Kollegen von Daimler informieren, Nr. 413

KOLLEGEN von DAIMLER INFORMIEREN

Ausgabe 413 vom 30. September 1999

 

Inhalt:

"Anwesend und gesund"

Stufung wird ausgesetzt ! - Hurra - ?? oder Mogelpackung?

Werkleiter Karr setzt um, was Werkleiter Weingarten ankündigt hat!

Wer auf der September 99 Betriebsversammlung war, hat es gehört: Der Werkleiter Karr setzt die Stufung in den Rückkehrgesprächen ab 1. Oktober für zunächst 6 Monate aus. Weil ihm der Betriebsratsvorsitzende Richter versichert habe, dadurch werde der Krankenstand sinken. Wenn der Krankenstand nicht sinke, werde man die Stufung wieder einführen, aber anders als heute, weil mit dem jetzigen Krankenstand, da sei man ja nicht zufrieden. So der Werkleiter Karr auf der Betriebsversammlung!

Man erinnert sich: Bereits Werkleiter Weingarten hatte nach der Betriebsversammlung im Dezember '98, unter dem Eindruck der zahlreichen Diskussionsbeiträge zu der Praxis der Rückkehrgespräche angekündigt, man habe im Centerleiterkreis den Krankenstand und die Situation ausgiebig diskutiert, man überlege was am AVG geändert werden müsse, man werde auf den Betriebsrat zugehen um wenigstens pilothaft eventuell die Stufung auszusetzen.

Das dies erst jetzt geschieht, liegt nicht am Betriebsrat sondern anscheinend daran, daß Werkleiter nicht einfach anordnen und bestimmen (können ??), sondern einen Centerleiterkreis (früher Strategieteam) haben - in diesem Kreis sieht dann der eine oder andere Centerleiter so Manches anders und wenn die Argumente ausgehen dann fällt denen immer noch das "Argument" ein, daß der Krankenstand politisch gesteuert ist. (siehe die Kollegeninfos 407 und 402).

Oder hat die Aussetzung der Stufung so lange gedauert, weil Personalleiter Coers noch vom Betriebsrat Zugeständnisse bei ganz anderen Dingen wollte?

Oder mußte vor der Aussetzung noch ein neues Konzept, eine neue Strategie entwickelt werden?

Na, "Schnee von gestern", Gutes braucht hier eben länger, Hauptsache die Stufung ist endlich weg, Hurra?

V o r s i c h t : Die Methode des "Anwesend und Gesund" (AVG) sollte mit den Rückkehrgesprächen und Stufungen keine "Jagd auf Kranke" sondern die Chance auf Gesundheitsförderung und Verbesserung von Arbeitsbedingungen bringen. So hatten zumindest am Anfang des AVG einige argumentiert und sich gegen Kritiken anderer (z.B. der Kollegengruppe) verwahrt.

Was aber ändert sich nun ab dem 1. Oktober 99 gegenüber dem, am 25. März 99, beschriebenen Zustand?:

"....Und so kommt dann alles zusammen: Arbeit mit zuwenig Personal, Streß, Kollegen die aus Angst vor Rückkehrgespräch und Stufung Krankheiten verschleppen und dann "richtig einen gefegt bekommen", Kollegen, die sich aus der gleichen Angst heraus zur Arbeit schleppen und andere Kollegen anstecken. Kehrt dann ein Kollege aus der Krankheit zurück, darf er im Rückkehrgespräch die Frage beantworten, was er wohl glaubt, wie die Gruppe sein Fehlen findet.

Nun haben wir oft genug gehört, daß dies keine Krankenjagd sein soll, aber was ist daran Gesundheitsfördernd?....."

(aus Kollegeninfo 407)

Zur Beantwortung der Frage was sich ab 1. Oktober 99 ändert, bitte im obigen Zitat die Worte "und Stufung" streichen und noch einmal lesen. -

Können noch mehr Worte im obigen Zitat gestrichen werden?

Nach dem 1. Oktober bleiben die Rückkehrgespräche, schließlich gehöre das zur Fürsorgepflicht und "Führungsaufgabe - Jede Führungskraft ist für den Grad der Anwesenheit in ihrem Bereich verantwortlich" ( aus: siehe unten) und die

"Dokumentation der Rückkehrgespräche wird beibehalten" ( aus: siehe unten) und der

"Situationsbezogener Anspannungsgrad in den Rückkehrgesprächen muß beibehalten werden" ( aus: siehe unten) und

"Frühzeitige Beteiligung/Einbeziehung von PBE (steht für Personal Betreuung und Entwicklung und nicht für Personal Beobachtung und Entsorgung) in kritischen Fällen" ( aus: siehe unten) und

"Vereinbarung einer Regelkommunikation (14-tägig) zwischen P-Betreuer und den FK mit Dokumentation"

( aus: siehe unten) und

"bei fehlender Info über Krankheitsverlauf telefonische Klärung durch Vorgesetzten" ( aus: siehe unten) und

"wenn der MA telefonisch nicht erreicht wird, erfolgt ein Brief standardisierter) (Klärung Unterschriften i.A. für Meister)" ( aus: siehe unten) und

"Intensivierung arbeitsrechtlicher Schulungen im Zusammenhang mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses (für P-Betreuer)" ( aus: siehe unten) und

"Training der Vorgesetzten in kritischer Gesprächsführung (Schwerpunkt Anwesenheitsverbesserung) und in den Inhalten "Anwesend und gesund" (Praxishandbuch) ( aus: siehe unten)

Alle Zitate, die mit ( aus: siehe unten) gekennzeichnet sind, stammen aus einem Foliensatz zum Thema und unter der Überschrift: "Anwesend und gesund". Mit diesem Foliensatz werden zur Zeit Führungskräfte in "Workshops" oder bei "Teamfindungen" auf die Zeit nach dem 1. Oktober vorbereitet.

Fazit: Auch ohne Stufungen hat der Leitfaden "Rückkehrgespräche" absolut gar nichts an Aktualität verloren! Besagter Leitfaden wurde während eines Bildungsurlaubes im Oktober 1997 von Kollegen bei Mercedes Bremen erstellt. Dieser Leitfaden wurde von der Kollegengruppe gedruckt und verteilt.

Das Vorwort zu diesem Leitfaden, ein Zitat aus dem Kollegeninfo 375 vom 3. Juli 1997, hat leider ebenso nichts von seiner Aktualität eingebüßt:

"Auch wenn das Ganze wie eine Satire klingt, die Absicht dahinter ist bitterer Ernst. Und dennoch gibt es keinerlei Grund in Panik zu verfallen, krank zur Arbeit zu kommen oder ärztliche Diagnosen gegenüber dem Meister zu rechtfertigen. Auch führen die Gesundbetstunden keineswegs automatisch zu einer Kündigung. Die größte Sauerei daran ist lediglich die Dokumentation der Gespräche auf einem "Gesprächsformular", in dem der/die Betroffene eine "Selbsteinschätzung" darüber geben soll, wie sich seine Krankheit auf die Gruppe auswirkt, wie er sich in Zukunft am Riemen reißen will und welche "Konsequenzen weiterer Fehlzeiten" er sieht. Hier wird s gefährlich. Hier werden Mosaiksteine gesetzt und dokumentiert für eine Kündigung."

Anmerkungen

zum Artikel: "Stufung wird ausgesetzt - Hurra ?? - oder Mogelpackung?"

  1. Mit dem Betriebsrat sind die zitierten "Neuerungen" aus dem Foliensatz natürlich nicht vereinbart. Das Betriebsratsgremium wird beraten müssen, wie es zum Schutz der Belegschaft und einzelner Kollegen eingreifen kann. Mit der Kündigung der Betriebsvereinbarung zum AVG zum erst möglichen Termin allein, ist es nicht getan.
  2. Aus den Folien geht hervor, daß das System AVG vom Arbeitgeber verfeinert und weiter entwickelt wurde (mußte dies erst fertig sein, bevor die Stufung ausgesetzt wird?) Und der Hammer ist, daß ganz offensichtlich die Weiterentwicklung und die Folien von einer Dame zumindest maßgeblich mit betrieben wurde, die doch angeblich eine andere Aufgabe hat. (zumindest hatten wir das Gerede so verstanden und sehen es noch heute so). Ob die Dame und Fachkraft für Gesundheitsförderung nun mißbraucht wurde oder nicht, im Sinne der gedachten Aufgabe, die Fondgelder sinnvoll zur Gesundheitsförderung einzusetzen, sind die Aktivitäten nicht.
  3. Auch wir finden den hohen Krankenstand bedenklich, schließlich ist es immer noch so, daß wir nur unsere Arbeitskraft zu verkaufen haben, um existieren zu können - Eine Gesundheitsförderung hieße, daß mehr als nur "und Stufung" aus dem Zitat aus dem Kollegeninfo vom 25. März 99 gestrichen werden könnte. Aus dem zitierten Foliensatz können wir nur eines entnehmen: Es wird (ohne Stufung) weiter zur Krankenjagd geblasen.

 

Statt A 209 jetzt die Allradvarianten vom S- und W 203:

Betriebsrat konnte Beschäftigungssicherung, sowie u.a. eine Option für den R 171 erreichen!

Auf Grund der Entscheidung des Vorstands vom S- und W 203 Allradvarianten bauen zu lassen, stand der Maßnahmenkatalog 2, teilweise erneut zur Disposition. In diesem Katalog war der A 209 für das Werk Bremen schriftlich verbindlich zugesichert worden. Nur deshalb hatte der Betriebsrat die Möglichkeit von seinem Mitbestimmungsrecht Gebrauch zu machen bei einer Produktvergabe. Ansonsten sieht das Betriebsverfassungsgesetz bei Produktvergaben keine Mitbestimmung von Betriebsräten vor. Am 13.09.99 entschied das Betriebsratsgremium mit großer Mehrheit sich für die genannten Allradvarianten. Auf einen Zeitraum von sieben Jahren konnte der Vorstand glaubhaft vorrechnen, daß erheblich mehr Allradvarianten zu verkaufen seien als vergleichsweise A 209 Modelle. Weiter war die Werkleitung bereit , eine Ergänzung zum Maßnahmenkatalog 2, mit dem Bremer Betriebsrat zu vereinbaren, in der "...freiwerdende Kapazität und Beschäftigung durch die Fertigung von zusätzlichen Varianten ( W 203 und S 203 Allrad ) bzw. höheren Stückzahlen der verbleibenden Varianten vollständig kompensiert wird. Entsprechende erforderliche Investitionen werden zugesagt" somit wurde der eigentliche Schwerpunkt der Beschäftigungssicherung, für das Bremer Werk erhalten und abschließend nochmals dokumentiert.

Bemerkenswerterweise konnten bei diesen Verhandlungen noch drei weitere scheinbare "Schnäppchen" für die Bremer Belegschaft gemacht werden:

  1. Für den R 171 ( Nachfolger vom SLK ) unterschreibt der Vorstand eine Absichtserklärung, daß das Bremer Werk die erste Option für diese Produktvergabe behält! Diese Option hat nur Gültigkeit in Verbindung mit den leider üblichen Geschäftsgebaren, einer noch nicht näher definierten Wirtschaftlichkeit.
  2. Die Stufungen bei den Rückkehrgesprächen zur Betriebsvereinbarung "Anwesend und Gesund", im Bremer Werk auch als "Jagd auf Kranke" in Mißkredit geraten, wird für 6 Monate ausgesetzt.
  3. Die Einstiegslöhne für Befristete, die innerhalb von 12 Monaten wieder eingestellt werden, werden ausgesetzt. Vorgesehen ist, daß Befristete nach ca. 4 Wochen 18 AW mit 102% bezahlt bekommen. Danach je nach Grad der Qualifizierung, aber so früh wie möglich, können Befristete dann den Arbeitswert beanspruchen der auf den jeweiligen Arbeitsplatz zugeordnet ist.

Aus redaktionellen Gründen müssen wir an dieser Stelle betonen, daß die Infos zu den Punkten 1 - 3 ohne Gewähr sind. Entsprechende Protokollnotizen liegen z.Zt. mit Stand vom 24.09.99 noch nicht vor, sind aber in Vorbereitung. (Siehe dazu auch den Artikel: "Stufung wird ausgesetzt! - Hurra- ?? oder Mogelpackung?")

 

Experten - KVP:

Mitbestimmung nicht erwünscht!(?)

Auf breiter Front wird hier im Werk Experten-KVP eingeführt. Vor allem die Montagebereiche in den Hallen 3 und 9 sind betroffen. Statt mit den "Neuen Leistungs- und Entlohnungsbedingungen der Daimler Benz AG" weiter zu machen und so den Betroffenen Mitbestimmungsrechte einzuräumen, ziehen Vorstand und Werkleitung es vor, Experten - KVP per Befehl zu verabreichen.

Diese Rationalisierungsvorgänge laufen überwiegend "im Stillen" ab. In der betrieblichen Öffentlichkeit wird diesen Vorgängen leider zu wenig Aufmerksamkeit entgegen gebracht, und irgendwann stehen wir dumm dar, wenn es heißen könnte, mit Hilfe von Experten-KVP konnten wir unsere Ratiopotentiale deutlich steigern, und weiteres Personal abbauen.

Allerdings machten wir bereits am 01.12.1998 auf der Betriebsversammlung auf dieses Experten-KVP aufmerksam. Vor allem das Projekt, pro Montage in Halle 9, wurde deutlich kritisiert.

Aber nicht nur in Halle 9 soll rationalisiert werden. Nein auch im Südwerk in Halle 3, soll ein Experten-KVP die Fertigungszeiten reduzieren. Zwar nicht mit der Rasenmähermethode, jedoch geht es auch hier darum, mit immer weniger Menschen immer mehr Autos zu bauen.

Für Banker, Großaktionäre und Arbeitgeber ist das reduzieren der Fertigungszeiten, die Zauberformel! Statt Arbeitsplätze zu schaffen, wird alles dafür getan noch vorhandene Arbeitsplätze abzubauen. Diese Koalition des großen Geldes, ist angetreten gegen die Arbeiter und Angestellten in diesem Land. Die Arbeitslosenzahlen beweisen dies mehr als dramatisch. Die Reduzierung der Fertigungszeiten, bewirkt auch bei uns, mittel- bis langfristig einen Personalabbau! Nicht wir verbreiten daher schlechte Laune und Mißtrauen, sondern die Arbeitgeber, sie sind es, die uns die Freiräume, die Kreativität und das kollektive denken und handeln bei der Arbeit wegnehmen wollen, auch hier in dieser Fabrik.

Vorbei sind die Zeiten, wo Vorstand und Werkleiter, gemeinsame arbeitspolitische Ziele, mit dem Gesamtbetriebsrat und den Betriebsratsgremien, in den Fabriken formulierten. Verabredet wurde damals, daß primär die Gruppenarbeit entwickelt werden sollte, dann die Neuen Leistungs- und Entlohnungsbedingungen auch NLEB genannt, praktiziert wird, und erst danach mit einem Mitarbeitergetragenen KVP begonnen werden sollte!

Was wir jetzt erleben, ist das genaue Gegenteil dessen, was formuliert und verabredet wurde.

Statt NLEB und Mitarbeitergetragenes KVP, erleben wir Experten KVP auf breiter Front! Der wichtige Punkt der NLEB wird ganz bewußt von den Herren Vorständler und Werkleiter vergessen. Die Betriebsvereinbarung hierzu, sichert nicht ohne Grund, den Beschäftigten große Mitbestimmungsmöglichkeiten zu, bei der Findung des täglichen Arbeitspensums.

Auf den Seiten 4 und 5 dieser Betriebsvereinbarung steht unter den Punkten 4, 5 und 6, wie das Soll-Arbeitspensum, oder eine Soll-Personalbesetzung organisiert wird. Einseitige Vorgaben sollen dabei ausgeschlossen werden. Betroffene Kolleginnen und Kollegen und der Betriebsrat haben das Recht auf Reklamation, und können Leistungsvorgaben auch ablehnen. Zur Beilegung von Streitigkeiten ist klar gestellt, daß eine betriebliche paritätische Kommission, die Aufgabe hat, eine Einigung herbei zu führen. Schafft auch diese betriebliche Kommission keine Einigung, so entscheidet die externe Einigungsstelle nach den §§ 87 und 76 des Betriebsverfassungsgesetzes verbindlich.

Eine solche Umsetzung, würde den betroffenen Kolleginnen und Kollegen sowie dem Betriebsrat erstmals eine qualifizierte Mitbestimmung eröffnen, bei der Festlegung von Akkorden, Leistungsvorgaben und Personalbemessungen!

Diese Betriebsvereinbarung, die seit dem 01.03.1994 gültig ist, ist das eigentliche Kernstück der arbeitspolitischen Ziele! Vorständler und Werkleiter und vor allem die Centerleiter, scheuen diese Betriebsvereinbarung. Sie sind es, die mit Experten-KVP, unsere Rechte und Möglichkeiten beschneiden und unterlaufen. Es ist also nur recht und billig, wenn wir uns gegen Experten-KVP, pro Montage und andere Rationalisierer wehren.

 

Für Euch gelesen:

KVP

Bereits jetzt steht fest, daß "KVP" von der Belegschaft der Linienbereiche zum Unwort des Jahres erklärt wird.

Statt die Arbeitsabläufe "kontinuierlich" zu "verbessern" wird die Leistung der Kollegen "kontinuierlich verdichtet".

Bei den jetzigen KVP's geschieht das vor allem durch eliminieren von Wegezeiten, die man als sogenannte "nicht wertschöpfende" Zeit identifiziert hat.

Beispiel:

Mensch A muss Teil 1 an der Wagenfront montieren und Teil 2 am Wagenheck. Die reinen Montagevorgabezeiten werden in der Regel nicht verändert. Reduziert werden soll die Zeit die Mensch A benötigt um die Teile zum Einbauort zu bringen.

Also bekommt er zwei Teile die er nur an der Front montiert; das Teil am Heck wird in eine Station verlagert wo bereits am Heck gearbeitet wird. Der Weg für das zweite Teil holen und zum Wagenheck bringen ist eliminiert.

Das sind vielleicht nur 3 - 4 Sekunden, aber dafür bekommt er z.B. noch zwei Verschraubungen zugeteilt.

Meist wird sich eine Station ausgeguckt wo an mehreren Stellen am Auto gearbeitet wird, also auch größere Wegezeiten nötig sind.

Die Station wird dann aufgelöst und auf andere Stationen so verteilt, daß - incl. engerer und knapperer Materialanstellung- Wegezeiten gestrichen werden können.

Drei Sekunden bei z.B. 25 KollegInnen sind 75 Sekunden. Bei einem Bandtakt von 74 Sekunden würde ein Arbeitsplatz wegfallen, die Arbeit auf alle anderen verteilt.

Das ist vereinfacht, das System der gegenwärtigen KVP s.

Bei der Umsetzung stößt dieses System natürlich oft genug an praktische Grenzen und außer der Leistungsverdichtung entstehen weitere Nachteile für die Belegschaft.

Statt zusammenhängende logische Arbeitsfolge - verschiedenste Teile und Füllelemente!

Statt abwechselnde Körperhaltung - mehr oder längere Zwangshaltungen!

Statt mehr Zusammenarbeit - mehr Zerstückelung und Vereinzelung!

Statt mehr Rotation - Reduzierung der Rotationsmöglichkeiten!

Statt mehr ergonomische Gestaltung - Reduzierung der Einsatzmöglichkeiten von Schwerbehinderten und Leistungsgewandelten.

Generell heißt es für alle KollegInnen - Leistungsverdichtung.

Denn Wegezeiten bedeuten immer auch die Möglichkeit mal aufzuschauen und durchzuatmen.

Die gleiche Arbeit muß von X Leuten weniger gemacht werden. Je mehr die Taktzeit ausgefüllt ist mit direkter Montagetätigkeit, umso geringer ist die Möglichkeit innerhalb des Taktes, zusätzliche, nicht vorgesehene Handgriffe zu tätigen z.B. bei Passungsproblemen.

Die Qualität leidet ohne Zweifel, noch mehr aber leiden die Menschen. Denn jede ( r ) ist bestrebt ordentliche Arbeit abzuliefern. Wenn die Zeit dafür fehlt entsteht Streß, unter Streß entstehen Fehler, bei Fehlern gibt es Anschisse von Vorgesetzten bzw. droht eine Abmahnung oder gar Kündigung wie kürzlich bei Volker K.

Nicht zuletzt macht Streß krank und kann langandauernde physische und psychische Krankheiten verursachen. Hier wiederum folgt Siedlergespräch auf Siedlergespräch, an deren Ende ebenfalls die Kündigung drohen kann.

Der Kreisel dreht sich........

In den KVP S gibt es für die teilnehmenden Kollegen und den Betriebsrat ganz wenig Möglichkeit auf die Leistungsverdichtung Einfluss zu nehmen.

Ansätze sind ergonomische Gesichtspunkte und Aspekte der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes. Immer mehr Kollegen lehnen es daher ab an den
KVP s teilzunehmen.

Sie sagen: wir lassen uns nicht dazu benutzen an der eigenen Leistungsverdichtung mitzuwirken.

(Aus: Standorte 36, Belegschaftszeitung von GM/Opel-Bochum, Sept. 99)

 

Für Euch gelesen:

"Bonus"-Lohnsystem

Für die 200.-DM "zusätzliche Sonderzahlung für jeden Mitarbeiter" im Rahmen der Ergebnisbeteiligung machte der Gesamtbetriebsrat (GBR) das Zugeständnis, noch in diesem Jahr mit dem Vorstand ein neues Lohnsystem auszuhandeln. Der Vorstand will Bonus-Systeme und weitere Leistungsbeurteilungen, ohne was draufzulegen. Im Gegenteil: Der DaimlerChrysIer Vorstand will durch "Eintauchen" unter den bisherigen Verdienstgrad erstmal die Lohn- und Gehaltssumme drücken. Durch weitere Leistungsverschärfungen und -Kriterien "dürfen" dann die Beschäftigten wieder ihr Geld verdienen oder durch "Nasengeld" vielleicht der eine oder andere etwas mehr. Da paßt es dem Vorstand nicht, daß die IG Metall schon parallel über einen gemeinsamen Entgeltrahmentarifvertrag für Arbeiter und Angestellte verhandelt. Eine weitere Spaltung der Belegschaften durch zwielichtige Lohnsysteme muß verhindert werden.

Bonussystem

Ist es nicht schön? Bald haben wir ein Bonussystem. Was ist geschehen? Die Akkordregelung wurde abgeschafft und eine einheitliche Entgeltzahlung eingeführt. Man hoffte, damit eine unentgeltliche Leistungssteigerung zu bekommen. Aber weit gefehlt. Die Frauen und Männer in den blauen Anzügen wollten nicht völlig umsonst noch mehr knüppeln. Die Obrigkeit sah ein, es muß was anderes her, um den müden Werkern mehr Dampf zu machen. Ein Bonussystem soll nun die Rettung sein, auch Nasenfaktor genannt. Und wie soll das gehen?

Der Vorgesetzte wird neben Leistung und Qualität auch Ordnung, Anwesenheit, Haarschnitt und freundliches Verhalten in seine Beurteilung mit einfließen lassen. So haben wir eine schöne heile, leistungsbewußte Arbeitswelt. Dafür gibt es dann, wenn man Glück hat, ca. l bis 5% auf den Grundlohn drauf. Ob der Grundlohn der heutige Leistungslohn ist, oder ob das Bonussystcm in unseren heutigen Leistungslohn erst einmal eintaucht, bleibt abzuwarten. Nun soll aber keiner glauben, wenn er alle Bedingungen erfüllt, würde er automatisch Anspruch auf die Prozente haben! Nein, dafür hat der liebe Gott den Meister geschaffen, der dann nach Tagesform und Laune die sagenhaften Geldmengen in Form von Punkten verteilt. Frei nach Hännicke: Der Meister gibt, der Meister nimmt.

Wie kommt man nun am einfachsten an diesen Geldtopf? Erstmal muß man investieren, wie bei alten Geldgeschäften. Man kauft eine Tube Flutschi, damit man hinten gut reinkommt. Dann benutzt man kräftig seine Ellenbogen und drängt rechts und links alles weg. mindestens einmal am Tag läuft man zum Vorgesetzten und haut seine Kollegen in die Pfanne, wenn sie z.B. zuviel Kaffee trinken, zu oft aufs Klo gehen oder gar einen Fehler bei der Arbeit machen. Nicht zu vergessen, sich selber häufig zu loben. So müßte es klappen. Also, viel Spaß mit dem Bonussystem. Oder, für Geld macht man alles.

(Aus: Zeitung der deutsch - ausländische Metallerinnen und Metaller, DaimlerChrysler, Werk Hamburg-Harburg, April 99)

 

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