Home > Gewerkschaftslinke > Profile > gp-kassel
Updated: 18.12.2012 15:51
Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

Forum Gewerkschaften Kassel

Das Forum Gewerkschaften Kassel besteht seit über sechs Jahren. Es setzt sich für eine linke
Gewerkschaftspolitik ein, die den Anspruch hat, konsequente Gewerkschaftspolitik von der Basis her zu entwickeln.Die Mitglieder sind häufig Vertrauensleute in verschiedenen Einzelgewerkschaften des DGB wie der IGM, GEW oder Ver.di oder arbeiten in der Kasseler Erwerbslosen Initiative (KEI) mit.Unsere regelmäßigen Treffen und Veranstaltungen finden zu festen Themenstellungen statt: Vor einigen Monaten trafen wir uns z.B. zu einer mit über 70 Personen gut besuchten Veranstaltung mit Prof. Rainer Roth, Frankfurt und seinen
Grundüberlegungen im Buch 'Arbeitslosigkeit in Deutschland: Nebensache Mensch.'

Unsere jüngste Veranstaltung 'Über 5 Mio Arbeitslose! Gewerkschaften- Ohnmacht oder
Gegenmacht?'organisierten wir unter Federführung des DGB- Nordhessen.Bei der Veranstaltung am 26. Juni waren im Saal des DGB- Hauses Vertrauensleute aus verschiedenen (Groß)betrieben der Region Kassel und Verantwortliche aus verschiedenen Einzelgewerkschaften versammelt. Nach dem Eingangsreferat (vgl. Anlage) ergab sich eine produktive und lebhafte Diskussion, die uns sehr ermutigt hat, unseren Arbeitsansatz mit
Energie fortzusetzen.

Nach der vorzeitigen Bundestagswahl sollen Ende Sept erneut Vertrauensleute und aktive Gewerkschafter zum Themenschwerpunkt -'Die Forderung nach einem Mindestlohn und zu einem Grundeinkommen'- eingeladen werden. Für den Herbst ist fest eingeplant, daß CGT- Kollegen über die gewerkschaftlichen Basiskämpfe in Frankreich berichten.

Kontaktadresse:

Edgar Wiegler, C/O DGB- Nordhessen, Spohrstraße 6-8 ,34117 Kassel
e-mail: Wilhelm Frohn


"5 Millionen Arbeitslose!

Gewerkschaften - Ohnmacht oder Gegenmacht?"

Die Weltwirtschaft ist gekennzeichnet durch eine ständige Steigerung der Arbeitsproduktivität. Dies führt in allen Industrieländern zu Massenarbeitslosigkeit, möge sie getarnt sein, wie in den USA oder offen wie in Deutschland.[1] Diese Massenarbeitslosigkeit setzt den gewerkschaftlichen Auseinandersetzungen, wie wir sie seit den letzten Jahrzehnten gewohnt sind, objektive Grenzen. Für gewerkschaftliche Kämpfe, die auf einzelne Branchen oder gar Unternehmen beschränkt bleiben, die sich auf Lohn- und Arbeitszeitforderungen beschränken, bildet das Millionenheer der Erwerbslosen Konkurrenz und damit ein objektives Hemmnis.

Es ist kein Zufall, dass sich die Angriffe der Regierungen und Unternehmerverbände in Form verschärfter Zumutbarkeitsregeln und gesenkter Regelsätze, als Hartz IV bekannt, gegen Erwerbslose richten. Sie richten sich aber auch in Form der Agenda 2010 gegen prekär Beschäftigte: Minijobber und Ich-AGs. Sie richten sich in Form von Gewinnsteuersenkungen gegen die öffentlichen Kassen, und letzten Endes richten sie sich gegen die Löhne und Gehälter der Beschäftigten.

Diesen politisch geführten Angriffen müssen die Gewerkschaften unserer Meinung nach politisch antworten. Politische Forderungen richten sich nicht an Unternehmerverbände, sondern an Regierungen. Politische Forderungen betreffen Erwerbstätige und Erwerbslose gleichermaßen. Sie können damit die Grundlage für ein Bündnis beider Gruppen sein, in dem die Erwerbslosen die gewerkschaftliche Kampfkraft nicht schwächen, sondern verstärken.

Dies kann die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn sein. Es darf nicht sein, dass Löhne gezahlt werden, die nicht zum Leben ausreichen!

Es kann die Forderung nach Rücknahme aller Gewinnsteuersenkungen der letzten Jahre sein. Wenn Franz Müntefering das Heuschreckenverhalten mancher Kapitalgesellschaften anprangert, vergisst er zu erwähnen, dass gerade die Steuerbefreiung für Veräußerungsgewinne dies ermöglicht, die 2002 unter seiner Beteiligung durchgesetzt wurde.[2]

Eine politische Forderung ist die nach einer gesetzlichen 35-Stunden-Woche. Wir erinnern uns, dass die IG-Metall in den 80er-Jahren für die 35-Stunden-Woche mit der Argument der Schaffung von Arbeitsplätzen gekämpft hat. Umgekehrt führt die Verlängerung der Arbeitszeit zu mehr Erwerbslosen: Wenn 35 Beschäftigte 35 Stunden arbeiten, sind das zusammen 1225 Stunden. Wenn jetzt eine Stunde länger gearbeitet wird, sind dafür nur noch 34 Beschäftigte nötig. In der Bundesrepublik gibt es ca. 35 Millionen Beschäftigte. Für jede Stunde Mehrarbeit werden eine Million Menschen arbeitslos!

Erfahrungsgemäß werden solche Forderungen nicht von Parlamentariern durchgesetzt, sondern müssen von der Bevölkerung erkämpft werden. Wir erinnern uns noch, welche Auseinandersetzungen 1995 beim Generalstreik in Frankreich nötig waren, um dort eine gesetzliche 35-Stunden-Woche zu erreichen. Auch wenn Deutschland noch weit von den französischen Verhältnissen entfernt ist, kann es unserer Meinung nach ein Ausweg aus der gewerkschaftlichen Krise sein, wenn wir die wirtschaftlichen Auseinandersetzungen mit dem Kampf für unsere politischen Forderungen verbinden. Um die Diskussion darüber zu beginnen und Voraussetzungen dafür zu schaffen, haben wir Kolleginnen und Kollegen aus allen Branchen und unsere erwerbslosen Kolleginnen und Kollegen eingeladen. Eine solche Bewegung muss sich von unten, von der Basis her entwickeln. Es ist gut und wichtig, dass die Bevölkerung bei der Bundestagswahl am 18. September die Möglichkeit hat, gegen den Sozialabbau, die Hartz-Gesetze und die Agenda 2010 abzustimmen. Unsere Aufgaben, unseren Schwerpunkt, sehen wir allerdings in den Betrieben und in den Erwerbsloseninitiativen. Dort mit Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren, das Gespräch über gewerkschaftspolitische Fragen zu suchen, scheint uns dringend und wir beobachten eine zunehmende Aufgeschlossenheit. Die Angriffe auf die Gewerkschaften, auf Erwerbslose wie Erwerbstätige, machen wir uns da nichts vor, werden nach dem 18. September erst richtig losgehen. Um die gewerkschaftliche Basisarbeit zu stärken, um uns auf diese Auseinandersetzungen vorzubereiten, sitzen wir hier zusammen.

Stichpunkte für die VL/ -Gewerkschafter -Diskussion am 21.6.2005 im Kasseler DGB- Haus:

  • Steigende Produktivität
  • Massenarbeitslosigkeit
  • Objektive Grenzen für Tarifkämpfe
  • Wirtschaftliche Kämpfe
  • Politische Forderungen
  • Bündnis mit Erwerbslosen
  • Gesetzlicher Mindestlohn
  • Rücknahme der Gewinnsteuersenkungen
  • Gesetzliche 35-Stunden-Woche
  • Bewegung von unten
  • Politisierung der Bevölkerung

Anmerkungen

1) Der amerikanische Wirtschaftskapitän Washington SyCip behauptete, dass 20% der arbeitsfähigen Bevölkerung im 21. Jahrhundert genügen würden, um die Weltwirtschaft in Schwung zu halten. Mehr Arbeitskraft werde nicht gebraucht. Ein Fünftel aller Arbeitssuchenden werde genügen, um alle Waren zu produzieren und die hochwertigen Dienstleistungen zu erbringen, die sich die Weltgesellschaft leisten kann.
Der amerikanische Publizist Jeremy Rifkin schrieb sinngemäß: "Wir treten in ein Zeitalter ein, in dem die menschliche Arbeitskraft mehr und mehr durch Maschinen ersetzt wird. Die Arbeitskraft von Millionen Menschen wird im Wirtschaftskreislauf nicht gebraucht werden, der Markt wird sie nicht mehr nachfragen." Und Lothar Späth, CDU, und der McKinsey-Manager Herbert A. Henzler schrieben Anfang der 90er Jahre: "Unter Annahme weltbester Produktionstechniken könnte das heutige Produktionsvolumen in der Bundesrepublik mit 24 Millionen Beschäftigten erreicht werden. Das entspräche bei einer Gesamtzahl von 39 Millionen Erwerbspersonen einer Arbeitslosenquote von 38 Prozent."
1960 hat ein deutscher Stahlarbeiter 32 Tonnen Stahl pro Jahr produziert. Im Jahr 2000 produzierte er 452 Tonnen pro Jahr. Die Produktivität ist 14-mal höher als 1960. Von 140 Stahlarbeitern sind 130 überflüssig geworden.

2) Die Bundesregierung wirbt für die Agenda 2010 mit der Senkung des Spitzensatzes der Einkommenssteuer von 53% auf 42%. Der Bundesverband der Industrie fordert 30%. Die Bundesregierung wirbt damit, dass 56 Mrd. Euro pro Jahr durch die Steuerreform fehlen werden. Kapitalgesellschaften, dies sind vor allem Aktiengesellschaften, zahlten 1990 noch 56% Körperschaftssteuer. Diese wurde zum 1. Januar 2001 auf 25% gesenkt. Früher zahlten Banken und Versicherungen auch Steuern, wenn sie ihre Beteiligung an Kapitalgesellschaften mit Gewinn verkaufen konnten. Diese "Veräußerungsgewinne" wurden zum 1. Januar 2002 steuerfrei. Die Vermögenssteuer, die 1996 noch 9 Mrd. DM einbrachte, wurde von der Kohl-Regierung abgeschafft. Die Rot-Grüne Bundesregierung hat sie bis heute nicht wieder eingeführt.


Home | Impressum | Über uns | Kontakt | Fördermitgliedschaft | Newsletter | Volltextsuche
Branchennachrichten | Diskussion | Internationales | Solidarität gefragt!
Termine und Veranstaltungen | Kriege | Galerie | Kooperationspartner
AK Internationalismus IG Metall Berlin | express | Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken
zum Seitenanfang