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I . Die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik von SPD und Grünen steht nicht nur in der Kontinuität der konservativ-liberalen Wirtschaftspolitik - in zentralen Bereichen wie der Rentenversicherung kommt es unter rot-grünen Vorzeichen zu einem Privatisierungsschub und Systembruch, den die Konservativen in dieser Schärfe nicht durchsetzen konnten. Eine Reform der Betriebsverfassung, die die meisten Anforderungen und Erfahrungen von GewerkschafterInnen ignoriert, neue gesetzliche Regelungen zu befristeten Arbeitsverhältnissen, eine Intensivierung des Drucks auf Erwerbslose und die Zerstörung der sozialen Rentenversicherung: es droht ein Um- und Abbau des Sozialsystems, deren Folgen auch immer stärker in der Tarifpolitik zu spüren sind.
Auch wenn Teile der Gewerkschaften in diese Anpassungsprozesse eingebunden ist, sind politische Alternativen nicht aussichtslos. Widerstand und politische Allianzen gegen die neue Mitte sind möglich.
In diesem Zusammenhang begrüssen wir die Positionierung der IG Medien gegen das "Bündnis für Arbeit und Wettbewerbsfähigkeit" auf ihrem Gewerkschaftstag im Herbst d.J.. Diese programmatische Entwicklung ist ein wichtiger Impuls für einen Kurswechsel auch in unseren Gremien und Organisationen, weshalb wir uns in unseren Betrieben und Gewerkschaften dafür einsetzen werden, dem Beispiel der IG Medien zu folgen..
Wir unterstützen die Initiative "Auf die Strasse gegen Rentendemontage!" unserer Stuttgarter KollegInnen und werden uns darum bemühen, daß sie zu einem Kristallisationspunkt des Widerstands gegen die rot-grünen Rentenpläne wird.
In Würdigung der Arbeitsergebnisse der Arbeitsgruppen Sozial-, Tarifpolitik und "Mitbestimmung" im Netzwerk der Gewerkschaftslinken erklärt die III. bundesweite Konferenz der Gewerkschaftslinken des Weiteren:
Solidarische Wege zum Abbau der Massenerwerbslosigkeit bestehen vielmehr in Einrichtung eines Öffentlichen Beschäftigungssektors sowie in der Umverteilung der vorhandenen Erwerbsarbeit auf mehr Köpfe und Hände.
Die Arbeitslosenhilfe muß erhalten und eine ausreichende materielle Absicherung bei Erwerbslosigkeit hergestellt werden. Wenn Erwerbslose aus der nackten Not heraus (fast) jede Arbeit zu jeder Bedingung annehmen müssen, dann geraten auch Löhne und Arbeitsbedingungen insgesamt unter Druck, die Unterbietungskonkurrenz der Arbeitsuchenden wird angeheizt. Um Armut und Ausgrenzung wirksam entgegenzutreten, ist die Durchsetzung einer garantierten Mindestsicherung mit einem deutlich über der Sozialhilfe liegenden Leistungsniveau erforderlich, das auch als Mindestsockel in die Arbeitslosenversicherung integriert wird.
Arbeitsvermittlung und Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik sind von allen repressiven Zwangs- und Disziplinierungselementen zu befreien. Die verschärften Zumutbarkeitsregeln einer "Fördern und Fordern"-Philosophie führen in der Praxis immer weniger zur Integration in existenzsichernde Erwerbsarbeit und immer öfter zur Ausgrenzung aus dem Leistungsbezug. Wir brauchen ein Recht auf Fortbildung und Qualifizierung, das Prinzip der Freiwilligkeit bei der Teilnahme an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik sowie die Einhaltung tariflicher Standards bei beschäftigungsfördernden Maßnahmen.
Aktuell heißt daß für unsere arbeitsmarktpolitischen Forderungen:
Die Abwehr des Systembruchs in der Rentenversicherung ist die Voraussetzung für die Weiterentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung, bei der es um die zweckmäßigste Form der Verbreiterung der ökonomischen Basis und eine verteilungspolitische Korrektur zu Lasten der Unternehmen und wohlhabenden Haushalte gehen wird.
Nachdem der Versuch gescheitert ist, diese Sichtweise im DGB-Grundsatzprogramm festzuschreiben, wurden innerhalb des DGB mit den Mitbestimmungsthesen der Bertelsmann- und Böckler-Stiftung ein weiterer Anlauf unternommen, die gewerkschaftliche Mitbestimmungspolitik auf die Unterordnung der ArbeitnehmerInnen unter die Standortlogik festzulegen.
Die anstehende Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes kann in diesem Streit zu einer wichtigen Weichenstellung führen. Aus unserer Sicht muß es unter anderem darum gehen, die rechtliche Position von Betriebsräten ( aber auch die der einzelnen ArbeitnehmerInnen und der Gewerkschaften im Betrieb) im Sinne der Konzeption von Gegenmacht zu stärken. Trotz vorhandener Schwachstellen halten wir den DGB-Entwurf von 1998 für eine geeignete Plattform, die Betriebsverfassung in unserem Sinne weiterzuentwickeln.
Wir sind uns aber des Problems bewußt, daß die vielen sozial- und tarifpolitischen Niederlagen nicht auf der betrieblichen Ebene zu korrigieren sind. "Mitbestimmung" - verstanden als konsequente Demokratisierung - kann nicht auf die Ebene des Betriebs begrenzt werden.
Daher muß parallel der Flächentarifvertrag mit neuem Leben erfüllt und das Arbeitsrecht robuster gegen Flexibilisierung gemacht werden. In diesem Zusammenhang fordern wir, daß die rot-grüne Koalition die Befristungsmöglichkeiten des Beschäftigungsförderungsgesetzes zum Ende des Jahres auslaufen läßt.
Der DGB verzichtet bedauerlicherweise auf Mobilisierung und die Politisierung des Themas. Wir fordern Gewerkschaften und Betriebsräte auf, die Novellierung kritisch zu begleiten und die Frage auch zum Thema von Betriebsversammlungen zu machen. Mobilisierung und kritische Öffentlichkeit sind auch nötig, um eine weitere Aushöhlung des Flächentarifvertrags mittels der Verkehrung des Günstigkeitsprinzips abzuwehren.
Daß der § 77 III BetrVG - Vorrang des Tarifvertrages - erhalten bleibt, ist eine Selbstverständlichkeit und kein Anlaß für Zugeständnisse in anderen rechtlichen Fragen.
Frankfurt/M., 28.10.2000
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