Presseerklärung
Auf dem zweiten bundesweiten Treffen der Gewerkschaftslinken am Freitag und Samstag im Gewerkschaftshaus Stuttgart diskutierten über 300 Teilnehmer/innen über die Sparpolitik der rot-grünen Regierung, das Bündnis für Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit, über die Tarif- und Sozialpolitik und über die Frage der Mitbestimmung.
Es hatte mehr als nur symbolischen Charakter, dass der Kongress mit einem Redner (Harald Rein) der Erwerbsloseninitiativen begann. Seine zentrale Aussage, dass die größte Zeche der Berliner Sparpolitik die Arbeitslosen bezahlen müssen, fand breite Zustimmung, genauso wie die Forderung nach einem stärkeren Zusammengehen der Gewerkschaften mit den Erwerbsloseninitiativen. Der zweite Referent, Prof. Bodo Zeuner, sieht u.a. im Blair/Schröder-Papier den Bruch der Sozialdemokratie mit der Arbeiterbewegung. Die Gewerkschaften haben in der SPD und auch in den Grünen keine politische Partei (mehr), auf die sie sich beziehen können und müssen deshalb ihr politisches Mandat offensiv wahrnehmen. Dazu müssen sich die Gewerkschaften stärker politisieren und eine autonome Position gegenüber der Regierung einnehmen. Sich auf einen Wettbewerbskorporatismus einzulassen, um nationale Standortvorteile zu erlangen, wäre der falsche Weg. Dadurch würde auch die dringend notwendige europäische und internationale Zusammenarbeit der Gewerkschaften behindert und nationalistische Tendenzen befördert.
In verschiedenen Foren zur Tarif- und Sozialpolitik und Mitbestimmung wurden Anforderungen an eine ' fortschrittliche Gewerkschaftspolitik gestellt. Auf dem Hintergrund der herrschenden Verteilungsverhältnisse gibt es keinen Grund für eine defensive Lohn- und Gehaltspolitik. Die hohe Streikbereitschaft der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Arbeiter und Angestellten für ihre Interessen auf die Straße gehen. Die Gewerkschaftslinke muss die Tarifpolitik politisieren und für eine andere Verteilung von Reichtum und Vermögen eintreten, als sichtbare Alternativen zur Entwicklung des Sharholder-Kapitalismus und dem Umbau zu einem Wettbewerbsstaat. Die Rückkehr zu einer offensiven Arbeitszeitverkürzungspolitik wird ebenfalls ein wichtiger Schwerpunkt der Gewerkschaftslinken sein.
In der Sozialpolitik muss einer Tendenz zur Kürzungs- und Ausgrenzungspolitik eine klare Absage erteilt werden, ebenso wie allen Versuchen, staatliche Leistungen an Arbeitszwang zu knüpfen.
In den Mitbestimmungsthesen der Hans-Böckler- und der Bertelsmann Stiftung wird ein eklatanter Bruch mit dem bisherigen Gewerkschaftsverständnis gesehen. Der Versuch mit Hilfe eines neuen Mitbestimmungsmodells z.B. Regelungen des Flächentarifvertrages auszuhebeln wurde hart kritisiert, Vielmehr müsse die betriebliche und überbetriebliche Mitbestimmung ausgebaut und das Betriebsverfassungsgesetz mit weitergehenden Rechten der Betriebsräte versehen werden.
Die "Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken' ist ein loser bundesweiter Zusammenschluss verschiedener betrieblicher und regionaler Initiativen und Foren. Die Konstituierung fand auf einem Kongress im April d.J. in Frankfurt statt. Dieser Initiative gehören Haupt- und Ehrenamtliche Gewerkschafter aller Gewerkschaften an.