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Aus den Erfahrungen in der chemischen Industrie lernen:

era. "Punkt für Punkt mehr Gerechtigkeit...."

Darstellung von Hans-Werner Krauss

 

Auf die Frage: "Was bringt mir era.?", antwortet die IG Metall Bezirk NRW in einer Broschüre wie folgt: "Eine gerechte Eingruppierung und neue Aufstiegschancen, Anreize zur Weiterbildung, Leistungsentgelt und den Ausgleich von Belastungen.".

Es ist eine altbekannte Tatsache: um aus Fehlern lernen zu können, muss man sie selber machen. Dass andere für den gleichen Fehler bereits lernen mussten, nützt in der Regel wenig.

Es wird sicher das große Geheimnis der Strategen und Taktiker der IG Metall-Spitze bleiben, was sie dazu bewegt hat, eine Tarifrunde mit prozentualer Forderung zu verknüpfen mit der Forderung, die Tarifstruktur durch ein Entgeltrahmenabkommen (era.) grundlegend zu reformieren.

Durch diese Art miteinander verknüpfter Forderung steht jetzt bereits fest, dass weder das Optimum in der Prozentforderung (6,5%) noch bei era. (Gleichstellung von qualifiziert ausgebildeten Arbeitern mit technischen Angestellten) erreicht wird. Ein enttäuschender Abschluss sowohl für die Beschäftigten, die endlich wieder mehr verfügbare Kaufkraft in den Taschen haben wollen, als auch für die, die sich ungerecht eingruppiert fühlen, ist vorprogrammiert.

Statt sich voll auf das sicher richtige Verlangen nach mehr Kaufkraft und damit nach mehr Arbeitsplätzen zu konzentrieren greift immer mehr die Frage um sich ist era. kostenneutral einzuführen, oder sind deren Kosten auf die Lohntarifrunde in welchem Umfang anzurechnen?

In dieser Debatte ist inzwischen völlig aus den Augen verloren worden, ob durch era. überhaupt der Wunsch nach Gerechtigkeit (gleiches Entgelt bei gleicher Ausbildungsdauer) erreicht werden kann.

Ein Blick in den Organisationsbereich der IG BCE wäre in dieser Frage sicher sehr nützlich und dies möglichst ohne bornierte Vorurteile gegenüber der IG BCE. Seit 1988 hat man dort nämlich einen Bundesentgelttarifvertrag, mit dem sichergestellt werden sollte, dass auch für gewerblich Beschäftigte Durchlässigkeit zu den Eingruppierungen von Angestellten hergestellt werden sollte.

Es mag sein, dass es als Ausnahme, den einen oder anderen Betrieb im Organisationsbereich der IG BCE gibt, in dem Betriebsräte die Durchlässigkeit nach oben für hochqualifizierte Arbeiter durchsetzten. In der Fläche muss man aber schlicht und einfach konstatieren, die Durchlässigkeit nach oben funktionierte nicht. Im Gegenteil: sie ging eher von oben nach unten. Nicht Arbeiter wurden den Angestellten vergleichbar eingruppiert, sondern Angestellte den Arbeitern. War es bis zur Einführung des Bundesentgelttarifvertrages noch gängige Praxis, dass Angestellte mit 3 ½ jähriger Ausbildung im Laufe der Zeit selbst die höchste Gehaltstufe erreichen konnten, sind diese heute fast ausschließlich nur noch Beschäftigten mit mindestens Fachhochschulausbildung zugänglich.

Die tatsächliche oder vermeintliche Ungerechtigkeit (was ist in den Tarifen Gerechtigkeit?) bei der Eingruppierung von vergleichbar qualifizierten Arbeitern und Angestellten hat bekanntlich ihre Ursache in den seit Jahrzehnten praktizierten prozentualen Tariferhöhungen. Damit liegt die Lösung des Gerechtigkeitsproblems bei den Gewerkschaften selbst. Das prozentuale Forderungsritual muss endlich beendet werden. Nur Festgeldforderung mit überproportionaler Betonung der unteren Lohngruppen kann die Schere zwischen den Lohn- und Gehaltsstufen wieder schließen.


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