KOLLEGEN von DAIMLER INFORMIEREN

Ausgabe 415 vom 25. November 1999

 

Inhalt:


 

Das macht krank:

Sonderschichten und kein Ende in Sicht !?

Noch bis zum Jahresende beabsichtigt die Werkleitung 6 Sonderschichten in der Baureihe C zu "fahren". Dies hatte der Betriebsrat auf Grund der hohen Belastungen der Bremer Belegschaft abgelehnt. Dieser Beschluß hat gegenwärtig mit Stand vom 22.11.99 noch Bestand. Am 12.11.99 "überraschte" die Werkleitung dann mit einem neuen Antrag den Betriebsrat. Sie will für das Jahr 2000 eine Option für 18 Sonderschichten für die Baureihe C vom Betriebsrat haben. Diese 18 Sonderschichten sollen dann auf 21 mögliche Samstage verteilt werden können.

Damit nicht genug ,ist beabsichtigt, 2 zusätzliche Samstage für den RB und die OF bewilligt zu bekommen. Mit dieser Mehrarbeit sollen die Karosseriepuffer im Nordwerk gefüllt werden. Für Weihnachten - Neujahr 2000 / 2001 müssen 3 Arbeitstage vorgeholt bzw. belegt werden. Dies wünscht die Werkleitung bereits im 1. Quartal des neuen Jahres.

Rein rechnerisch ergibt dies 34 mal Samstagsarbeit: 6 Sonderschichten noch 99 Baureihe C, 8 Samstage vorholen im 1.Quartal 2000 für alle Baureihen, 18 Samstage Baureihe C für 2000 und 2 Samstage Karosseriepuffer füllen für RB und OF wieder Baureihe C! Den Produktionstest am 02.01.2000 haben wir dabei nicht berücksichtigt.

Welchen Wert da das geschätzte Wochenende hat oder die 35 Stundenwoche, brauchen wir niemandem erklären. Dieser Antrag steht im krassen Widerspruch zum anliegen, Belastungen von der Bremer Belegschaft abzuwenden, den Krankenstand zu senken und für Stabilität in der Produktion zu sorgen. Allein das abverlangen eines "Persilscheins" für 18 Samstage um den Anlauf des W 203 zu "sichern" macht deutlich, daß sich die Herren Führungskräfte einen gesicherten Anlauf gar nicht mehr zu trauen. Was sind das für Führungsqualitäten von Führungskräften, die von vorn herein 18mal an Samstagen gegebenenfalls den Anlauf einer herkömmlichen Limousine, "sichern" wollen? Die 18mal den Anlauf mit Mehrzeiten verteuern und damit Kosten verursachen, die man allein uns vorrechnet, wenn es z.B. um die Ergebnisbeteiligung geht. Da bekanntlich solche Teuerungen an die Kunden nicht weiter gegeben werden, sind wir mal wieder diejenigen die diese Zeche zahlen sollen! Für das Unvermögen Anderer sollen wir den "Buckel krumm machen", um uns dann womöglich noch erzählen zu lassen warum wir sooft krank werden?!

Wir denken das Maß ist voll! Gut das es noch keine Ergebnisse gibt.

 

 

Achtung, Betriebsversammlung!

Für Alle die interessiert sind und hören wollen was Betriebsrat, IG Metall und auch die Werkleitung so zu erzählen weiß, und wer sich unter dem Tagungsordnungspunkt Diskussion, dazu Kommentare anhören oder gar selber einen solchen abgeben möchte, für alle diese Kolleginnen und Kollegen ist es wichtig zur Betriebsversammlung zu kommen!

Alle Anderen sind natürlich auch willkommen, neben dem offiziellen Teil, bieten unsere Betriebsversammlun- gen auch stets einen hohen "Unterhaltungswert" von "Mensch zu Mensch". Niemand muß sich also im Gebäude 95 den "Hintern platt sitzen". Im Gegenteil, gerade das kollegiale Gespräch zwischen "den Gängen und Stühlen" oder im Verpflegungszelt beim Kaffee oder Erbsensuppe, wird von vielen "Dauerkartenbesitzern" ebenso geschätzt!

Die nächste Betriebsversammlung findet am
Dienstag, den 30.11.99 im Gebäude 95 statt!

Bitte beachtet dazu die Aushänge an den Mitteilungsbrettern in den Bereichen!

 

 

Werkleiter gehen und kommen, aber......

Noch (??) ist es so,

daß bei Neueinstellungen nicht unterschrieben werden muß, daß man/frau nur an das Leitbild der Werkleitung glaubt und kein Leitbild daneben haben will.

Dringliche Aufgabe des Betriebsrates scheint es zu sein, dafür zu sorgen, daß es in diesem Werk auch zukünftig eine "Religions-" und Meinungsfreiheit gibt.

Das schrieben wir im Kollengeninfo Nr. 341 am 28.03.96, das Info erschien mitten in den Auseinandersetzungen um das FIT-Gedöns und nach einer "grünen Information" der damaligen Werkleitung:

"...Mit Erstaunenen haben wir gelesen, daß der Betriebsrat ein eigenes Leitbild formuliert hat. Ein Leitbild verkörpert Ziele, Werte und Grundhaltungen des Unternehmens und aller seiner Mitarbeiter. Über die Wege zur Umsetzung des Leitbildes kann man streiten, aber es kann für uns natürlich nur ein Leitbild geben: Das Mercedes-Benz-Leitbild - verabschiedet vom Vorstand der Mercedes-Benz AG - und darin eingebettet unser Leitbild Bremen. Dieses Leitbild lebt und muß gelebt werden und gilt für alle im Unternehmen und damit selbstverständlich auch für den Betriebsrat.

(die Werkleitung in ihrer "grünen Information" vom März 96)

Im einstimmig beschlossenen Leitbild des Betriebsrates steht zum Leitbild der Werkleitung nun mal klar und deutlich:

"Dieses Leitbild ist nicht unser Leitbild.

Das Leitbild des Betriebsrates will dem Leitbild der Mercedes-Benz AG und des Werkes Bremen etwas entgegensetzen, um die Zukunft gemeinsam und erfolgreich, im Sinne der Beschäftigten, gestalten zu können."

Der damaligen Werkleitung gefiel das nicht, aber siehe oben.

 

.... die "Ausrichtung" wird immer konsequenter

Der neue Werkleiter meint:

"...dass der Weg, den das Werk Bremen seit FIT 1 gegangen ist, nicht geändert werden muss. Die Inhalte der DaimlerChrysler Vision stimmen im wesentlichen überein mit den Inhalten des Mercedes-Benz Leitbildes und des GBP-Leitbildes. Lediglich das Thema "Integration" ist neu hinzugekommen....."

und erhebt die Glaubensfrage zum Gesetz:

"...adw: Es gab in den letzten Jahren mehrere Leitbilder, selbst der Betriebsrat hat ein eigenes Leitbild entwickelt. Welches gilt?

Karr: Wie ich schon sagte, es gibt eine Vision, ein Leitbild für das Unternehmen. Das Leitbild gilt für alle, es ist gewissermaßen Gesetz, dem kann sich auch der Betriebsrat nicht entziehen......"

"Verurteilungen, Strafen, Abmahnungen" wegen "Ketzerei" hat es noch nicht gegeben, unsere Aussage vom 28.03.96 zu bekräftigen scheint aber dringend geboten!

 

 

Die IG Metall Bremen nicht,
aber die IG Medien Ortsverband u. Bezirk Bremen,
die HBV Bremen und die GEW Bremen

rufen zu einer Veranstaltung mit drei jugoslawischen Kolleginnen und Kollegen auf!

Am Montag, den 29.11.99 um 19.00 Uhr
Im Klara-Zetkin-Saal im Gewerkschaftshaus

Wir verstehen nicht, warum die IG Metall Bremen dieser Veranstaltung die Unterstützung verweigert. Wir finden dies nicht nur, aber auch deshalb bedauerlich, weil die drei jugoslawischen Gewerkschafter aus Kragujevac, der Stadt der Zastava-Automobilwerke, kommen.

Seit der Bombardierung der Fabrik ist Kragujevac eine Stadt der Arbeitslosen, ein Ergebnis des "sauberen" Krieges der NATO

 

 

Für Euch gelesen:

"Stinkende Fische, kranke Arbeiter

Von Dagmar Deckstein

Rrrring. Wer mag das sein? Der Postmann? Nein, es ist - wer hätte das gedacht - der Chef höchstpersönlich. Blumen hat er keine mitgebracht, dafür sein Führungshandbuch unter den Arm geklemmt. "Die Würde des einzelnen wird in keiner Art und Weise verletzt." "Die vornehmsten Führungsaufgaben, nämlich dienen, helfen, betreuen, motivieren und unterstützen in jeder erdenklichen Form werden täglich aktiv praktiziert." "Die Mitarbeiter sind das wertvollste Kapital des Unternehmens, das wird jeden Tag deutlich." Der Chef muss da etwas falsch verstanden haben.

Grundsätzlich haben die Mitarbeiter des DaimlerChrysler-Werks in Bremen nichts gegen Krankenbesuche besorgter Personalbetreuer einzuwenden. Aber eine Reihe unangemeldeter Hausvisiten aus den Chefetagen bei häufiger krankgeschriebenen Beschäftigten sorgt derzeit für mächtigen Wirbel im Werk. Der Bremer Betriebsrat reagierte ziemlich verschnupft und formulierte einen geharnischten, offenen Brief. In dem protestieren die Arbeitnehmervertreter gegen solche überraschenden Chefvisiten, hinter denen wohl nicht ganz zu unrecht weniger die Besorgnis um den Genesungsfortschritt des "wertvollsten Kapitals" steht. Nichts geringeres als Blaumacher-Hatz verberge sich hinter solchen fatalen Führungsmarotten. Auch der Betriebsrat betrachte den derzeit hohen Krankenstand mit Sorge, "aber spiegelt er nicht auch die Kultur eines Werkes wider?"

Da jeder Fisch bekanntlich vom Kopfe her zu Stinken beginnt, wirft das Gebaren der Bremer Autobauer einige Fragen auf. Hat die Führungscrew nichts besseres zu tun - "dienen, helfen, betreuen, motivieren und unterstützen" - als die teuer bezahlte Arbeitszeit mit Krankenbesuchen zu verschwenden? Wer hat diese Opportunitätskosten nicht im Griff? Im übrigen gehört die Verbreitung solcher Erkenntnisse inzwischen zum Standardrepertoire selbst drittklassiger Manager-Schmieden: "Misstrauen der Vorgesetzten ist eine besonders perfide Art der Arbeitsverunmöglichung. Sie führt unweigerlich zu Stress." Und der macht krank.

Es könnte natürlich sein, dass der alleroberste Kopf des Konzerns mit seinem Megalomanie-Syndrom auch als Stressquelle Nummer eins fungiert, die bis Bremen ausstrahlt. Gute Besserung!"

(Aus Süddeutsche Zeitung vom 23./24.10.99)

 

Wir dachten obiger Kommentar aus der Süddeutschen wäre es wert, daß er von der Belegschaft zur Kenntnis genommen wird.

Nachdem der Betriebsrat am 20.10. mit seinem "Offenen Brief" auf die Kranken"besuche" reagiert hatte, meinten viele Kolleginnen und Kollegen außerhalb der Halle 9, diese "Besuche" wären das Vorgehen einzelner "durchgeknallter" Meister gewesen. Dem war nicht so! - Die Meister der Halle 9 hatten die Order erhalten bis zum Jahresende mindestens einen unangemeldeten Kranken"besuch" durchzuführen.

Zur Zeit haben wir den Kollegeninfos 413 und 414 in Sachen "Anwesend und Gesund" nichts hin zu zufügen, wir sind aber gespannt, was nun zur Gesundheitsförderung geschehen soll - Die Anträge der Werkleitung auf Sonderschichten in diesem und im nächsten Jahr halten wir nicht für gesundheitsfördernd!

 

Stichwort:

Me|ga|lo|ma|nie die; -, ...ien: Größenwahn, übertriebene Einschätzung der eigenen Person (Psychol.).

 

 

10 x Bildungsurlaub für die Gesundheit

  1. Gesundheitliche Prävention im Alltag durch Steigerung der Lebensenergie
    13.12.-17.12.1999, VHS-Gesundheitszentrum, 120 DM
  2. Stressabbau im Alltag - Rückschau und Ausblick zum Jahrtausendwechsel
    20.12.-24.12.1999, VHS-Gesundheitszentrum, 120 DM
  3. Gesundheitsvorsorge mit alternativen Heilverfahren und Naturheilkunde
    10.1.-14.1.2000, VHS-Gesundheitszentrum, 120 DM
  4. Rückenstärkung - Arbeit an Lebenshaltungen
    17.1.-21.1.2000, Guttempler-Haus Vegesack, 120 DM
  5. Gesundheitsvorsorge durch Bewegung, Entspannung, Ernährung
    17.1.-21.1.2000, VHS-Gesundheitszentrum, 150 DM
  6. Anti-Stress-Training
    17.1.-21.1.2000, Gehörl.freizeitheim Schwachhs., 120 DM
    24.1.-28.1.2000, Guttempler-Haus Vegesack, 120 DM
  7. Gesundheitsvorsorge für die Arbeit am PC,
    24.1.-28.1.2000, Bürgerhaus Vegesack, 120 DM
  8. Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz - Ernährung und Bewegung
    31.1.-4.2.2000, Bürgerhaus Vegesack, 120 DM
  9. Gesundheitliche Prävention durch Yoga
    7.2.-11.2.2000, VHS-Gesundheitszentrum, 120 DM
  10. Ruhepunkte:
    Wege der Stressbewältigung im Berufsalltag
    14.2.-18.2.2000, VHS-Gesundheitszentrum, 120 DM

Anmeldung:

VHS Bremer Volkshochschule, Tel. 361-59525

 

Leserbrief

Pro(de)montage !

Was hinter den Aktionen der sogenannten Fachkräfte von Promontage steht, braucht man einem altgedienten Bandarbeiter wohl kaum noch zu erklären. Es sind und bleiben Rationalisierungsmaßnahmen. Egal welche Schlagwörter auch immer dafür erfunden werden. Arbeitskräfte und Auslastung werden mal wieder in Frage gestellt.

Die Antworten sind, man sollte es kaum für möglich halten, schon lange vorher bekannt. Die Arbeit soll auf weniger Personal verteilt werden.

Nun denn! Am Band 33 (Halle 9/Gruppe 2) legten sich die bereits benannten Fachkräfte so richtig schön ins Zeug. Es wurden gelbe Markierungen mit den Kürzeln der Arbeitsgänge auf das Band geklebt. Wie dann die Zeiten errechnet wurden, in der die Arbeit zukünftig abgeleistet werden soll, ist kaum nachvollziehbar. Jedenfalls kam am Ende dieser Zeitaufnahme weniger dabei heraus. Durch die Blume gesprochen: "Mehr gibt´s nicht. Seht zu wie ihr damit klar kommt."

Die altbewährte Propaganda läßt dann auch nicht mehr lange auf sich warten. Nur ein schneller Kollege ist ein guter Kollege. Einem Kollegen, der die Arbeit aufgrund der Eingrenzungen nicht mehr schafft, unterstellt man einfach Arbeitsverweigerung oder er wird kurzerhand ausgetauscht. Unterdessen bestaunen wir aber erst einmal die gelben Markierungen am Band.

Addieren wir dann noch die Aussagen einiger hochwichtigen Rechenkünstler und Grenzwächter, die meinen dem Kollegen beim Überschreiten in entgegengesetzter Laufrichtung des Bandes eine Abmahnung erteilen zu müssen dazu, kommen wir zu dem Ergebnis einer stationsgebundenen Arbeit (buh, was für ein Reizwort).

Bleibt dann noch zu überlegen wie das Zeitmaß des Arbeitsgangs einzuhalten ist. Also steigen wir am Anfang einer gelben Grenzmarkierung ein und bei der nächsten wieder aus. Im schlimmsten Fall natürlich bei Rot. Denn irgendwann erreicht man ja das Ende vom Band.

An dieser Stelle wäre es vielleicht ratsam einen Verbesserungsvorschlag zu machen. Jeder Kollege bekommt eine Stoppuhr. Wenn er dann die entsprechende Zeit die errechnet wurde einhält kann im Grunde genommen eigentlich nichts mehr schief gehen. Na ja, solange die Arbeit zu schaffen ist? Die Intelligenz eines Bandarbeiters kann hier wohl kaum in Frage gestellt werden.

Mit Zuversicht und ein wenig Mut sehen wir dem gelassen entgegen. Da ist ja schließlich noch das Instrument der Gruppenarbeit. Da kann man die Arbeit noch mal so richtig schön aufteilen und den restlichen Taktausgleich mit reinem Gewissen und vorgehaltener Hand weghusten.

In diesem Sinn schneller, höher und weiter. Nach dem Motto: "Herzinfarkt gegen Schlaganfall" 1. Preis = mit 102 % einen Arzt!

Tja! Es läßt sich nicht weiter verheimlichen. 3 Schichten und die Forderung nach mehr Leistung gehen ohne es zu übertreiben an die biorhythmische Substanz. Es lohnt sich daher nicht seine eigene Gesundheit für Fachkräfte oder angeblich höhergestellte Persönlichkeiten (Vorgesetzte) bedingungslos herzugeben. Dieses hat nichts mit Arbeitsverweigerung oder schlechter Einstellung zu tun. Es ist "die logische und menschliche Antwort auf das Rationelle."

Wer in dieser Hinsicht mit Abmahnungen oder anderen undurchschaubaren Absichten agiert macht sich einfach nur noch lächerlich.

(Ein Kollege von Band 33)

 

Führung

Das meiste, was wir als Führung bezeichnen,
besteht darin,
den Mitarbeitern die Arbeit zu erschweren.
(Peter Drucker)

 


 

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