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Updated: 18.12.2012 15:51
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MAN- oder Klassenkampf von oben

Einst erklärte Helmut Schmidt in einer Regierungserklärung: „Die Gewinne von heute, sind die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen“. Es stellt sich demzufolge die Frage, warum die Gewinne von vorgestern, nicht die Investitionen von gestern und die Arbeitsplätze von heute sind. Im Jahr 1974, als der Ex-Bundeskanzler seine „Weisheit“ verkündete, gab es in der BRD knapp 1.Million Arbeitslose, heute ohne Zahlenkosmetik sind rund 6.Millionen Menschen arbeitslos. Es ist demzufolge etwas faul an dem Credo der Ideologen des kapitalistischen Systems. Ein aktueller Blick in den Wirtschaftsteil einer bürgerlichen Tageszeitung, liefert tagtäglich zuhauf Belege für den grundsätzlichen Klassenantagonismus zwischen Kapital und Arbeit. Was für den einen seine Eule, ist für den anderen seine Nachtigall. Dies soll hier kurz am Fallbeispiel MAN nachgezeichnet werden.

MAN-„Kräftiger Ergebnisschub“

Am Donnerstag den 22. April konnte in den Wirtschaftsteilen der FAZ, der SZ und des Handelsblattes nur positives über die Entwicklung von MAN gelesen werden. Der Münchner Nutzfahrzeug und Maschinenbauer MAN, hat im ersten Quartal Auftragseingang und Umsatz gesteigert. In den ersten drei Monaten 2004 kletterte nach den Worten von Konzernchef Rudolf Rupprecht, der Auftragseingang im Vergleich zum Vorjahr um 23 bis 24%,, auf rund 3,7 Milliarden Euro. Auch die Gewinnentwicklung verläuft positiv, so die MAN in einer Stellungnahme. Herr Rupprecht geht von einem „kräftigen Ergebnisschub“ für das Geschäftsjahr 2004 aus. Im Jahr 2003 hatte MAN vor Steuern 261 (2002-213) Millionen Euro verdient. Die Aktie von MAN reagierte am Mittwoch den 21April, auf die jüngsten Quartalszahlen, mit einem Kurssprung von mehr als 4%. Die Händler an der Frankfurter Börse befinden sich bezüglich der MAN Aktie in gehobener Stimmung. In der Tat, die Aktie wurde mit 30,40 Euro notiert, damit stieg der Kurswert der Aktie, der am 26.5.03 bei 13,02 Euro lag, innerhalb von 11 Monaten um mehr als 100%.. Hauptsächlich wird seitens der MAN für den gestiegenen Profit die Vernichtung von 2000 Arbeitsplätzen in Deutschland angegeben. Die Busfertigung wurde von Salzgitter aus weitgehend in die Türkei und nach Polen verlagert. Jetzt nimmt die Geschäftsleitung die dort bezahlten Niedriglöhne zum Vorbild, um die Arbeiter in Deutschland zu bedrohen. Der Vorstand fordert am Standort Deutschland, die Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich. Ansonsten droht der Konzern mit weiterem Arbeitsplatzabbau. Im Klartext heißt das: Die Aktionäre sollen in Sektlaune gehalten werden. Aufgrund der Schwäche der deutschen Arbeiterbewegung geht es dem Kapital darum, den von den Arbeitern herausgepreßten Mehrwert nicht nur relativ über die Intensivierung der Produktion, sondern auch absolut, über die unbezahlte Verlängerung des Arbeitstages, zu steigern. Konkret ist davon der Produktionsstandort Augsburg betroffen. Gegenüber den Arbeitern die Dieselmotoren und Druckmaschinen herstellen wird gedroht: Entweder ihr akzeptiert unbezahlte Mehrarbeit ( 38 Stunden statt 35 Stunden) oder ihr verliert euren Job. Die genannten Bereiche stehen für knapp 3 Milliarden Euro Umsatz und etwa 20% des Konzerngeschäftes. Der Vorstandschef unterlegte seine Drohung mit der Erklärung: „Der genannte Geschäftsbereich ist der schwierigste im Unternehmen, hier haben wir Probleme im Export wegen dem hohen Dollar“. Gleichzeitig betonte er, „auch in diesem Geschäftsbereich erwirtschaften wir Gewinne und sehen der Zukunft optimistisch entgegen.“ Den Arbeitern wird nahegelegt rücksichtslos mit ihrer Ware Arbeitskraft umzugehen. Eine Verlängerung des Arbeitstages (ohne Bezahlung) bedeutet einen Frontalangriff auf Muskel und Nervenkraft sowie die physische Haltbarkeit der Ware Arbeitskraft. Allein aus diesem Grund verbietet sich die Akzeptanz dessen, was das Kapitalinteresse erheischen möchte. Kein Arbeitsplatz wird durch Lohnverzicht gesichert. Mit der Akkumulation des Kapitals und der Erhöhung seiner organischen Zusammensetzung verringert sich die Nachfrage nach Arbeitskräften. Lebendige Arbeit wird durch tote Arbeit (Maschinen) ersetzt. Dadurch wird kurzfristig der Profit gesteigert, da aber andere Kapitalisten nachziehen, wird der momentane Konkurrenzvorteil eliminiert und der Druck auf die noch vorhandene lebendige Arbeitskraft muß zunehmen, um den drohenden Fall der Profitrate auszugleichen. Am Beispiel von MAN kann das klassisch studiert werden. Es geht um die Verwertung des Wertes, konkret darum, mittels der Steigerung der Arbeitsintensität und der unbezahlten Mehrarbeit den Gewinn zu maximieren. Von neuen Arbeitsplätzen ist nicht die Rede. Wenn sich der Arbeiter der Verwertungslogik des Kapitals entgegenstellt, wird er mit dem Los der Arbeitslosigkeit bedroht. Bei eventueller Willfährigkeit soll er den Job noch eine Zeitlang mit verschlechterten Konditionen behalten dürfen. Dies allerdings nur auf Kosten seiner Klassengenossen, denn der Kapitalist apelliert an den Arbeiter ihm im Kampf gegen den Konkurrenten beizustehen. Beim Konkurrenten arbeiten bekanntlich Menschen, die ihre Ware Arbeitskraft ebenso verkaufen mußten. Gelingt dem einen Kapitalisten im Rahmen des verallgemeinerten Boxkampfes ein Erfolg, so gilt das Prinzip: „Die Unternehmer tragen das Risiko und die Arbeiter die Folgen“. Im erfolgreichen Betrieb wird der Arbeiter aufgefordert, den Gürtel noch enger zu schnallen, um den nächsten Konkurrenten fertig zu machen. Dadurch verschlechtert sich die Situation der ausgebeuteten Klasse insgesamt.

Fazit

Das Beispiel MAN zeigt signifikant, die Interessen von Kapital und Arbeit sind unversöhnlich. Diesen Grundsatz hat die IG-Metall Bürokratie in völliger Verkennung der Realität aus ihrem Bildungskatalog in den neunziger Jahren gestrichen. Den Klassenkampf als Realität zu erkennen, muß der erste Grundsatz einer klassenkämpferischen Richtung auch in den Gewerkschaften sein. Wie fatal Nachgiebigkeit gegenüber dem Kapital ist, belegt die Kapitaloffensive gegen die Regelarbeitszeit. MAN beruft sich wie Siemens auf die Sonderregelungen im Manteltarifvertrag mit der IG- Metall, indem „Ausnahmen“ in Sachen Arbeitszeit „einvernehmlich“ geregelt werden können.

Max Brym


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