Qualifizierungsmaßnahmen.
- Er verändert die Arbeits-, Zusammenarbeits- und Führungskultur.
Jährlich findet ein MitarbeitergesprÄch statt, in dem Ziele vereinbart
sowie die Zielerreichung und Leistung des Mitarbeiters beurteilt werden.
· Teilzeit, Telearbeit und selbständige Projektmitarbeiter sind erst der
Anfang alternativer Arbeits- und Beschäftigungsformen, müssen aber
in den nÄchsten Jahren gemeinsam mit den Tarifvertragsparteien weiter ausgebaut
werden.
Insgesamt zeigt sich, dass der Wandel der Arbeitswelt in zunehmendem Maße
die Aufgabe tradierter Konzepte und Wertvorstellungen verlangt. Die Art der
Leistungserbringung, der Arbeitsort, die Entlohnung und Organisationsstrukturen
unterliegen deutlichen VerÄnderungen. Es ist an uns, diese VerÄnderungen
aktiv mitzugestalten und so neue GestaltungsspielrÄume für die Arbeitszeit,
Weiterbildung und Lebenszeit der Zukunft zu schaffen.
1.Zielvereinbarungen : Zugegeben, die von debis kennen wir nicht. Aber ziemlich
viele andere, öffentlicher dienst oder privat, die allesamt durch ein wesentliches
Merkmal gekennzeichnet sind: Daß sie ein betriebswirtschaftliches Modell
skalieren. Was bedeutet, sie sind in Wirklichkeit - wie "freiwillig" auch immer
zustande gekommen - ein bloßes Instrument effektiver Leistungskontrolle
und haben in der Regel wenig mit Sachkompetenz zu tun.
2.Soziale Kompetenz der MitarbeiterInnen : Ist in der Regel zentriert auf gruppendynamische
Eigenschaften der sie bildenden Personen, was auch heisst, daß sozial
kompetente und engagierte Menschen, die schwierig - für wen ? - im Umgang
sind, in der Regel schlecht bewertet werden. Gute Stimmung im Produktionsteam
oder was es immer sein mag, das ist die Zielsetzung - ganz unabhängig vom
Produkt. Die soziale Kompetenz einer fröhlich zusammenarbeiten Gruppe von
Daimler Panzerbauern sei hiermit als Extremfall angezweifelt, auch wenn debis
nicht Daimler ist.
3.Dass die Mitarbeiter die Hälfte der Weiterbildungstage selbst aufbringen
sollen ist vor dem Hintergrund der erklärten Funktion ihres technischen
Wissens keineswegs besonders sozial - das mag besser sein als in manch mieser
Bude, aber gerade die arme Firma Daimler hätte, wenn es ihr so wichtig
ist, sich mehr bewegen koennen.
4.Dass die Menschen sich nur "auffe Arbeit" voll entfalten könnten ist ein ebenso altes wie falsches Gerücht - es macht aber deutlich, dass auch in diesem Konzept die sogenannte Freizeit als Erholungs und (oft gar nicht so erholender) Konsumzeit der Arbeitszeit dient - allein die Grenzen werden fliessend...
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LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The virtual meeting place of the left in the unions and in the workplace |
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